Die Probezeit für Führerschein-Neulinge: Folgen bei Verkehrsverstößen

Von Franziska L.

Letzte Aktualisierung am: 25. Februar 2024

Geschätzte Lesezeit: 7 Minuten

Die Probezeit für Fahranfänger dauert zwei Jahre.
Die Probezeit für Fahranfänger dauert zwei Jahre.

Sind die theoretische und praktische Führerschein-Prüfung bestanden, wartet schon die nächste Herausforderung auf die frisch gebackenen Autofahrer: In der folgenden zweijährigen Probezeit sollen sie zeigen, ob sie geeignet sind, ein Kraftfahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr zu führen. In diesem Zeitraum empfiehlt sich ein besonders vorsichtiges Verhalten, um Verkehrsverstöße zu vermeiden. Denn je nachdem, welche Art von Verstoß ein Anfänger während der Probezeit begeht, können ihn neben den regulären Sanktionen des Bußgeldkatalogs noch andere Maßnahmen treffen: die Teilnahme an einem Aufbauseminar und die Verlängerung der Probezeit.

Hintergrund dieser Probezeit-Regelungen ist, dass Fahranfänger nachweislich höhere Gefährdungen im Straßenverkehr verursachen. Meistens können sie Gefährdungen nicht so gut einschätzen wie erfahrene Autofahrer und reagieren in der Regel auch schlechter. Andererseits neigen Anfänger oft zu einer höheren Risikobereitschaft.

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FAQ: Probezeit

Wie werden Verstöße in der Probezeit sanktioniert?

Neben den regulären Sanktionen aus dem Bußgeldkatalog kommen auf Fahranfänger in der Probezeit noch weitere Maßnahmen zu, wenn sie sich nicht an die Verkehrsregeln halten.

Wann wird die Probezeit verlängert?

Leisten sich junge Fahrer einen A-Verstoß (schwerwiegende Regelmissachtungen, wie z. B. das Überfahren einer roten Ampel) oder zwei B-Verstöße (weniger schwerwiegende Regelmissachtungen, wie z. B. das Fahren mit abgefahrenen Reifen), kommt es zu einer Probezeitverlängerung von zwei auf insgesamt vier Jahre. Zudem wird ein Aufbauseminar angeordnet.

Wann ist der Führerschein in der Probezeit weg?

Bei insgesamt drei A-Verstößen oder sechs B-Verstößen wird der Führerschein in der Probezeit entzogen.

Geringfügige Verkehrsverstöße während der Probezeit beim Führerschein

Zunächst die gute Nachricht: Auch wenn Fahranfänger unter besonderer Beobachtung stehen, führt nicht jeder Verstoß zu einer Probezeitverlängerung oder zu einer Teilnahmepflicht an einem Aufbauseminar.

Verkehrsdelikte, die mit einem Bußgeld unter 60 Euro sanktioniert und für die keine Punkte verhängt werden, führen in der Regel nicht zu einer Verlängerung der Probezeit.

Hierunter zählen z.B. folgende Ordnungswidrigkeiten:

Mit Bußgeldern müssen Fahranfänger bei solchen Ordnungswidrigkeiten dennoch rechnen. In der Regel bekommen sie das gleiche Bußgeld auferlegt wie erfahrene Kraftfahrer.

Probezeitverlängerung und Aufbauseminar bei A-Verstößen

Nach der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) werden Straftaten und Ordnungswidrigkeiten in sogenannte A-Verstöße und B-Verstöße eingeteilt. Eine Probezeitverlängerung und die Teilnahme am Aufbauseminar werden nur bei A-Verstößen angeordnet.

A-Verstöße sind schwerwiegende Verstöße, die andere Verkehrsteilnehmer direkt gefährden. Dies können sowohl Ordnungswidrigkeiten als auch Straftaten sein.

Zusätzlich zu den entsprechenden Bußgeldern laut Bußgeldkatalog und den zu verhängenden Punkten in Flensburg wird ein A-Verstoß wie folgt geahndet:

  • Verlängerung der Probezeit um weitere zwei Jahre auf vier Jahre
  • Verpflichtung zur Teilnahme an einem Aufbauseminar innerhalb einer bestimmten Frist

Alkohol und Drogen in der Probezeit beim Führerschein

Beim Führerschein in der Probezeit ist Alkohol am Steuer absolut tabu. Dies gilt auch für Autofahrer unter 21 Jahren. Die sonst übliche Grenze von 0,5 Promille gilt für diese beiden Personengruppen nicht. Sie dürfen sich nur nüchtern, also mit einem Promillewert von 0,0 ans Steuer setzen.

