Prozesskostenhilfe: Fürsorgeleistung für einkommensschwache Bürger

Von Jennifer A.

Letzte Aktualisierung am: 22. September 2023

Geschätzte Lesezeit: 9 Minuten

Prozesskostenhilfe: Staatliche Bezuschussung für Gerichtsverhandlungen.
Prozesskostenhilfe: Staatliche Bezuschussung für Gerichtsverhandlungen.

Geld allein macht nicht glücklich. Diese Volksweisheit stellt das Individuum über finanzielle Notwendigkeiten. Zumeist sind es doch zwischenmenschliche Kleinigkeiten des Alltags, die eine Person mit diesem warmen Gefühl innerer Zufriedenheit erfüllen.

Tatsächlich galt das Betteln, als Ausdruck einer vollständigen Lossagung von materiellen Gütern, im Hochmittelalter als etwas durchaus Positives. Denn die Menschen sahen darin die Verwirklichung eines christlichen Ideals. Doch diese ideologisch aufgeladene Wahrnehmung wandelte sich im Laufe der Jahrhunderte.

Mit der Säkularisierung der Bevölkerung und der Etablierung staatlicher Gefüge gewann Geld vor allem auch in rein existenzieller Sicht immer mehr an Bedeutung. Nicht nur die Finanzierung von Luxusgütern, sondern bereits die Bestreitung notwendiger Obliegenheiten ist ohne ein entsprechendes Vermögen nicht möglich.

Allerdings ist bei weitem nicht jeder Bürger mit einem gut bezahlten Job gesegnet, der keinerlei Geldsorgen aufkommen lässt. Für solche Fälle greifen die in Deutschland installierten sozialstaatlichen Hilfsmaßnahmen, die nicht nur im Arbeitslosengeld oder Hartz IV Ausdruck finden, sondern auch in der sogenannten Prozesskostenhilfe (kurz PKH).

Dieser Ratgeber informiert Sie über diese Fürsorgeleistung. Erfahren Sie unter anderem, worum es sich bei der Prozess- oder Gerichtskostenhilfe überhaupt handelt und wer eine solche beantragen kann. Zudem wird erklärt, ob die Prozesskostenhilfe bei einer Scheidung zum Tragen kommen kann und wie sie sich errechnen lässt.

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FAQ: Prozesskostenhilfe

Wie hoch sind die Prozesskosten?

Mit diesem Rechner können Sie ermitteln, wie hoch die Prozesskosten in Ihrem Fall ausfallen können.

Was ist die Prozesskostenhilfe?

Gemäß Staatsrecht muss jeder Bürger die Chance haben, für sein Recht einzustehen. Reichen die finanziellen Mittel nicht aus, um einen Anwalt zu konsultieren, kann die Prozesskostenhilfe einspringen.

Wer kann Prozesskostenhilfe erhalten?

Hier können Sie ausführlich nachlesen, welche Voraussetzungen Sie erfüllen müssen, um Prozesskostenhilfe zu erhalten.

Staatliche Fürsorge als Basis der Prozesskostenhilfe

Deutschland ist laut Staatsrecht dazu verpflichtet, hilfsbedürftigen Bürgern in existenziellen Notlagen zur Seite zu stehen. Das zumindest implizite gesetzliche Fundament dazu findet sich im Grundgesetz. Dort ist in Artikel 20 Absatz 1 von einem sozialen Bundesstaat die Rede. Ergänzend dazu führt auch Artikel 28 die Bezeichnung eines sozialen Rechtsstaates auf.

Ähnlich dem ALG II ist die Prozesskostenhilfe Ausdruck der sozialen Gerechtigkeit.
Ähnlich dem ALG II ist die Prozesskostenhilfe Ausdruck der sozialen Gerechtigkeit.

Welche Pflichten mit dieser Zuschreibung einhergehen, wird nicht näher ausgeführt. Es obliegt also hier der Gerichtsbarkeit, Grenzen und Befugnisse zu definieren.

Oberste Prämisse ist die Gewährleistung einer sozialen Gerechtigkeit, bei welcher es sich weniger um eine starre, als vielmehr um eine flexible Größe handelt, die den jeweiligen wirtschaftlichen und sozialen Gegebenheiten anzupassen ist.

