Bundesgerichtshof: Funktion und Aufgaben

Von Jennifer A.

Letzte Aktualisierung am: 23. Februar 2024

Geschätzte Lesezeit: 10 Minuten

Der Bundesgerichtshof ist einer der fünf großen Bundesgerichte in Deutschland
Der Bundesgerichtshof ist eines der fünf großen Bundesgerichte in Deutschland

Über Gesetzesbrecher wird bereits seit Jahrhunderten gerichtet. Doch, wer in der Antike und im Mittelalter über Recht und Ordnung entschied, war zumeist eher kein unabhängiger und objektiver Richter, als vielmehr ein Henker der Starken und Mächtigen. Früher teilte sich die Gerichtsbarkeit zum einen in die weltliche und zum anderen in die kirchliche Gerichtsbarkeit.

Im weltlichen Bereich wurde diese nochmals geteilt – in die niedere und die hohe Gerichtsbarkeit. Die niederen Gerichte nahmen sich vermehrt den leichteren Vergehen an. Währenddessen die Hochgerichte über die schweren Verbrechen urteilten und dabei nicht zimperlich waren: Von Folter, harten Leibesstrafen, bis hin zur Todesstrafe war hierbei alles gang und gäbe.

Vornehmlich genossen der Adel und Bischöfe das Privileg der Gerichtsbarkeit. Der Staat nahm die Gerichtsbarkeit erst in seine Hand, als im 17. und 18. Jahrhundert langsam und allmählich die moderne Staatsgewalt entstand. So führten die konfessionellen Konflikte des 16. Jahrhunderts dazu, dass ein neues Staatsdenken in den Köpfen erwachte und somit die weltliche und politische Souveränität in den Vordergrund rückte. Monarchen und Fürsten reformierten Verwaltung und Justiz und ordneten ihre politischen Ziele vernunftgebräuchlich.

Heute zählt die Gerichtsbarkeit zu den wichtigsten hoheitlichen Rechtsgütern dieser Zeit. Die deutschen Gerichte nehmen die Funktion eines Hüters ein, der dafür Sorge trägt, dass die gesamte Rechtsordnung eingehalten wird und niemand dagegen verstößt. Zuwiderhandlungen stören nämlich das Miteinander in der Gesellschaft und der Allgemeinheit. Deshalb entscheiden unabhängige Richter in einem Gerichtsverfahren über eine angemessene Bestrafung von Rechtsvergehen.

FAQ: Bundesgerichtshof

Was ist der Bundesgerichtshof?

Es handelt sich beim Bundesgerichtshof um den obersten deutschen Gerichtshof, der also Entscheidungen in letzter Instanz trifft.

Welche Aufgaben übernimmt der Bundesgerichtshof?

Der Bundesgerichtshof spricht die wichtigsten deutschen Urteile und schafft so Präzedenzfälle. Mehr zu den Aufgaben des BGH lesen Sie hier.

Wie läuft ein Verfahren vor dem Bundesgerichtshof ab?

Wie ein Verfahren, welches vor dem Bundesgerichtshof ausgetragen wird, abläuft, lesen Sie hier.

Der Bundesgerichtshof als ein Bundesgericht

In Deutschland sorgen gleich fünf oberste Gerichtshöfe für Recht und Ordnung im Rechtsgefüge:

  • Bundesgerichtshof (BGH) mit Sitz in Karlsruhe
  • Bundesfinanzgericht (BFH) mit Sitz in München
  • Bundessozialgericht (BSG) mit Sitz in Kassel
  • Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Sitz in Erfurt
  • Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) mit Sitz in Leipzig

Diese Gerichte haben das hoheitliche Recht der höchsten Gerichtsbarkeit inne. Sie wurden auf der Grundlage von Artikel 95 des Grundgesetzes (GG) zur Abdeckung ihres jeweiligen Gerichtsbarkeitsbereiches errichtet. Außerdem existieren noch das Bundespatentgericht (BPatG) sowie die Truppendienstgerichte (TDG).

Das Bundesverfassungsgericht nimmt wiederum eine Sonderstellung in dem System der deutschen Gerichtslandschaft ein, da es nicht nur ein Gericht ist, sondern zudem auch noch ein Verfassungsorgan. Wenn es darum geht, darüber zu wachen, dass die Verfassung eingehalten wird, dann schaltet sich das Bundesverfassungsgericht ein: Es kann nämlich Verfassungsbeschwerde einlegen – so wie im Übrigen jeder Bundesbürger. Dementsprechend prüft das Bundesverfassungsgericht die Vereinbarkeit von neuen Gesetzen mit dem Grundgesetz. Daneben schlichtet das Bundesverfassungsgericht Meinungsverschiedenheiten zwischen einzelnen Verfassungsorganen.

