Kredit widerrufen: Was müssen Verbraucher wissen?

Von Nicole P.

Letzte Aktualisierung am: 21. Februar 2024

Geschätzte Lesezeit: 7 Minuten

Wann lässt sich ein Kredit problemlos widerrufen?
Wann lässt sich ein Kredit problemlos widerrufen?

FAQ: Kredit widerrufen

Wie lange habe ich Zeit, um einen Kreditvertrag zu widerrufen?

Die gesetzliche Widerrufsfrist bei einem Kreditvertrag beträgt üblicherweise 14 Tage. Unter bestimmten Voraussetzungen kann aufgrund einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung aber auch ein ewiges Widerrufsrecht, der sogenannte Widerrufsjoker, bestehen.

Wie muss der Widerruf eines Kreditvertrages aussehen?

Grundsätzlich gibt es keine strengen formalen Vorgaben für den Widerruf bei einem Kreditvertrag. Eine Vorlage stellen wir hier zum Download bereit.

Ist ein Kreditwiderruf auch ohne Anwalt möglich?

Grundsätzlich gibt es keine Anwaltspflicht, wenn Sie einen Kredit widerrufen wollen. Wollen Sie allerdings vom Widerrufsjoker Gebrauch machen, ist es durchaus sinnvoll, sich an einen Spezialisten zu wenden. Hierbei kann es sich zum Beispiel um einen Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht handeln.

Was besagt das beim Kredit geltende Widerrufsrecht?

Um die Vorfälligkeitsentschädigung zu umgehen, können sich Verbraucher ggf. auf das Widerrufsrecht für Kreditverträge berufen.
Um die Vorfälligkeitsentschädigung zu umgehen, können sich Verbraucher ggf. auf das Widerrufsrecht für Kreditverträge berufen.

Um sich größere Träume zu verwirklichen, sind nicht wenige Menschen auf die finanzielle Unterstützung einer Bank angewiesen. Steht die Finanzierung, haben die Verbraucher in den nächsten Monaten und Jahren Zeit, dass Darlehen Stück für Stück zurückzuzahlen. Wie hoch die Zinsen für diese Dienstleistung ausfallen, kann dabei mitunter erheblich variieren.

Wer sich günstigere Konditionen zunutze machen möchte, muss dabei aber die geltenden Vertragsbedingungen beachten. So kann unter Umständen die sogenannte Vorfälligkeitsentschädigung anfallen. Eine Möglichkeit diese zu vermeiden, bietet der Widerruf für Kreditverträge.

Doch was besagt das Widerrufsrecht beim Kreditvertrag genau? Welche Frist ist dabei einzuhalten? Schreibt der Gesetzgeber konkret vor, wie ein solches Widerrufsschreiben auszusehen hat? Brauche ich, um einen Kredit zu widerrufen, einen Anwalt? Und welche Folgen hat der Kreditwiderruf? Antworten auf diese und weitere Fragen liefert der nachfolgende Ratgeber.

Wann ist beim Kreditvertrag ein Widerruf möglich?

Beim Widerruf handelt es sich um ein sogenanntes Gestaltungsrecht der Verbraucher, wodurch diese eine Willenserklärung im Zuge eines Vertragsabschlusses zurücknehmen können. Wird also ein Kredit widerrufen, erhält der Verbraucher nicht wie vereinbart das Geld bzw. muss eine bereits erhaltene Summe zurückzahlen.

Damit aber auch die Banken eine gewisse Planungssicherheit haben, gelten für den Widerruf von Darlehen verschiedene Vorschriften. So ist zum Beispiel eine Frist zu beachten. Gemäß § 355 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) beträgt diese 14 Tage. Wann für den Widerruf bei einem Kreditvertrag ebendiese Frist beginnt, ergibt sich aus § 356b Abs. 1 BGB. Darin heißt es:   

Die Widerrufsfrist beginnt auch nicht, bevor der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer eine für diesen bestimmte Vertragsurkunde, den schriftlichen Antrag des Darlehensnehmers oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder seines Antrags zur Verfügung gestellt hat.

Die Frist beginnt somit üblicherweise mit dem Erhalt der Vertragskopie, in der alle wichtigen Daten sowie die Widerrufsbelehrung enthalten sind. Allerdings gilt das Widerrufsrecht bei Kreditverträgen nur, wenn es sich dabei um einen sogenannten Verbraucherkredit handelt. Diese dienen einem privaten Zweck und bestehen zwischen einer Privatperson und einer Bank.

Es gibt aber auch Fälle, in denen Sie einen Kredit nicht widerrufen können. Wann dies unter anderem der Fall ist, zeigt die nachfolgende Auflistung:

  • Kleinkredite mit einer Kreditsumme unter 200 Euro
  • Darlehen erfolgt gegen einen Pfand
  • kurzfristige Verträge mit einer Rückzahlungspflicht innerhalb von 3 Monaten
  • Darlehensverträge als Teil des Arbeitsvertrages
  • Förderkredite zu besonders günstigen Bedingungen

Sonderfall: Widerrufsjoker

Bei Fehlern in der Belehrung ist der Widerruf eines Kreditvertrages ggf. nicht nur für 14 Tage möglich.
Bei Fehlern in der Belehrung ist der Widerruf eines Kreditvertrages ggf. nicht nur für 14 Tage möglich.