Eine Aufgabe des Staates ist es unter anderem, seinen Bürgern das Existenzminimum zu sichern. Ebenso muss dafür Sorge getragen werden, dass keinerlei Benachteiligungen Raum gegeben wird. Letzteres schließt auch mit ein, dass jedermann ungehindert sein Recht geltend machen kann.

Hierfür muss dem Betreffenden Zugang zu den jeweiligen Gerichten ermöglicht werden, damit dort rechtswidrige Akte von Staat, Verwaltung oder anderen Privatpersonen durch die Mittel der Justiz abgewehrt oder eigene Ansprüche durchgesetzt werden können. Wenn derjenige jedoch nicht über die finanziellen Mittel zur Bestreitung eines Verfahrens verfügt, kann er sich die Prozesskostenhilfe zu Nutze machen. Dadurch wird garantiert, dass keine finanzielle Diskriminierung vor Gericht erfolgt.

Früher wurde diese Form staatlicher Bezuschussung als Armenrecht bezeichnet. 1980 trat dann das Gesetz über die Prozesskostenhilfe in Kraft, welches den ursprünglichen Begriff weitgehend ersetzte. Dieses findet sich nunmehr in der Zivilprozessordnung (ZPO) wider.

Denn werden eine Klage oder ein Antrag bei einem Gericht eingereicht, entfallen dafür Gebühren, die der Antragsteller zu zahlen hat. Ist gesetzlich gar eine anwaltliche Vertretung Pflicht, steigen die Kosten weiter an. Können diese vom Anspruchsinhaber nicht selbst beglichen werden, kommt die Prozesskostenhilfe zum Tragen. Ob im Zuge eines strafrechtlichen Verfahrens oder einer Scheidung: Prozesskostenhilfe wird nach entsprechendem Antrag immer dann gewährt, wenn Sie die Kosten dafür nicht oder nur teilweise selbst bestreiten können.

Was ist die Prozesskostenhilfe im Detail?

All diejenigen, die aufgrund ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ein Verfahren oder ihren Anwalt nicht oder nur unvollständig bezahlen können, haben Anspruch auf Prozesskostenhilfe. Es werden entweder sämtliche Aufwendungen übernommen oder die betreffende Person muss nur durch eine anteilige Ratenzahlung der Zahlungspflicht nachkommen. Dabei kommen maximal 48 Monatsraten in Frage, deren Höhe gerichtlich bestimmt wird. Darüber hinausgehende ausstehende Zahlungen, übernimmt der Staat.

Woher stammen die Gelder der Prozesskostenhilfe?

Finanziert wird die Geldleistung durch den Staat bzw. durch die von der Allgemeinheit gezahlten Steuern.

Die Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe sind in der Zivilprozessordnung geregelt.
Die Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe sind in der Zivilprozessordnung geregelt.

Um etwaigen Missbrauchsfällen einen Riegel vorzuschieben, setzt das Armenrecht eine Einkommensgrenze voraus, die nicht überschritten werden darf. Dies gilt nicht nur zum Zeitpunkt der Bewilligung der Prozesskostenhilfe, sondern auch nachträglich. Verbessern sich Ihre Verhältnisse innerhalb der kommenden vier Jahre nach der rechtskräftigen Entscheidung, so können Sie zu Zahlungen verpflichtet werden.

Doch dieser Automatismus funktioniert ebenso umgekehrt. Denn bei einer Verschlechterung Ihrer wirtschaftlichen Situationen, können ausstehende Raten gekürzt oder gänzlich gestrichen werden.

Mit diesen Regelungen geht die vierjährige Erfordernis einher, dem Gericht jedwede diesbezügliche Veränderung unaufgefordert und zeitnah mitzuteilen. Die Auskunftspflicht erstreckt sich auf jede wiederholte Verbesserung des Einkommens, die über 100 Euro pro Monat hinausgeht. Auch eine Verminderung oder ein Wegfall geltend gemachter Abzüge, wie Kindesunterhalt, Wohnkosten oder sonstige Zahlungsbelastungen, muss mitgeteilt werden, wenn die dabei entstandene Entlastung mehrmals 100 Euro im Monat übersteigt.

Kommt der Betreffende seinem Informationsgebot nicht nach, droht eine Aufhebung der bewilligten Prozesskostenhilfe, sodass dieser die Gebühren nachzahlen muss.

