Kaum jemand möchte sich freiwillig mit dem Gedanken auseinander setzen, dass er krank werden könnte oder einen Unfall hat und das gleich so schlimm, dass er seinen Willen nicht mehr äußern kann. Doch für genau diesen Fall ist die Patientenverfügung gedacht.
Das Schriftstück soll dem Bevollmächtigten bzw. den Angehörigen die Entscheidung abnehmen, was mit dem Patienten passiert, wenn dieser entscheidungsunfähig ist. Seit 2009 ist der Umgang mit Patientenverfügungen auch gesetzlich geregelt.
Grundsätzlich ist zwischen der Patientenverfügung und der Vorsorgevollmacht zu unterscheiden. Je nachdem wie umfangreich letztere ist, kommt eine gesonderte Betreuungsverfügung hinzu.
In diesem Ratgeber erklären wir, was eine Patientenverfügung ist, wann diese Anwendung findet und ob sich die Ärzte daran halten müssen.
Inhalt
FAQ: Patientenverfügung
Mit der Patientenverfügung bewahren Sie Ihre Selbstbestimmung in Situationen, in denen Sie nicht mehr frei entscheiden können, weil Sie z. B. im Koma liegen. Sie erklären darin vorsorglich, welche medizinischen Behandlungen Sie in bestimmten Fällen wünschen. Die Ärzte müssen sich daran halten. Eine sinnvolle Ergänzung ist übrigens die Vorsorgevollmacht.
Jede Patientenverfügung muss neben dem vollständigen Namen, dem Geburtsdatum und der Anschrift auch Datum und Unterschrift enthalten. Beschreiben Sie die Notsituationen, für welche die Verfügung gelten soll, so genau wie möglich und benennen Sie die medizinischen Maßnahmen, die Sie wünschen bzw. ablehnen. Weitere Informationen haben wir hier zusammengefasst.
Im Idealfall hinterlegen Sie eine Kopie der Verfügung bei einer Person Ihres Vertrauens oder bei Ihrem Hausarzt. Welche Alterativen es gibt, beschreiben wir an dieser Stelle.
Was ist eine Patientenverfügung?
Eine Patientenverfügung ist laut Definition eine schriftliche Vorausverfügung. Der Betroffene verfügt also etwas für die Zukunft, was bezüglich medizinischer Eingriffe zu beachten ist, sofern er seinen Willen nicht (mehr) selbst äußern kann.
Zumeist geht es in der Patientenvollmacht darum, festzulegen, was passieren soll, wenn der Sterbeprozess unmittelbar und unabwendbar ist. In der Regel wird festgelegt, dass das Leben nicht künstlich verlängert werden soll. Aber auch lebenserhaltende Maßnahmen können verschriftlicht werden.
Medizinisch gesehen sind verschiedene Situationen denkbar, in denen die Verfügung zur Hand sein sollte. Beispielsweise ist dies der Fall, wenn sich der Patient im Endstadium einer tödlichen und unheilbaren Krankheit befindet. Auch Gehirnschädigung, beispielsweise in Folge eines Schlaganfalls oder eines Unfalls sind denkbar.
Ziel der Patientenverfügung ist es, den Willen des Patienten bei der weiteren Behandlung zu berücksichtigen. Damit richtet sich die Verfügung an die Ärzte, welche gemäß dieser handeln müssen. Darüber hinaus ist das Schriftstück aber auch für die Familie und weitere Angehörige, sowie eventuell den gerichtlich bestellten Betreuer interessant, sofern diese ebenfalls Entscheidungen bezüglich des Patienten zu treffen haben.
Per Gesetz ist kein Bundesbürger dazu verpflichtet, eine Patientenverfügung aufzusetzen. Eine Versicherung darf es vor Vertragsabschluss nicht zur Bedingung machen, eine Verfügung zu haben.
Möchten Sie allerdings festlegen, was medizinisch mit Ihnen passieren soll, wenn Sie Ihren Willen nicht mehr äußern können, kann es sinnvoll sein, eine Patientenverfügung aufzusetzen. Auf diese Weise können Sie Ihre eigenen Entscheidungen treffen, obwohl Sie in der akuten Situation nicht dazu in der Lage sind. Beachten Sie allerdings, dass in bestimmten Grenzsituationen medizinisch gesehen keine Voraussagen möglich sind. Mit einem Behandlungsverzicht kann es also einhergehen, dass Sie Ihr Leben verkürzen.
Was ist eine christliche Patientenverfügung?
Die christliche Patientenverfügung wurde von der Evangelischen Kirche Deutschland und der Deutschen Bischofskonferenz der römisch-katholischen Kirche aufgesetzt. Diese Verfügung unterscheidet sich insofern von der Standard-Patientenverfügung, als dass sie auch christliche Werte und Sichtweisen des Patienten festhält und hinterfragt gleichzeitig, welche medizinischen Handlungen im Einzelfall religiös vertretbar sind.
Entwickelt wurde die Verfügung vor dem Hintergrund des christlichen Glaubens und dass der Patient mittels der Patientenverfügung bis zuletzt ein selbstbestimmtes Leben führen kann. Die Verfügung soll ermöglich, dass kein anderer über das Leben oder den Tod des Patienten entscheiden muss.
Die christliche Patientenverfügung vereinigt die Vorsorgevollmacht in Gesundheits- und Aufenthaltsangelegenheiten, die Betreuungsverfügung und die Patientenverfügung in einem. Dabei ist zu beachten, dass die Vorsorgevollmacht sich nicht auf alle möglichen Rechtsgeschäfte bezieht, also eventuell eine Erweiterung nötig ist. Näheres hierzu nun im folgenden Abschnitt.
Unterschied zwischen Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung
Bei der Nutzung der Begrifflichkeiten „Patientenverfügung“, „Vorsorgevollmacht“ und „Betreuungsvollmacht“ kommt es immer wieder zu Ungenauigkeiten.
- Die Patientenverfügung regelt den Wunsch des Patienten hinsichtlich konkreter medizinischer (lebenserhaltender) Maßnahmen. An dieser Stelle wird keine Person bevollmächtigt.
