Parteiverbot: Wann kommt es in Deutschland dazu?

Von Sarah K.

Letzte Aktualisierung am: 26. Februar 2024

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Nur das Bundesverfassungsgericht kann ein Parteiverbot aussprechen.
Nur das Bundesverfassungsgericht kann ein Parteiverbot aussprechen.

FAQ: Parteiverbot in Deutschland

Was ist ein Parteiverbot?

In Deutschland kann ein Parteiverbot durch das Bundesverfassungsgericht ausgesprochen werden, wenn Parteien nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitlich demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden. Ist eine Partei verboten, kann diese nicht mehr an Wahlen gemäß Wahlrecht teilnehmen.

Wann wird vom Bundesverfassungsgericht ein Parteiverbot ausgesprochen?

Einem Parteiverbot geht immer ein Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht voraus. Wie das genau abläuft, können Sie hier ausführlich nachlesen.

Gibt es verbotene Parteien in Deutschland?

In Deutschland wurden bisher vom Bundesverfassungsgericht zwei Partien verboten. Im Jahr 1952 die Sozialistische Reichspartei (SRP) und 1956 die Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD). Die NPD ist hingegen nicht verboten. Darüber wurde zuletzt am 17. Januar 2017 entschieden. Sie kann also gemäß Wahlrecht weiterhin gewählt werden.

Ist ein Parteiverbot in einer Demokratie möglich?

Wird ein Parteiverbot ausgesprochen, taucht diese nicht mehr auf den Wahlzetteln auf.
Wird ein Parteiverbot ausgesprochen, taucht diese nicht mehr auf den Wahlzetteln auf.

Parteien sind für eine Demokratie essentiell. Durch ihre unterschiedlichen Programme soll ein breites Angebot herrschen, sodass sich im Optimalfall jeder Wähler mit einer Partei und deren Zielsetzung identifizieren kann.

Grundsätzlich können die Politiker in ihre Wahlprogramme jedes Thema integrieren, welches sie wollen. Allerdings findet diese Freiheit ihre Grenzen, wenn eine Partei darauf ausgerichtet ist, die demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen.

Dann droht nämlich ein Parteiverbot. Doch wie läuft ein Parteiverbotsverfahren eigentlich ab? Gibt es Parteien, die in Deutschland verboten wurden? Diesen Fragen geht der nachfolgende Ratgeber auf den Grund und informiert Sie umfassend.

Wie läuft ein Parteiverbotsverfahren ab?

In Artikel 21 Grundgesetz (GG) ist definiert, wann grundsätzlich ein Parteiverbot ausgesprochen werden kann:

Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig.

Der Paragraph gibt zudem vor, dass eine Verfassungswidrigkeit nur durch das Bundesverfassungsgericht festgestellt werden kann. Einen Antrag auf ein Parteiverbot können nur der Bundestag, Bundesrat und die Bundesregierung stellen.

Geht dieser ein, beginnt im Bundesverfassungsgericht zunächst ein Vorverfahren. Im Rahmen dessen wird überprüft, ob der Antrag auf Parteiverbot zurückgewiesen wird oder ob sich das Gericht dazu entscheidet, ein Hauptverfahren zu eröffnen. Für diese Entscheidung bewerten die Richter die Erfolgsaussichten aufgrund der vorliegenden Aktenlage.

Im Hauptverfahren werden alle möglichen Beweise gesichtet und bewertet, die darauf hinweisen, dass eine Partei das Ziel verfolgt, die demokratische Grundordnung zu beseitigen. Sehen diese Richter dieses Vorhaben als gegeben an, kommt es zu einem Parteiverbot.

Wichtig: Damit es tatsächlich zu einem Parteiverbot kommen kann, muss das Bundesverfassungsgericht feststellen, dass die Partei ihre verfassungsfeindlichen Ziele potentiell auch erreichen kann. Es muss also eine konkrete Gefahr für die demokratische Grundordnung gegeben sein. Daher kommt es in Deutschland selten zu einem Parteiverbot.

Parteiverbot light: Ausschluss von der staatlichen Finanzierung

Gemäß Artikel 3 des Grundgesetzes gibt es auch eine „leichtere“ Form vom Parteiverbot. Konkret gibt der Artikel Folgendes vor:

Parteien, die nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgerichtet sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind von staatlicher Finanzierung ausgeschlossen. Wird der Ausschluss festgestellt, so entfällt auch eine steuerliche Begünstigung dieser Parteien und von Zuwendungen an diese Parteien.