Unterschiede zwischen Beratungs-, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe

Im Zusammenhang mit der Prozesskostenhilfe kursieren oft auch die Begriffe der Beratungs- und Verfahrenskostenhilfe. Handelt es sich hierbei um Synonyme oder beschreiben die Ausdrücke verschiedene Zuschussformen?

  • Beratungshilfe

Diese Form des finanziellen staatlichen Beistandes erstreckt sich auf eine außergerichtliche anwaltliche Beratung. Auch dann, wenn es nicht zu einem Verfahren kommt, soll jeder Bürger die Möglichkeit erhalten, eine Rechtsberatung einzuholen, wenn er beispielsweise eine Privatinsolvenz anmelden muss oder mit dem Jugendamt in Konflikt gerät.

  • Prozesskostenhilfe

Wie es der Name schon andeutet, handelt es sich hierbei um Zuschussleistungen, die zur Wahrnehmung der eigenen Rechte innerhalb eines gerichtlichen Verfahrens dienen. Der Staat stellt dann die finanziellen Mittel für die Begleichung sowohl der Gerichtsgebühren als auch der Kosten für den Rechtsanwalt.

Die Prozesskostenhilfe kann für Verfahren verschiedenster Rechtsgebiete beantragt werden.
Die Prozesskostenhilfe kann für Verfahren verschiedenster Rechtsgebiete beantragt werden.
  • Verfahrenskostenhilfe

Bei Verhandlungen, die im Rahmen der freiwilligen Gerichtsbarkeit stattfinden, wird die PKH als Verfahrenskostenhilfe bezeichnet. Die freiwillige Gerichtsbarkeit umfasst einen eingegrenzten Bereich der Rechtspflege und umfasst insbesondere Entscheidungen in folgenden Angelegenheiten:

  • Nachlassfragen
  • Vormundschafts- und Sorgerechtsstreitigkeiten
  • Personenstandangelegenheiten
  • Vereins-, Landwirtschafts- und Registersachen
Allen drei Varianten gemein ist der Zweck, dem sie unterliegen. Denn stets verfolgen sie das Ziel, einkommensschwachen Bürger, die Wahrnehmung der eigenen Rechte zu ermöglichen, für welche die Betroffenen ohne Zuschuss die finanziellen Mittel nicht aufbringen könnten.

Verfahrensarten, auf welche die PKH Anwendung findet

Grundsätzlich steht Klägern und Beklagten die Prozesskostenhilfe gleichermaßen zu. Erfasst werden zudem die verschiedensten Rechtsgebiete:

  • Zivilrecht (§ 114 ZPO)
  • Arbeitsrecht (§ 11a ArbGG)
  • Verwaltungsrecht (§ 166 VwGO)
  • Finanzrecht (§ 142 FGO)
  • Sozialrecht (§ 73 a SGG)

Eine Ausnahme gilt zum Beispiel bei Unterhaltsfragen bzw. Familiensachen. Hier steht es dem Gericht frei, eine Partei zur Zahlung eines Prozesskostenvorschusses zugunsten der einkommensschwachen Person zu verpflichten. Ein Prozesskostenhilfe per Antrag wird in diesem Fall nicht bewilligt werden. Wenn aber nun der andere keinen Vorschuss leisten kann, kann auch VKH bewilligt werden.

Was ist ein Prozesskostenvorschuss?

Es besteht die Möglichkeit, Familienmitglieder zur Deckung der Verfahrenskosten zu bestimmen. Diese familiäre Kostenübernahme verdrängt dann die Prozesskostenhilfe. In § 1360a des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ist ein solches Gebot für Ehegatten ausdrücklich benannt.

Ein Angeklagter in einem Strafprozess erhält keine Prozesskostenhilfe.
Ein Angeklagter in einem Strafprozess erhält keine Prozesskostenhilfe.

Eine weitere Sonderregelung betrifft die Prozesskostenhilfe im Strafverfahren. Vor einem Strafgericht erhält das Opfer eines Deliktes, zum Beispiel einer Körperverletzung, ausschließlich Prozesskostenhilfe, wenn es zur Nebenklage berechtigt ist. Auch ein Privatkläger, der also ohne Unterstützung durch die Staatsanwaltschaft agiert, kann sich bezuschussen lassen.

Der Täter des Vergehens oder Verbrechens kann kein Begünstigter der Prozesskostenhilfe sein. Er wird bereits dadurch unterstützt, dass ihm im Rahmen der notwendigen Verteidigung von Amts wegen ein Pflichtverteidiger zugewiesen wird.