Alle Gerichte in Deutschland – ob Landgericht, Oberlandesgericht, Strafgericht, etc. – besitzen das hohe Recht der Judikative. Sie führen also laut der Gewaltenteilung die rechtsprechende Gewalt aus und kontrollieren die Einhaltung der Gesetze des Bundes.

Hauptsächlich prüft ein Bundesgericht die Entscheidungen der untergeordneten Gerichte der Länder – meistens machen sie das aber nur, wenn der Verurteilte oder der Kläger Revision einlegt.

Der Bundesgerichtshof befasst sich mit Revisionen aus erstinstanzlichen Urteilen der untergeordneten Gerichte
Der Bundesgerichtshof befasst sich mit Revisionen aus erstinstanzlichen Urteilen der untergeordneten Gerichte

Der Bundesgerichtshof befindet sich also – wie die anderen Bundesgerichte auch – in Trägerschaft des Bundes. Alle sachlichen Zuständigkeiten der Bundesgerichte sind jeweils voneinander abgegrenzt, obwohl es manchmal trotzdem vorkommt, dass eine Entscheidung von mehreren Bundesgerichten geregelt werden muss. Damit jedoch die Einheitlichkeit der Rechtsprechung gewahrt wird, unterliegen die Bundesgerichte alle dem Gemeinsamen Senat. Der Gemeinsame Senat hat im Übrigen seinen Sitz beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe, ebenso, wie das Bundesverfassungsgericht.

Bundesgerichtshof: Aufgaben und Aufbau

Am 1. Oktober 1950 wurde der Bundesgerichtshof – kurz BGH – in Karlsruhe gegründet. Er reglementiert die sogenannte ordentliche Gerichtsbarkeit, zu der alle Gerichte gehören, die sich um Zivil- und Strafrechtsangelegenheiten kümmern. Dazu zählen ebenfalls:

  • Amtsgericht
    • Strafgericht
    • Schöffengericht
  • Landgericht
    • Kleine Strafkammer
    • Große Strafkammer
    • Schwurgericht
  • Oberlandesgericht

Der Bundesgerichtshof steht an der Spitze all dieser Gerichte in Deutschland, weil es sich hierbei um ein Bundesgericht handelt. Das bedeutet, dass dem Bundesgerichtshof alle Amts-, Land- und Oberlandesgerichte untergeordnet sind und in letzter Instanz stets der BGH die endgültige Entscheidung in einem Verfahren trifft. Das aber auch nur, wenn ein Fall bis zum Bundesgerichtshof gelangt. Das passiert meistens, wenn es zu einer Revision kommt. Die Revision stellt ein Rechtsmittel gegen Urteile dar: Ist also der Kläger oder der Angeklagte nicht mit der Entscheidung einverstanden, dann kann er Revision einlegen und der Fall wird erneut geprüft.

Solch ein BGH-Urteil heißt dann oft schon etwas. Es bildet daher nicht allzu selten sogar einen Präzedenzfall.

Was heißt Präzedenzfall?
Bei einem Präzedenzfall handelt es sich um ein Musterurteil, das als Maßstab für andere, ähnliche Fälle herangezogen wird. Im europäischen Raum ist diese Handhabung allerdings nicht so geläufig, da sich Entscheidungen hier vornehmlich an Gesetzen orientieren. Allerdings können Urteile von oberen Gerichten dann als Präzedenzfall bezeichnet werden, wenn sie fundamentale Grundsätze in der Auslegung dieses Gesetzes festlegen. In Deutschland ist daher an dieser Stelle eigentlich die Rede von einer Grundsatzentscheidung.

Aufbau des BGH

Organisatorisch gesehen, untersteht der Bundesgerichtshof übrigens dem Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV). Somit unterliegt der BGH als Behörde der allgemeinen Dienstaufsicht des BMJV. Eigentlich untersteht der BGH allerdings als Gericht keiner Aufsicht, da hier eine richterliche Unabhängigkeit herrscht.