In diesem Fall ist die Partei zwar nicht verboten, wird durch die finanziellen Einbußen in ihrem wirken allerdings deutlich eingeschränkt. Verhängt das Bundesverfassungsgericht einen entsprechenden Ausschluss, so gilt dieser erst einmal für sechs Jahre.

Vor Ablauf dieser Frist kann im Rahmen von einem weiteren Verfahren jedoch eine Verlängerung erwirkt werden. Auch hierbei sind nur der Bundestag, Bundesrat und die Bundesregierung antragsberechtigt.

Gut zu wissen: Anders als bei einem Parteiverbot muss für einen Ausschluss von der staatlichen Finanzierung nicht vom Gericht festgestellt werden, dass die Partei ihre verfassungsfeindlichen Ziele potentiell auch erreichen kann.

Ausgesprochene Parteiverbote in Deutschland

Verbotene Parteien erhalten keine finanzielle Förderung mehr.
Verbotene Parteien erhalten keine finanzielle Förderung mehr.

In Deutschland gibt es nur zwei Parteien, die durch das Bundesverfassungsgericht im Rahmen eines Parteiverbotsverfahrens für verfassungswidrig erklärt worden sind. Das sind die:

  • Sozialistische Reichspartei (SRP) im Jahr 1952 und die
  • Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) im Jahr 1956.

Wieso ist die NPD nicht verboten?

Wenn in einer Diskussion oder im Unterricht in der Schule das Wort Parteiverbot fällt, dreht sich das Gespräch meist schnell um die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD), welche im Jahr 1964 gegründet wurde und nicht von einem Parteiverbot betroffen ist (Stand August 2021).

Allerdings gab es schon zwei Verbotsverfahren gegen die Partei. Das erste wurde im Jahr 2001 auf den Weg gebracht. Es scheiterte aufgrund von Verfahrensfehlern im März 2003. Die Geschehnisse rund um die NSU im Jahr 2011 entflammten die Debatte um ein Parteiverbot der NPD erneut.

Im Dezember 2012 wurde dann ein neuer Anlauf vom Bundestag beschlossen, fast ein Jahr später erfolgte die Einreichung der Klageschrift beim Bundesverfassungsgericht. Der Antrag überstand das Vorverfahren, sodass am 1. März 2016 das Hauptverfahren eröffnet werden konnte.

Der Antrag auf das Parteiverbot hatte einen Umfang von über 250 Seiten und soll mehr als 300 Belege für die Verfassungsfeindlichkeit der NPD aufgelistet haben. In seinem Urteil vom 17. Januar 2017 kam das Bundesverfassungsgericht allerdings zu dem Schluss, dass ein Parteiverbot nicht geboten sei.

Nachfolgend in verkürzter Form die Urteilsbegründung (Az. 2 BvB 1/13):

Die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) vertritt ein auf die Beseitigung der bestehenden freiheitlichen demokratischen Grundordnung gerichtetes politisches Konzept. Sie will die bestehende Verfassungsordnung durch einen an der ethnisch definierten „Volksgemeinschaft“ ausgerichteten autoritären Nationalstaat ersetzen. Ihr politisches Konzept missachtet die Menschenwürde und ist mit dem Demokratieprinzip unvereinbar. Die NPD arbeitet auch planvoll und mit hinreichender Intensität auf die Erreichung ihrer gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichteten Ziele hin. Allerdings fehlt es (derzeit) an konkreten Anhaltspunkten von Gewicht, die es möglich erscheinen lassen, dass dieses Handeln zum Erfolg führt, weshalb der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts den zulässigen Antrag des Bundesrats auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit und Auflösung der NPD und ihrer Unterorganisationen (Art. 21 Abs. 2 GG) mit heute verkündetem Urteil einstimmig als unbegründet zurückgewiesen hat.

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Über den Autor

Sarah
Sarah K.

Sarah studierte Journalismus an der DEKRA-Hochschule für Medien in Berlin und unterstützt das Ratgeberportal anwalt.org nun bereits seit 2016 bei der Contenterstellung zu den unterschiedlichsten Rechtsgebieten. Ihr besonderes Interesse gilt dabei dem Presse-, Sport- und Sozialrecht. Außerdem ist sie für den Newsbereich verantwortlich.

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