Erbenhaftung: Wann müssen Erben mit Eigenvermögen eintreten?

Von Jana O.

Letzte Aktualisierung am: 24. Februar 2024

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Bei der Erbenhaftung treten die Nachlassempfänger auch mit Eigenvermögen für Nachlassverbindlichkeiten ein.
Bei der Erbenhaftung treten die Erben auch mit Eigenvermögen für Nachlassverbindlichkeiten ein.

Was vielen Erben zunächst nicht bekannt ist: Mit Eintritt des Erbfalles und erfolgter Erbannahme übernehmen sie nicht nur das Vermögen des Verstorbenen, sondern laut Erbrecht zählen zum Nachlass vor allem auch dessen Schulden.

Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) bestimmt dabei für den Regelfall, die Haftung des jeweiligen Erben – auch über den Nachlass hinaus.

Doch wann genau tritt die Erbenhaftung im Falle einer Erbschaft ein? Mit welchen Vorgängen können Sie die Nachlassbeschränkung erwirken? Und inwieweit gilt die Haftung der Erben auch bei Leistungen nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II)?

FAQ: Erbenhaftung

Was bedeutet Erbenhaftung?

§ 1967 BGB definiert, dass die Erben auch für die Nachlassverbindlichkeiten des Erblassers haften müssen.

Wann tritt die Erbenhaftung in Kraft?

Die Erbenhaftung tritt gemäß Erbrecht in Kraft, wenn der Betroffene das Erbe annimmt bzw. die Frist zum Ausschlagen verstreichen lässt.

Wie kann die Haftung von Erben beschränkt werden?

Sie haben unterschiedliche Möglichkeiten, als Erbe die Haftung einzuschränken. Hier lesen Sie mehr dazu.

Rechtliche Grundlage der Erbenhaftung

Nach § 1967 BGB haften die Erben eines Verstorbenen auch für dessen Nachlassverbindlichkeiten. Dazu zählen neben Schulden des Erblassers auch Verbindlichkeiten aus Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen sowie Auflagen. Haftungsgrenze stellt dabei zunächst jedoch nicht die Erbschaft selbst dar, sondern sie kann auch darüber hinausgehen.

Ist der Nachlass überschuldet, gilt die Erbenhaftung auch über diesen hinaus, sodass Erben im Zweifel auch mit ihrem Eigenvermögen für die Schuldentilgung sorgen müssen. Am Ende kann aus der Erbschaft für die Nachlassempfänger eine Schuldenfalle werden.

Zeichnet sich frühzeitig ab, dass die Nachlassüberschuldung gegeben ist, können die Betroffenen auch innerhalb der gesetzten sechswöchigen Frist das Erbe ausschlagen, um der Erbenhaftung zu entgehen. Es gibt neben der Ausschlagung aber auch die Möglichkeit, die Erbenhaftung zu beschränken.

Beschränkung der Erbenhaftung: Diese Möglichkeiten haben Sie!

Durch die Erbenhaftung kann der Erbfall schnell zur Schuldenfalle werden.
Durch die Erbenhaftung kann der Erbfall schnell zur Schuldenfalle werden.

Die beschränkte Erbenhaftung führt dazu, dass die Tilgung von Nachlassverbindlichkeiten nicht über die erhaltene Erbschaft hinausgeht, der Erbe also nicht mit Eigenvermögen eintreten muss. Es gibt dabei unterschiedliche Möglichkeiten, die Haftung der Erben zu beschränken:

  1. Einsetzung eines Nachlassverwalters: Dabei übernimmt der eingesetzte Verwalter die Kontrolle über die Erbschaft und sorgt im Zuge der Nachlassverwaltung zunächst dafür, dass alle Verbindlichkeiten gegenüber den Gläubigern soweit wie möglich ausgeglichen werden. Erst nach Abschluss dieses Verfahrens findet die Erbauseinandersetzung statt, sofern noch Vermögen im Nachlass übrig ist.
  2. Durchführung der Nachlassinsolvenz: Ist der Nachlass überschuldet, haben die Erben jedoch bereits das Erbe angenommen, können diese beim zuständigen Nachlassgericht die Nachlassinsolvenz beantragen. Wie bei anderen Privatinsolvenzverfahren werden dabei mit den Gläubigern des Schuldners Absprachen getroffen, die eine weitgehende Tilgung offener Verbindlichkeiten zum Ziel haben.
Die beschränkte Erbenhaftung ist neben Nachlassverwaltung und Nachlassinsolvenzverfahren auch möglich über weitere Vorgänge wie Dreimonatseinrede, Aufgebotseinrede, Verschweigungseinrede oder Überschuldungseinrede. Diese Maßnahmen haben zum Teil aber nur vorübergehende Wirkung bezüglich der Beschränkung auf den Nachlass.

