FAQ: Bauvorschriften
Ja. Wenn Sie in Deutschland ein Haus bauen wollen, müssen Sie dafür gemäß Baurecht eine Baugenehmigung beantragen.
Dafür müssen Sie sich an die zuständige Baubehörde wenden. Hier können Sie nachlesen, welche Dokumente für den Antrag vonnöten sind.
Wenn Sie die Bauvorschriften missachten, erhalten Sie keine Baugenehmigung. Bauen Sie trotzdem, müssen Sie mit einem hohen Bußgeld rechnen.
Ein eigenes Haus ist der Traum vieler Menschen. Baurechtliche Vorschriften, Baurichtlinien und Baubestimmungen machen den Hausbau zu einem Abenteuer. Doch der Föderalismus des deutschen Staates hat auch die auf dem Bau geltenden Gesetze nicht verschont. Daher kennt jedes Bundesland sein eigenes Bauregelwerk.
Bauherren sollten also nicht nur die bundesdeutschen Richtlinien für den Bau eines Hauses beachten, sondern auch die länderspezifischen Bauvorschriften kennen. Zudem ist das deutsche Baurecht nicht in einer einzelnen Kodifikation zusammengefasst, sondern setzt sich aus verschiedenen Rechtsnormen zusammen. Welche Bauvorschriften sollten (zukünftige) Bauherren unbedingt beachten?
Inhalt
Vor dem Hausbau: Wo, was und wann darf gebaut werden?
Wenn nicht gerade noch ein freies Grundstück im Familienbesitz ist, müssen sich potentielle Bauherren auch mit der Frage auseinandersetzen, welches Grundstück sie eigentlich erwerben wollen und unter welchen Gesichtspunkten dort gebaut werden darf. Nichts ist ärgerlicher, als schlussendlich keine Baugenehmigung für ein Vorhaben zu bekommen.
Daher sollte noch vor Abschluss des Grundstückkaufs die Bebaubarkeit festgestellt werden. In der Regel ist dazu bspw. ein Architekt in der Lage. Aber auch die zuständigen Ämter wie Baubehörde oder die Gemeinde sollten die geltenden Bauvorschriften kennen. Verlassen Sie sich jedoch nicht auf lediglich mündliche Zusagen!
Ob ein Grundstück bebaubar ist, hängt immer von vielen Faktoren ab. Die folgenden Grundlagen sprechen jedoch in der Regel für die Bebaubarkeit:
1. Das Grundstück befindet sich innerhalb eines Bebauungsplans.
Nicht jede Kommune hat auch einen Bebauungsplan, doch wenn es einen solchen gibt und sich das fragliche Grundstück innerhalb seiner Grenzen befindet, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass dort gemäß den Bauvorschriften gebaut werden darf – sofern das Grundstück erschlossen ist. Der Bebauungsplan gibt zudem Aufschluss darüber, was und wie gebaut werden darf. Zu Auskünften über den Bebauungsplan ist die Gemeinde bzw. Kommune verpflichtet.
2. Das Grundstück liegt innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils.
Falls es keinen Bebauungsplan gibt, das Grundstück jedoch innerhalb eines Ortsteils liegt, der „im Zusammenhang bebaut“ ist, ergibt sich daraus in den allermeisten Fällen ein Baurecht (unter Voraussetzung der gesicherten Erschließung). Was und wie dort gebaut werden darf, hängt dann von einigen weiteren Faktoren ab, bspw. den örtlichen Eigenarten, der Bauordnung des Bundeslandes oder der Gemeindesatzung.
Achtung! Gerade bei Grundstücken, die sich in Randlagen von Ortschaften oder in sogenannten Splittersiedlungen befinden, kann es strittig sein, ob es sich laut den Bauvorschriften um einen solchen Ortsteil handelt, denn die Gemeinden versuchen in der Regel, die Zersiedelung der Landschaft einzudämmen. Ob es sich um einen Ortsteil handelt, erkennen Bauherren etwa an folgenden Punkten:
- Ist ein erkennbarer Zusammenhang der Siedlung vorhanden?
- Hat der Ortsteil ein gewisses Gewicht für die Siedlung (Vorhandensein von Geschäften, Arztpraxen, Kirchen etc.)?