An der Spitze des BGH steht der Präsident. Aktuell ist dies eine Präsidentin – die Richterin Bettina Limperg ist seit 2014 im Amt (Stand Februar 2017). Sie wird durch einen Vizepräsidenten vertreten. Neben dem Präsidenten ist das Referat P – also der Präsidialrichter – und das Referat J – alle Mitarbeiter des Päsidialbereichs – sowie der Pressesprecher des BGH angesiedelt.

Folgt man dem Aufbau weiter nach unten, dann teilt sich die Organisation in zwei Zweige:

  • Rechtsprechung
  • Verwaltung und Informationsdienste

Unter dem Bereich der Rechtsprechung finden sich dann sämtliche Senate. Innerhalb der Senate sind die verschiedenen BGH-Richter eingeteilt.

Der BGH und seine Senate

Jeder Senat am Bundesgerichtshof hat jeweils einen Vorsitzenden und circa sechs bis acht weitere Mitglieder. Seit der Gründung des BGH erhöht sich die Anzahl der Senate stetig. Es existieren zum einen zwölf Zivilsenate:

Der Bundesgerichtshof ist in verschiedene Senate unterteilt
Der Bundesgerichtshof ist in verschiedene Senate unterteilt
  • I: Urheberrecht und gewerblicher Rechtsschutz
  • II: Gesellschaftsrecht
  • III: Staatshaftungsrecht und Maklerrecht
  • IV: Erbrecht und Versicherungsvertragsrecht
  • V: Grundstücksrecht
  • VI: Recht der unerlaubten Handlung
  • VII: Bauwerksvertragsrecht und Architektenrecht
  • VIII: Kaufrecht und Wohnraummietrecht
  • IX: Insolvenzrecht und Anwaltshaftung
  • X: Patentrecht
  • XI: Bankrecht und Kapitalmarktrecht
  • XII: Familienrecht und gewerbliches Mietrecht

Außerdem besitzt der Bundesgerichtshof fünf Strafsenate. Der fünfte Strafsenat hat seinen Sitz übrigens in der Villa Sack in Leipzig. Ursprünglich sollte der gesamte Bundesgerichtshof nach der Wiedervereinigung in das historische Reichsgebäude umziehen – dies ist jedoch aufgrund des Widerstandes der Richter bis heute nicht geschehen.

Die Strafsenate sind für die Revisionen unterschiedlicher Oberlandesgerichte zuständig:

  1. Strafsenat: Militärstrafsachen, Vergehen gegen die Landesverteidigung, Steuer- und Zollstrafsachen (Oberlandesgerichtsbezirke Bamberg, München, Nürnberg, Stuttgart und Karlsruhe, es sei denn, der 4. Strafsenat erhält hier Zuständigkeit)
  2. Strafsenat: sonstige Entscheidungen ohne Spezialzuweisung (Oberlandesgerichtsbezirke Frankfurt am Main, Jena, Köln und Rostock)
  3. Strafsenat: Staatsschutzsachen (Oberlandesgerichtsbezirke Celle, Düsseldorf, Oldenburg und Koblenz)
  4. Strafsenat: Verkehrsstrafsachen (Oberlandesgerichtsbezirke Hamm, Naumburg und Zweibrücken sowie aus dem Bezirk des Oberlandesgerichts Karlsruhe die Landgerichte Baden-Baden, Freiburg, Konstanz, Offenburg und Waldshut-Tiengen)
  5. Strafsenat (Oberlandesgerichtsbezirke Brandenburg, Braunschweig, Bremen, Dresden, Hamburg, Saarbrücken und Schleswig sowie Kammergericht in Berlin)

Neben den Zivil- und Strafsenaten existieren noch acht Spezialsenate:

  • Kartellsenat
  • Dienstgericht des Bundes
  • Senat für Notarsachen
  • Senat für Anwaltssachen
  • Senat für Patentanwaltssachen
  • Senat für Landwirtschaftssachen
  • Senat für Wirtschaftsprüfersachen (Sitz in Leipzig)
  • Senat für Steuerberater- und Steuerbevollmächtigtensachen (Sitz in Leipzig)

Darüber hinaus sind drei Große Senate eingerichtet:

  • Großer Senat für Zivilsachen
  • Großer Senat für Strafsachen
  • Vereinigter Großer Senat (bestehend aus den beiden erstgenannten Großen Senaten)

Die vom BGH getroffenen Entscheidungen gliedern sich demzufolge in

  • die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen (BGHZ) und
  • die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen (BGHSt)

Jedes besonders wichtige BGH-Urteil erscheint in einer Sammlung im Kölner Carl Heymanns Verlag. Es gibt bereits mehrere Bände, die zum einen in die BGHZ und zum anderen in die BGHSt differenziert sind.

