Slackline über dem Radweg: Seilsportler müssen Schmerzensgeld zahlen, wenn Radfahrer stürzen

News von anwalt.org, veröffentlicht am 26. Juli 2019

Freiburg. Spannt jemand in einem öffentlichen Park eine Slackline über den Radweg, muss er Schmerzensgeld und Schadensersatz leisten, wenn ein Radfahrer darüber stürzt und sich verletzt. So entschied das in Freiburg ansässige Oberlandesgericht Karlsruhe (Urteil vom 16.07.2019, Az. 14 U 60/16). Die verantwortlichen Freizeitsportler dürfen sich nicht darauf verlassen, dass sich nähernde Radfahrer das Slackline-Band rechtzeitig erkennen können.

25.000 Euro Schmerzensgeld und Schadensersatz für künftige Schäden

Wer eine Slackline über den Radweg spannt, muss Schmerzensgeld zahlen, wenn es dadurch zu einem Unfall kommt.
Wer eine Slackline über den Radweg spannt, muss Schmerzensgeld zahlen, wenn es dadurch zu einem Unfall kommt.

Junge Freizeitsportler hatten in einem Sportgelände eine 15 m lange Slackline über den Radweg gespannt, um darauf zu balancieren. Während sie von ihren Balanceübungen pausierten, näherte sich eine Frau auf ihrem Fahrrad, fuhr gegen das Band und stürzte über den Fahrradlenker auf den Asphalt. Sie hatte die Slackline zu spät erkannt, konnte nicht mehr rechtzeitig bremsen und verletzte sich schwer an Kopf, Schulter und Wirbelsäule.

Das Oberlandesgericht (OLG) urteilte: Wer eine Slackline über den Radweg spannt, muss Schmerzensgeld zahlen, wenn es deswegen zu einem Unfall kommt. Er haftet in vollem Umfang.

Im Vergleich zum Landgericht, das der klagenden Radfahrerin 10.000 Euro zusprach, erhöhte das OLG den Anspruch auf 25.000 Euro und verpflichtete die beklagten Seiltänzer zum Ersatz aller weiteren künftigen materiellen und immateriellen Schäden der Klägerin aus dem Unfall.

Warum begründet Slackline über dem Radweg Anspruch auf Schmerzensgeld?

Slackline über dem Radweg: Schmerzensgeld mussten die Seiltänzer zahlen, weil sie keine Sicherungsmaßnahmen trafen und es deshalb zum Unfall kam.
Slackline über dem Radweg: Schmerzensgeld mussten die Seiltänzer zahlen, weil sie keine Sicherungsmaßnahmen trafen und es deshalb zum Unfall kam.

Was hatten die Slackline-Sportler falsch gemacht? Sie hatten das Seil ohne weitere Sicherungsmaßnahmen über Rad- und Fußweg gespannt.

Nach Auffassung des OLG ist dies ein gefährlicher Eingriff im Sinne des § 315b Strafgesetzbuch (StGB) und verstößt außerdem als verbotenes Verkehrshindernis gegen § 32 Straßenverkehrsordnung (StVO).

In der Pressemitteilung des OLG Karlsruhe vom 18.07.2019 heißt es hierzu:

Er kann sich nicht darauf verlassen, dass die Slackline für einen Fahrradfahrer rechtzeitig sichtbar ist. Durch eine Drehung der ca. 3-5 cm breiten und ca. 2-3 mm hohen Slackline kann diese im ungünstigsten Fall erst 5 m vor deren Erreichen von einem Fahrradfahrer als Hindernis erkannt werden. Selbst wenn dieser aufmerksam ist, kann er bei einer Geschwindigkeit von 15 km/h nicht mehr rechtzeitig vor der Slackline anhalten.

[Quelle: Pressemitteilung des OLG Karlsruhe vom 18.07.2019 zum Urteil]

Deswegen muss derjenige, der eine Slackline über den Radweg spannt, Schmerzensgeld zahlen. Er haftet vollumfänglich für die Folgen eines daraus resultierenden Unfalls.

Schmerzensgeld ist eine Art Schadensersatz für immaterielle Schäden, etwa für Schmerzen, bleibende Beeinträchtigungen und entgangene Lebensfreude nach einer Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung. Voraussetzung ist aber, dass das Gesetz auch einen solchen Schmerzensgeldanspruch vorsieht. Im vorliegenden Fall begründet sich der Anspruch auf § 823 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in Verbindung mit § 315b StGB und § 32 StVO wegen einer unerlaubten Handlung der Slackliner.

Bildnachweise: depositphotos.com/kasto, depositphotos.com/mayatnik63

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