Ein solcher Fall liegt beispielsweise vor, wenn das Verfahren vor einem Land- (LG) oder Oberlandesgericht (OLG) stattfindet, dem Beschuldigten ein Verbrechen zur Last gelegt wird, ein Berufsverbot erteilt werden kann oder eine Sicherungsverwahrung in Betracht kommt.

Kommt es zu einer Bewilligung der Prozesskostenhilfe, dann wird sie immer nur für bestimmte Gerichte und Prozesse erteilt. Soll das Verfahren auf einer höheren Instanz weitergeführt werden, muss die PKH erneut beantragt werden.

Gehen Sie aus einem Prozess nicht siegreich hervor und beabsichtigen, in Berufung zu gehen oder eine Beschwerde einzureichen, so ist die einst bewilligte Prozesskostenhilfe hierfür erloschen und es bedarf einer erneuten Antragstellung.

Wer bekommt Gerichtskostenbeihilfe?

Prinzipiell hat jede natürliche oder juristische Person ein Anrecht auf Prozesskostenhilfe. Das heißt, auch GmbHs oder Vereine können von der Fürsorgeleistung profitieren. Zudem ist die Staatsangehörigkeit unerheblich, sodass Ausländer und Staatenlose ebenfalls mittels PKH die gerichtlichen Gebühren an den Staat abtreten können.

Personen nach dem Asylrecht sind oftmals ohne Prozesskostenhilfe vollkommen außerstande, gegen negative Entscheidungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) rechtlich vorzugehen. Doch obwohl ihnen der Zuschuss zusteht, scheitern viele Anträge an den mangelnden Erfolgsaussichten einer Klage.

Für die Gewährung der Prozesskostenhilfe sind die eigenen wirtschaftlichen Verhältnisse entscheidend.
Für die Gewährung der Prozesskostenhilfe sind die eigenen wirtschaftlichen Verhältnisse entscheidend.

§ 114 ZPO definiert die konkreten Bedingungen, die eine Person erfüllen muss, um Empfänger der Prozesskostenhilfe zu sein. Laut Gesetz besteht ein Anspruch immer dann, wenn der Betreffende

  • nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten für einen Prozess nicht oder
  • nur teilweise aufbringen kann und
  • seine beabsichtigte Rechtsverfolgung/-verteidigung eine hinreichende Erfolgsaussicht bietet und
  • nicht als mutwillig zu betrachten ist.

Wirtschaftliche Verhältnisse: Prozesskostenhilfe und die Einkommensgrenze

Die Anwendung vom Armenrecht bei einer Scheidung oder einem anderweitigen Verfahren ist immer abhängig vom einzusetzenden Monatseinkommen. Dieses bemisst sich anhand des Bruttoeinkommens (inklusive Urlaubs- und Weihnachtsgeld) abzüglich:

  • der Steuer
  • der Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung
  • anderer angemessener Versicherungen
  • konkret nachgewiesener notwendiger Ausgaben für die Erzielung des Einkommens (Werbungskosten)
  • angemessener Kosten der Wohnung
  • sonstiger besonderer Belastungen

Zusätzlich zu diesen Abzügen sieht die Prozesskostenhilfe gewisse Freibeträge vor, die ebenfalls zugunsten des Betreffenden das einzusetzende Monatseinkommen senken. Seit 1. Januar 2016 gelten hierbei folgende Beträge:

FreibetragPersonenkreis
468 EuroAntragsteller und Ehegatten bzw. Lebenspartner
272 EuroKinder bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres
309 EuroKinder von 6 Jahren bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres
353 EuroJugendliche von 14 Jahren bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres
374 EuroErwachsene

Die Prozesskostenhilfe errechnet sich anhand von Einkünften, Ausgaben, Freibeträgen und sonstigen Abzügen.
Die Prozesskostenhilfe errechnet sich anhand von Einkünften, Ausgaben, Freibeträgen und sonstigen Abzügen.

Erwerbstätigte Antragsteller erhalten zudem einen sogenannten Erwerbstätigenbonus in Höhe von 213 Euro.

Während diese Summen sich zugunsten einer Prozesskostenhilfe auswirken, können etwaige Vermögenslagen einer Bewilligung entgegenstehen oder zumindest eine Ratenzahlung nach sich ziehen.

