Recht auf gewaltfreie Erziehung nach § 1631 BGB

Von Jennifer A.

Letzte Aktualisierung am: 20. März 2024

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Kinderrechte im BGB: Laut § 1631 müssen Eltern ihre Kinder gewaltfrei erziehen.
Kinderrechte im BGB: Laut § 1631 müssen Eltern ihre Kinder gewaltfrei erziehen.

Die Polizeiliche Kriminalstatistik verzeichnete für das Jahr 2015 3.441 Fälle von Kindesmisshandlungen im Sinne des § 225 Strafgesetzbuch. Es liegt auf der Hand, dass die Dunkelziffer deutlich höher liegen dürfte, denn viele Fälle werden nicht zur Anzeige gebracht. Wir erklären in diesem Ratgeber, wo das Recht auf gewaltfreie Erziehung verankert ist und welche Konsequenzen drohen, wenn Eltern dem Kind Verletzungen zufügen.

FAQ: gewaltfreie Erziehung

Gibt es ein Recht auf gewaltfreie Erziehung?

Ja. Minderjährige haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Geregelt ist das in § 1631 BGB.

Ab wann liegt eine Verletzung des Rechtes vor?

Schon ein Klaps oder eine Ohrfeige beschneidet dieses Recht. Auch seelische Verletzungen zählen dazu. Auch im Grundgesetz per Art. 6 ist eine gewaltfreie Erziehung indirekt festgehalten.

Mit welchen Strafen ist bei einer Kindesmisshandlung zu rechnen?

Liegt eine Kindesmisshandlung vor oder ist das Kindeswohl anderweitig gefährdet, drohen weitreichende Konsequenzen. Wie diese aussehen, erfahren Sie hier.

Was besagt Paragraph 1631 BGB zur Erziehung ohne Gewalt?

Bis vor einigen Jahrzehnten war es gesellschaftlich in Ordnung, wenn die Kinder mit Prügel erzogen wurden. Im Jahr 2000 schob der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Ächtung von Gewalt in der Erziehung diesem Verhalten einen Riegel vor. Seitdem heißt es in § 1631 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB):

Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig.

Es ist also nun Eltern, aber auch anderen Aufsichtspersonen untersagt, einem Kind eine (seelische) Verletzung zuzufügen. Vielmehr haben besonders die Eltern eine Personensorge, die umfasst, dass das Kind gepflegt und erzogen wird.

Indirekt findet sich dieses Recht auf gewaltfreie Erziehung auch im Grundgesetz. Nach Art. 6 Abs. 2 ist es die zuvörderste Ihnen obliegende Pflicht, den Nachwuchs zu pflegen und zu erziehen.

Das Recht auf gewaltfreie Erziehung wurde im BGB im Zusammenhang mit der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen aus dem Jahr 1989 aufgenommen. Eine eigens entwickelte Kampagne sollte die Gesetzesänderung in der Bevölkerung verbreiten.

Strafe und weitere Konsequenzen bei Kindesmisshandlungen

Recht auf eine gewaltfreie Erziehung: Die Kinderrechte stehen dem Nachwuchs immer und in jeder Situation zu.
Recht auf eine gewaltfreie Erziehung: Die Kinderrechte stehen dem Nachwuchs immer und in jeder Situation zu.

Halten sich Personen nicht an die Kinderrechte und die gewaltfreie Erziehung, führt dies ohne Bekanntwerden erst einmal zu keinen Konsequenzen. Erfährt aber das Jugendamt davon und sehen die Sachbearbeiter das Kindeswohl gefährdet, ist mit weiteren Maßnahmen zu rechnen. Den Eltern bzw. dem Elternteil kann beispielsweise gerichtlich das Sorgerecht entzogen werden.

Darüber hinaus ist ggf. der Straftatbestand der Kindesmisshandlung nach § 225 Strafgesetzbuch erfüllt.

Wer eine Person unter achtzehn Jahren oder eine wegen Gebrechlichkeit oder Krankheit wehrlose Person, die

1. seiner Fürsorge oder Obhut untersteht,

2. seinem Hausstand angehört,

3. von dem Fürsorgepflichtigen seiner Gewalt überlassen worden oder

4. ihm im Rahmen eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses untergeordnet ist,

quält oder roh mißhandelt, oder wer durch böswillige Vernachlässigung seiner Pflicht, für sie zu sorgen, sie an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.

Bereits der Versuch ist strafbar.

Wer das Recht auf gewaltfreie Erziehung missachtet, erfüllt im Einzelfall insbesondere bei Prügel auch den Straftatbestand der Körperverletzung und ggf. den der Misshandlung Schutzbefohlener. Es droht dann eine Geld- bzw. Freiheitsstrafe und ggf. der Entzug des Sorgerechts.

