Überstundenabbau: Wann und wie ist Abbummeln erlaubt?

Von anwalt.org, letzte Aktualisierung am: 6. Januar 2023

Für den Überstundenabbau ziehen viele den Freizeitausgleich der Auszahlung vor.
Für den Überstundenabbau ziehen viele den Freizeitausgleich der Auszahlung vor.

Sie sitzen allein im Büro. Es ist längst dunkel, die Reinigungskräfte sind auch schon gegangen, nur ein einsamer Flyer weht durch die leeren Flure. Immer diese Überstunden. Doch Sie denken sich vielleicht: „Eine gute Seite hat das Ganze. Für den Überstundenabbau kann ich demnächst früher gehen!“

Doch was ist, wenn der Arbeitsvertrag gar kein Überstunden abfeiern vorsieht, sondern stattdessen den finanziellen Ausgleich? Oder was ist, wenn Sie zu einem bestimmten Zeitpunkt Überstunden abbummeln möchten, der Arbeitgeber dies jedoch verbietet? Welche Regelungen es zum Überstundenabbau im Arbeitsrecht gibt, das erfahren Sie im folgenden Ratgeber.

FAQ: Überstunden abbauen

Ist ein Überstundenabbau gesetzlich vorgeschrieben?

Hier können Sie nachlesen, welche gesetzlichen Bestimmungen zu Überstunden in Deutschland gelten.

Was ist die Alternative zum Überstundenabbau?

Ist es nicht möglich, dass Sie die Mehrarbeit abbauen, können Sie in aller Regel die Überstunden auszahlen lassen.

Wann kann ich die Überstunden nicht abbauen?

Damit Sie Überstunden abbauen können, muss der Arbeitgeber auch wissen, dass diese existieren.

Gesetzliches zur Mehrarbeit

Zwar regelt das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) Überstunden nicht, ein Freizeitausgleich ist hier jedoch indirekt als Überstundenabbau angedacht. So ist im Paragrafen 3 Folgendes festgesetzt:

Die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden.

Für den Abbau von Überstunden: Ein Freizeitausgleich ist im Arbeitsrecht zunächst angedacht.
Für den Abbau von Überstunden: Ein Freizeitausgleich ist im Arbeitsrecht zunächst angedacht.

Schließlich soll mit solch einer Regelung der Arbeitnehmer geschützt werden, indem Überbelastung und damit einhergehende Krankheiten wie Burnout oder Depression verhindert werden. Der Mitarbeiter hat also einen gesetzlichen Anspruch auf den Ausgleich von Überstunden.

Letztendlich entscheidet jedoch der Arbeitsvertrag bzw. eine Vereinbarung an anderer Stelle, wie der Überstundenabbau auszusehen hat. Einen gesetzlichen Anspruch auf Vergütung der Plusstunden gibt es zwar in der Regel nicht. In Ausnahmefällen bewilligten jedoch Richter die Klage auf Auszahlung von Überstunden, wenn der klagende Mitarbeiter ein unterdurchschnittliches Gehalt bezieht.

Wann darf ich Überstunden nicht abfeiern?

Ein Anspruch auf Überstundenabbau entsteht erst, wenn der Chef Kenntnis hat, dass diese existieren. Das ist bspw. der Fall, wenn es ein Zeiterfassungssystem gibt, der Arbeitgeber die Plusstunden angeordnet hat, oder es stillschweigend akzeptiert, dass Sie Mehrarbeit leisten (z. B. wenn der anfallende Arbeitsaufwand in der vertraglich festgelegten Arbeitszeit offensichtlich nicht zu schaffen ist).

Sie können demnach nicht heimlich Plusstunden über Monate oder gar Jahre hinweg sammeln und dem Arbeitgeber dann mitteilen, dass Sie diese durch Freizeit ausgleichen und erst einmal eine Woche in den Urlaub fahren. Sollte es zu einem Rechtsstreit kommen, wäre es dann sehr schwer für den Arbeitnehmer nachzuweisen, dass Mehrarbeit geleistet wurde, von der der Arbeitgeber wusste.

Vielmehr sollten Sie daher Ihren Vorgesetzten über die angesammelte Mehrarbeit rechtzeitig unterrichten. Möglicherweise können Sie dann einen Antrag zum Überstunden abfeiern stellen und sich einigen, ob und wann Sie diese Plusstunden ausgleichen können. Dies empfiehlt sich auch vor allem, wenn es weder im Arbeitsvertrag noch an anderer Stelle eine Regelung zum Überstundenabbau gibt und Sie trotzdem regelmäßig länger auf Arbeit sind als im Vertrag vereinbart.

Ich werde krank beim Überstunden abfeiern – welche Ansprüche habe ich?

