Berlin. Der Berliner Senat hat entschieden, dass die Wahlberechtigten der Hauptstadt am 26. September 2021 parallel zur Wahl des Bundestages und des Abgeordnetenhauses auch über den Volksentscheid „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ abstimmen können. Die Initiatoren wollen dadurch erreichen, dass mehr als 240.000 Wohnungen in öffentliche Hand überführt werden.
UPDATE vom 27. September 2021: Beim Berliner Volksentscheid zur Enteignung großer Immobilienkonzerne stimmten 56,4 Prozent für das Vorhaben, 39 Prozent waren dagegen. Insgesamt gaben 75 Prozent der Berechtigten ihre Stimme ab. Rechtlich bindend ist das Ergebnis des Volksentscheid allerdings nicht.
Worum geht es beim Volksentscheid zur Enteignung großer Immobilienkonzerne?
Wohnungsnot und steigende Mietpreise sind in der Hauptstadt ein großes Problem. Um dem entgegenzuwirken, will die Initiative „Deutsch Wohnen & Co enteignen“ mehr als 240.000 Wohnungen von großen Immobilienkonzernen in eine Anstalt des öffentlichen Recht überführen. Dort sollen sie dann „demokratisch, transparent und gemeinwohlorientiert“ verwaltet werden. Dabei berufen sie sich auf Art. 15 Grundgesetz:
Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel können zum Zwecke der Vergesellschaftung durch ein Gesetz, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt, in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft überführt werden.
Damit die Bürger Berlins im Zuge eines Volksentscheids über dieses Vorhaben abstimmen dürfen, wurde im Vorfeld ein Volksbegehren erfolgreich durchgeführt. In der Hauptstadt müssen dafür innerhalb von vier Monaten mindestens 7 Prozent der Wahlberechtigten die Initiative mit ihrer Unterschrift unterstützen. Die notwendigen 175.000 Stimmen wurden dabei erreicht.
Damit nun auch der Volksentscheid zur Enteignung großer Immobilienkonzerne am 26. September 2021 erfolgreich ist, reicht eine Mehrheit an Ja-Stimmen aus. Zudem müssen mindestens 25 Prozent der Wahlberechtigten an der Abstimmung teilnehmen, sodass mindestens rund 613 000 Ja-Stimmen benötigt werden. Wählen dürfen Personen, die
- mindestens 18 Jahre alt sind,
- die deutsche Staatbürgerschaft besitzen,
- seit mindestens 3 Monaten in Berlin wohnen und
- deren Wahlrecht nicht durch ein Gericht entzogen wurde.
Wichtig! Auch wenn sich die Berliner beim Volksentscheid für die Enteignung großer Immobilienkonzerne aussprechen, ist der Senat grundsätzlich nicht dazu verpflichtet, ein entsprechendes Gesetz auszuarbeiten.
Können Enteignungen die Berliner Wohnungsnot stoppen?

Der Volksentscheid zur Enteignung großer Immobilienkonzerne findet unter anderem bei Wohnungssuchenden und Mietern, die unter hohen Mieten leiden, Unterstützung. Allerdings werden auch Stimmen gegen das Vorhaben laut. So würde sich durch die Enteignung nichts an der aktuellen Wohnungsnot ändern, da dadurch keine neuen Wohnungen entstehen. Zudem gilt es zu bedenken, dass der Berliner Wohnungsmarkt ziemlich zersplittert ist und die großen Immobilienkonzerne daran nur einen Anteil von etwa 14 Prozent besitzen.
Nicht zuletzt stellt sich auch die Frage, wie ein erfolgreicher Volksentscheid zur Enteignung großer Immobilienkonzerne finanziert werden soll, schließlich sieht das Grundgesetz eine Entschädigung vor. Nach einer Schätzung des Senats würde die Vergesellschaftung der mehr als 240.000 Wohnungen für die ohnehin verschuldete Hauptstadt Kosten zwischen 28,8 und 36 Milliarden Euro bedeuten. Die Initiative sieht hingegen eine Entschädigung vor, die „deutlich unter Verkehrswert“ liegt. Wie sich dies rechtlich durchsetzen lässt, ist allerdings unklar.