- Die Vorsorgevollmacht berechtigt eine Person dazu, im Notfall bestimmte Aufgaben zu übernehmen. Hierzu zählen alle Rechtsbereiche, wie beispielsweise Wohnungsangelegenheiten, Vermögenssorge oder Vertretungen vor Gericht. Ebenso kann hier ein Bevollmächtigter für die Gesundheitssorge benannt werden. Es ist möglich, eine Vertrauensperson nur für manche Rechtsbereiche zu bevollmächtigen.
- Die Betreuungsverfügung legt fest, wer als Betreuer eingesetzt werden soll, sofern der Vollmachtgeber außer Stande ist, bestimmte Aufgaben zu erledigen und Entscheidungen zu treffen. Je nach Fall kann hier auch von einer Geschäftsunfähigkeit gesprochen werden. Ein Betreuer wird durch das Betreuungsgericht bestellt. Die Vorschläge des Patienten sind dabei zu beachten. Erteilte die zu betreuende Person allerdings eine Vorsorgevollmacht für alle Rechtsbereiche, kann das Gericht auf die Bestellung eines Betreuers verzichten.
In manchen Fällen ist die Betreuungsverfügung bereits in der Vorsorgevollmacht enthalten, was eine gesonderte Betreuungsverfügung überflüssig macht.
Warum ist eine solche Vorsorge wichtig?
In Zeiten immer besser werdender Medizin, kann ein Leben auch immer länger aufrechterhalten werden. Per se ist dies erst einmal eine gute Nachricht. Doch was passiert, wenn Patienten ihre Einwilligungsfähigkeit verlieren und eventuell künstlich beatmet oder ernährt werden müssen?
Um dieser Situation vorzugreifen, nützt eine Patientenverfügung. In dieser können Sie selbst entscheiden, ob Sie solche genannten Lebensumstände für lebenswürdig halten oder nicht. Vielleicht ist Ihnen völlig klar, dass Sie niemals an eine Maschine angeschlossen werden möchten – schreiben Sie solche Wünsche unbedingt nieder, denn im Fall der Fall dürfen nicht automatisch Familienangehörige für Sie Entscheidungen treffen, im Zweifel wollen Sie ihnen dies auch ersparen.
In diesem Zusammenhang macht es daher Sinn, neben der Patientenverfügung auch eine Vorsorgevollmacht aufzusetzen, dann haben Sie alles geregelt und einem Bevollmächtigten viele Rechte eingeräumt. Beides ist bindend und muss von allen Parteien eingehalten werden. Darüber hinaus können Sie davon ausgehen, dass alles in Ihrem Sinne ausgeübt wird.
Auch die Bundesnotarkammer spricht sich ausdrücklich dafür aus, eine Vorsorgevollmacht zusammen mit einer Patientenverfügung zu sehen, da der Bevollmächtigte dafür zuständig ist, die Verfügung durchzusetzen. Ist ein solcher nicht hinterlegt, wird durch das Gericht ein gesetzlicher Betreuer bestimmt, welcher die Patientenverfügung durchsetzt.
Auch im Gesetz finden sich Hinweise, dass eine solche Koppelung wünschenswert ist. Schließlich heißt es in § 1901a Abs. 1 BGB, dass der rechtliche Betreuer oder Bevollmächtigte zu überprüfen hat, ob die Verfügung auf die akute Behandlungssituation passt. Ist davon auszugehen, dass die Patientenverfügung Anwendung findet, hat der Bevollmächtigte oder der Betreuer diese durchzusetzen.
Gerade wenn Patienten bereits an einer Krankheit leiden, kann in der Patientenverfügung explizit auf diese eingegangen werden und könne Behandlungswünsche geäußert werden. Damit es im Ernstfall nicht zu Verzögerungen kommt, sollte ebenso eine Vorsorgevollmacht vorliegen, damit der Bevollmächtigte die Verfügung durchsetzen kann. Ansonsten muss erst ein bestellter Betreuer durch das Gericht bestimmt werden.
Rechte der Familienangehörigen
Wer glaubt, dass der Ehegatte oder die Kinder automatisch das Recht haben, für Sie Entscheidungen zu treffen, wenn Sie selbst dazu nicht mehr in der Lage sind, liegt falsch. Damit die Angehörigen Entscheidungen bezüglich medizinischer Behandlungen treffen oder alltägliche Aufgaben rechtswirksam erledigen dürfen, müssen die Patienten die Angehörigen bevollmächtigt haben oder durch ein Betreuungsgericht als gesetzlicher Betreuer eingesetzt werden.
Liegt keine Vollmacht vor, muss bei Gericht ein Antrag gestellt werden. Dies kann sich unter Umständen mehrere Wochen oder Monate hinziehen, was gerade bei gesundheitlichen Problemen des Patienten ungünstig ist. Eine Patientenverfügung und im optimalen Fall eine Vorsorgevollmacht können solche Umwege verhindern.
Was sagt das Gesetz zur Patientenverfügung?
Durch eine Gesetzesänderung zum 1. September 2009 ist nun das Betreuungsrecht auch im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verankert. Der § 1901a beschäftigt sich dabei ausdrücklich mit der Patientenverfügung.
§ 1901a: Definition
In diesem Paragraphen wird festgelegt, dass, wenn eine Patientenverfügung existiert und diese auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zutrifft, diese anzuwenden ist. Weiter heißt es, dass, wenn keine Patientenverfügung vorliegt oder diese nicht zutrifft, der Wille des Patienten zu ermitteln ist. Dafür müssen konkrete Anhaltspunkte herangezogen werden.
Hierfür können früher verfasste Äußerungen, religiöse oder ethische Überzeugungen und Wertvorstellungen des Patienten angeführt werden (§ 1901a Abs. 2 BGB). Weiter heißt es im nachfolgenden Absatz, dass niemand zur Niederschrift einer Patientenverfügung verpflichtet werden darf.