Sie werden beim Überstunden abfeiern krank – haben Sie Ansprüche auf Gutschrift der Mehrarbeit?
Sie werden beim Überstunden abfeiern krank – haben Sie Ansprüche auf Gutschrift der Mehrarbeit?

Werden Sie während des Urlaubs krank, können Sie eine Krankmeldung einreichen und bekommen dann die verlorenen Tage gutgeschrieben.

Leider ist das nicht möglich, wenn Sie beim Überstundenabbau krank werden. Dass Sie Ihre Überstunden abfeiern dürfen, ist mit dem gesetzlichen Urlaubsanspruch nicht zu vergleichen. Daher tragen Sie selbst das Risiko, wenn Sie Ihre Überstunden abfeiern.

Überstunden abfeiern oder auszahlen – Wie muss der Überstundenabbau im Arbeitsvertrag geregelt sein?

Zunächst wäre es für die Klärung sinnvoll, inwiefern der Arbeitnehmer Überstunden abbummeln darf, wenn das Thema Mehrarbeit überhaupt im Kontrakt angesprochen wird. Auch im Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung kann es Regelungen zum Überstundenabbau geben.

Dabei gibt es einige Varianten, wie Mehrarbeit im Arbeitsvertrag geregelt sein kann. Diese sind in der Regel bindend für die Handhabung – d. h. ob Sie Überstunden abfeiern dürfen oder ausgezahlt bekommen.

Hat Ihr Arbeitgeber im Vertrag ausdrücklich festgelegt, dass Sie nicht Plusstunden durch Freizeitausgleich abbauen, sondern diese ausgezahlt bekommen, darf er es sich nicht ohne Weiteres anders überlegen. Das ist für Sie vorteilhaft, sollten Sie als Arbeitnehmer die Bezahlung dem Abbau von Überstunden vorziehen. Anders herum ist es natürlich dasselbe.

Eine Klausel, die einen Überstundenabbau generell ausschließt, der Arbeitnehmer diese also weder bezahlt bekommt, noch die Überstunden abfeiern kann, ist in der Regel nicht erlaubt. Damit sind allgemeine Formulierungen gemeint wie:

Anfallende Überstunden sind durch die monatlich festgesetzte Vergütung abgegolten.

Wie muss der Überstundenabbau im Arbeitsvertrag geregelt sein?
Wie muss der Überstundenabbau im Arbeitsvertrag geregelt sein?

Weil aus solch einer Formulierung nicht hervorgeht, mit wie vielen Überstunden der Mitarbeiter rechnen kann, ist diese in der Regel unzulässig. Klauseln, die einen bestimmten Satz an Plusstunden (eine Grenze gibt es nicht, etwa 10 Prozent der wöchentlichen Arbeitszeit gelten aber als Orientierung) mit dem Gehalt abgelten, sind in vielen Fällen erlaubt. Trotzdem kann auch bei solch einer Klausel im Zweifelsfall ein Rechtsanwalt für Arbeitsrecht diese auf Ihre Zulässigkeit prüfen und, wenn erforderlich, Ihre Rechte auf Überstundenabbau für Sie durchsetzen.

Was darf der Arbeitgeber bestimmen, wenn es um den Überstundenabbau geht?

Sollte es keine entsprechende vertragliche Vereinbarung geben, darf der Vorgesetzte von seinem Weisungsrecht Gebrauch machen. Das bedeutet: Ob und wann Sie Überstunden abfeiern, kann dieser anordnen. Es gibt keine Regelung im Arbeitsrecht, dass Sie Überstunden abbauen können, wenn es allein Ihr Wunsch ist.

Daher ist es auch nicht erlaubt, Plusstunden zu bunkern. Fällt momentan wenig Arbeit an, kann der Arbeitgeber den Mitarbeiter also nach Hause schicken, damit dieser seine Überstunden abfeiern kann.
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Überstundenabbau: Wann und wie ist Abbummeln erlaubt?
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13 Gedanken zu „Überstundenabbau: Wann und wie ist Abbummeln erlaubt?

  1. Anna

    Hallo und guten Tag!

    Ich habe zwei Fragen:

    1.
    Kann mein Arbeitgeber mich dazu zwingen mir Überstunden auszuzahlen? Ich würde sie lieber mit Freizeit ausgleichen.

    2.
    Bei Urlaub gibt es die Regelung, dass bereits gebuchte Reisen vom AG bezahlt werden müssen, wenn dieser aus dienstlichen Gründen gestrichen wird. Gilt das für bereits genehmigte Gleitzeit auch? In der Dienstvereinbarung ist dazu nichts zu finden.

    Ich freue mich auf baldige Antwort!

    Liebe Grüße Anna

  2. Maik

    Hallo

    Ich habe ein Frage darf mein Chef meine Überstunden zurechnen wen ich zb 130 gearbeitet habe aber 180 Stunden angesetzt sind ich bin bis fahrer deswegen frage ich mich das die ganze zeit

  3. Nelli

    Hallo Clarissa,
    ich hätte da mal eine Frage:
    Wenn ich viele Überstunden habe, die bei der 32 Std./Woche angefallen sind und jetzt auf 18 Std./Woche vertraglich reduziere aber gleichzeitig die Überstunden abbummeln möchte, passiert das dann auf Basis der 32 oder 18 Std/Woche? Das soll heißen, kann ich beim Überstundenabbau auf Basis 18 Stunden bezahlt werden und den Abbau auch auf 18 Std./Wo. zeitlich berechnen (so dass der Abbau länger dauert)?
    Vielen Dank und liebe Grüße!

  4. Jacco

    Hallo hab da einen Frage
    ich bin auf Montage im Ausland mache dort 60 bis 70 stunden in der Woche,
    und jetzt komme ich zurück und sollte mich erholen,….muss ich dann unbedingt
    meinen eigenen Überstunden ober Urlaub nehmen um mich zu erholen für einen Leistung
    die ich für meinen Arbeitgeber geleitet hab!? Es gibt doch Arbeitszeit und Ruhe Zeiten die unter normale
    bedingen angehalten mussten durch Arbeitgeber!
    Deinen Arbeitszeit wird entlohnt aber deine ruhe zeit solltest du selbst investieren aus eigenen Tasche!?

  5. SR

    Wenn ich einen Tag auf Überstunden frei nehme an dem
    Ich offiziell 4h arbeite, darf der Arbeitgeber mir dann einen vollen Tag (6h) abziehen?

  6. Michael

    Wenn der Arbeitgeber freien Zugriff auf das Arbeitszeit konto hat, dann haben sich Überstunden ein für alle Male erledigt. Das Arbeiter Risiko, keine oder zu wenige Aufträge darf gerne beim Arbeitgeber bleiben. Ich bin schließlich nicht das 2 beinige Sozialamt

  7. Regina G

    Ich befinde mich seit 4 Wochen im Krankenstand darf der Arbeitgeber mir 120 Überstunden als Freizeitsusgleich abziehen

  8. Kirsten

    Hallo,

    ich arbeite als Integrationsfachkraft (Begleitung eine Kindes mit Förderbedarf in der Kita)
    Darf mein Arbeitgeber wöchentlich 2 Überstunden anordnen, die dann abgebaut werden, wenn das Kind nicht in der Einrichtung ist?
    Ich Stelle mich für einen Vertretungseinsatz zur Verfügung und muss dann morgens von 8-9 Uhr Rufbereitschaft machen.
    Wenn der Arbeitgeber keinen Vertretungseinsatz für mich hat, wird mir der 1. Fehltag des Kindes normal als Arbeitstag angerechnet. Ab dem 2. Fehltag werden mir für die Rufbereitschaft 7,5 Minuten angerechnet und der Rest der 7 Stunden (35 Stunden Woche vertraglich festgehalten) wird von meinem Zeitkonto abgezogen. Sprich: ich baue gezielt für den Fall, dass das Kind nicht da ist, einen Puffer auf.
    Ist das zulässig?

  9. Uwe H

    Mein Betrieb wurde aufgekauft.
    Nun habe ich noch 63 Überstunden, die ich in meiner Urlaubsplanung mit eingbegriffen hatte. Der Urlaubsschein wurde auch genehmigt. Nun heißt es aber ich bekomme meinen Urlaub mit den Überstunden nicht und meine Stunden wären verfallen, weil ja der wechsel stattfand.
    Anfang November stand zwar an der Pinnwand das die Überstunden genommen werden müssen.
    Ich kümmerte mich aber nicht darum ,weil ich im September schon mein okay auf die Urlaubsplanung hatte.
    Dürfen sie das? Oder kann ich drauf bestehen das die Stunden bezahlt werden?
    Denn das wurde auch verneint.
    Mit freundlichen Gruß Uwe H

  10. Katharina B

    Hallo,
    ich bin in der Personalsachbearbeitung tätig. Daher wird regelmäßig ein Update auf das Abrechnungsprogramm drauf gespielt. Kann der Arbeitgeber einen Überstundenabbau anordnen, wenn das Update zu der Kernarbeitszeit eingespielt wird und wir daher nicht arbeiten können?

    Vielen Dank und viele Grüße

  11. Stephanie

    Hallo, ich habe eine Frage. Wenn wir als Angestellte Überstunden aufgebaut haben weil es schon Wochen vorher angekündigt wurde das wir im Januar wohl wieder ins Minus rutschen werden und dann dieser Überstundenabbau jetzt erfolgt, muss ich dann wirklich auf Abruf bereit stehen und erreichbar sein obwohl ich mir diese Stunden doch erarbeitet habe?

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