Verschwörungstheorie: Ist die Verbreitung strafbar?

Von Nicole P.

Letzte Aktualisierung am: 24. Februar 2024

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Was ist eine Verschwörungstheorie? Eine juristische Einordnung liefert dieser Ratgeber.
Was ist eine Verschwörungstheorie? Eine juristische Einordnung liefert dieser Ratgeber.

FAQ: Verschwörungstheorie

Was sind Verschwörungstheorien?

Eine Verschwörungstheorie ist laut Definition die Überzeugung, dass bestimmte Ereignisse oder Situationen – wie etwa Naturkatastrophen und Epidemien – nur deshalb eingetreten sind, weil im Hintergrund geheime Mächte oder elitäre Gruppen das Geschehen negativ beeinflusst haben. Als Basis für Verschwörungstheorien können unter anderem Fake News dienen.

Warum glauben Menschen an Verschwörungstheorien?

Verstörungstheorien machen sich häufig das Gefühl der Unsicherheit zunutze und liefern für komplexe und unübersichtliche Ereignisse scheinbar logische Erklärungen sowie ein Gefühl von Kontrolle. Gerade in Krisenzeiten, wenn offizielle Erklärungen fehlen oder diese unbefriedigend erscheinen, steigt daher der Zuspruch für Verschwörungstheorien. Einige Beispiele haben wir hier zusammengetragen.

Ist die Verbreitung von Verschwörungstheorien strafbar?

Einen eigenen Tatbestand sieht der Gesetzgeber für das Verbreiten von Verschwörungstheorien nicht vor. Allerdings können entsprechende Äußerungen abhängig vom Inhalt durchaus eine Straftat darstellen. So kann unter anderem eine Anzeige wegen übler Nachrede oder Verleumdung drohen.

Wie entstehen Verschwörungstheorien und woran lassen sie sich erkennen?

Laut Definition basiert eine Verschwörungstheorie unter anderem auf einem klaren Feindbild.
Laut Definition basiert eine Verschwörungstheorie unter anderem auf einem klaren Feindbild.

Verschwörungstheorien sind kein neues Phänomen, sondern bereits so alt wie die Menschheit. Allerdings erleben sie durch die modernen Medien und Krisen eine regelrechte Blütezeit. Dabei ist häufig nicht eindeutig zu erkennen, wo die einzelne Verschwörungstheorie ihren Anfang nimmt. Die Basis für Verschwörungsmythen bilden üblicherweise Zweifel am Ablauf oder der Entstehung eines Ereignisses bzw. der Erklärung von Politik, Wissenschaft und Medien.

Gleichzeitig gilt es einen Schuldigen auszumachen, wobei die Frage „Wer profitiert davon?“ von zentraler Bedeutung ist. Denn für Verschwörungstheoretiker muss es immer einen Nutznießer bei Katastrophen geben. Wurden die vermeintlich Verantwortlichen identifiziert, wird nach Belegen gesucht, welche die entsprechende Annahme stützen. Als Beweise können dabei auch Falschmeldungen, Fake News oder aus dem Zusammenhang gerissene Aussagen dienen. Wissenschaftliche Erkenntnisse und Tatsachen, die der eigenen Verschwörungstheorie entgegenstehen, werden hingegen ausgeblendet.

Die meisten Behauptungen lassen sich schnell als Unsinn abtun, allerdings hat eine Verschwörungstheorie mitunter auch das Potenzial gefährlich zu werden. So richten sich die grundlegenden Ideologien teilweise gegen die Wissenschaft, Regierungen oder bestimmte Bevölkerungsgruppen. Zudem können entsprechende Theorien auch dazu beitragen, dass sich Radikalisierungsprozesse beschleunigen und zu Spannungen in der Bevölkerung führen.

Nicht immer lässt sich eine Verschwörungstheorie auf den ersten Blick auch als solche erkennen. Aus diesem Grund ist es stets ratsam, Inhalte – insbesondere unbekannten und unseriösen Ursprungs – kritische zu hinterfragen. Sind Aussagen zum Beispiel mithilfe von Quellen belegt? Darüber hinaus zeichnen sich Verschwörungsmythen üblicherweise durch folgende Merkmale aus:

  • widersprechen gängigen Annahmen
  • liefern eine einfache Erklärung
  • definieren klare Feindbilder
  • unterteilen die Welt in Gut und Böse
  • ignorieren Experten
  • akzeptieren keine Gegenbeweise
  • verneinen Zufall und Unfälle
  • gehen von einem Nutznießer aus