Wie zuvor ausgeführt, sieht das bei einem Kredit geltende Widerrufsrecht eine 14-tägige Frist vor. Allerdings beginnt diese nur, wenn der Verbraucher über seine Rechte aufgeklärt wurde. Üblicherweise erfolgt dies mithilfe einer Widerrufsbelehrung.

Allerdings waren die dafür in der Vergangenheit gewählten Formulierungen nicht immer juristisch korrekt, was zu einer Verlängerung der Widerrufsfrist führt. Dadurch entsteht ein praktisch ewiges Widerrufsrecht, welches auch unter der Bezeichnung „Widerrufsjoker“ bekannt ist.  Dabei können unter anderem folgende Merkmale für eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung sprechen:

  • fehlende Pflichtangaben
  • keine Informationen zum Beginn der Widerrufsfrist
  • Rechtsfolgen eines Widerrufs nicht oder falsch beschrieben
  • zuständige Aufsichtsbehörde nicht korrekt benannt

Nicht selten können bereits kleinste Unstimmigkeiten bei Formulierungen dazu führen, dass eine Widerrufsbelehrung fehlerhaft ist. Für Laien ist dies meist nur schwer herauszulesen. Um herauszufinden, ob Sie Ihren alten Kredit widerrufen können, sollten Sie sich daher ggf. an einen fachkundigen Anwalt wenden.

Mittlerweile ist die Anwendung des Widerrufsjokers ziemlich eingeschränkt. So lassen sich Verträge, die seit dem 21. März 2016 geschlossen wurden, selbst bei einer fehlerhaften Belehrung maximal für 1 Jahr und 14 Tage widerrufen.

Widerruf beim Kreditvertrag: Das EuGH-Urteil

Aufgrund eines EuGH-Urteils könnte ein Kreditwiderruf wieder mithilfe des Widerrufsjokers möglichsein.
Aufgrund eines EuGH-Urteils könnte ein Kreditwiderruf wieder mithilfe des Widerrufsjokers möglichsein.

Das ewige Widerrufsrecht war für viele Verbraucher eine gute Möglichkeit, um aus alten Kreditverträgen auszusteigen und von besseren Konditionen zu profitieren. Allerdings schränkte der Gesetzgeber den Widerrufsjoker ein, sodass von diesem in der Regel nur noch bis zum 21. Juni 2016 Gebrauch gemacht werden konnte.

Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zum Widerruf von Darlehen vom 26. März 2020 (Az. C-66/19) könnte den Widerrufsjoker nun wiederbeleben. Denn laut Einschätzung der Luxemburger Richter müssen die Widerrufsbelehrungen in Kreditverträgen klar und prägnant sein, damit die Verbraucher diese auch verstehen.

Dies sei allerdings bei den in Deutschland weitläufig gebräuchlichen Formulierungen nicht der Fall. Insbesondere die Angabe der Widerrufsfrist mithilfe sogenannter „Kaskadenverweisungen“ steht dabei in der Kritik. Denn durch die Verweisung auf zahlreiche Paragraphen könnten Verbraucher nicht einfach herausfinden, bis wann sie einen Kredit widerrufen können.

Das Urteil des EuGH könnte Verträge betreffen, die zwischen dem 11. Juni 2010 und dem 20. März 2016 abgeschlossen wurden  und eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung enthalten. Allerdings kann es sich trotz des Urteils durchaus schwierig gestalten, einen Kredit zu widerrufen. Denn der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich zum Beispiel in einem Beschluss vom 31.03.2020 (Az. XI ZR 581/18) gegen die Anwendung des EuGH-Urteils bei Immobiliendarlehen ausgesprochen.

Welche Vorteile bietet der Widerruf bei einem Kredit?

Sie haben das Geld bereits erhalten? In diesem Fall können durch den Sollzins für Widerruf bei einem Kreditvertrag Kosten anfallen.
Sie haben das Geld bereits erhalten? In diesem Fall können durch den Sollzins für Widerruf bei einem Kreditvertrag Kosten anfallen.

Aktuell verlangen die Banken für Kredite verhältnismäßig geringe Zinsen, weshalb es durchaus sinnvoll sein kann, ein altes Darlehen umzuschulden. Wer einen Kredit aber frühzeitig abbezahlt, muss in der Regel eine sogenannte Vorfälligkeitsentschädigung zahlen. Hierbei handelt es sich um einen Ausgleich, den die Bank für das Ausbleiben der regelmäßigen Zinseinnahmen erhebt.