Wie können Sie eine Kindesmisshandlung melden?

Räumen Eltern ihren Kindern nicht das Recht auf gewaltfreie Erziehung ein, sollten Sie handeln. Verschiedene Anlaufstellen helfen Ihnen dann weiter. Sie können sich mit Beratungsstellen, dem Jugendamt oder auch der Polizei in Verbindung setzen. Dies ist anonym möglich.

Bereits eine Ohrfeige entspricht nicht dem Recht auf eine gewaltfreie Erziehung.
Bereits eine Ohrfeige entspricht nicht dem Recht auf eine gewaltfreie Erziehung.

Insbesondere Erzieher und andere sozialpädagogische Fachkräfte sind gesetzlich verpflichtet, bei einem Verdacht tätig zu werden. Handeln diese Person nicht, drohen straf- bzw. zivilrechtliche Konsequenzen.

Neben den genannten Stellen können Sie sich auch telefonisch Hilfe suchen:

  • Elterntelefon „Nummer gegen Kummer“: 0800 111 0 550
  • Kinder- und Jugendtelefon: 116 111
  • Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“: 0800 166 016
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Recht auf gewaltfreie Erziehung nach § 1631 BGB
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Über den Autor

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Jennifer A.

Jennifer studierte Rechtswissenschaften an der Universität Bayreuth. Seit 2018 ist sie fester Bestandteil des Redaktionsteams von anwalt.org. Sie nutzt ihr breites Wissen über das deutsche Rechtssystem seither für die Erstellung gut verständlicher Texte in Bereichen wie dem Asylrecht, Steuerrecht und Verbraucherrecht.

Bildnachweise

8 Gedanken zu „Recht auf gewaltfreie Erziehung nach § 1631 BGB

  1. Christiane

    Mein Kind wird an der Schule von einer Lehrerin mißbraucht. Nicht nur mein. Viele Kinder. Es handelt sich um eine Privatschule. Der Schulleitung ist das bekannt, seit Jahren. Es wird aber nix unternommen. Wie kann ich mein Kind schützen? Wo kann ich Anzeige erstatten? Is die Polizei hier der richtige Ansprechpartner?

    1. Barbara

      Liebe Christiane, unbedingt! Bitte wende dich sofort an die Polizei und gib dein Kind dort nicht mehr hin!
      Liebe Grüße
      Barbara

  2. Denise

    Bitte um Hilfe , in unserer Nachbarschaft,[personenbezogene Daten von der Redaktion entfernt], wir sind rentner ,fast jeden Abend schreit ein Kind ,Familie Kühnelt,die Tochter ist gerade mal 7 bis 8 Jahre,wird über Nacht standig allein gelassen, schreit nach ihrer Mutter die irgendwann früh betrunken heim kommt ,bitte tut was , ist so störend und Besorgnis erregend, wir sind über 70 Jahre und verstehen es nicht das ein Kind so vernachlässigt wird , bitte das muss ein Ende haben , danke dir

    1. anwalt.org

      Hallo Denise,

      bitte wenden Sie sich im Zweifel an Polizei und/oder Jugendamt.

      Ihr anwalt.org-Team

  3. Selma

    Hallo, die beiden Kommentare zeigen einmal mehr was in diesem Staat vor sich geht. Ein Staat der von anderen Staaten die Einhaltung der Menschenrechte fordert und seine eigenen Kinder der Gewalt, dem Missbrauch und der Vernachlässigung überlässt. Kinderrechte werden in Deutschland mit Füßen getreten und schon die Jüngsten lernen diesen Staat von seiner besten Seite kennen. Da überlegen Politiker ob sie junge Menschen zur Wahl schicken sollen, sollen sie mal machen da bekommen sie sicher die Quittung für das Leid was sie den Kindern zugefügt haben. Gerichte, Richter, Richterinnen, Anwälte, Anwältinnen, Rechtsbeistände der Kinder, Jugendämter, Kinderschutzbund, Polizei…. Wohin soll sich ein Betroffener wenden? An wen soll sich ein Kind wenden? Es sind viele viel zu viele Kinder und Frauen von Gewalt betroffen, aber Hilfe können sie keine erwarten. Diese Menschen sind ganz einfach unbequem, machen Arbeit und Ärger die ist man am liebsten gleich wieder los. Mit sowas kann man sich nicht profilieren, behindert beim Vorwärts kommen im Beruf, verhindert die Zuteilung von Fällen durch Gerichte und, und, und…Manchmal frage ich mich in welchem Jahrhundert wir leben. Die Würde des Menschen…Kinder und Frauen sind bis heute keine Menschen, haben keine Rechte und befinden sich in Privateigentum. Bleibt nur zu hoffen, dass es in Zukunft genug gute Psychologen gibt, heute sieht es damit schlecht aus. Sieht schlecht aus mit kompetenten, verantwortungsvollen, emphatischen und interessierten Menschen, die ihrer Rolle gerecht werden an dem Platz an dem sie tätig sind. Meine Enkel sind Opfer ihres narzistischen Vaters, aber wen interessiert das schon. Menschen gibt es so viele, ein paar mehr oder weniger…Hauptsache die Kröten werden über die Straße getragen um sie zu schützen. In Deutschland trägt man die Nase so hoch, dass die Gefahr besteht über den eigenen Dreck zu fallen. Interessant wäre die Zahl der Opfer die dieses Treiben schon mit ihrem Leben bezahlt haben. Ich kenne schon mal zwei, zwei unschuldige Kinder…. Wie konnte das nur passieren, keiner hat was gesehen, keiner hat was gemerkt, keiner ist schuld, keiner trägt die Verantwortung. Die Scheinheiligkeit die in so einem Fall an den Tag gelegt wird ist kaum zu ertragen. Helfen kann der Einzelne wahrscheinlich nicht, da hilft nur eine starke Gemeinschaft. Die Kinder machen es uns gerade vor, Freitag auf die Straße für die Umwelt. Eine Umwelt die misshandelten Kindern so egal sein dürfte wie sie dem Staat. Alle auf die Straße gegen die Gewalt in Deutschland oder ganz böse ausgedrückt gegen Todesurteile im Namen des Volkes. Nicht aufgeben, alles versuchen…

