Bereits am 1. Januar 1991 trat das Gesetz zum Schutz von Embryonen (kurz: Embryonenschutzgesetz bzw. ESchG) in Kraft. Es handelt sich dabei um ein aus 13 Paragraphen bestehendes strafrechtliches Nebengesetz, das sich der Fortpflanzungsmedizin widmet. Es richtet sich demzufolge nicht, wie im Kernstrafrecht, an die Allgemeinheit, sondern primär an Forscher und Ärzte.
Inhaltlich regelt das ESchG die Vorschriften zur künstlichen Befruchtung (In-vitro-Fertilisation) sowie den Umgang mit menschlichen Embryonen in Deutschland. Ziel des Gesetzes ist es, zu verhindern, dass Wissenschaft und Forschung frei und ohne Einschränkung über diese Embryonen verfügen können, um so das menschliche Leben von Beginn an zu schützen.
Doch wo setzt das Embryonenschutzgesetz in Deutschland die Grenzen? Welche Fortpflanzungstechniken sind gestattet, welche nicht? Wie müssen Ärzte mit befruchteten Eizellen und Embryonen umgehen? Wann machen sie sich strafbar und wie hoch fallen die entsprechenden Sanktionen gemäß Embryonenschutzgesetz aus? Eine Zusammenfassung der wichtigsten Punkte sowie weitere Informationen finden Sie im Ratgeber.
Inhalt
FAQ: Embryonenschutzgesetz
Als Embryo gilt gemäß Embryonenschutzgesetz schon die bereits entwicklungsfähige menschliche Eizelle vom Zeitpunkt der Kernverschmelzung an.
Hier können Sie nachlesen, was gemäß Embryonenschutzgesetz im Umgang mit einem Embryo verboten ist.
Welche Techniken der Fortpflanzungsmedizin in Deutschland verboten sind, können Sie hier nachlesen.
Wobei handelt es sich laut ESchG um einen Embryo?
Zunächst einmal muss geklärt werden, wann das Embryonenschutzgesetz überhaupt Anwendung findet. Dazu bedarf es einer Definition des Begriffes „Embryo“, die sich in
§ 8 ESchG befindet. In Absatz 1 heißt es:
Als Embryo im Sinne dieses Gesetzes gilt bereits die befruchtete, entwicklungsfähige menschliche Eizelle vom Zeitpunkt der Kernverschmelzung an, ferner jede einem Embryo entnommene totipotente Zelle, die sich bei Vorliegen der dafür erforderlichen weiteren Voraussetzungen zu teilen und zu einem Individuum zu entwickeln vermag.“
Embryonenschutzgesetz: Was ist erlaubt, was verboten?
Zum größten Teil besteht das Embryonenschutzgesetz aus Strafvorschriften und legt somit fest, auf welche Art und Weise die entsprechende Zuwiderhandlung geahndet werden kann. Welche unerlaubten Handlungen einen Straftatbestand erfüllen, klären wir im Folgenden.
Unzulässige Anwendung bestimmter Fortpflanzungstechniken
In § 1 ESchG ist unter anderem festgehalten, welche Techniken der Fortpflanzungsmedizin in Deutschland nicht angewandt werden dürfen. Dazu zählen beispielsweise
- die Übertragung einer fremden unbefruchteten Eizelle
- die künstliche Befruchtung von Eizellen zu einem anderen Zweck, als eine Schwangerschaft zu erreichen
- die Übertragung von mehr als drei Embryonen während eines Zyklus
- die Befruchtung von mehr Eizellen, als einer Frau in einem Zyklus übertragen werden sollen
- die Entnahme eines Embryos vor seiner Einnistung in der Gebärmutter, um ihn einer anderen Frau zu übertragen
- die Befruchtung von mehr als drei Eizellen innerhalb eines Zyklus
Grundsätzlich darf eine künstliche Befruchtung laut Gesetz ausschließlich von einem Arzt durchgeführt werden. Ferner bedarf es in jedem Fall der Zustimmung der Frau, der die befruchteten Eizellen übertragen werden sollen.
