Das deutsche Strafrecht kennt ein breit gefächertes Spektrum verschiedener Straftaten, die sich nicht nur in ihren Tatbeständen und Voraussetzungen, sondern auch hinsichtlich des zu schützenden Rechtsgutes sowie des zu verhängenden Strafmaßes voneinander abgrenzen.
Dabei unterscheiden sich die Begriffe „Verbrechen“ und „Vergehen“ voneinander, obschon sie im alltäglichen Sprachgebrauch häufig miteinander verwechselt oder fälschlicherweise synonym, also gleichbedeutend, verwandt werden. Diesbezüglich stellt sich die Frage, was es mit den Begrifflichkeiten jeweils auf sich hat. Ist beispielsweise eine Körperverletzung ein Vergehen oder ein Verbrechen?
Im folgenden Ratgeber wollen wir Ihnen erläutern, worin der Unterschied zwischen einem Vergehen und einem Verbrechen besteht, welche gesetzlichen Regelungen hier greifen und ab wann eine Straftat als Verbrechen zu qualifizieren ist.
Inhalt
FAQ: Verbrechen
Eine Definition für den Begriff „Verbrechen“ gemäß Strafrecht können Sie hier nachlesen.
Ein Verbrechen kann grundsätzlich mit einer Geld- oder Freiheitsstrafe bestraft werden.
Unsere Tabelle bietet Ihnen einen Überblick der unterschiedlichen Verbrechen, die im Strafrecht definiert sind.
Definition von „Verbrechen“
Von einem Verbrechen ist der Definition zufolge dann die Rede, wenn eine Straftat in ihrem Mindestmaß mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr oder aber höher geahndet wird.
Hierin liegt der Unterschied zwischen einem Verbrechen und einem Vergehen. Letzteres meint indes Straftatbestände, deren Strafmaß unterhalb der zuvor beschriebenen Grenze liegt. Das Mindestmaß sieht hier eine Freiheitsstrafe unter einem Jahr oder eine Geldstrafe vor.
Freilich kann ein Vergehen auch höher bestraft werden, also mit einer Geldstrafe oder Freiheitstrafe unter einem Jahr. Es geht bei der Unterscheidung einzig um das Minimum einer zu verhängenden Strafe.
Gesetzlich verankert sind die Begriffe „Verbrechen und Vergehen“ in § 12 Strafgesetzbuch (kurz: StGB). In Absatz 3 der Norm ist ferner festgelegt, dass die Einteilung von etwaigen gesetzlich vorgesehenen Strafschärfungen oder Milderungen unberührt bleiben.
Was ist ein Kapitalverbrechen?
Ein Kapitalverbrechen meint umgangssprachlich ein besonders schweres Verbrechen, welches mit dem Tode zu ahnden war. Es handelt sich hierbei um einen historischen Begriff.
Das Wort leitet sich von dem lateinischen Begriff „capitalis“ ab, was so viel bedeutet wie „den Kopf bzw. das Haupt betreffend“. In der heutigen Rechtswissenschaft hat der Begriff des Kapitalverbrechens indes keine Verwendung mehr.
Verbrechen oder Vergehen: wofür der Unterschied von Relevanz ist
Die Abgrenzung eines Vergehens von einem Verbrechen ist in Deutschland vielfacher Hinsicht von Belang. Ob beispielsweise der Tatbestand Diebstahl ein Vergehen oder ein Verbrechen ist, ist nicht bedeutungslos.
Zum einen wirkt sich die Einteilung unter die Begriffe auf die Frage nach der Strafbarkeit eines Tatversuchs aus. Gemäß § 23 Absatz 1 StGB ist der Versuch eines Vergehens nur strafbar, wenn dies gesetzlich ausdrücklich bestimmt wurde. Ein versuchtes Verbrechen ist hingegen immer strafbar.
Des Weiteren ist die Differenzierung von Bedeutung für den Tatbestand der Bedrohung, gesetzlich normiert in § 241 StGB. Darin heißt es ausdrücklich, das nur die Bedrohung mit einem Verbrechen unter den Tatbestand zu fassen ist.
Überdies ist der Begriff des Verbrechens auch im Zusammenhang mit der Amtsfähigkeit, der Wählbarkeit und des Stimmrechts einer Person von Relevanz. Gemäß § 45 Absatz 1 StGB verliert nämlich derjenige die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden und Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, der eines Verbrechens wegen zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt wurde.