Ebenso ist es durch das BGB verboten, eine Verfügung als Bedingung für einen Vertragsabschluss zu nennen (§ 1901a Abs. 3 BGB). Konkret bedeutet dies, dass keine Versicherung erwarten kann, dass der Versicherungsnehmer eine Patientenverfügung vor Abschluss des Vertrages vorlegt.
§ 1901b: Gespräche mit Angehörigen
Dieser Paragraph legt fest, dass nahe Angehörige und Vertrauenspersonen bezüglich des Patientenwillens zu befragen sind (§1906b Abs. 2 BGB). Der Bevollmächtigte bzw. Betreuer sondiert gemeinsam mit dem Arzt, welche medizinischen Maßnahmen zu veranlassen sind. Der Wille des Patienten muss dabei unbedingt berücksichtigt werden (§ 1906b Abs. 1 BGB).
Voraussetzungen und Form der Patientenverfügung
Der § 1901a legt fest, dass nur eine volljährige Person eine Patientenverfügung schreiben kann:
Hat ein einwilligungsfähiger Volljähriger für den Fall seiner Einwilligungsunfähigkeit schriftlich festgelegt, ob er in bestimmte, zum Zeitpunkt der Festlegung noch nicht unmittelbar bevorstehende Untersuchungen seines Gesundheitszustands, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe einwilligt oder sie untersagt (Patientenverfügung), […](§ 1901a Abs. 1 BGB)
Darüber hinaus geht hieraus hervor, dass die Verfügung in schriftlicher Form verfasst sein muss. Unter das Schriftstück ist eine eigenhändige Unterschrift zu setzen. Ist dies nicht möglich, kann die Patientenverfügung einem Notar vorgelegt werden, welcher ein Handzeichen darunter setzt. Darüber hinaus muss der Betroffene zum Zeitpunkt der Unterschrift einwilligungsfähig sein.
Laut der Bundesärztekammer ist ein Patient nicht einwilligungsfähig, wenn die Urteils- und Einsichtsfähigkeit durch Behinderung und/oder Krankheit beeinträchtigt ist, sodass die Konsequenzen, welche mit einer Patientenverfügung einhergehen, nicht überblickt werden können. Ob der Betroffene geschäftsfähig ist oder nicht, spielt keine Rolle.
Eine Patientenverfügung kann zwar notariell beglaubigt sein, jedoch ist das nicht zwingend nötig. Nur wenn keine eigenhändige Unterschrift zu leisten ist, muss der Notar ein Handzeichen unter die Verfügung setzen.
Schreiben Patienten eine Verfügung, so werden damit mündliche Aussagen nicht unwirksam. Auch diese müssen im Fall der Fälle berücksichtigt werden.
Ein solches Schriftstück sollte in regelmäßigen Abständen mit einer neuen Unterschrift versehen werden, um zu bestätigen, dass dies immer noch der eigene Wille ist. Zu diesem Anlass sollte die Verfügung auch nochmals überprüft und hinterfragt werden.
Prinzipiell ist es aber so, dass eine Patientenverfügung ihre Gültigkeit erst verliert, wenn sie widerrufen werden oder ein Ablaufdatum in der Verfügung genannt wurde.
Neben einer Unterschrift ist es notwendig, dass die Verfügung ohne Zwang und Druck niedergeschrieben wurde. Selbstredend darf auch kein Widerruf vorliegen, ansonsten gilt die Patientenverfügung nicht. Ist aus irgendeinem Grund anzunehmen, dass die Patientenverfügung nicht mehr aktuell ist, kommt diese nicht zum Einsatz.
Wann kommt eine Patientenverfügung zum Einsatz?
Sobald eine Situation eintritt, in der der Patient seinen Willen nicht mehr äußern kann und lebenserhaltende Maßnahmen ins Spiel kommen, greift die Patientenverfügung. Allerdings hinterfragt der behandelnde Arzt die aktuelle Situation und vergleicht diese mit den genannten in der Patientenverfügung. Nur wenn die Situationen vergleichbar sind, wird der Wille des Patienten sofort durchgesetzt.
In solch einem Fall greift die Patientenverfügung nicht (Beispiel): Sind Patienten nach einer Knie-OP kurzweilig nicht ansprechbar, können also ihren Willen nicht äußern, wird die Patientenverfügung nicht eingesetzt. Es sei denn, Sie wünschen dies ausdrücklich. In aller Regel beziehen sich Verfügungen auf medizinische Situationen, in denen es um lebenserhaltende Maßnahmen geht.
Der Mediziner erfährt nur von der Existenz einer Patientenverfügung, wenn der Patient selbst oder Angehörige ihn darauf hinweisen. Es besteht also für den Arzt nicht die Möglichkeit, nach einer existierenden Patientenverfügung bei einer offiziellen Stelle zu fragen.
Insofern sollte dem Patienten daran liegen, die Verfügung einer Vertrauensperson, im besten Fall auch mehreren zu überreichen, die diese an den behandelten Arzt aushändigen. Darüber hinaus können Patienten einen Hinweis auf die Verfügung bei sich tragen, beispielsweise in Form einer Notfallkarte.
Wie setzen Bevollmächtigte den Willen durch?
In der Theorie sollte es kein Problem sein, die Patientenverfügung durchzusetzen, denn sowohl Bevollmächtigter/Betreuer als auch das Ärzteteam hat sich an die Wünsche des Patienten zu halten.
In der Praxis kommt es hingegen vor, dass sich Bevollmächtigter und Arzt uneinig sind. Dies kann bei der Interpretation der Verfügung bis hin zu konkreten Behandlung vorkommen. Grundsätzlich hilft eine offene und ehrliche Kommunikation. Vielleicht kann weiteres klinisches Personal vermitteln.
Ist keine Lösung in Sicht, sollte nicht gleich ein Anwalt und das Betreuungsgericht kontaktiert werden. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz hat eine Schiedsstelle ins Leben gerufen, an welche sich sowohl Ärzte wie auch Angehörige, Bevollmächtigte und Betreuer wenden können. Diese prüft im Notfall innerhalb von zwei Werktagen die Verfügung und vermittelt. Darüber hinaus können diese Ansprechpartner ein Gutachten erstellen oder vor Ort beraten.