Die Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung entfällt allerdings, wenn Sie einen bestehenden Kredit widerrufen. Darüber hinaus endet auch eine für das entsprechende Darlehen abgeschlossene Restschuldversicherung automatisch. Diese Versicherung ist eine zusätzliche Absicherung des Kreditnehmers, die unter anderem bei Arbeitslosigkeit, Krankheit oder Tod greift.

Darüber hinaus hat der Widerruf von einem Kreditvertrag noch weitere Folgen. Handelt es sich um einen kürzlich abgeschlossenen Kredit und Sie machen von der 14-tägigen Widerspruchsfrist Gebrauch, bleibt die Auszahlung des Darlehens einfach aus.

Komplexer gestaltet es sich hingegen bei älteren Verpflichtungen. Denn in einem solchen Fall geht der Widerruf beim Kreditvertrag mit einer Rückabwicklung einher. Der Darlehensnehmer muss dann den gesamten Betrag innerhalb von 30 Tagen an die Bank überweisen. Dabei sollten Sie am besten schnell sein, denn die Bank erhebt für jeden Tag Darlehenszinsen. Wie hoch dieser Sollzins ausfällt, können Sie dem Vertrag entnehmen.

Aber auch die Bank muss alle geleisteten Zins- und Tilgungszahlungen an den Verbraucher herausgeben. Zusätzlich dazu kann auch ein Anspruch auf einen sogenannten Nutzungsersatz bestehen. Hierbei handelt es sich um Gewinne, die wechselseitig erzielt wurden. Also wenn die Bank zum Beispiel mit den eingezahlten Raten Zinsen erwirtschaftet hat.

Kreditvertrag: Wie ein Widerruf abläuft

Die Erfolgschancen steigern: Lassen Sie sich von einem Anwalt beim Widerruf für einen Kreditvertrag beraten.
Die Erfolgschancen steigern: Lassen Sie sich von einem Anwalt beim Widerruf für einen Kreditvertrag beraten.

Bevor Sie für einen Kredit einen Widerruf aufsetzen, sollten Sie den Vertrag von einem Experten eingehend prüfen lassen. Hierbei kann es sich zum Beispiel um einen Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht handeln.

Wurden Fehler entdeckt und sieht der Anwalt für den Widerruf beim Kreditvertrag hohe Erfolgschancen, muss ein entsprechendes Schreiben für die Bank verfasst werden. Mit dieser Aufgabe können Sie den Rechtsanwalt beauftragen oder Sie formulieren selbst einen Text, um den Kredit zu widerrufen. Doch worauf gilt es beim Verfassen zu achten?

Der Widerruf eines Kreditvertrages muss schriftlich an die zuständige Bank gesendet werden. Möglich ist dies per E-Mail, Fax oder Brief. Optimal ist der Versand als Einschreiben mit Rückschein, denn dabei erhalten Sie einen Nachweis über den Eingang des Briefes.

Ein Widerruf erfolgt grundsätzlich formlos. Das bedeutet, dass der Gesetzgeber keine konkreten Formvorschriften vorgibt. Allerdings muss das Schreiben inhaltlich verschiedene Voraussetzungen erfüllen. So werden unter anderem folgende Informationen benötigt:

  • Kontaktdaten des Darlehensnehmers
  • Anschrift der zuständigen Bank
  • Angaben zum Darlehen
  • Widerrufserklärung

Die Bank verweigert trotz einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung den Widerruf des Kreditvertrages? In einem solchen Fall müssen Sie Ihr Recht ggf. vor Gericht einfordern. Wie hoch die Erfolgsaussichten einer Klage sind, sollten Sie durch einen Anwalt prüfen lassen.

Allgemeines Muster für den Widerruf eines Kredits

Sie benötigen etwas Inspiration für den Widerruf bei einem Kreditvertrag? Unser nachfolgendes Muster kann Ihnen dabei helfen, einen Kredit innerhalb der gesetzlichen Frist zu widerrufen. Beachten Sie dabei aber, dass dieses nur als Orientierung dient und wir keine Garantie für die juristische Korrektheit übernehmen.

[Ihr Name und Ihre Adresse]

[Name und Adresse der Bank]

[Ort, Datum]

Betreff: Widerruf des Kreditvertrages [Nummer des Vertrags] vom [Datum des Vertragsabschlusses]

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit mache ich vom gesetzlich definierten 14-tägigen Widerrufsrecht gemäß § 355 Abs. 2 BGB Gebrauch und widerrufe den oben genannten Darlehensvertrag.

Bitte übersenden Sie mir eine schriftliche Bestätigung des Widerrufs.

Mit freundlichen Grüßen

[Unterschrift]

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Kredit widerrufen: Was müssen Verbraucher wissen?
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Über den Autor

Nicole
Nicole P.

Seit 2016 verstärkt Nicole die Redaktion von anwalt.org. Zuvor absolvierte sie ein Studium der Buchwissenschaft und Kulturanthropologie in Mainz. Zu ihren thematischen Schwerpunkten zählen unter anderem die verschiedenen Aspekte des Verkehrs- und insbesondere des Urheberrechts.

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