Beispiele für Verschwörungsmythen

Auf Basis der zuvor genannten Kriterien gibt es unzählige Verschwörungstheorien. Viele davon sind nur für kurze Zeit relevant. Es gibt aber auch Behauptungen, die sich über viele Jahre und Jahrzehnte halten. Einige Beispiele haben wir nachfolgend zusammengestellt:

  • Die Mondlandung von 1969 wurde von der NASA nur in einem Filmstudio inszeniert.
  • Reptilienartige Außerirdische (Reptiloide) haben die Menschheit unterwandert und besetzen wichtige Positionen in Politik und Wissenschaft.
  • Krankheiten wie Ebola, AIDS oder Corona seien Erfindungen der Pharmaindustrie, um durch den Verkauf der Medikamente zu profitieren oder wurden in Laboren kreiert, um gezielt die Weltbevölkerung zu reduzieren.
  • Die Kondensstreifen von Flugzeugen seien eigentlich Chemikalien, um Menschen zu vergiften oder zu beeinflussen (Chemtrails).

Drohen für die Verbreitung einer Verschwörungstheorie Sanktionen?

Verschiedene Tatbestände können bei der Verbreitung von Verschwörungstheorien Anwendung finden.
Verschiedene Tatbestände können bei der Verbreitung von Verschwörungstheorien Anwendung finden.

Der Gesetzgeber sieht für die Verbreitung von Verschwörungsmythen keinen eigenen Tatbestand vor. Dieser Umstand bedeutet allerdings nicht automatisch, dass die verantwortlichen Personen mit keinerlei Sanktionen rechnen müssen. Stattdessen können je nach Art der Verschwörungstheorie unterschiedliche Straftaten vorliegen. Infrage kommen dabei unter anderem folgende Tatbestände des Strafgesetzbuches (StGB):

  • Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole (§ 90a StGB)
  • Verfassungsfeindliche Verunglimpfung von Verfassungsorganen (§ 90b StGB)
  • Volksverhetzung (§130 StGB)
  • Beleidigung (§ 185 StGB)
  • Üble Nachrede (§ 186 StGB)
  • Verleumdung (§ 187 StGB)
  • Gegen Personen des politischen Lebens gerichtete Beleidigung, üble Nachrede und Verleumdung (§ 188 StGB)

Allerdings muss nicht zwangsläufig eine Straftat vorliegen. So sieht das Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) unter § 116 den Tatbestand „Öffentliche Aufforderung zu Ordnungswidrigkeiten“ vor. Dieser könnte Anwendung finden, wenn Verschwörungstheoretiker im Zuge der Coronapandemie zum Beispiel dazu auffordern, gegen die Maskenpflicht zu verstoßen.  Zudem kann gemäß § 118 OWiG auch eine Belästigung der Allgemeinheit infrage kommen.

Grundsätzlich ist aber auch zu bedenken, dass sich nicht jede Verschwörungstheorie ahnden lässt. Denn mitunter sind entsprechende Äußerungen von der Meinungsfreiheit gedeckt. Daher setzt die Bundesjustizministerin Christine Lambrecht laut einem Interview mit der Rheinischen Post vom 10. September 2020 vorrangig auf eine Verbesserung der Medienkompetenz:

Wir brauchen deshalb viel mehr Aufklärung für einen kritischen Umgang mit Informationen im Netz. Bei manchen Verschwörungsgläubigen kommen wir aber auch an unsere Grenzen. Etwa wenn ernsthaft behauptet wird, Deutschland werde in Wahrheit von Echsenwesen regiert. Diese Menschen sind dann Sachargumenten nicht mehr zugänglich. Wir können und wollen solchen Blödsinn nicht verbieten. Deswegen müssen wir schon in der Schule die Kritikfähigkeit der Kinder stärken, damit sie nicht auf dumpfe Parolen und idiotische Mythen hereinfallen. Sondern erkennen, dass dahinter Ideologien stecken, die sich gegen die Demokratie und die freiheitliche Gesellschaft richten.

Quellen und weiterführende Links

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Über den Autor

Nicole
Nicole P.

Seit 2016 verstärkt Nicole die Redaktion von anwalt.org. Zuvor absolvierte sie ein Studium der Buchwissenschaft und Kulturanthropologie in Mainz. Zu ihren thematischen Schwerpunkten zählen unter anderem die verschiedenen Aspekte des Verkehrs- und insbesondere des Urheberrechts.

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