Es darf sich dabei außerdem dem Embryonenschutzgesetz zufolge nur um ihre eigenen Eizellen handeln. Die Option einer Leihmutterschaft gilt somit in Deutschland als ausgeschlossen.
Verbotener Umgang mit menschlichen Embryonen
Wie bereits erwähnt, geht es im Embryonenschutzgesetz ebenfalls darum, wie mit Embryonen umzugehen ist und wie nicht. Von großer Wichtigkeit ist in diesem Zusammenhang beispielsweise der unerlaubte Handel mit Embryonen, der gemäß § 2 Absatz 1 ESchG wie folgt bestraft wird:
Wer einen extrakorporal erzeugten oder einer Frau vor Abschluß seiner Einnistung in der Gebärmutter entnommenen menschlichen Embryo veräußert oder zu einem nicht seiner Erhaltung dienenden Zweck abgibt, erwirbt oder verwendet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“
Embryonen dürfen zudem nur dann außerhalb des Mutterleibes weiterbehandelt werden, wenn sie der jeweiligen Frau im Anschluss wieder eingesetzt werden, um eine Schwangerschaft herbeizuführen. Obwohl einige Paare vor einer künstlichen Befruchtung gerne beim Geschlecht ein Wörtchen mitzureden hätten, ist auch dies laut Embryonenschutzgesetz normalerweise nicht gestattet.
Wer sich darüber hinwegsetzt und den einzusetzenden Embryo nach seinem Geschlecht auswählt, muss mit einer Geld- oder Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr rechnen.
Eine Ausnahme gilt jedoch, wenn durch die vorherige Geschlechtsauswahl eine geschlechtsgebundene, schwere Erbkrankheit vermieden werden kann.
Embryonenschutzgesetz verbietet auch Befruchtung nach dem Tode
Die gerade genannten Sanktionen kommen ebenfalls auf einen Arzt zu, der „wissentlich eine Eizelle mit dem Samen eines Mannes nach dessen Tode künstlich befruchtet.“ (§ 4 Absatz 1 Nummer 3 ESchG). Das Oberlandesgericht (OLG) München hatte beispielsweise im Jahr 2017 mit einem solchen Fall zu tun, in dem eine 35-jährige Witwe auf die Herausgabe des Spermas ihres toten Ehemannes klagte.
Das Ehepaar hatte sich nach vergeblichen Versuchen, auf natürlichem Wege ein Kind zu bekommen, für die künstliche Befruchtung entschieden. Das Sperma des Mannes lagerte bereits in einer Klinik am Chiemsee. Nachdem er mit 38 Jahren nach einer Herztransplantation verstarb, wollte die Frau das gemeinsame Vorhaben dennoch durchsetzen, wobei ihr die betroffene Klinik jedoch einen Strich durch die Rechnung machte.
Sie wollte das Sperma nicht herausrücken und berief sich dabei auf den entsprechenden Paragraphen im Embryonenschutzgesetz. Das OLG München gab der Klinik in seinem Urteil Recht und führte dazu folgende Begründung auf:
Das Interesse der Klägerin auf Fortpflanzung, insbesondere daran, die Gene ihres verstorbenen Mannes und ihre eigenen im und am Kind zu sehen und zu erleben, überwiege die Aspekte, dass das Kind ohne Vater aufwachse und es möglicherweise für das Kind ein Problem darstelle, wenn es erfahre, wie es gezeugt wurde.“ (OLG München, Urteil vom 22.02.2017, Az.: 3 U 4080/16).
Weitere Zuwiderhandlungen gemäß Embryonenschutzgesetz
Über die gerade genannten verbotenen Handlungen hinaus stellt das Embryonenschutzgesetz außerdem die absichtliche künstliche Veränderung menschlicher Keimbahnzellen, um sie anschließend zur Befruchtung zu verwenden, unter Strafe. § 5 ESchG zufolge wird in diesem Fall eine Geld- oder Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren fällig.