3. Das Grundstück liegt in einem Außenbereich.
Die ungünstigste Lage im Sinne der Bauvorschriften, die ein Grundstück haben kann, ist die Lage im Außenbereich einer Gemeinde. Das heißt: Weder liegt das Grundstück in den Grenzen eines Bebauungsplans noch innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils. Doch auch hier kann in Ausnahmefällen ein Baurecht bestehen.
Das ist insbesondere dann der Fall, wenn auf dem Grundstück bereits Gebäude vorhanden sind, die abrissfällig sind. Hat der Bauherr beispielsweise ein Grundstück geerbt, auf dem ein abrissfälliges Wohnhaus besteht, darf er dieses abreißen und an gleicher Stelle ein gleich großes Gebäude mit derselben Nutzung errichten lassen.
Die Abrissfälligkeit ist jedoch nach den geltenden Bauvorschriften Grundvoraussetzung. Ist das Gebäude nicht abrissfällig, darf es üblicherweise nur saniert und wieder in seinen ursprünglichen Zustand versetzt werden.
Für Anbauten oder gar weitere Gebäude wird normalerweise keine Baugenehmigung erteilt. Ist das Grundstück von Anfang an unbebaut, muss es dies in der Regel auch bleiben.
Grundstück checken: Grundbuch, Baulasten und Altlasten
Neben der grundsätzlichen Bebaubarkeit sollten Grundstückskäufer vor Vertragsabschluss jedoch auch einen Blick in das Grundbuch werfen. Dort sind nicht nur die aktuellen Eigentumsverhältnisse verzeichnet, sondern auch alle anderen Rechte, die mit dem Grundstück in Verbindung stehen.
Grundstückskäufer können beispielsweise durch den Grundbuchauszug erfahren, ob der Nachbar ein Wegerecht für das Grundstück besitzt, ob ein Wohnrecht eines Dritten besteht und ob das Land mit Grundschulden belastet ist.
Weitere Bauvorschriften erheben sich möglicherweise auch aus dem Baulastenverzeichnis, das öffentlich-rechtliche Verpflichtungen des Eigentümers gegenüber der Baubehörde vermerkt.
Bauplanung und Landesbauordnung
Meist haben Bauherren zwar einige, aber nicht jede Gestaltungsfreiheit. Neben der jeweiligen Landesbauordnung ist auch das Bauplanungsrecht ausschlaggebend bei der Konstruktion des neuen Hauses. In der Regel gibt ein gemeindeinterner Flächennutzungsplan Auskunft über die städtebauliche Entwicklung des Ortes.
Der Bebauungsplan: Gestalterische Vorgaben
Der Bebauungsplan ist sogar noch exakter: Hier wird für jede Parzelle genau bestimmt, welche Bauvorschriften und -voraussetzungen zu erfüllen sind. Sinn und Zweck ist die Wahrung eines einheitlichen Siedlungscharakters, aber auch der Schutz von Einzelinteressen. Niemand möchte plötzlich einen mehrstöckigen Wohnturm in der Nachbarschaft haben, der möglicherweise das eigene Grundstück auch noch verschattet und die Aussicht ruiniert.
Welche Detailgenauigkeit der Bebauungsplan aufweist und welche Bauvorschriften dementsprechend aus ihm abgeleitet werden können, ist jedoch je nach Bundesland und Gemeinde verschieden. Bestandteil könnten etwa folgende Aspekte sein:
- Erlaubte Nutzungsform (z.B. Wohngebäude)
- Zulässige Gebäudetypen und Standort der Hauptgebäude
- Offene oder geschlossene Bauweise (Einzel- oder Reihenhäuser)
- Kennzeichnung von nicht bebaubaren Flächen
- Erlaubte Dachformen und Firstausrichtung
- Maximalanzahl der Stockwerke
- Maximales Verhältnis von bebauter Fläche und Grundstücksgröße
- Mindestabstände zu Nachbargrundstücken
- Art oder Farbe der Fassadengestaltung
Der Bebauungsplan schränkt nicht nur ein – er gewährt auch Rechte. Stimmt ein Bauvorhaben mit den Bauvorschriften des Plans überein, können Bauherren sich darauf berufen. Das Bauamt ist dann in der Regel verpflichtet, die Baugenehmigung zu erteilen.