Hilft all dies allerdings nicht mehr, kann das Betreuungsgericht kontaktiert werden. Dieses entscheidet dann, wie der Patient weiter behandelt werden soll. Allerdings sollte allen Parteien daran gelegen sein, es nicht so weit kommen zu lassen.
Muss sich der Arzt an die Verfügung halten?
Kann für eine medizinische Situation festgestellt werden, dass die Verfügung eindeutig und sicher greift, so ist der Wille des Patienten per Gesetz bindend.
Damit aber der Wunsch möglichst genau auf die Situation passt, sollte aus der Patientenverfügung hervorgehen, ob eine pflegerische oder indizierte ärztliche Behandlung gewollt ist oder abgelehnt wird.
Weitergehend hat der Mediziner den eindeutigen Willen zu berücksichtigen, auch wenn kein Betreuer und Bevollmächtigter zur Verfügung steht. Nach § 1901a Abs. 3 BGB ist es dabei unerheblich, wie schwer der Patient erkrankt ist.
Aber nicht nur der Arzt hat sich an den Willen des Patienten zu halten, auch der Betreuer bzw. Bevollmächtige muss die Wünsche respektieren und diese im Sinne des Vollmachtgebers durchsetzen. Das Gesetz weist ausdrücklich darauf hin, dass dieser den Willen zu prüfen hat und diesen dann durchsetzen muss. Der persönliche Wille des Betreuers bzw. Bevollmächtigten findet dabei keine Beachtung (§ 1901a Abs. 1 BGB).
Gleiches gilt im Übrigen, wenn die konkrete Situation nicht von der Patientenverfügung abgedeckt wird. Dann ist diese als Leitfaden zu sehen und der Wille des Patienten zu ermitteln. Der Betreuer bzw. Bevollmächtigte hat diesen dann zu vertreten.
Im diesem Zusammenhang kann es dem Arzt oder anderen betreffenden Personen eine Hilfe sein, wenn der Patient auch Wertvorstellungen verschriftlicht und diese der Patientenverfügung beigelegt hat.
Schreiben Sie doch im Zuge der Erstellung der Patientenverfügung Ihre Gedankengänge nieder. Dies kann im Nachhinein helfen, die Patientenverfügung richtig zu interpretieren. Welche Einstellungen und Wertevorstellungen haben Sie zum Thema Tod? Möchten Sie gerne lange leben oder ist Ihnen die Qualität des Lebens wichtig, wenn beides nicht miteinander vereinbar ist? Welche Erfahrungen haben Sie bereits mit dem Tod gemacht? Was möchten Sie vielleicht anderen oder sich selbst ersparen?
All diese Antworten auf die Fragen können nicht nur den Ärzten später helfen, Sie zu verstehen, sondern helfen vielleicht auch Ihnen selbst Ihre eigene Patientenverfügung zu verschriftlichen.
Was passiert, wenn der Wille missachtet wird?
Wird die Patientenverfügung missachtet, kann dies als Körperverletzung ausgelegt werden. Allerdings sind die Ärzte nicht dazu verpflichtet, Wünsche auszuführen, die gegen Gesetze verstoßen. Ein Problem sollte an dieser Stelle genannt werden: Wer eine Patientenverfügung verfasst, ist nicht dazu verpflichtet, sich durch einen Arzt beraten zu lassen.
So kommt es immer wieder vor, dass Patientenverfügungen an der Realität vorbei gehen oder sich gar der Inhalt an mehreren Stellen widerspricht.
Kommt es über eine Patientenverfügung zum Streit, kann die Schiedsstelle Patientenverfügung der Deutschen Stiftung Patientenschutz helfen. Diese prüft die Verfügung und versucht den Streit zu schlichten
Kann ich meinen Willen widerrufen?
Die Vollmacht und die Patientenverfügung kann jederzeit widerrufen werden. Dies ist auch im Gesetz § 1901 a Abs. 1 Satz 3 BGB verankert:
Eine Patientenverfügung kann jederzeit formlos widerrufen werden.
Während die Patientenverfügung schriftlich vorliegen muss, kann ein Widerruf auch mündlich erfolgen. Trotzdem macht es Sinn, dem Betreuer und/oder der bevollmächtigten Person von dem Widerruf zu berichten, damit diese entsprechend agieren können. Haben Sie Ihre Patientenverfügung an weitere Personen weitergereicht, sollten auch diese darüber informiert werden.
Welche Bestandteile sollten enthalten sein: Formulierung der Verfügung
Wer eine Patientenverfügung oder Vollmacht schreibt, sollte sich möglichst konkret ausdrücken. Betroffene sollten die Situationen nicht ausgeschmückt beschreiben, sondern konkrete Situationen und daraus folgende Handlungen nennen.
Beispielsweise helfen Ausdrücke, wie „solange ein erträgliches Leben möglich ist“, weder dem Mediziner noch den Vertrauenspersonen. Denn jeder zieht hier die Grenzen an einer anderen Stelle. Lassen Sie sich von einem Arzt oder einer medizinische Organisation helfen, diese kann auch bei den Formulierungen unterstützen. Darüber hinaus können diese Stellen auch aufkommende Fragen fachgerecht beantworten.
Überlegen Sie zusammen mit dem Arzt, in welchen Situationen eine Patientenverfügung greifen soll. Betrachten Sie dann jede Situation isoliert und überlegen Sie, welche medizinischen Maßnahmen getroffen werden sollen und welche nicht.
Darüber hinaus empfehlen Experten, bei konkreten Erkrankungen diese auch gesondert aufzunehmen und entsprechende Maßnahmen festzulegen. So können Sie sicher sein, dass Ihr Wille Anwendung findet.
