Abtreibung: Aktuelle Gesetzeslage in Deutschland

Von Sarah K.

Letzte Aktualisierung am: 24. Februar 2024

Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten

Paragraph 218 StGB enthält die Regelungen zum Schwangerschaftsabbruch in Deutschland.
Paragraph 218 StGB enthält die Regelungen zum Schwangerschaftsabbruch in Deutschland.

Anfang der 1970er Jahre wurde das Thema „Schwangerschaftsabbruch“ in Deutschland kontrovers diskutiert. Dabei ging es vor allem um die rechtlichen Regelungen zu einer Abtreibung. Viele Frauenbewegungen setzten sich für die Streichung von § 218 Strafgesetzbuch (StGB) ein.

Dazu kam es nicht, allerdings gab es eine Gesetzesänderung zu den Indikationsregeln bei einem Schwangerschaftsabbruch. Grundsätzlich ist eine Abtreibung per Gesetz in Deutschland verboten, allerdings gibt es zahlreiche Ausnahmen, in denen sich weder der Mediziner noch die Schwangere einer Straftat schuldig machen.

Im Medizinrecht findet die Beendigung einer Schwangerschaft keine Erwähnung, auch ein Abtreibungsgesetz ist in Deutschland nicht definiert. Aber bis wann kann man abtreiben? Welche Regelungen finden sich diesbezüglich im Strafgesetzbuch? Unser Ratgeber klärt Sie über die wichtigsten gesetzlichen Grundlagen zu einem Abbruch der Schwangerschaft in Deutschland auf.

FAQ: Abtreibung

Welche Regelungen gelten in Deutschland zur Abtreibung?

Grundsätzlich ist eine Abtreibung gemäß § 218 Absatz 1 StGB eine Straftat. Es gibt allerdings eine Reihe von Ausnahmefällen, in denen ein Schwangerschaftsabbruch legal durchgeführt werden darf.

Bis wann muss eine Abtreibung erfolgen?

Eine Abtreibung darf nur durchgeführt werden, wenn die 12. Schwangerschaftswoche noch nicht beendet wurde. Zudem muss sich die Schwangere einer Beratung unterziehen.

Übernimmt die Krankenkasse die Kosten einer Abtreibung?

Handelt es sich um eine Abtreibung nach der Beratungsregel werden die Kosten nicht übernommen. Hier können Sie nachlesen, in welchen Fällen eine Kostenübernahme erfolgt.

➥ Literatur zum Thema Abtreibung

Regelungen zum Schwangerschaftsabbruch: § 218 StGB

Die maßgeblichen Regelungen zur Abtreibung (im Gesetz als „Schwangerschaftsabbruch“ bezeichnet) regeln die §§ 218 ff. des Strafgesetzbuches. § 218 Absatz 1 StGB definiert Folgendes:

Wer eine Schwangerschaft abbricht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Handlungen, deren Wirkung vor Abschluß der Einnistung des befruchteten Eies in der Gebärmutter eintritt, gelten nicht als Schwangerschaftsabbruch im Sinne dieses Gesetzes.

Grundsätzlich wird also erst einmal deutlich, dass für eine Abtreibung eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren ausgesprochen werden kann. Die Strafbarkeit gilt dabei für alle Beteiligten. Also sowohl der Mediziner als auch die Schwangere selbst können belangt werden.

Allerdings gibt es eine Vielzahl an Ausnahmen, in denen eine Abtreibung nicht strafbar ist. Dabei steht auch die Frage: „Wie lange kann man abtreiben?“ besonders im Fokus. Diese beantworten wir im nachfolgenden Abschnitt.

Wichtig: Von einer Abtreibung ist erst die Rede, wenn sich das befruchtete Ei in der Gebärmutter eingenistet hat. Sämtliche Verhütungsmittel können demnach selbstverständlich straffrei genutzt werden. Auch bei der sogenannten „Pille danach“ handelt es sich also nicht um eine Abtreibungspille, da das Mittel wirken soll, bevor es zu einer Einnistung kommt.

Abtreibung: Bis wann können Schwangere ein Kind abtreiben?

Bis wann darf man abtreiben?
Bis wann darf man abtreiben?

Wie bereits erwähnt, gibt es auch Ausnahmen, in denen ein medikamentöser Schwangerschaftsabbruch oder ein ähnlicher Eingriff für die Beteiligten straffrei bleiben kann. Die rechtliche Grundlage diesbezüglich liefert § 218a StGB.

Dort ist definiert, dass keine strafbare Abtreibung vorliegt, wenn folgende drei Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Die Schwangere hat sich bei einer staatlich anerkannten Stelle einer Beratung unterzogen, die länger als drei Tage her ist und hat sich entsprechend vor dem Eingriff beraten lassen
  • Die Abtreibung wird von einem Arzt durchgeführt
  • Die 12. Schwangerschaftswoche ist noch nicht beendet

Unter diesen Umständen ist eine legale Abtreibung möglich. Nimmt die Schwangere, beispielsweise durch die Einnahme von dafür geeigneten Medikamenten, den Abbruch selbst vor, kann diese mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder einer Geldstrafe gemäß Strafrecht sanktioniert werden.

