Das deutsche Strafrecht normiert eine Vielzahl verschiedener Delikte. Verankert sind diese im Strafgesetzbuch (kurz: StGB). Einige der darin normierten Straftatbestände sind dabei als Vorsatztaten ausgestaltet, andere wiederum als Fahrlässigkeitstaten.
Die Gerichte haben im Strafverfahren mithin stets Vorsatz und Fahrlässigkeit voneinander abzugrenzen und zu überprüfen, ob und wie sich der Täter im jeweiligen Einzelfall strafbar gemacht hat.
Im folgenden Ratgeber widmen wir uns dem Thema Vorsatz. Was bedeutet der Begriff in der Rechtswissenschaft genau? Welche verschiedenen Vorsatzformen kennt das Strafrecht und wo taucht der Begriff Vorsatz im BGB (Kurzform für Bürgerliches Gesetzbuch) auf? Diese und weitere Fragen werden im Folgenden beantwortet.
Inhalt
FAQ: Vorsatz
Wie der Begriff des Vorsatzes strafrechtlich definiert ist, können Sie hier nachlesen.
Hier finden Sie eine Übersicht der unterschiedlichen Formen des Vorsatzes im Strafrecht.
Eine fahrlässige Tat begeht jemand ohne Absicht. Sie ist auf Unachtsamkeit zurückzuführen und wird folglich nicht vorsätzlich begangen.
Vorsatz: Die Bedeutung des Begriffes
Zunächst soll die allgemeine Definition von Vorsatz in der Rechtswissenschaft, speziell im Strafrecht, geklärt werden, bevor wir uns den verschiedenen Vorsatzformen widmen.
Unter dem Begriff Vorsatz ist zunächst das Wissen und Wollen der Verwirklichung eines Straftatbestandes zu verstehen. Er setzt sich mithin aus zwei verschiedenen Komponenten zusammen:
Der Wissenskomponente (das kognitive Element) und der Komponente des Wollens (das voluntative Element).
Ein Täter muss sich, um eine vorsätzliche Straftat zu begehen, also zum einen darüber im Klaren sein, was er tut und zum anderen muss er dieses Handeln auch wollen.
Bei der Frage danach, ob Vorsatz oder Fahrlässigkeit vorliegt, gilt es also stets jene beiden Aspekte zu hinterfragen.
Der Vorsatz ist wesentlicher Teil des subjektiven Tatbestandes. Entscheidender Zeitpunkt für das Vorliegen eines Vorsatzes ist der Moment, in dem der Täter die jeweilige Tathandlung vornimmt bzw. zu dieser ansetzt. Sowohl ein nachträglicher Vorsatz (sogenannter dolus subsequens) als auch ein späteres Entfallen des Vorsatzes sind irrelevant.
Eine vorsätzliche Straftat ist gemäß § 15 StGB stets mit Strafe bedroht, wohingegen Fahrlässigkeit nur dann strafbar ist, wenn es das Gesetz ausdrücklich vorschreibt.
Die verschiedenen Vorsatzformen
Vorsatz ist nicht gleich Vorsatz. Das Strafrecht kennt dabei unterschiedliche Ausprägungen, die im Folgenden näher erörtert werden. Die Rede ist in der Rechtswissenschaften von Graden. Davon gibt es insgesamt drei verschiedene. Welche der drei Formen vorliegt, ist für die Beurteilung nach dem Vorliegen einer Vorsatztat jedoch irrelevant. Die drei Ausgestaltungen stehen sich insoweit gleichwertig gegenüber.
Diese werden in der juristischen Fachsprache als
- Dolus directus 1. Grades,
- Dolus directus 2. Grades und als
- Dolus eventualis
bezeichnet.
Dolus directus 1. Grades – Absicht
Unter dem Begriff Dolus directus 1. Grades ist Absicht zu verstehen. Absicht wiederum bedeutet, dass der Täter einen zielgerichteten Willen haben muss, den tatbestandlichen Erfolg herbeizuführen. Es muss ihm darauf also gerade angekommen sein. Hierbei ist es nicht ausreichend, dass er einen Taterfolg lediglich in Kauf genommen hat.
Im Rahmen des direkten Vorsatzes steht also das kognitive Element deutlich im Vordergrund. Nicht von Relevanz ist hingegen, dass der Täter bei der Tatbegehung davon ausgeht, dass der Taterfolg auch sicher eintreten wird. Er muss diesen lediglich beabsichtigen.
Der Täter begeht also beispielsweise eine vorsätzliche Tötung mit Dolus directus 1. Grades, wenn es ihm gerade auf den Tod eines anderen Menschen ankommt. Ferner begeht ein Täter eine vorsätzliche leichte Körperverletzung in besagter Vorsatzvariante, wenn er gerade beabsichtigt, einen anderen an dessen Gesundheit zu schädigen bzw. ihn körperlich zu misshandeln.
Dolus directus 2. Grades – direkter Vorsatz
Demgegenüber ist der Dolus directus 2. Grades (= sogenannter direkter Vorsatz) die Vorsatzvariante, in der das kognitive Element im Vordergrund steht. Vorsätzliches Handeln bedeutet in dem Kontext, dass der Täter den Erfolg der jeweiligen Tat durch wissentliches Handeln herbeiführen muss.
Er weiß bzw. hält es für sicher, dass sein Handeln den Erfolg im Sinne des jeweiligen Deliktes herbeiführen wird.
Der direkte Vorsatz wird im StGB auch als Wissentlichkeit bezeichnet. Von Bedeutung ist das Wissenselement nicht zuletzt bei der Beurteilung von Irrtümern.
Fehlt es einem Täter in bestimmten Konstellationen an Wissen, kann eine Vorsätzlichkeit unter Umständen entfallen und zur Straflosigkeit führen.
Bei der Überprüfung, ob ein Täter beispielsweise eine vorsätzliche Sachbeschädigung begangen hat, ist es dementsprechend ausreichend, wenn er es für sicher hält, dass er eine fremde Sache zerstört oder in ihrer Substanz verletzt.
Dolus eventualis – Eventualvorsatz
Die dritte Vorsatzvariante umschreibt der Dolus eventualis, auch Eventualvorsatz oder bedingter Vorsatz genannt. Sie ist in ihrer Ausprägung gegenüber den beiden anderen Formen etwas schwächer, reicht aber dennoch aus, um eine Vorsatztat zu begründen.
Bedingter Vorsatz ist laut Definition des Bundesgerichtshofes (kurz: BGH) dann zu bejahen, wenn der Täter den jeweiligen Taterfolg zumindest für möglich hält und diesen billigend in Kauf nimmt. Hierbei ist sowohl die Wissens– als auch die Willenskomponente jeweils nur schwach ausgestaltet. Weder ein sicheres Wissen noch die Absicht, den Taterfolg herbeiführen zu wollen, werden hierbei gefordert.
Exkurs: Vorsatz im Zivilrecht
Auch im BGB findet der Begriff des Vorsatzes Anwendung. Beispielsweise ist in § 276 Absatz 1 Satz 1 des BGB von Vorsatz die Rede. In diesem Kontext meint der Begriff das Wissen und Wollen der Rechtsgutverletzung im Bewusstsein der Rechtswidrigkeit.
Hierbei geht es jedoch nicht um die Strafbarkeit von Personen, sondern um zivilrechtliche Ansprüche, für deren Begründung ein Vorsatz nach eben jener Definition vorliegen muss.