Grundsätzliche kann eine Patientenverfügung folgende Punkte behandeln. Einige sind ein Muss, andere können auch weggelassen werden:
- Eingangsformel (Pflicht): Angaben zur Person, Geburtsdatum und Ort
- konkrete medizinische Situationen, wann die Verfügung greifen soll (Pflicht)
- Hinweis zu lebenserhaltenden Maßnahmen
- Hinweis zu Schmerz- und Symptombehandlung
- Hinweis zur künstlichen Ernährung und Flüssigkeitszufuhr
- Hinweis zur Wiederbelebung
- Hinweis zur künstlichen Beatmung
- Hinweis zur Dialyse
- Hinweis zu Antibiotika
- Hinweis zu Gabe von Blut und Blutbestandteilen
- Ort der Behandlung
- Wer soll Beistand leisten?
- Entbindung von ärztlicher Schweigepflicht für zu nennende Personen
- Hinweis auf Verbindlichkeit
- Hinweis zur Auslegung und Durchsetzung
- Hinweis zum Widerruf
- Hinweis auf eventuell existierende Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung
- Sonstige Interpretationshilfen, welche beizufügen sind
- Hinweis zur Organspende
- Schlussformel: Verzicht auf (weitere) ärztliche Aufklärung (Pflicht)
- Schlussbemerkung
- Datum und Unterschrift (Pflicht)
- eventuell eingeholte Beratung
- eventuell ärztliche Aufklärung
- Aktualisierung
Wo bekomme ich eine Patientenverfügung her?
Grundsätzlich ist es nicht möglich, einfach ein Formular auszudrucken und dieses zu unterschreiben, denn viele verschiedene individuelle Werte, wie auch religiöse und weltanschauliche Meinungen können in solch eine Verfügung mit einfließen.
In jedem Fall müssen persönliche und individuelle Entscheidungen getroffen werden, weswegen das Bundesministerium für Justiz und für Verbraucherschutz Textbausteine und Formulierungshilfen zur Verfügung stellt.
Nachdem der Betroffene sich für den einen oder anderen Behandlungsweg entschieden hat, muss das Dokument selbst zusammen geschrieben werden. Eine solche Art der Patientenverfügung stellt die Ärztekammer ebenfalls zur Verfügung.
Darüber hinaus bieten mehrere Stellen an, eine individuelle Patientenverfügung für Sie zu schreiben. Im Vorfeld erkundigen sich diese Organisationen über Ihre Wünsche und senden Ihnen dann eine Patientenverfügung online zu. Beim Humanistischen Verband Deutschlands (HVD) kann eine Patientenverfügung auf diesem Wege kostenpflichtig bestellt werden.
Ebenfalls kostenpflichtig können Sie mit Hilfe eines von Medizinjuristen entwickelten Musters einer Patientenverfügung Ihren Patientenwillen rechtsverbindlich festlegen erwerben und diese am Rechner ausfüllen, bearbeiten und direkt ausdrucken. Diese Vorlagen helfen Ihnen bei der Formulierung, indem Schritt für Schritt Ihr Wille abgefragt wird.
Welche offiziellen Stellen sind in Sachen Patientenverfügung die richtigen Ansprechpartner?
- Das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz
- Die Ärztekammer, beispielsweise Niedersachen oder Nordrhein
- Die evangelische oder katholische Kirche
- Verbände, wie beispielsweise die Johanniter oder Malteser
Mythen rund um die Patientenverfügung
- „Im Ernstfall sollen meine Angehörigen entscheiden“: Das ist leider so einfach nicht möglich. Durch eine Verwandtschaft wird nicht automatisch das Recht eingeräumt, Entscheidungen zu treffen. Hierzu brauchen auch enge Angehörige eine entsprechende Vollmacht.
- „Ich bin noch jung, eine Patientenverfügung brauche ich noch nicht“: Eine Verfügung ist für die Zukunft gedacht und muss sich gar nicht unbedingt auf akute Situationen beziehen. Darüber hinaus kann auch ein Unfall dazu führen, dass Sie Ihre Einwilligungsfähigkeit verlieren.
- „Die Ärzte müssen sich doch eh nicht an meine Vorgaben halten“: Das ist schlicht weg falsch, denn Ihre Patientenverfügung ist bindend. Hält sich ein Mediziner nicht daran, droht eine Anzeige wegen Körperverletzung.
- „Meine Wünsche gehen keinen etwas an, wenn es nötig ist, kann die Patientenverfügung herangezogen werden“: So sollten Sie nicht verfahren, denn auch Ihre mündlich geäußerten Wünsche und Vorstellungen werden berücksichtigt. Im Ernstfall können solche Gespräche helfen, die Verfügung richtig zu interpretieren.
- „Ich habe mit Angehörigen über meinen Willen gesprochen, ich brauche keine Verfügung“: Zum 1. September 2009 wurde das Betreuungsrecht reformiert. Hierzu zählt es nun auch, dass eine Patientenverfügung schriftlich vorliegen muss. Mündliche Äußerungen werden zwar berücksichtigt, reichen aber alleinig nicht unbedingt aus.
- „Ich halte meine Äußerungen allgemein, dann passen sie auf viele Situationen“: Damit helfen Sie dem Arzt nicht weiter, er muss beurteilen können, in welcher konkreten Situation Sie sich welche Behandlung wünschen. Allgemeine Äußerungen sollten daher vermieden werden.
Patientenverfügung hinterlegen: Wie ist die Verfügung aufzubewahren?
Eine Patientenverfügung sollte so aufbewahrt werden, dass sie im Fall der Fälle schnell an die behandelnden Ärzte übergeben werden kann. Im besten Fall übergeben Sie die Patientenverfügung an mehrere Vertrauenspersonen und selbstverständlich auch dem Bevollmächtigten.
Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit, die Patientenverfügung bei einer offiziellen Stelle zu hinterlegen. Eine Hinterlegung ist bei einer privaten Organisation, wie der Bundeszentrale für Patientenverfügung oder der Bundesnotarkammer möglich.
Nutzen Sie eine private Organisation, erhalten Betroffenen eine Notfallkarte mit einer Nummer, worauf das Wichtigste zusammengefasst ist. Über die Nummer kann die Verfügung dann abrufen werden.