➥ Literatur zum Thema Abtreibung

Pflicht zur Beratung bei einer Abtreibung in Deutschland

Den zentralen Punkt bei einem Schwangerschaftsabbruch, der per Gesetz erlaubt ist, bildet die Beratung vor dem Eingriff durch eine staatlich anerkannte Beratungsstelle. § 219 Absatz 1 StGB definiert diesbezüglich Folgendes:

Die Beratung dient dem Schutz des ungeborenen Lebens. Sie hat sich von dem Bemühen leiten zu lassen, die Frau zur Fortsetzung der Schwangerschaft zu ermutigen und ihr Perspektiven für ein Leben mit dem Kind zu eröffnen; sie soll ihr helfen, eine verantwortliche und gewissenhafte Entscheidung zu treffen. Dabei muß der Frau bewußt sein, daß das Ungeborene in jedem Stadium der Schwangerschaft auch ihr gegenüber ein eigenes Recht auf Leben hat und daß deshalb nach der Rechtsordnung ein Schwangerschaftsabbruch nur in Ausnahmesituationen in Betracht kommen kann, wenn der Frau durch das Austragen des Kindes eine Belastung erwächst, die so schwer und außergewöhnlich ist, daß sie die zumutbare Opfergrenze übersteigt. […]

Es geht bei der Beratung vor einer Abtreibung also vor allem darum, die Betroffene, welche schwanger ist und abtreiben will, davon zu überzeugen, an der Schwangerschaft festzuhalten. Somit wird dem Grundsatz Rechnung getragen, dass auch ein Embryo schon ein Recht auf Leben hat.

Daher darf auch keine Abtreibung durch einen Mediziner durchgeführt werden, wenn die Patientin keinen Nachweis über eine Teilnahme an der Beratung, welcher von der entsprechenden Beratungsstelle ausgestellt wird, vorlegen kann.

Wichtig ist auch, dass der Arzt, der die Abtreibung durchführt, nicht an der Beratung beteiligt sein, geschweige denn diese durchführen darf.

Übrigens: In unserem Ratgeber zum Embryonenschutzgesetz (ESchG) bieten wir Ihnen weitere wichtige Informationen zum Schutz von ungeborenem Leben.

Schwangerschaft abbrechen: kriminologische Indikationen

Abtreibung: Bis wann diese möglich ist, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab.
Abtreibung: Bis wann diese möglich ist, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab.

Eine Abtreibung kann auch erfolgen, wenn die Schwangerschaft aus einem Sexualdelikt, also beispielsweise aus einer Vergewaltigung resultiert. In diesem Zusammenhang ist von einer kriminologischen Indikation die Rede.

Auch in diesem Fall ist die Frist von zwölf Wochen zu wahren. Die Beratungspflicht entfällt allerdings. Für alle Mädchen, die vor Vollendung des 14. Lebensjahres schwanger werden, gilt immer eine kriminologische Indikation bezogen auf eine Abtreibung.

Gut zu wissen: Die Schwangere kann für eine Abtreibung, bei welcher kriminologische Indikationen greifen, auch nicht belangt werden, wenn seit der Empfängnis nicht mehr als 22 Wochen verstrichen sind und der Eingriff von einem Arzt durchgeführt wird. Dieser kann hingegen strafrechtlich für den Schwangerschaftsabbruch nach der 12. Schwangerschaftswoche belangt werden.

➥ Literatur zum Thema Abtreibung

Spätabtreibung bei Behinderung: Wenn die Gesundheit gefährdet ist

Neben den kriminologischen gibt es auch medizinische Indikationen, bei denen eine Abtreibung durchgeführt werden darf. Dabei machen sich die Ärzte in aller Regel auch nicht strafbar, wenn schon mehr als zwölf Wochen seit der Empfängnis vergangen sind. So ist also eine Abtreibung bei Trisomie 21 per Gesetz beispielsweise straffrei möglich. Allerdings darf der Abbruch nicht von dem Arzt vorgenommen werden, der die Indikation ausgestellt hat.

Die Mediziner müssen zu der Einschätzung gelangen, dass die Schwangerschaft eine schwere Gefahr für das Leben oder die körperliche oder seelische Gesundheit der Mutter darstellt. Dies ist beispielsweise gegeben, wenn im Rahmen der pränatalen Diagnostik eine Behinderung des ungeborenen Kindes festgestellt wurde.

Ist das Leben der Mutter nicht in unmittelbarer Gefahr, müssen zwischen der Mitteilung der ärztlichen Diagnose und der schriftlichen Indikationsstellung drei volle Tage liegen. Zudem muss die Schwangere über die Risiken der Abtreibung und weitere Beratungsmöglichkeiten aufgeklärt werden.

Abtreibung: Werden die Kosten von der Krankenkasse übernommen?

Abtreibung: Die Kosten werden von der Krankenkasse nicht immer übernommen.
Abtreibung: Die Kosten werden von der Krankenkasse nicht immer übernommen.