Auch Drogen sind strikt verboten. Abgesehen von der Probezeitverlängerung und dem obligatorischen Aufbauseminar drohen nach dem Bußgeldkatalog bei Drogenverstößen hohe Bußgelder ab 500 Euro, Punkte in Flensburg und ein Fahrverbot.

Geblitzt in der Probezeit: Geschwindigkeitsüberschreitungen

Führerschein auf Probe: Mit 21 km/h zuviel geblitzt, gilt als A-Verstoß.
Führerschein auf Probe: Mit 21 km/h zuviel geblitzt, gilt als A-Verstoß.

Ab einer Geschwindigkeitsüberschreitung von mehr als 20 km/h drohen Probezeitverlängerung und Aufbauseminar. Eine Geschwindigkeitsüberschreitung von mehr als 20 km/h wird ebenfalls als A-Verstoß eingestuft. Wird ein Fahranfänger in der Probezeit geblitzt, ohne diese Grenze zu überschreiten, bleibt es nur bei einem Bußgeld.

Weitere Beispiele für A-Verstöße

Die folgenden Ordnungswidrigkeiten und Straftaten zählen ebenfalls zu den A-Verstößen:

  • rote Ampel überfahren
  • Fahrerflucht
  • Unterlassene Hilfeleistung
  • nicht beachtetes Stoppschild
  • fahrlässige Körperverletzung
  • Fahren ohne Fahrerlaubnis
  • Überholen im Überholverbot
  • Handy-Benutzung am Steuer ohne Freisprechanlage

Was passiert bei B-Verstößen?

B-Verstöße wiegen nicht ganz so schwer wie A-Verstöße. Bleibt es bei einem einmaligen B-Verstoß, so treffen den Fahrer in der Regel nur die entsprechend im Bußgeldkatalog geregelten Bußgelder. Weitergehende Folgen wie ein Aufbauseminar oder die Verlängerung der Probezeit hat dieser Verstoß dann nicht.

Beispiele hierfür sind folgende Zuwiderhandlungen:

  • Fahren mit ungesicherter Ladung mit Lkw
  • Fahren mit abgenutzten Reifen
  • unbefugte Nutzung eines Kraftfahrzeugs
  • nicht ausreichende Absicherung eines liegengebliebenen Fahrzeugs mit Gefährdung anderer Personen
  • Überziehen des Termins zur Sicherheitsprüfung um mehr als acht Monate

Video: A- und B-Verstöße in der Probezeit

Erfahren Sie in diesem Video, welche Konsequenzen A- und B-Verstöße in der Probezeit haben.

Wiederholte Verstöße während der Probezeit

Ab dem dritten A-Verstoß droht ein Führerscheinentzug.
Ab dem dritten A-Verstoß droht ein Führerscheinentzug.

Begeht ein Fahranfänger nach einem B-Verstoß einen zweiten B-Verstoß, werden die beiden begangenen Vergehen wie ein A-Verstoß behandelt: Die Probezeit verlängert sich um zwei Jahre und der Führerschein-Neuling wird zur Teilnahme an einem Aufbauseminar verpflichtet.

Bei Verstößen nach einer Verlängerung der Probezeit drohen folgende Sanktionen:

Bei einem erneuten A-Verstoß oder zwei weiteren B-Verstößen folgt eine schriftliche Verwarnung. Außerdem empfiehlt die Behörde die Teilnahme an einer verkehrspsychologischen Beratung.

Bei einem dritten A-Verstoß oder zwei weiteren B-Verstößen muss der Fahranfänger mit Führerscheinentzug rechnen. Er kann dann frühestens nach drei Monaten erneut eine Fahrerlaubnis beantragen.

Verlängerung der Probezeit und Fahrverbote

Zur Verlängerung der Probezeit um zwei Jahre führen in der Regel folgende Verstöße:

  • ein A-Verstoß
  • zwei B-Verstöße
  • ein B-Verstoß, wenn anschließend ein A-Verstoß begangen wird

Die Probezeit wird nur einmalig verlängert. Sie dauert also maximal vier Jahre.

Im Falle eines Fahrverbots wird die Probezeit in dem Moment unterbrochen, in welchem die Behörde den Führerschein sichergestellt, verwahrt, beschlagnahmt oder vorläufig entzieht. Wird dem Fahranfänger eine neue Fahrerlaubnis erteilt, läuft die Probezeit weiter bis zum Ablauf der insgesamt zwei oder vier Jahre.