Wurde die Patientenverfügung zusammen mit der Vorsorgevollmacht und der Betreuungsverfügung bei der Bundesnotarkammer hinterlegt, fragt das Betreuungsgericht dieses ab, bevor ein Betreuer bestimmt wird.
Ist ein Bevollmächtigter hinterlegt, kann das Betreuungsverfahren vermieden werden. Krankenhäuser und Ärzte können die Patientenverfügung bei der Bundesnotarkammer nicht einsehen.
Hinterlegen Sie die Patientenverfügung beispielsweise bei einer Organisation, fragt das Betreuungsgericht dies nicht ab. An dieser Stelle hilft dann die Notfallkarte weiter, auf der auch der Bevollmächtigte steht.
Eine Hinterlegung der Patientenverfügung ist bei der Bundesnotarkammer oder bei privaten Organisationen möglich. Ein Vorteil bei der Bundesnotarkammer ist, dass die Betreuungsgerichte im Ernstfall Zugriff haben.
Was passiert bei einem Notfall?
In einer Notfallsituation ist es meist nicht möglich, die Patientenverfügung zu prüfen. Der Notarzt oder die Rettungssanitäter können in der Eile nicht überblicken, ob die Verfügung auch dem zuletzt geäußerten Willen des Patienten entspricht. Insofern werden in einem solchen Rahmen auch lebenserhaltende Maßnahmen, wie beispielsweise eine Wiederbelebung eingeleitet.
Erst der Betreuer oder der Bevollmächtigte können anhand der Patientenverfügung in einer solchen Situation die sofort eingeleiteten Notfallmaßnahmen stoppen. Darüber hinaus ist zu bedenken, dass in den meisten Notfallsituationen die Verfügung dem Personal gar nicht vorliegt. Auch dann werden indizierte Maßnahmen getroffen.
Ist ein Betreuer eingesetzt, darf dieser auch ohne das Gericht Sofortmaßnahmen stoppen, sofern dieser und der behandelnde Arzt mit Hilfe der Patientenverfügung dies einvernehmlich entscheiden.
Auch das Gesetz sichert die Parteien in § 1904 Abs. 4 BGB in dieser Situation ab: Eine Genehmigung ist nicht erforderlich,
wenn zwischen Betreuer und behandelndem Arzt Einvernehmen darüber besteht, dass die Erteilung, die Nichterteilung oder der Widerruf der Einwilligung dem nach § 1901a festgestellten Willen des Betreuten entspricht.
Aus der Perspektive der Ärzte: Das sagt die Ärztekammer zur Patientenverfügung
Die Bundesärztekammer hat sich ausführlich mit der Patientenverfügung und deren Verwendung in der Praxis auseinander gesetzt und dabei nochmals die schriftliche Form der Patientenverfügung betont. Die Bundesärztekammer unterscheidet allerdings noch zwischen zwei weiteren Möglichkeiten der Willensbekundung:
- Äußerungen zu Wertvorstellungen oder Überzeugungen
- konkrete Behandlungswünsche
Diese beiden Formen der Äußerungen kommen vor allem dann zum Tragen, wenn keine oder eine unpassende Patientenverfügung vorliegt. Von diesen Äußerungen ist der mutmaßliche Wille des Patienten abzuleiten.
Was die Form der Patientenverfügung angeht, so heißt es, dass konkrete Situationen zu nennen sind und daraus folgende ärztliche Maßnahmen verschriftlicht werden sollten. Darüber hinaus wird empfohlen, auch die Wertvorstellungen und die Wünsche festzuhalten.
Die Bundesärztekammer sieht es ausdrücklich vor, dass sich die Ärzte zusammen mit den Patienten die Verfügung ansehen, wobei die Initiative vom Betroffenen selbst ausgehen sollte. Ist allerdings davon auszugehen, dass beispielsweise durch eine schwere Krankheit, bald eine Einwilligungsunfähigkeit eintritt, kann auch der Arzt auf eine Patientenverfügung aufmerksam machen.
Die Ärzte sollen weiterhin Informationen bereitstellen und mit Ihrem Wissen die Patienten bestmöglich aufklären. Die konkreten Entscheidungen hat der Patient selbst zu treffen. Dabei darf der Mediziner über Missverständnisse und Krankheitsverläufe aufklären und Erfahrungsberichte teilen. Durch solche Gespräche lernt der Arzt den Patienten kennen und kann im Ernstfall die Verfügung zweifelsfrei richtig interpretieren.
Für den Patienten ergeben sich hieraus nur Vorteile, denn so kann er seine eigenen Wertvorstellungen zum Ausdruck bringen und überlegen, wie sich diese mit der Verfügung vereinbaren lassen. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass die Außenwirkung der Patientenverfügung durch ausführliche Gespräche mit Ärzten steigt.
Der Arzt wird gegenüber dem Bevollmächtigten durch die Vorsorgevollmacht von seiner Schweigepflicht entbunden. Es besteht darüber hinaus die Möglichkeit, in der Vollmacht oder Verfügungen weitere Personen zu nennen, die durch den behandelnden Arzt vollumfassend informiert werden dürfen. Diese Option bietet sich vor allem für enge Familienangehörige und Vertrauenspersonen an. Auch hier gilt: der Verwandtschaftsgrad räumt nicht automatisch Rechte ein.
Der Mediziner muss die Einwilligungsfähigkeit, welche zum Zeitpunkt der Unterschrift vorhanden sein muss, nicht überprüfen. Nur Anhaltspunkte, welche dagegen sprechen, müssen berücksichtigt werden. Der behandelnde Mediziner hat dann die Möglichkeit, die Verfügung mit dem Patienten durchzusprechen, um sich von Einwilligungsfähigkeit des Patienten zu überzeugen.
Spricht der Arzt mit seinem Patienten über dessen Wünsche, so hat er dies zu dokumentieren. Der Patient kann eine Kopie dieser Niederschrift anfordern und diese der Verfügung beilegen. Entsprechend ist diesem Arzt auch mitzuteilen, wenn sich Änderungen ergeben.