Denn der Antragsteller muss sein Vermögen zur Finanzierung eines Prozesses aufwenden. Das beinhaltet Ersparnisse, bestimmte Versicherungsleistungen, Unterhaltsansprüche und ein Eigenheim.

Nicht angerechnet werden ein Geldvermögen bis zu 2.000 Euro, selbstbewohnte Immobilien, Mittel zur Altersvorsorge und Vermögenswerte, die zur Berufsausübung nötig sind. Anhand all dieser Anrechnungen und Abzüge wird das einzusetzende Monatseinkommen ermittelt, welches ausschlaggebend für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe ist.

Die Grundlage, auf der die Einkommensverhältnisse Berücksichtigung finden, bildet § 115 ZPO. Prozesskostenhilfe wird immer dann ohne Eigenleistung gewährt, wenn das einzusetzende Vermögen weniger als 20 Euro beträgt. Wird dieser Wert überstiegen, findet durch eine anteilige Ratenfinanzierung der Prozesskostenhilfe eine Rückzahlung des staatliches Zuschusses statt. Jede Monatsrate beläuft sich dabei auf die Hälfte des ermittelten Einkommens.

Beispielrechnung

Frau J. möchte sich von ihrem Mann scheiden lassen. Sie lebt gemeinsam mit ihrem 16-jährigen Sohn zusammen, für den sie 184 Euro Kindergeld erhält. Ihr Gehalt beträgt 1.500 Euro. Davon zahlt sie monatlich 800 Euro für Miete und ähnliches. Einen Anspruch auf Unterhalt von ihrem Noch-Ehemann hat Frau J. nicht. Steht ihr Prozesskostenhilfe zu?

  • 1. Berechnung Einkünfte:

1.500 Euro (Lohn) + 184 Euro (Kindergeld) = 1.684 Euro

  • 2. Abzug der Ausgaben:

Einkünfte (1.684 Euro) – Miete (800 Euro) = 884 Euro

  • 3. Berücksichtigung der Freibeträge:

Antragsteller (468 Euro) + Jugendlicher zwischen 14 und 18 Jahren (353 Euro) + Erwerbstätigenbonus (213 Euro) = 1.034 Euro

  • 4. Ermittlung des einzusetzenden Einkommens:

Einkünfte abzüglich Ausgaben (884 Euro) – Freibeträge (1.034 Euro) = -150 Euro

Frau J. hat Anspruch auf Prozesskostenhilfe, da ihr deutlich weniger als 20 Euro zur Verfügung stehen, um ein Gerichtsverfahren selbst finanzieren zu können.

Wann liegen Erfolgsaussichten vor?

Berufstätigen wird bei der Berechnung der Prozesskostenhilfe ein Erwerbstätigenbonus gutgeschrieben.
Berufstätigen wird bei der Berechnung der Prozesskostenhilfe ein Erwerbstätigenbonus gutgeschrieben.

Entscheidend dafür, ob die Gerichte Anträgen auf Prozesskostenhilfe stattgeben, sind die Erfolgsaussichten. Diese werden anerkannt, wenn der Standpunkt des Antragstellers aus der Perspektive eines verständigen Dritten vertretbar erscheint.

Außerdem muss der Sachverhalt durch Beweise belegbar sein, um eine Gerichtskostenbeihilfe beispielsweise bei einer Scheidung bewilligt zu bekommen.

Mutwilligkeit verhindert die Prozesskostenhilfe

Diese Begrenzung dient dem Schutz vor Missbrauch dieser Fürsorgeleistung. So sollen Personen, daran gehindert werden, von der Prozesskostenhilfe Gebrauch zu machen, wenn sie bei ausreichendem Einkommen von der gerichtlichen Geltendmachung ihres Rechtes absehen würden.

Als mutwillig Handelnder gilt, wer versucht, seine Ansprüche auf diesem Wege besonders kostengünstig durchzusetzen. Abzulehnen ist eine Prozesskostenhilfe, sobald der Betreffende die finanzielle Ersparnis vor sein individuelles Gerechtigkeitsbedürfnis stellt. Hat der Gegner beispielsweise keine Veranlassung zu einer Klage gegeben, scheidet die Prozesskostenhilfe aus.