Viele Jahre lang wurde angenommen, das Embryonenschutzgesetz verbiete die Anwendung von Methoden der Präimplantationstechnik (PID). Schließlich heißt es in § 3a Absatz 1 ESchG:
Wer Zellen eines Embryos in vitro vor seinem intrauterinen Transfer genetisch untersucht (Präimplantationsdiagnostik), wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.“
In einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) im Juli 2010 (Az.: 5 StR 386/09) wurde jedoch entschieden, dass Anwendungen der PID nicht in jedem Fall nach dem Embryonenschutzgesetz geahndet werden können. Es ging um einen Frauenarzt aus Berlin, der in seiner Kinderwunschpraxis Methoden der Präimplantationstechnik angewandt hatte, da ein erhöhtes Risiko bestand, dass die Patientinnen Erbkrankheiten an ihre Kinder weitergeben könnten.
Nach der entsprechenden Untersuchung der Embryonen hatte der Gynäkologe seiner Patientin nur die gesunden übertragen und konnte schwere Gendefekte so ausschließen. Um auf die ungeklärte Lage im Medizinrecht hinzuweisen, hatte er sich im Anschluss selbst angezeigt und wurde in allen Punkten freigesprochen.
Dies führte letztendlich zur Erlassung des Präimplantationsgesetzes (PräimpG) durch den Bundestag im Jahr 2011, wodurch der § 3a im Embryonenschutzgesetz ebenfalls überarbeitet werden musste. Seitdem ist die PID unter gewissen Voraussetzungen erlaubt. Bei Vorliegen eines hohen Risikos einer gravierenden Erbkrankheit oder einer hohen Wahrscheinlichkeit einer Tot- oder Fehlgeburt ist dies beispielsweise der Fall.
Kritik am Embryonenschutzgesetz
Immer wieder wird das Embryonenschutzgesetz hart kritisiert: Es diskriminiere homosexuelle Paare, sei längst nicht mehr zeitgemäß und zwinge kinderlose Paare für die Familiengründung teilweise sogar ins Ausland. Das mittlerweile fast 30 Jahre alte Gesetz gilt für viele als eines der strengsten in ganz Europa. Viele Punkte, die in Deutschland verboten sind (wie beispielsweise die Leihmutterschaft), sind in anderen Ländern erlaubt.
Zur damaligen Zeit steckte die Reproduktionsmedizin sozusagen noch in den Kinderschuhen. Es ist demzufolge nicht gerade verwunderlich, dass die Stimmen nach dem Wunsch einer Reformation immer lauter werden. Weitere Kritikpunkte beziehen sich beispielsweise auf die nur unter bestimmten Voraussetzungen erlaubte Präimplantationstechnik.
Anstatt die Erfolgsaussichten bei einer Kinderwunschbehandlung dadurch zu erhöhen, die Embryonen stets vor der Übertragung durch präimplantationstechnische Methoden auf mögliche Gendefekte zu untersuchen, würden stattdessen einfach gleich drei Embryonen eingepflanzt, was wiederum das Risiko einer Mehrlingsschwangerschaft erhöhe. Nur bei erblicher Vorbelastung dürfen diese Methoden in der Regel durchgeführt werden.
Einige wünschen sich in Deutschland so etwas wie den internationalen Standard, der den Namen „elective single-embryo transfer“ trägt. Dabei wird aus mehreren befruchteten Eizellen der Embryo herausgesucht, der die besten Entwicklungschancen aufweist. Anschließend wird nur dieser der jeweiligen Frau übertragen – nicht wie in Deutschland bis zu drei Embryonen. Die übrig gebliebenen Embryonen können entweder verworfen oder eingefroren werden.
Wieso werden die Wunscheltern nicht bestraft?
weil die Eltern, nicht die Tat machen, sondern die Ärzte. Eltern werden nur bestraft, wenn sie ihr ding durchziehen, ohne Arzt Paragraf 11 EschG