Der BGH und seine Anwälte

Die Anwälte und Richter am Bundesgerichtshof in Deutschland – sowie auch bei den anderen Bundesgerichten – gehören zu einer besonderen Anwaltschaft. Geht ein Fall an den Bundesgerichtshof über, dann dürfen sich die streitenden Parteien nur von einem am Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen.

Die beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwälte bedürfen einer Unterscheidung. So existieren

  • ein Generalbundesanwalt
  • mehrere Bundesanwälte sowie
  • Oberstaatsanwälte und
  • Staatsanwälte
Der Generalbundesanwalt steht an der Spitze der Bundesanwaltschaft
Der Generalbundesanwalt steht an der Spitze der Bundesanwaltschaft

Die Berufung als Mitglied des Bundesgerichtshofs erfolgt durch das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz in gemeinsamer Abstimmung mit dem Richterwahlausschuss. Der Richterausschuss besteht aus 32 Mitgliedern, unter ihnen befinden sich die 16 Justizminister der Bundesländer. Die Ernennung zum BGH-Anwalt übernimmt wiederum der Präsident des BGH. Mitglieder müssen das 35. Lebensjahr vollendet haben und zudem mindestens fünf Jahre ununterbrochen juristische Tätigkeit ausgeübt haben. Die Einberufung ins Beamtentum erfolgt auf Lebenszeit.

Die Generalbundesanwaltschaft – oder auch einfach nur Bundesanwaltschaft – wird vom Generalbundesanwalt geleitet. Seit dem 5. Oktober 2015 ist Peter Frank der deutsche Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof (Stand Januar 2017). Er besitzt eine besondere Position, denn er ist ein politischer Beamter und muss die kriminal- und sicherheitspolitischen Ansichten der amtierenden Bundesregierung teilen.

Der Generalbundesanwalt vertritt für gewöhnlich die Anklage. Es fällt in sein Aufgabenfeld, die Verfolgung von Straftaten in erster Instanz zu initiieren, die sich gegen die innere und äußere Sicherheit der BRD richten. Deshalb wirkt er an Revisions- und Beschwerdeverfahren der Strafsenate mit. Der Generalbundesanwalt erhebt in besonderen Fällen die Anklage und führt das Ermittlungsverfahren.

So besitzt der Bundesgerichtshof sechs Ermittlungsrichter. Sie kümmern sich um bestimmte Entscheidungen innerhalb eines Strafverfahrens, welche in höherer Instanz vom Generalbundesanwalt getroffen werden. Dazu gehören beispielsweise Hausdurchsuchungen oder Haftbefehle. Für die Ermittlungen kann der Bundesgeneralanwalt die Kriminalämter oder sonstige Polizeibehörden beauftragen.

Die Rechtsanwaltskammer in Karlsruhe beim Bundesgerichtshof besitzt die Zuständigkeit für die beim BGH zugelassenen Juristen. Die Kammer versteht sich als Körperschaft des öffentlichen Rechts und befindet sich im Hauptgebäude des Bundesgerichtshofs – dem Erbgroßherzoglichen Palais.

Rechtsanwälte der Bundesstaatsanwaltschaft dürfen sogar vor den Europäischen Gerichtshöfen in Luxemburg und Straßburg (für Menschenrechte) auftreten.

Derzeit beschäftigt der Bundesgerichtshof 128 Richter und Richterinnen, die über die verschiedenen Senate verteilt sind. 17 von Ihnen haben die Position eines vorsitzenden Richters inne. Auch sie werden unter denselben oben benannten Kriterien ins Amt einberufen, wie die restliche Bundesanwaltschaft in Karlsruhe.

Deutscher Bundesgerichtshof: Das Verfahren

Wie bereits angedeutet, sind es häufig Revisionsverfahren, um die sich das in Karlsruhe befindliche Gericht kümmert. Häufig findet ein Revisionsverfahren beim Bundesgerichtshof aufgrund einer sogenannten Nichtzulassungsbeschwerde (vornehmlich bei Zivilsachen) statt. Das heißt, dass gegen die Nichtzulassung einer Revision, Beschwerde eingelegt wird. Dabei handelt es sich bei Strafangelegenheiten meistens um Beschwerden gegen Beschlüsse der Oberlandesgerichte. In Zivilsachen entscheidet der Bundesgerichtshof wiederum häufig über Rechtsbeschwerden oder sogenannte Sprungrevisionen.