Wie bereits in diesem Ratgeber mehrmals erwähnt, rät auch die Bundesärztekammer dazu, die Patientenverfügung an einem einfach zu findenden Ort aufzubewahren und den Ort mehreren Vertrauenspersonen zu nennen. Kommt es zu einem Verfahren vor Gericht, um einen Betreuer festzulegen, müssen alle Unterlagen, darunter auch die Patientenverfügung und die Vorsorgevollmacht umgehend an das Gericht übergeben werden.
Die Ärztekammer weist darauf hin, dass es in einigen Bundesländern möglich ist, die Vorsorgevollmacht inkl. Betreuungsverfügung beim Betreuungsgericht zu hinterlegen. Darüber hinaus kann die Vorsorgevollmacht mit Patientenverfügung bei der Bundesärztekammer hinterlegt werden. Auch Unterlagen, welche nicht notariell beglaubigt sind, können dort eingelagert werden.
Laut Bundesärztekammer bilden Patient bzw. Bevollmächtigter und Arzt eine „Arbeitsgemeinschaft“. Aus diesem Grunde sind alle Entscheidungen zusammen zu treffen. Gemeinsam besprechen diese den weiteren Behandlungsweg und sondieren den Patientenwillen, denn dieser steht immer im Zentrum. Auch Verwandte und Vertrauenspersonen sollen mit einbezogen werden, sofern dies ohne großen zeitlichen Aufwand realisierbar ist.
Dem Arzt kommen in diesem Prozess folgende Aufgaben zu:
- Indikationsstellung: Welche ärztlichen Maßnahmen sind im Hinblick auf den Zustand, die Prognose und das Ziel vorzunehmen?
- Einwilligungsfähigkeit: Der Mediziner hat zu überprüfen, ob der Patient noch einwilligungsfähig ist oder nicht.
- Bestehen Zweifel, kann ein Neurologe oder Psychiater unterstützend tätig werden.
Dem Bevollmächtigten oder dem Betreuer kommen folgende Pflichten zu:
- Patientenwillen: Der Bevollmächtigte hat den Patientenwillen zu ermitteln.
- Patientenverfügung: Ist eine Verfügung vorhanden, ist der Betreuer/Bevollmächtigte dazu verpflichtet, diese durchzusetzen. Liegt keine Verfügung vor, muss der Wille des Patienten ermittelt werden und dann durchgesetzt werden.
- Eine gerichtliche Entscheidung wird nur notwendig, wenn sich Arzt und Bevollmächtigter nicht einig werden oder der Patient länger anhaltenden gesundheitlichen Schaden davon trägt.
Die Bundesärztekammer schließt sich der Auffassung an, dass in einer Notallsituation medizinisch indizierte Behandlungen zu erfolgen haben. In einem Notfall besteht keine Möglichkeit, den Willen des Patienten zu ermitteln. Im Zweifel ist das Leben zu erhalten.
Ist die Notfallsituation gebannt, ist allerdings zu reflektieren, ob die getroffenen Entscheidungen mit dem Willen des Patienten übereinstimmen und in entsprechende Richtung weiter zu behandeln. Das Ärzteteam ist angehalten, so schnell wie möglich, den Betreuer oder den Bevollmächtigten hinzuzuziehen.
Ist ein Betreuer bzw. Bevollmächtigter zwangsläufig nötig?
Um diese Frage zu beantworten, sollte differenziert werden. Bevollmächtigen Patienten eine Vertrauensperson für alle Rechtsbereiche, so hat er die gleichen Rechte und Pflichten wie ein gerichtlich bestellter Betreuer. Schlagen Patienten durch Ihre Betreuungsverfügung einen Bevollmächtigten vor, verzichtet das Gericht in der Regel auf einen Betreuer.
Fallen allerdings Aufgaben an, für die der Patient die Vertrauensperson nicht bevollmächtigt hat, kann das Gericht für diese Bereiche einen Betreuer bestellen oder die Rechte des Bevollmächtigten erweitern.
Nun kann es dazu kommen, dass ein Patient keine Person bevollmächtigt hat, in diesem Fall regt der Arzt dann ein Betreuungsverfahren an. Liegt allerdings eine Patientenverfügung vor, kann der Arzt auf diesen Weg verzichten. Dabei kommen dann vor allem Angehörige und Vertrauenspersonen ins Spiel, die sich zum Willen des Patienten äußern dürfen. Dies ist vor allem dann unproblematisch, wenn die Verfügung auf die aktuelle Situation passt.
Ein Betreuer bzw. Bevollmächtigter ist also für den Gesundheitsbereich nicht zwingend notwendig aber absolut sinnvoll. Geht es im weiteren Verlauf um die Vermögenssorge oder um die Wahrnehmung anderer Geschäftsbereiche, wird das Gericht einen Betreuer bestellen. Für diesen Fall sollte der Patient Vorschläge machen. Ist der gesetzlich bestellte Betreuer doch zumeist eine fremde Person, die den Patienten und das persönliche Umfeld nicht kennt.
Der Umgang mit Patientenverfügungen vor 2009 und relevante Urteile
Vor der Gesetzesreform fanden sich keinerlei Regelungen bezüglich Patientenverfügungen. Richtungsweisend waren daher einige Urteile des Bundesgerichtshofs, welche auch deutlichen Einfluss auf das Gesetz hatten.
So urteilte der BGH am 17. März 2003, dass Willensäußerungen und Patientenverfügungen bindend sind. Die Entscheidungen, welche ein Mensch trifft, haben alle Beteiligten auch dann zu respektieren, wenn der Betroffene in der akuten Situation keinen Willen mehr äußern kann. Alles andere ist mit der Würde des Menschen nicht vereinbar, so der BGH.
Laut BGH sind Zwangsbehandlungen, trotz eventueller lebenserhaltender Wirkung, unzulässig. Wer gegen den Willen eines anderen handelt und in die körperliche Integrität berührt, macht sich strafbar. Handelt ein Arzt zuwider der Patientenverfügung, so kann sich dieser nicht auf seinen Berufsethos und sein Gewissen berufen.