Essentiell: Die Baugenehmigung
Unberührt davon, ob die Vorgaben des Bebauungsplans und sonstige baurechtliche Bestimmungen erfüllt wurden, muss für die meisten Projekte eine Baugenehmigung vorliegen.
Diese wird durch die Stellung eines Bauantrages an die zuständige Baubehörde (z.B. die Gemeinde) beantragt. Ist das Grundstück bebaubar und die Erschließung gesichert und werden alle Bauvorschriften, etwa aus dem Bebauungsplan, eingehalten, muss die Behörde die Genehmigung in der Regel erteilen.
Doch auch technische Bauvorschriften sind für den Erhalt einer Baugenehmigung ausschlaggebend. Die erforderlichen Unterlagen können je nach Kommune und Bauprojekt unterschiedlich ausfallen. In der Regel werden jedoch folgende Dokumente zwingend benötigt:
- Bauzeichnung und Höhenplan
- Angaben zur wegemäßigen Erschließung, der Grundstücksentwässerung und der Wasserversorgung
- Gebäudebeschreibung, Nachweise über Statik, Brand-, Schall- und Wärmeschutz
- Bauzahlenberechnung, versiegelte Grundstücksflächen
Anhand der nötigen Nachweise ist leicht zu erkennen, dass es ohne die Unterstützung eines Architekten kaum möglich ist, alle Bauvorschriften korrekt zu befolgen.
Sichergehen: Die Bauvoranfrage
Insbesondere dann, wenn kein Bebauungsplan existiert, ist nicht immer sicher, ob das Gebäude in der geplanten Weise überhaupt gebaut werden darf. In einem solchen Fall sollten Bauherren eine sogenannte Bauvoranfrage stellen.
Um die Baugenehmigung zu erhalten, müssen baurechtliche Bestimmungen ebenso wie technische Bauvorschriften eingehalten werden. Durch eine Bauvoranfrage kann geklärt werden, ob das Vorhaben theoretisch genehmigungsfähig wäre.
Je detaillierter das Projekt dabei der Bauaufsichtsbehörde geschildert wird, desto besser, denn der Bauvorbescheid ist zwar keine Baugenehmigung, besitzt aber trotzdem eine gewisse rechtliche Verbindlichkeit. Vorausgesetzt, das Bauvorhaben verändert sich nicht, ist der Bescheid je nach Bundesland bis zu drei Jahre gültig, sodass sich der Bauherr auf ihn berufen kann, wenn er zu einem späteren Zeitpunkt die Baugenehmigung beantragt.
Anzeigepflicht statt Genehmigung
In vielen Bundesländern ist der Bau eines Einfamilienhauses aber auch genehmigungsfrei. Voraussetzung ist meist
- das Vorliegen eines Bebauungsplanes sowie
- die Erschließung des Grundstücks.
Es besteht jedoch in jedem Fall Anzeigepflicht. Durch eine Bauanzeige – meist des Architekten – wird das Vorhaben dem Bauamt gemeldet.
Die Baubehörde hat allerdings innerhalb einer gewissen Frist die Möglichkeit, dem zu widersprechen. Geschieht dies nicht, kann normalerweise der Bau beginnen. Geltende Richtlinien und entsprechende Bauvorschriften müssen selbstverständlich dennoch eingehalten werden.
Weitere Bauvorschriften: Energieeinsparverordnung
Die Energieeinsparverordnung (EnEV) trägt der wachsenden Sensibilität für Umweltprobleme und Ressourcenverschwendung Rechnung und ist bundesweit gültig. Vor allem für die Dämmung und die Heizung von Neubauten gibt es spezielle Vorgaben, die erfüllt werden müssen.
Die vorgeschriebene Energieeffizienz in der EnEV wird dabei regelmäßig angehoben. Spätestens 2021 soll der sogenannte Niedrigstenergiegebäudestandard der Europäischen Union für alle Neubauten erreicht werden. Schon heute besteht beispielsweise die Pflicht zur Nutzung erneuerbarer Energien. Bis 2050 soll laut Bundesregierung sogar ein nahezu klimaneutraler Gebäudebestand in Deutschland erreicht werden.