Zum anderen ergibt sich auch für die Zuständigkeit der Amts- oder Landgerichte Unterschiedliches in Bezug auf Verbrechen und Vergehen. Gemäß § 74 Absatz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes (kurz: GVG) sind die deutschen Strafkammern der Landgerichte im ersten Rechtszug zuständig für alle Verbrechen, die nicht zur Zuständigkeit des Amtsgerichts oder des Oberlandesgerichts gehören.
Auch die Möglichkeit, gegen eine Person im Wege des Strafbefehlsverfahrens vorzugehen, ist dem Strafprozessrecht zufolge nicht vorgesehen, sofern dieser ein Verbrechen zur Last gelegt wird. Dies ist § 407 Absatz 1 StPO zu entnehmen.
Welche Arten von Verbrechen kennt das StGB?
Das StGB normiert verschiedene Verbrechen, welche folgender Liste entnommen werden können, welche nicht abschließend ist.
Paragraph im StGB | Tatbestand | Mindestrafmaß |
---|---|---|
§ 80 StGB | Hochverrat | 10 Jahre Freiheitsstrafe |
§ 82 StGB | Hochverrat gegen ein Land | 1 Jahr Freiheitsstrafe |
§ 83 StGB | Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens gegen den Bund | 1 Jahr Freiheitsstrafe |
§ 94 StGB | Landesverrat | 1 Jahr Freiheitsstrafe |
§ 96 StGB | Landesverräterische Ausspähung | 1 Jahr Freiheitsstrafe |
§ 100 StGB | Friedensgefährdende Beziehungen | 1 Jahr Freiheitsstrafe |
§ 105 StGB | Nötigung von Verfassungsorganen | 1 Jahr Freiheitsstrafe |
§ 129a StGB | Bildung terroristischer Vereinigungen | 1 Jahr Freiheitsstrafe |
§ 146 StGB | Geldfälschung | 1 Jahr Freiheitsstrafe |
§ 154 StGB | Meineid | 1 Jahr Freiheitsstrafe |
§ 176a StGB | Schwerer sexueller Missbrauch von Kindern | 1 Jahr oder 2 Jahre Freiheitsstrafe (je nach Tatvariante) |
§ 177 StGB | Sexuelle Nötigung, Vergewaltigung | 1, 2, 3 oder 5 Jahre Freiheitsstrafe (je nach Tatvariante) |
§ 211 StGB | Mord | lebenslange Freiheitsstrafe |
§ 212 StGB | Totschlag | 5 Jahre Freiheitsstrafe |
§ 226 StGB | Schwere Körperverletzung | 1 Jahr Freiheitsstrafe |
§ 234 StGB | Menschenraub | 1 Jahr Freiheitsstrafe |
§ 239a StGB | Erpresserischer Menschenraub | 5 Jahre Freiheitsstrafe |
§ 244a StGB | Schwerer Bandendiebstahl | 1 Jahr Freiheitsstrafe |
§ 249 StGB | Raub | 1 Jahr Freiheitsstrafe |
§ 250 StGB | Schwerer Raub | 3 oder 5 Jahre Freiheitsstrafe (je nach Tatvariante) |
§ 252 StGB | Räuberischer Diebstahl | 1 Jahr Freiheitsstrafe |
§ 306 StGB | Brandstiftung | 1 Jahr Freiheitsstrafe |
§ 308 StGB | Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion | 1 oder 2 Jahre Freiheitsstrafe (je nach Tatvariante) |
§ 316a StGB | Räuberischer Angriff auf Kraftfahrer | 5 Jahre Freiheitsstrafe |
§ 316c StGB | Angriffe auf den Luft- und Seeverkehr | 5 Jahre Freiheitsstrafe |
§ 339 | Rechtsbeugung | 1 Jahr Freiheitsstrafe |
Zu dem Punkt: Verbrechen oder Vergehen: wofür der Unterschied von Relevanz ist, sollten Sie noch die Einstellungsmöglichkeit nach Maßgabe des Opportunitätsprinzips gem. § 153 StPO hinzufügen. Denn auch diese ist eine bedeutende strafprozessuale Bedeutung.