Die Sprungrevision erhält ihre Bezeichnung aufgrund ihrer Funktion als Rechtsmittel gegen Entscheidungen unterer Gerichte in erster Instanz. Dazu zählen Amtsgerichte, Sozialgerichte oder Verwaltungs- und Arbeitsgerichte. Dabei wird die zweite Instanz – die Berufung eines Urteils – übersprungen, sodass der Fall direkt zum Bundesgerichtshof gelangt. Bei der Sprungrevision werden in der Regel keine Tatsachen mehr festgestellt, sondern lediglich Rechtsfragen geprüft. Zur weiteren Aufklärung weist der BGH dann die Sache an die Vorinstanz zurück.

Nachdem eine Revision beim Bundesgerichtshof eintrifft, wird dieser in einer Beratung geprüft und die Entscheidung zur weiteren Verfahrensweise gefällt. Ohnehin ist es lediglich Aufgabe des BGH die an ihn herangetragenen Urteile auf Rechtsfehler zu überprüfen. In Strafsachen kommt es eher selten – etwa nur zu 5 Prozent – nach der Revision zu einer Hauptverhandlung mit Urteil. Die

Der Bundesgerichtshof befasst sich vordergründig mit Rechtsfragen
Der Bundesgerichtshof befasst sich vordergründig mit Rechtsfragen

Beschwerden sind hier häufig unbegründet. Kommt es allerdings zu einer Verhandlung, dann wird die Staatsanwaltschaft durch einen Delegierten vom Generalbundesanwalt vertreten und der Angeklagte durch seinen Verteidiger – sofern er einen besitzt. Übrigens darf der Angeklagte der Verhandlung beiwohnen – einen Anspruch darauf hat er jedoch nicht, da seine Anwesenheit oft nicht vonnöten ist.

Bei einem Zivilrechtsfall müssen die Parteien je von einem im Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten werden. In vielen Fällen wird hier im Übrigen bei einer mündlichen Verhandlung durch ein Urteil über die Revision entschieden.

Der Bundesgerichtshof trifft Entscheidungen: Wichtige Urteile des BGH verändern Grundsätzliches

Wenn der BGH in Deutschland Entscheidungen trifft, dann passiert das innerhalb der einzelnen Senate. An einem Verfahren sind zumeist fünf Senatsmitglieder beteiligt. Unter ihnen ist stets der Senatsvorsitzende. Diese Gruppe wird als Spruchgruppe bezeichnet. Um die Wahrung der Rechtsprechungseinheit einzuhalten, dienen jeweils die Großen Senate – alles soll schließlich seine Richtigkeit haben. Im Folgenden wird an drei Beispielen zu Entscheidungen des BGH in den vergangenen Jahren die Relevanz der BGH-Rechtsprechung verdeutlicht.

BGH-Urteil zum Verbraucherkredite: Bearbeitungsgebühren zurück

BGH-Urteil vom 13.05.2014, Az. XI ZR 170/13, XI ZR 405/12: Der Bundesgerichtshof entschied hier über die Bearbeitungsgebühren für Verbraucherkredite, die die Banken von ihren Kunden verlangten. Da jedoch diverse Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Kreditinstitute fehlerhaft waren und sich dadurch als unwirksam erwiesen, erhielten Verbraucher somit ein Recht auf Rückforderung der zu Unrecht gezahlten Gebühren und zwar von Beginn des Jahres 2004 an. Solch ein Bearbeitungsentgelt stelle nämlich keine Sonderleistung dar. Arbeitsschritte, wie die Bonitätsprüfung, Datenerfassung oder das Vertragsgespräch finden im eigenen Interesse der Bank statt. Der Anspruch gilt auf der Grundlage des § 195 BGB. Hier unterliegt dieser einer Verjährungsfrist von drei Jahren, welche aufgrund des Beginns erster Rechtsprechungen in dem Bereich erst 2011 zu laufen begann. Laut § 488 BGB müssten die Banken ihre Gebühren alleinig aus den laufzeitabhängigen Zinsen decken können – so entschied der BGH in Karlsruhe. Kläger war hier ein Verbraucherschutzverein. Gegner die Postbank und die National-Bank.