Punkte in der Probezeit: Probezeitverlängerung und Aufbauseminar

Punkte in der Probezeit führen nicht automatisch zu einer Probezeitverlängerung. Nur bei einem A-Verstoß oder bei einem wiederholten B-Verstoß wird die Probezeit auf vier Jahre verlängert. Außerdem wird der Fahranfänger in diesen Fällen zur Teilnahme am Aufbauseminar verpflichtet.

Das Aufbauseminar für Fahranfänger

Das Aufbauseminar für Fahranfänger (kurz ASF) wird nach der Straßenverkehrsordnung (StVO) dann verordnet, wenn ein Fahrneuling in der Probezeit einen A-Verstoß oder zwei B-Verstöße begangen hat.

Dieses Seminar wird von lizensierten Fahrschulen angeboten: Fahrlehrer müssen eine besondere Zusatzausbildung absolviert haben, um diese Aufbauseminare leiten zu dürfen.

Frist, Teilnahmepflicht und Folgen einer Nichtteilnahme

Wird die Teilnahme an einem Aufbauseminar angeordnet, so muss dieses innerhalb einer bestimmten Frist durchgeführt werden. In der Regel beträgt die von der Behörde festgesetzte Frist acht Wochen. Lässt der Fahranfänger diese verstreichen, ohne der Behörde eine Teilnahmebescheinigung vorzulegen, sieht der Bußgeldkatalog ein Fahrverbot vor, welches solange anhält, bis eine Teilnahme nachgewiesen werden kann.

Fahrschulen empfehlen, sich sofort nach dem behördlichen Bescheid anzumelden, weil diese Seminare nicht immer zeitnah in der Nähe angeboten werden und die Schulungen außerdem einige Wochen in Anspruch nehmen können. Wer hier zu lange wartet, riskiert eine Fristversäumnis und damit auch ein Fahrverbot.

Bis es jedoch soweit ist und das Schreiben der Behörde beim Fahranfänger eintrifft, können bis zu drei Monate vergehen.

Dauer und Ablauf von Aufbauseminaren für Fahranfänger

Aufbauseminare in der Probezeit finden in der Regel in einem Zeitraum von zwei bis vier Wochen statt. Sie bestehen aus vier Sitzungen und einer Beobachtungsfahrt. Während die Fahrt ungefähr eine halbe Stunde dauert, sind für die einzelnen Sitzungen jeweils 135 Minuten vorgesehen.

Teil des Aufbauseminars ist eine Probefahrt mit dem Fahrlehrer.
Teil des Aufbauseminars ist eine Probefahrt mit dem Fahrlehrer.

Beim ersten Treffen werden die Fehler und Auffälligkeiten der einzelnen Teilnehmer besprochen und Wege gesucht, wie diese Fehler zukünftig vermieden werden können. Meistens findet die Beobachtungsfahrt zwischen der ersten und zweiten Sitzung statt. Diese Fahrprobe wird mit dem Fahrlehrer gemeinsam absolviert. Es ist keine Fahrprüfung. Ein Prüfer ist demnach nicht mit anwesend.

Die Probefahrt wird meist in der darauffolgenden Sitzung besprochen. Auch das Verkehrsrecht, gefährliche Situationen im Straßenverkehr, Alkohol und Unfälle nach einem Diskobesuch werden in den Unterrichtsblöcken thematisiert. Zuletzt erhalten die Teilnehmer Informationen zum weiteren Verlauf ihrer Probezeit und verinnerlichen das Gelernte in einem Rückblick.

Die Kosten des Aufbauseminars beim Führerschein auf Probe

Neben dem zeitlichen Faktor spielen auch die Kosten für ein Aufbauseminar eine große Rolle. Zusätzlich zum Bußgeld müssen Fahranfänger die Teilnahme am Seminar aus eigener Tasche bezahlen. Die Seminarkosten betragen zwischen 250 und 400 Euro. Diese großen Preisunterschiede sind darauf zurückzuführen, dass die Fahrschulen ihre Preise selbst festlegen dürfen.

Das besondere Aufbauseminar nach Verkehrsdelikten unter Alkohol- oder Drogeneinfluss

Für Autofahrer, die während der Probezeit unter Alkohol- oder Drogeneinfluss am Steuer erwischt werden, ordnen Behörden ein besonderes Aufbauseminar an.

Oft sind Alkoholfahrten auf  negative Gefühle zurückzuführen.
Oft sind Alkoholfahrten auf negative Gefühle zurückzuführen.

