München. Zwei Studentinnen wurden in der ersten Instanz vom Amtsgericht (AG) Fürstenfeldbruck verwarnt, weil sie entsorgte Lebensmittel eines Supermarktes aus dessen Containern nahmen. Die beiden Frauen legten hiergegen Revision ein: Nun bestätigte das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG) dieses Urteil und wertet Containern als Diebstahl (Beschluss vom 02.10.2019, Az. 206 StRR 1013/19 und 206 StRR 1015/19).
Strafvorbehalt: Geldstrafe zur Bewährung ausgesetzt

Die beiden Studentinnen fischten Lebensmittel aus den Abfallbehältern eines Supermarktes. Für die einen ist dieses Mülltauchen oder Dumpster Diving eine Rettungsaktion gegen die Verschwendung noch gut erhaltener Lebensmittel.
Juristen betrachten dieses Containern hingegen als Diebstahl – so auch das AG Fürstenfeldbruck.
Deren Strafrichter verwarnte die beiden Frauen mit Strafvorbehalt und setzte die Geldstrafe von 15 Tagessätzen à 15 Euro für zwei Jahre zur Bewährung aus. Als Bewährungsauflage mussten sie acht Stunden Sozialarbeit bei einer Tafel leisten.
Ursprünglich wollte der Richter gar kein Urteil sprechen. Er konnte das Verfahren jedoch nicht einstellen, weil die Staatsanwaltschaft beim Mülltauchen ein besonderes öffentliches Interesse gegeben sah. Damit war der Strafrichter gezwungen zu verhandeln und wertete das Containern als Diebstahl. Gegen dieses Urteil legten die beiden Frauen Revision ein – ohne Erfolg.
Eigentum der Supermärkte bleibt auch nach Entsorgung von Lebensmitteln bestehen
Containern ist als Diebstahl weiterhin strafbar. Dieser Tatbestand ist nach § 242 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) erfüllt, wenn jemand …
eine fremde, bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen.

Die erste Frage, die sich hier stellt, ist, ob die Lebensmittel für die Studentinnen „fremd“ waren, also noch im Eigentum des Supermarktes standen. Der Strafsenat des BayObLG bejaht dies.
Zwar habe der Markt diese Ware aussortiert, allerdings ohne dabei sein Eigentum aufzugeben. Die Münchener Richter werten Containern als Diebstahl aus folgenden Gründen:
- Supermärkte müssten für die Unbedenklichkeit der von ihnen in den Verkehr gebrachten Lebensmittel einstehen und hätten damit daran ein Interesse an deren ordnungsgemäße Entsorgung.
- Außerdem wollte der Markt sein Eigentum nur zugunsten des Entsorgungsunternehmens aufgeben, sodass kein Verzichtswille bestand und die Lebensmittel damit eben nicht herrenlos wurden. Damit bleiben diese Sachen fremd und Containern ein Diebstahl.
Nun überlegen die Studentinnen, gegen dieses Urteil Verfassungsbeschwerde einzulegen. Denn nach Auffassung ihres Anwalts müssten bei der strafrechtlichen Bewertung auch die verfassungsrechtliche Verpflichtung des Eigentums sowie der Umwelt- und Tierschutz aus Art. 20a Grundgesetz berücksichtigt werden.