BGH-Urteil zur Renovierung nach Wohnungsauszug

BGH-Urteil vom 18.03.2015, Az. VIII ZR 185/14, VIII ZR 242/13: In gleich mehreren Urteilen hat der Bundesgerichtshof hier zugunsten des Mieters Entscheidungen über die Verpflichtung zu Schönheitsreparaturen und Mängelbeseitigung in Mietwohnungen (auch bei Auszug) getroffen. Demnach ist die Klausel zur Verpflichtung der anteiligen Übertragung der Kosten für etwaige Schönheitsreparaturen auf den Mieter unwirksam, wenn es sich hierbei um gewöhnliche Abnutzungs- oder Gebrauchspuren handelt, die am Ende eines Mietverhältnisses zu Tage treten. Dies gilt vor allem dann, wenn die Reparaturen laut der Renovierungsklausel noch gar nicht fristgerecht fällig sind. Sie Kostenübernahme ist ebenfalls hinfällig, wenn eine von vornherein unrenovierte Wohnung überlassen wird.

Ein anderes BGH-Urteil vom 14.12.2010, VIII ZR 198/10 legte fest, dass die Klausel im Mietvertrag unwirksam sei, die vorschreibt, dass die Wohnung nach Beendigung des Mietverhältnisses weiß gestrichen zurückzugeben ist. Dies ist nämlich laut BGH eine Einengung in der Farbauswahl und schränkt die Gestaltungsfreiheit eines Mieters ein und zwar bereits während des laufenden Mietverhältnisses. Durch diese Benachteiligung verliert die Schönheitsreparaturklausel ihre Gültigkeit und der Mieter muss überhaupt nicht renovieren. Nichtsdestotrotz entschieden die Bundesrichter hierbei zusätzlich, dass die Wohnung dennoch in einer solchen Farbgestaltung an den Vermieter zu übergeben ist, sodass sie schnell weitervermietet werden kann: Das muss nicht unbedingt weiß sein, es können auch andere dezente Farbtöne sein.

BGH-Urteil zur Unterhaltszahlung der Kinder an ihre Eltern

BGH-Urteile können sich zu relevanten Grundsatzentscheidungen auswirken
BGH-Urteile können sich zu relevanten Grundsatzentscheidungen auswirken

BGH-Urteil vom 12.02.2014, Az. XII ZB 607/12: In diesem Urteil entschied der BGH, dass Kinder auch dann Unterhalt für ihre Eltern zahlen müssen, wenn das Verhältnis zerrüttet ist und der Kontakt für lange Zeit unterbrochen war. Diese Entscheidung gilt vor allem dann, wenn sich der betreffende Elternteil während der Kindheit des Kindes um dieses gekümmert hat. Der Bundesgerichtshof traf die Entscheidung auf Grundlage des § 1601 BGB. Dieser Paragraph verpflichtet Verwandte in gerader Linie dazu, einander Unterhalt zu zahlen. Zwar existieren dafür auch Ausnahmen, wie Beleidigung, Taktlosigkeit oder Kränkung, doch da der BGH befand, dass für den Kontaktabbruch in diesem Fall beide Seiten verantwortlich waren, muss der Sohn hier für die Zahlungsforderung der Sozialhilfebehörde aufkommen. Anders fiele hier das Urteil aus, wenn auf Seiten des Elternteils eine einseitige schwere, sittenwidrige Verfehlung der Fürsorgepflicht in Kindheitstagen vorgenommen worden wäre.

Dennoch müssen Kinder nicht ihr letztes Geld zum Elternunterhalt beitragen. Im BGH-Urteil vom 07.08.2013, XII ZB 269/12 legte der Bundesgerichtshof einen monatlichen Selbstbehalt von 1.600 Euro netto fest. Zudem muss Vermögen ebenfalls nur zu einem gewissen Teil zum Unterhalt herangezogen werden.

Alle Bundesgerichtsurteile seit Januar 2000 finden Sie im Übrigen auf der Homepage des BGH unter www.bundesgerichtshof.de in einer Onlinedatenbank.

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Über den Autor

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Jennifer A.

Jennifer studierte Rechtswissenschaften an der Universität Bayreuth. Seit 2018 ist sie fester Bestandteil des Redaktionsteams von anwalt.org. Sie nutzt ihr breites Wissen über das deutsche Rechtssystem seither für die Erstellung gut verständlicher Texte in Bereichen wie dem Asylrecht, Steuerrecht und Verbraucherrecht.

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