Regelungen in anderen Ländern
Auch im deutschsprachigen Ausland ist die Patientenverfügung fester Bestandteil der Gesetze. So erlies der Gesetzgeber in Österreich im März 2006 ein Patientenverfügungs-Gesetz. Im Unterschied zum deutschen Recht, hat eine Patientenverfügung in Österreich einen Gültigkeitszeitraum von fünf Jahren. Nur wenn bestimmte Formalien eingehalten werden, dauert die Gültigkeit länger an.
Darüber hinaus unterscheidet das österreichische Recht zwischen einer verbindlichen und einer beachtlichen Patientenverfügung:
- verbindliche Patientenverfügung: Hierfür muss der Patient voll einsichts- und urteilsfähig sein. Minderjährige oder unter Betreuung stehende Personen könne diese nicht unterschreiben.
- beachtliche Patientenverfügung: Solch eine Patientenverfügung liegt vor, wenn nicht alle Formvorschiften eingehalten wurden, wozu beispielsweise eine Beglaubigung zählt. Diese dient dem Arzt dann ausschließlich als Richtlinie.
Die Schweiz erließ erst im Jahr 2013 ein Gesetz zur Patientenverfügung. In diesem heißt es, dass es einem Bevollmächtigten zusteht, Entscheidungen mit medizinischer Dimension zu treffen. Die Vollmachtgeber können dem Bevollmächtigten auch Vorgaben machen. Liegt eine Patientenverfügung vor, können benannte Personen eine Überprüfung der Verfügung anstoßen. Die Erwachsenenschutzbehörde entscheidet dann, ob die Patientenverfügung befolgt wird.
Im Unterschied zum Deutschen und Österreichischen Recht müssen die Ärzte sich also erst nach der Überprüfung durch die Behörde an die Verfügung und damit den Willen den Patienten halten.
Eine kleine Zusammenfassung weitere wichtiger Fragen zur Patientenverfügung
Hier haben wir nun die häufigsten gestellten Fragen rund um eine Patientenverfügung zusammengestellt:
- Muss eine Verfügung notariell beglaubigt sein: Nein, das muss sie nicht. Viel wichtiger ist es, sich durch einen Arzt beraten zu lassen.
- Wieso kann ich nicht einfach einen Vordruck ausdrucken und unterschreiben: Weil in einer Patientenverfügung individuellen Entscheidungen getroffen werden müssen, welche durch Ihren Lebensweg und Ihre ganz persönliche Einstellungen geprägt sind.
- Ist eine Patientenverfügung binden: Ja, sowohl der Arzt, wie auch der Betreuer oder Bevollmächtigte haben sich an diese zu halten.
- Kann ich diese widerrufen oder ändern: Ja, das geht. Setzen Sie eine neue Verfügung auf und entsorgen Sie die alte.
- Kann ich die Verfügung handschriftlich verfassen: Das ist Ihre freie Entscheidung, beachten Sie nur, dass diese in einer emotional angespannten Situation benötigt wird und schnell sowie gut lesbar sein muss. Durch eine handschriftliche Abschrift erhöhen Sie nicht automatisch die Glaubhaftigkeit.
- Was muss in der Verfügung enthalten sein: Name, Geburtsdatum, und -ort, Anschrift, Unterschrift; um sich rechtlich abzusichern, sollten auch konkrete Situationen genannt werden, wann die Verfügung gelten soll und ein Verzicht auf weitere Aufklärung vorhanden sein. Darüber hinaus muss sie schriftlich vorliegen.
- Muss die Verfügung regelmäßig aktualisiert werden: Nein, verpflichtend ist dies nicht, aber sinnvoll.
- Kann ich die Verfügung irgendwo hinterlegen: Es gibt mehrere Organisationen und die Bundesnotarkammer, welche die Dokumente aufbewahren. Bei letzterer fragt das Betreuungsgericht nach einer vorhandenen Vollmacht, bevor ein gerichtlicher Betreuer gestellt wird.
- Sollte neben der Patientenverfügung Weiteres geregelt werden: Ja, neben der Patientenverfügung sollte auch unbedingt eine Vorsorgevollmacht hinsichtlich der Gesundheitssorge ausgestellt werden, denn der Bevollmächtigte ist dann dafür verantwortlich, die Verfügung durchzusetzen. Gibt es diese Vollmacht nicht, kann das Betreuungsgericht einen Betreuer berufen.
Guten Tag,
die Patientenverfügung ist immer gültig, auch wenn sie nicht regelmäßig unterschrieben wurde? Genügt es, wenn man sie nur bei Änderungen unterschreibt?
Mit freundlichen Grüßen
A. Doschew
Wenn ich ich genau so drüber nach denke habe ich bisher noch keine Patientenverfügung an jemand anderes erteilt. Vielleicht sollte ich das mal tuen. Damit ich auch abgesichert bin
guten tag,
ich hätte an sie mal eine frage.
ich habe eine patientenverfügung durch einen fachanwalt für medizinrecht/ gesundheitsrecht für mich schreiben lassen( für die psychiatrie).
dort habe ich durch ihn reinschreiben lassen, dass ich keine psychopharmaka einnehmen möchte und nur mit pflanzlichen bzw. homöopathischen mitteln behandelt werden möchte.
wenn ich jetzt mal in eine psychiatrie oder ein psychiatrisches krankenhaus kommen würde, können die mir dann keine psychopharmaka mehr geben?
Können die mich dann nicht mehr zwingen psychopharmaka zu nehmen?
würden die mich dann mit pflanzlichen mitteln behandeln müssen?
Oder würden die mich dann sofort entlassen?
mfg und vielen dank
s. prior
Hallo s. prior,
in der Regel sind Patientenverfügungen bindend und müssen durch Ärzte sowie Pflegepersonal befolgt werden. Eine Zwangsbehandlung ist üblicherweise nicht möglich. Wie ein Krankenhaus mit einer Verfügung umgeht, können wir nicht vorhersagen. Im Zweifel sollten Sie sich zu diesem Thema nochmals von Ihrem Anwalt beraten lassen.
Ihr Team von anwalt.org