Antrag auf Prozesskostenhilfe

Um Prozesskostenhilfe zu erlangen, ist ein Antrag notwendig, in welchem das Streitverhältnis – wenn möglich inklusive etwaiger Beweismittel – so detailliert wie möglich dargestellt werden muss. Je genauer der Antragsteller die Sachlage darlegt, umso eher kann das Gericht zu dem Schluss gelangen, dass eine Erfolgsaussicht besteht, welche Voraussetzung für die Bewilligung ist.

Einen Vordruck für den Antrag auf Prozesskostenhilfe finden Sie unter anderem auf den Seiten vom Justizportal des Bundes und der Länder.

Des Weiteren sollte die Erklärung Informationen bezüglich der wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse enthalten. Erteilen Sie mittels Belegen Auskunft über die Familiensituation, den Beruf, das Vermögen, das Einkommen und die Lasten.

Wichtige Formulare, der Beantragung der Prozesskostenhilfe beizulegen sind, finden Sie online.
Wichtige Formulare, der Beantragung der Prozesskostenhilfe beizulegen sind, finden Sie online.

Obacht: Machen Sie nur vollständige und wahrheitsgetreue Angaben in der Erklärung zu Ihren Vemrögenscverhältnissen. Andernfalls droht nicht nur eine Aufhebung der bereits bewilligten Prozesskostenhilfe sowie eine Aufforderung zur Rückzahlung der Beträge, sondern auch eine strafrechtliche Sanktion. Denn gegebenenfalls begehen Sie dann die Straftat der falschen Versicherung an Eides Statt (§ 156 StGB) oder der Falschaussage vor Gericht (§ 153 StGB).

Lassen Sie sich bei Unsicherheiten im Zusammenhang mit der Beantragung anwaltlich beraten. Immerhin steht Personen mit einem geringen Einkommen laut dem Beratungshilfegesetz (BerHG) unter Umständen eine kostenfreie oder zumindest preiswertere Rechtsberatung zu.
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Prozesskostenhilfe: Fürsorgeleistung für einkommensschwache Bürger
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Über den Autor

Autor
Jennifer A.

Jennifer studierte Rechtswissenschaften an der Universität Bayreuth. Seit 2018 ist sie fester Bestandteil des Redaktionsteams von anwalt.org. Sie nutzt ihr breites Wissen über das deutsche Rechtssystem seither für die Erstellung gut verständlicher Texte in Bereichen wie dem Asylrecht, Steuerrecht und Verbraucherrecht.

40 Gedanken zu „Prozesskostenhilfe: Fürsorgeleistung für einkommensschwache Bürger

  1. V. H.

    Ich hätte auch eine Frage zu Prozesskostenhilfe bzw. Überprüfungsverfahren:
    Wenn ich mich statt einem Auto für ein Motorrad entschieden habe, darf das den selben Wert, die 7.500 Euro als verschontes Vermögen haben?
    Muss ich mich rechtfertigen, warum ich kein Auto sondern ein Motorrad besitze?
    Prüft das Amtsgericht das alles bei der Zulassungsstelle?

    Herzlichen Dank im Vorraus.

  2. Bade

    Guten Tag,
    Ich möchte eine Klage beim Sozialgericht Berlin erheben. Mein Wiederspruch gegen den VBG Bescheid ist abgelehnt worden. Es geht um ein Missverständnis, aufgrund von Sprachbarrieren mit dem Arzt, da ich eine Ausländerin bin. Habe ich Recht auf Rechtsberatung bzw eine aussergerichtliche Vertretung und wo soll ich mich wenden?

    Habe ich das Recht, mich selbst zu vertreten? Falls ich den Fall vor Gericht verliere, bin ich verplichtet die Prozesskosten für die andere Partei (VBG) zu tragen? Verdiene etwas 2.05 netto, habe ich Anspruch auf die Prozesskostenhilfe? Da ich erst ein paar Monate in Deutschland lebe, verstehe nicht ganz diesen § 115 ZPO, was das im Klartext eigentlich heisst?

    Vielen Dank für Ihre Antwort

  3. Koch

    Guten Tag,
    meine Mutter ist vor einen Jahr verstorben ,jetzt möchte ich meinen Pflichtteilsanspruch einklagen,kann ich Prozesskostenhilfe beantragen bin mittelloser Rentner ?
    Vielen dank für Ihre Antwort

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