Erbenhaftung nach § 35 SGB II

Neben dem BGB bestimmt auch das Sozialgesetzbuch in einigen Sonderfällen die Erbenhaftung. § 35 SGB II ist von Bedeutung, wenn der Erblasser Bezieher von Leistungen nach dem SGB II war (z. B. Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld).

War der Erblasser innerhalb der letzten zehn Jahre vor seinem Versterben Leistungsbezieher und überschreiten die erhaltenen Mittel einen Freibetrag von 1.700 Euro, müssen die Erben die geleisteten Beträge – auch für Pflege-, Renten- und Krankenversicherung zurückerstatten (§ 35 Absatz 1 SGB II).

Wichtig dabei: Die Erbenhaftung ist hier bereits beschränkt auf den Nachlasswert (§ 35 Absatz 1 Satz 3 SGB II). Das Angreifen von Eigenvermögen müssen die Nachlassempfänger also nicht fürchten.

Der Ersatzanspruch der Jobcenter und anderer Leistungsträger entfällt, wenn der Nachlasswert unterhalb von 15.500 Euro liegt und der Erbe Partner des Verstorbenen war oder mit diesem verwandt ist, mit diesem zusammenlebte und ihn dauerhaft bis zu dessem Tode gepflegt hat (§ 35 Absatz 2 Ziffer 1 SGB II). Auch eine im Einzelfall begründete besondere Härte für den Erben durch die Erbenhaftung kann den Ersatzanspruch aufheben.

Erbenhaftung: Regelmäßige Verjährung des Ersatzanspruches nach drei Jahren

Ein Anspruch, der der Erbenhaftung unterliegt, verjährt regelmäßig nach drei Jahren.
Ein Anspruch, der der Erbenhaftung unterliegt, verjährt regelmäßig nach drei Jahren.

Ob nun die Haftung der Erben nach BGB oder SGB II Geltung hat: Es gilt laut Erbrecht in beiden Fällen die regelmäßige, dreijährige Verjährungsfrist (§§ 195 BGB, 35 Absatz 3 SGB II). Nach Ablauf dieser Frist können Gläubiger auch nicht mehr die Erben für offene Nachlassverbindlichkeiten in Haftung nehmen.

Bei einzelnen Nachlassverbindlichkeiten kann allerdings auch eine maximale Verjährungsfrist von 30 Jahren gelten (§ 197 BGB). Dies ist etwa möglich bei Schmerzensgeldansprüchen gegen den Verstorbenen, titulierten Ansprüchen oder solchen aus einem Insolvenzverfahren.

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Über den Autor

Jana
Jana O.

Jana ist seit 2015 Bestandteil des Redaktionsteams von anwalt.org. Sie studierte Ger­manis­tik, Philosophie und Englischen Literatur­wissenschaften an der Universität Greifswald. Ihr thematischer Fokus liegt insbesondere auf den Bereichen Familienrecht, Erbrecht, Strafrecht und Datenschutz.

4 Gedanken zu „Erbenhaftung: Wann müssen Erben mit Eigenvermögen eintreten?

  1. Erla

    Vielen Dank für diese Informationen zur Erbenhaftung im Erbrecht. Gut zu wissen, dass es Möglichkeiten gibt, die Haftung der Erben zu beschränken. Ich schreibe gerade mein Testament und werde mir Rat bei einem Rechtsanwalt holen, wie ich die Haftungsbeschränkung formuliere.

  2. Kira N.

    Vielen Dank für diesen Beitrag zum Thema Erbrecht und Erbenhaftung. Interessant, dass es für die beschränkte Erbenhaftung neben Nachlassverwaltung und Nachlassinsolvenzverfahren auch andere Verfahren gibt. Ich versuche gerade, meinen Nachlass und mein Testament bestmöglich zu regeln und bin daher immer sehr dankbar für die Tipps hier.

  3. BSK

    Hallo

    [Beitrag von der Redaktion bearbeitet]

    Wir möchten hiermit eine Beschränkung der Erbenhaftung erwirken, die wir hiermit
    gerne beantragen – möglichst kostengünstig, da der Verein über kein besonderes
    Vermögen verfügt. Vorrangig beantragen wir deshalb hiermit eine Nachlaßverwaltung notfalls mit nachfolgendem Nachlaßkonkurs.

    1. anwalt.org

      Hallo BSK,

      wir können keine Rechtsberatung anbieten oder entsprechende Anträge bearbeiten. Wenden Sie sich hierfür am besten an einen versierten Fachanwalt und gegebenenfalls auch an das zuständige Nachlassgericht.

      Ihr Team von anwalt.org

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