  4. Justine

    Ich bin Großmutter und meine Enkelkinder werden misshandelt, seelisch, körperlich und entwürdigend. Bin hilflos, weil auch das Jugendamt, Staatsanwalt und Familiengericht die Gefahr herunterspielt und Aussagen meiner Enkel unter den Teppich kehrt. Seit Weihnachten 2018 wird mir der Umgang seitens meiner Schwiegertochter nicht gewährt. Habe inzwischen selbst eine Rechtsanwältin eingeschaltet, befürchte aber, dass ich als Großmutter ausgebremst werde, von allen Behörden. Wie kann ich meinen Enkeln helfen?J

  5. D.

    Hallo,
    leider wird die psychische Gewalt an Kindern oft nicht beachtet. Von Seiten der Kinderrechtskonvention steht hier klar geschrieben, dass Kinder nicht geänstigt, herabgesetzt, terroriesiert oder überfordert werden dürfen. Weiterhin darf nicht das Gefühlt der Wertlosigkeit erzeugt werden, sowie seelische Grausamkeit an Kindern verübt werden. Auch harmlosere Formen, wie Ablehnung und psyschische Bstrafung mittels seelischer Erpressung dürfen Kinder nicht erfahren.
    Hier stößt man mit seinen Sorgen bei den Behörden auf taube Ohren. Leider sind meine Kinder dieser psychisehen Gewalt bei ihrem Vater ausgesetzt. Auch ich habe das vor der Trennung von meinem Mann erfahren. Da die Kinder im 50/50 Wechselmodell leben, welches vom Gericht angeordndet wurde, haben sie keine Chance, dem zu entkommen. Der Vater betreibt dies intern in der Familie, auch im Zusammenschluß mit der neuen Lebensgefährtin. Vor Außenstehenden bleibt dieses Verhalten oft unbermerkt bzw. wird nur als „impulsiv“ bemerkt. Bei allen Stellen, Erziehungsberatung, Jugendamt, sozialpsychatrischer Dienst werden meine Bedenken heruntergespielt und mir nur erklärt, die Kinder müssen selber sagen, dass sie nicht zum Vater wollen bzw. zum Jungendamt (große Tochter ist 14 Jahre alt) gehen. Die Kinder können sich unter diesem Einfluß des mächtigen Vaters in meinen Augen nicht selbst befreien, sie sind Opfer!
    Mir blutet das Herz, meine Kinder immer wieder diesem Mann auszuliefern. Was kann ich tun? Wer hilft meinen Kindern? Ich mache mich der unterlassenen Hilfeleistung schuldig, wenn nich nicht handele.

    1. Mario

      LIEBE D.

      Ich kenne das leider nur allzu gut, aber aus umgekehrter Seite (Ich der Vater, Kontakt alle 14 Tage am We). Es bricht mir das Herz zu sehen wie sehr meine Kinder unter Ihrer Mutter leiden (mein 14-jaehriger ist mittlerweile schon so fertig dass er ueberlegt ins Internat zu gehen). Diese Ohnmacht macht mich verrueckt :(.

      Haben Sie schon irgendwelche Erfolge erzielen koennen bzw wissen Sie Stellen wo man gehoert wird und auch etwas getan wird, und sei es nur eine Ueberpruefung der verhaeltnisse?

      Alles Gute,
      M

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