Da es sich bei einer Abtreibung um einen medizinischen Eingriff handelt, stellt sich unweigerlich die Frage, ob diese von der Krankenkasse übernommen wird. Bei einer medizinischen oder kriminologischen Indikation erfolgt eine Kostenübernahme durch die Krankenkasse.

Anders sieht es aus, wenn die Betroffene einen Schwangerschaftsabbruch nach der Beratungsregelung durchführen lassen möchte. In diesem Fall werden die Kosten nicht von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen.

Anders sieht es mit den Kosten für die ärztliche Behandlung während der Schwangerschaft und für die Nachbehandlung von Komplikationen aus. Diese können in aller Regel geltend gemacht werden.

Wichtig: Ist eine Frau bedürftig, übersteigt ihr monatliches verfügbares Einkommen also nicht den Wert von 1.258 Euro im Monat, kann die Betroffene einen Antrag auf Kostenübernahme für eine Abtreibung bei der Krankenkasse stellen.

Weiterführende Literatur zum Thema

Nachfolgend finden Sie eine Auswahl verschiedener Bücher:

Letzte Aktualisierung am 19.04.2024 / Affiliate Links / Bilder von der Amazon Product Advertising API

1 Stern2 Sterne3 Sterne4 Sterne5 Sterne (88 Bewertungen, Durchschnitt: 4,24 von 5)
Abtreibung: Aktuelle Gesetzeslage in Deutschland
Loading...

Über den Autor

Sarah
Sarah K.

Sarah studierte Journalismus an der DEKRA-Hochschule für Medien in Berlin und unterstützt das Ratgeberportal anwalt.org nun bereits seit 2016 bei der Contenterstellung zu den unterschiedlichsten Rechtsgebieten. Ihr besonderes Interesse gilt dabei dem Presse-, Sport- und Sozialrecht. Außerdem ist sie für den Newsbereich verantwortlich.

7 Gedanken zu „Abtreibung: Aktuelle Gesetzeslage in Deutschland

  1. Jacqueline

    Ich hatte am 16.12.21 beratungsgespräch weil ich in der 8 woche bin hab blutung hab 3 fehl geburten und 1 frúh geburt gehabt in der 18 ssw .ich wohne aber bei trier hab alle papiere wo man benötigt kann ich mit den dokumenten auch ins krankenhaus trier gehn und fúhren die abbrúche durch

  2. Laura

    Gut zu wissen, dass das Thema Abtreibung nicht im Medizinrecht erwähnt wird. Meine Schwester ist ungeplant schwanger und denkt über eine Abtreibung nach. Ich wusste nicht, dass diese in Deutschland strafbar ist. Deshalb werde ich ihr raten, sich an einen Fachanwalt zu wenden und beraten zu lassen, unter welchen Umständen ein Schwangerschaftsabbruch legal durchgeführt werden darf.

    1. Angela

      Sind nicht immer noch die Beratungsstellen der Pro Familia eine gute Adresse, um sich informieren und beraten zu lassen? Warum so kompliziert mit RA.

    2. Doro

      Oder ermutige sie doch dazu das Kind zu bekommen und biete ihr an, sie zu unterstützen!
      Oft haben Schwangerschaftsabbrüche eine Vielzahl von psychischen Folgen, wie Depression, etc. für die Frau (Post-Abortions-Syndrom). Dies sollte nicht unterschätzt werden.
      Immerhin ist es eine Entscheidung für den Tod des eigenen, noch ungeborenen Kindes.
      Das Herz bildet sich bereits ab dem 22.Tag nach der Befruchtung aus und kann dann schon bald auf dem Ultraschall gesehen werden.

  3. Kirstein

    Hallo, ein Krankenhaus hat mir den Mutterpass vorenthalten und wollte mich mit Blutungen trotz 5. Monat Schwangerschaft mit einem gynekolgischem Ultraschallgerät untersuchen. Hatte auch Bauchschmerzen im Unterbauch.
    Die Ärztin war amüsiert und hat mich entwertend behandelt. Sie antwortet auch nicht auf meine Schreiben. Nun bin ich in der 22. SSW.
    Wo kann ich mich hinwenden?

  4. Thorben

    „Die Mediziner müssen zu der Einschätzung gelangen, dass die Schwangerschaft eine schwere Gefahr für das Leben oder die körperliche oder seelische Gesundheit der Mutter darstellt. Dies ist beispielsweise gegeben, wenn im Rahmen der pränatalen Diagnostik eine Behinderung des ungeborenen Kindes festgestellt wurde.“

    Es gibt keinen Grund, warum eine Behinderung des Kindes zwingend die psychische Gesundheit der Mutter gefährden sollte. Es gab deswegen zahlreiche Fälle, in denen Pränataldiagnostiker Behinderungen übersehen haben, aber nicht schadenersatzpflichtig waren, weil die Mutter nach der nachgeburtlichen Diagnose keine schwere psychische Erkrankung entwickelte. Nur bei Vorliegen einer solchen gab es Verurteilungen zu Schadenersatz.

    1. Lisa

      Sie nennen sich den Grund in Ihrer Frage selber.
      „nur beim Vorliegen einer solchen …“
      Also doch möglich, hm?

Hinterlassen Sie einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert