Legal Tech in Deutschland: Die Digitalisierung der Rechtsbranche

Legal Tech: Was ist das? Einfach ausgedrückt geht es um die Digitalisierung der Rechtsbranche.
Legal Tech: Was ist das? Einfach ausgedrückt geht es um die Digitalisierung der Rechtsbranche.

FAQ: Legal Tech

Was versteht man unter Legal Tech?

Laut Definition bezeichnet Legal Tech spezielle Informationstechnologien, die dazu dienen, juristische Arbeitsprozesse zu automatisieren. Viele Angebote richten sich aber auch an juristische Laien und unterstützen diese beispielsweise bei der Durchsetzung ihrer Rechte oder beim Erstellen einfacher Verträge.

Was sind Legal-Tech-Anwendungen?

Ein typisches Anwendungsbeispiel ist das Erstellen von standardisierten Verträgen, die in dieser Form wiederholt zum Einsatz kommen. Ein weiteres Beispiel ist die Einrichtung einer Mandantenplattform, um die Kommunikation mit den Mandanten zu vereinfachen und effizienter zu gestalten. Einen genaueren Überblick geben wir Ihnen in diesem Abschnitt.

Nur zugelassene Volljuristen dürfen Rechtsdienstleistungen anbieten. Ist Legal Tech überhaupt erlaubt?

Der BGH zeigt sich offen gegenüber der Legal Technology und hat bereits zwei Anwendungen für zulässig erklärt. Diese stellen wir hier vor.

Weiterführende Ratgeber zu Legal Tech

Was ist Legal Tech? Definition und Bedeutung einfach erklärt

Der Legal Tech Verband ist auch eine politische Interessenvertretung, die sich für moderne Gesetze einsetzt.
Der Legal Tech Verband ist auch eine politische Interessenvertretung, die sich für moderne Gesetze einsetzt.

Der Begriff „Legal Tech“ erklärt sich fast von selbst: „Legal (Services)“ ist die englische Bezeichnung für juristische Dienstleistungen und „Tech“ die englische Kurzform von Technology, also Technologie.

Das heißt aber nicht, dass jede Kanzlei, die mit Computern arbeitet, automatisch eine Legal-Tech-Kanzlei ist. Es geht vielmehr darum, dass Rechtsanwender bei ihrer juristischen Tätigkeit besondere Informationstechnologien einsetzen, die ihre Arbeiten wesentlich vereinfachen und auch verbessern.

Es geht also um die Digitalisierung von juristischen Tätigkeiten. Einzelne Arbeitsabläufe, um die sich bisher ein Mitarbeiter gekümmert hat, laufen automatisiert ab. Selbst ganze Rechtsdienstleistungen lassen sich automatisieren.  

Was für die einen wie eine Bedrohung für Arbeitsplätze darstellt, ist für die anderen eher eine Notwendigkeit, um die wachsenden Aufgaben von Kanzleien, Gerichten und anderen juristisch arbeitenden Einrichtungen bewältigen zu können. Wer Legal Tech richtig einsetzt, kann nicht nur seine Arbeiten schneller erledigen, sondern auch deren Qualität absichern.

Welche Legal-Tech-Anwendungen und -Tools gibt es?

Legal-Tech-Anwendungen richten sich an Personen, die juristischen Rat suchen, und an Juristen selbst. Im Folgenden finden Sie eine kleine Auswahl an Beispielen.

Für Rechtsschutzsuchende:

  • Ratsuchende können online mithilfe spezieller Programme eine Nebenkostenabrechnung oder einen Hartz-4-Bescheid prüfen oder …
  • sich bei der Kündigung eines Abo-Dienstes oder Vertrags unterstützen lassen.
  • Andere Legal-Tech-Dienste helfen dabei, Entschädigungen für Bahn- oder Flugausfälle geltend zu machen.
  • Es gibt im Internet zahlreiche Rechner, um Gebühren und Fristen zu ermitteln, beispielsweise Pfändungs- und Bußgeldrechner.
  • Andere Programme wiederum bieten Unterstützung bei der außergerichtlichen Streitbeilegung.
  • Mithilfe von Formular-Generatoren lassen sich AGB, Kündigungen, Arbeitszeugnisse, Testamente und Patientenverfügungen relativ einfach erstellen.

Für Juristen:

  • Einige Legal-Tech-Tools dienen der Informationsbeschaffung und deren
    Strukturierung. Mit ihrer Hilfe finden Juristen die für einen Sachverhalt relevanten Vorschriften, Urteile und Literaturkommentierungen.
  • Mithilfe spezieller Software lassen sich Fragestellungen, die im juristischen Alltag, immer wiederkehren, schneller und damit auch kostengünstiger prüfen.
  • Einige Legal-Tech-Systeme sollen sogar Urteile, Verwaltungsakte oder Verträge nach bestimmten Kriterien durchsuchen und juristisch relevante Aspekte erkennen können.
  • Verfechter der Legal Technology fassen mitunter auch digitale Akquise-, Marketing- und Networking-Instrumente unter diesen Begriff. Allerdings findet hier gerade keine Rechtsprüfung oder Rechtsberatung statt.

Legal-Tech: Weitere Beispiele im Bereich der professionellen Rechtsanwendung

Was ist eine Legal Tech Kanzlei?
Was ist eine Legal Tech Kanzlei?

Legal-Tech-Kanzleien nutzen verschiedene Technologien, um …

  • Arbeitsabläufe zu vereinfachen und zu automatisieren: Akten lassen sich elektronisch erfassen, auch das Fristen-Management läuft elektronisch. Viele standardisierte Prozesse, wie das Erstellen von Verträgen oder Klageschriften sowie anderer Dokumente laufen inzwischen über eine entsprechende Software.
  • Online-Rechtsdienstleistungen anzubieten: Mithilfe neuer Geschäftsmodelle lassen sich Verbraucherrechte in Streitfällen durchsetzen, die sich stark ähneln und in vergleichbarer Form immer wieder vorkommen. Dabei geht es beispielsweise um Reise- und Fluggastrechte oder um Bußgeldbescheide. Von der Datenerfassung und bis zum Geltendmachen von Schadensersatz läuft alles über eine Legal-Tech-Software. Erst vor dem Gericht tritt ein Anwalt in Aktion.

Doch in den Kernbereich der Juristerei ist Legal Tech (glücklicherweise) noch nicht vorgedrungen: Es sind nach wie vor Menschen, die gerichtliche Entscheidungen treffen. Künstliche Intelligenz (KI) kann weder vernünftige Texte schreiben noch verstehen, geschweige denn, die richtigen Schlussfolgerungen daraus ziehen.

Allerdings können Legal-Tech-Anbieter Systeme entwickeln, die anhand bestimmter Kriterien zumindest begrenzte, vorläufige Antworten zu einer bestimmten Fallkonstellation geben. Komplizierte Sachverhalte (zu denen noch keine ständige und gesicherte Rechtsprechung existiert) gehören nach wie vor in die Hände eines Rechtsanwalts.

Legal-Tech-Gesetz und BGH-Rechtsprechung

Legal Tech automatisiert juristische Arbeitsabläufe. Aber es sind nach wie vor Menschen, die zum Beispiel gerichtliche Entscheidungen fällen.
Legal Tech automatisiert juristische Arbeitsabläufe. Aber es sind nach wie vor Menschen, die zum Beispiel gerichtliche Entscheidungen fällen.

Noch gibt es relative wenig Rechtsprechung in diesen Bereich. An dieser Stelle seien zwei wichtige Entscheidungen des BGH zu Legal Tech erwähnt:

  1. Mit seinem Urteil zur Plattform wenigermiete.de lässt der BGH Legal Tech beim Inkasso zu, weil das Rechtsdienstleistungsgesetz für neue Berufsbilder offen und Inkassodienstleistungen durch Legal-Tech-Unternehmen grundsätzlich legal sind. Besagte Plattform bietet Mietern Hilfe bei überhöhten Mietforderungen. Sie nutzt Algorithmen und einen Mietpreisrechner, um die Erfolgschancen bei der Durchsetzung von Mietzahlungsansprüchen zu ermitteln, und macht die Mietrückzahlungsforderungen ihrer Kunden gegenüber dem Vermieter geltend – gegebenenfalls auch per Klage.
  2. Das zweite Verfahren beschäftigte sich mit dem Vertragsgenerator Smartlaw, den der BGH ebenfalls für zulässig erklärte, weil er eben keine konkrete Rechtsberatung anbiete. Das Landgericht Köln als erste Instanz hatte noch die Ansicht vertreten, dass dieser Generator eine erlaubnispflichtige Rechtsdienstleistung darstelle, die nur Rechtsanwälte erbringen dürfen.

Kurz nach dieser zweiten Entscheidung, Im Oktober 2021, trat das Legal-Tech-Gesetz in Kraft. Mit diesem „Gesetz zur Förderung verbrauchergerechter Angebote im Rechtsdienstleistungsmarkt“ verfolgt der Gesetzgeber das Ziel, Rechte und Pflichten von Anwälten und Legal-Technology-Unternehmen einander anzugleichen.

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Über den Autor

Franziska
Franziska L.

Franziska hat nach ihrer juristischen Ausbildung in verschiedenen Branchen gearbeitet. Seit 2017 ist sie Teil der anwalt.org-Redaktion. Durch ihre fachliche Ausrichtung liegen ihr Texte zu unterschiedlichsten rechtlichen Fragestellung im Verkehrsrecht, Umweltrecht, Strafrecht und vielem mehr.

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