In diesem Seminar nehmen die Teilnehmer ihre Gewohnheiten unter die Lupe, welche zu den Alkohol- oder Drogenfahrten geführt haben. Diese Verhaltensweisen sind oft nicht sofort ersichtlich, sondern laufen unbewusst ab. Oft entdecken Teilnehmer, dass ihr Umgang mit Drogen und Alkohol auf negative Gefühle oder persönliche Probleme zurückzuführen ist. Damit haben sie den ersten Schritt getan, um Rauschfahrten vorzubeugen und Lösungen für ihre Schwierigkeiten zu finden, ohne auf Alkohol oder Drogen zurückgreifen zu müssen.

Das besondere Aufbauseminar besteht aus drei Terminen, die insgesamt zehn Stunden dauern und innerhalb von zwei Wochen durchgeführt werden.

Die Teilnahmebescheinigung ist der entsprechenden Behörde vorzulegen.

Sicher durch die Probezeit: Tipps und Wissenswertes

Bis zur praktischen Fahrprüfung saß immer ein Fahrlehrer auf dem Beifahrersitz. Plötzlich ist der Fahranfänger auf sich allein gestellt und muss ungewohnte Verkehrssituationen allein bewältigen. Hier hilft es oft, einen ruhigen, erfahrenen Beifahrer mitzunehmen, der dem Neuling in der Anfangsphase mit Rat und Tat zur Seite stehen kann, ohne selbst einzugreifen. Der Neuling erlangt so mehr Sicherheit und kann im Zweifel direkt nachfragen, welches Verhalten einen Verstoß gegen die StVO darstellt und in welchen Situationen er mit einem Bußgeld rechnen muss.

Nach einem halben Jahr Fahrpraxis empfiehlt sich die Teilnahme an einem Fahrsicherheitstraining. Hier wird das richtige Verhalten in besonders kritischen Situationen im Straßenverkehr trainiert, z.B. eine Vollbremsung. Auch Extremsituationen werden simuliert. Der Fahrer lernt sein Auto besser kennen und kann einschätzen, ob der Wagen bei einer Vollbremsung ausbricht.

Lange Strecken und Nachtfahrten sind besonders anstrengend und erfordern ein hohes Maß an Konzentration. Fahranfängern wird geraten, genau zu überlegen, ob sie noch konzentriert genug sind, eine solche Fahrt anzutreten. Bei längeren Fahrten helfen regelmäßige Pausen, am besten an der frischen Luft, um Kraft für die Weiterfahrt zu tanken.

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Über den Autor

Franziska
Franziska L.

Franziska hat nach ihrer juristischen Ausbildung in verschiedenen Branchen gearbeitet. Seit 2017 ist sie Teil der anwalt.org-Redaktion. Durch ihre fachliche Ausrichtung liegen ihr Texte zu unterschiedlichsten rechtlichen Fragestellung im Verkehrsrecht, Umweltrecht, Strafrecht und vielem mehr.

3 Gedanken zu „Die Probezeit für Führerschein-Neulinge: Folgen bei Verkehrsverstößen

  1. Sabine

    Ich überlege, meine Tochter ein Aufbauseminar für Fahranfänger zu finanzieren. Gut zu wissen, dass in diesen Seminaren auch über Verkehrsrecht und gefährliche Situationen im Straßenverkehr gesprochen wird. Ich hoffe, dass meine Tochter so schneller zu einer sicheren Autofahrerin wird und keinen Unfall verursacht.

  2. Nico

    Ich wusste gar nicht, dass ich nach der bestandenen Führerscheinprüfung erstmal eine zweijährigen Probezeit habe, in der ich zeigen muss ob ich geeignet bin ein Kraftfahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr zu führen. In dieser Zeit sollte ich mir wohl maximal kleine Ordnungswidrikeiten erlauben. Bei einem Verkehrsunfall mit Anwalt werde ich dann wohl oder übel eine eilnahmepflicht an einem Aufbauseminar erhalten.

  3. Sebo

    Hallo,

    gelten die Regeln für den ersten A Verstoß wegen Drogen in der Probezeit auch, wenn es sich um den zweiten Führerschein handelt?

    Meine Freundin hat mit 29 Jahren ihren Führerschein, den Sie mit 18 Jahren in der Probezeit wegen Alkohol am Steuer (Straftat) verloren hat, erneut gemacht.

    Also MPU, Fahrschule und neue Prüfung.

    Nun wurde das fahren unter Drogen (THC und Amphetamin) festgestellt, erste und einzige mal.

    Die Frage ist jetzt findet der erste Führerschein Berücksichtigung bei der Bestrafung? Wenn ja wie?
    Oder gelten die Regelungen die oben beschrieben sind auch in diesem Fall. Dann wäre also nur mit einem Aufbauseminar zu rechnen. Sehe ich das richtig?

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