Für Grundstücksbesitzer lohnt es sich jedoch, schon jetzt die aktuell gültigen Bauvorschriften aus der EnEV zu übertreffen und ihr Haus so energieeffizient wie möglich zu bauen. Das bezieht sich sowohl darauf, erneuerbare Energien zu nutzen, als auch auf die verbaute Heizungsanlage und die Dämmung des Hauses.
Denn wer nur die verpflichtenden Bauvorschriften einhält, läuft Gefahr, bereits kurz nach Fertigstellung eine bautechnisch veraltete Immobilie zu besitzen, was deren Wert drastisch reduzieren kann. Zudem steigen die Energiekosten kontinuierlich, sodass die Mehrkosten beim Bau schnell wieder eingespielt sind.
Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser: Die Bauabnahme
Die meisten Bauherren realisieren ihr Projekt nicht allein, sondern beauftragen beispielsweise ein Bauunternehmen, das Gebäude zu errichten. Dass dabei alle Bauvorschriften eingehalten und die vertraglich vereinbarten Leistungen auch erbracht wurden, wird normalerweise bei der Bauabnahme kontrolliert.
Da bei einem Bauwerk im Nachhinein kaum noch feststellbar ist, ob beispielsweise die Elektronik korrekt verlegt wurde oder die Dämmung den Anforderungen entspricht, sollte nicht nur eine abschließende Bauabnahme vereinbart werden, sondern auch zwischendurch immer wieder Kontrollen erfolgen – bspw. nach jedem Bauabschnitt.
An diesem Termin übergibt der Bauträger oder Handwerker sein Werk dem Bauherrn, sprich dem Auftraggeber. Bis dahin liegt die Beweislast beim Bauunternehmen: Es muss beweisen, dass der Bauvertrag erfüllt wurde. Nach der Bauabnahme jedoch liegt die Beweislast beim Hauseigentümer: Bei Baumängeln wie nicht eingehaltenen Bauvorschriften muss dieser beweisen, dass der Mangel aufgrund einer ungenügenden Leistung des Unternehmens entstanden ist, um Ansprüche geltend machen zu können.
Da die wenigsten Eigenheimbauer aus dem Baugewerbe stammen, empfiehlt es sich, einen entsprechenden Sachverständigen hinzuzuziehen. Die Kosten halten sich im Vergleich zu möglichen Nachbesserungen in Grenzen. Anhand eines Abnahmeprotokolls, das von beiden Parteien am Ende unterschrieben wird, wird die Abnahme notiert. Bei rechtlichen Streitigkeiten sollte in jedem Fall ein Anwalt für Bau- bzw. Architektenrecht hinzugezogen werden.
Missachtung der Bauvorschriften
Wer die Bauvorschriften missachtet, muss damit rechnen, keine Baugenehmigung erteilt zu bekommen. Der Reiz, die Genehmigungs- oder Anzeigepflicht einfach zu ignorieren, dürfte gerade bei Grundstücken in Außenbereichen recht verlockend sein.
Doch wer ohne Baugenehmigung oder entgegen dem Inhalt einer erteilten Baugenehmigung baut, riskiert viel. Je nach Größe des Schwarzbaus können bis zu 50.000 Euro Bußgeld verhängt werden. Zudem kann eine Nutzungsunterlassung oder Beseitigungsverfügung erteilt werden.
Eine nachträgliche Genehmigung ist zwar möglich, dafür ist es jedoch in der Regel unabdingbar, dass das Gebäude den Bauvorschriften zur Zeit der Errichtung entsprochen hat. Dafür den Nachweis zu erbringen, kann jedoch schwierig sein. Zudem ergibt es dann keinen Sinn, die Baugenehmigung nicht bereits vor Baubeginn auf dem üblichen Weg zu beantragen.
Aufgabe eines alten Bestands
Auch das An- oder Umbauen von Gebäuden oder Gebäudeteilen kann einer Baugenehmigung bedürfen. Liegt diese nicht vor, kann das dazu führen, dass die Behörde annimmt, dass der alte, noch genehmigte Gebäudebestand aufgegeben wurde.
Gerade bei älteren Häusern, die nicht mehr den aktuellen rechtlichen Bedingungen entsprechen, kann das zu erheblichen Problemen führen. Ist beispielsweise eine Genehmigung nach dem aktuellen Bebauungsplan ausgeschlossen, ist unter Umständen nicht nur der Umbau verloren, sondern auch alle anderen Teile des Gebäudes.