Wohnsitzauflage für Flüchtlinge: der vorgeschriebene Wohnort

Von anwalt.org, letzte Aktualisierung am: 12. März 2023

Darf man trotz Wohnsitzauflage umziehen?
Darf man trotz Wohnsitzauflage umziehen?

Großstädte ziehen Menschen an – sie bieten Arbeit, soziale Kontakte und kulturelle Angebote. Auch zieht das Versprechen einer gewissen Anonymität viele in größere Städte.

Flüchtlinge auf der Suche nach Schutz versuchen meist, in jene Regionen zu ziehen, in welchen sie ihre Landsleute wieder sehen können.

So kommt es, dass viele Flüchtlinge in Deutschland beispielsweise nach Berlin oder Hamburg ziehen möchten. Spätestens, wenn sie eine Aufenthaltsgenehmigung besitzen, können sie ihren Lebensmittelpunkt frei wählen – so zumindest der Gedanke.

Eine Wohnsitzauflage kann dem erträumten Umzug allerdings einen Strich durch die Rechnung ziehen. Doch was genau hat es mit der Wohnsitzauflage für Flüchtlinge auf sich? Welche Asylstatus können mit einer solchen Auflage belegt werden? In diesem Artikel finden Sie alle relevanten Informationen zur Wohnsitzauflage.

FAQ: Wohnsitzauflage

Was ist eine Wohnsitzauflage?

Die Wohnsitzauflage wird im Aufenthaltsgesetz (AufenthG) definiert. Hier lesen Sie, was in dem betreffenden Paragraphen steht.

Wer kann mit einer Wohnsitzauflage belegt werden?

Diese Maßnahme wird in aller Regel bei Flüchtlingen ausgesprochen, deren Asylverfahren noch läuft.

Wann wird eine Wohnsitzauflage gestrichen?

Es gibt grundsätzlich zwei Fälle, in denen eine Wohnsitzauflage gestrichen werden kann. Welche das sind, lesen Sie hier.

Was ist eine Wohnsitzauflage? Eine Definition

Das Aufenthaltsgesetz (AufenthG) hält die Bestimmungen zur Wohnsitzauflage fest:

(1d) Ein vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer, dessen Lebensunterhalt nicht gesichert ist, ist verpflichtet, an einem bestimmten Ort seinen gewöhnlichen Aufenthalt zu nehmen (Wohnsitzauflage). (§ 61 AufenthG)

Als gewöhnlicher Aufenthalt ist im Recht jener Ort definiert, welcher von der betroffenen Person für mehr als sechs Monate bewohnt wird. Dieser Aufenthaltsort muss den Lebensmittelpunkt desjenigen darstellen. Dies kann beispielsweise anhand einer nahen Arbeit oder in ausgedehnten sozialen oder familiären Kontakten.

Manche Abwesenheiten beeinträchtigen die Definition eines Ortes als gewöhnlicher Aufenthalt nicht. Zu nennen sind unter anderem: Urlaub, Krankenhausaufenthalt, Haft. Eine Wohnsitzauflage verpflichtet Betroffene also nicht dazu, sich körperlich dauerhaft an dem zugewiesenen Ort aufzuhalten.

Wohnsitzauflage oder Residenzpflicht?

Es gibt keine Wohnsitzauflage für Asylbewerber - dafür aber eine Residenzpflicht.
Es gibt keine Wohnsitzauflage für Asylbewerber – dafür aber eine Residenzpflicht.

Im Ausländer- und Asylrecht wird zwischen zwei Arten der Bestimmung des Wohnortes unterschieden: Residenzpflicht und Wohnsitzauflage.

Oftmals werden beide Termini synonym benutzt, obwohl signifikante Unterschiede bestehen.

Die Residenzpflicht gilt für Asylbewerber – also für Flüchtlinge, deren Antrag auf Asyl noch nicht fertig bearbeitet wurde – und für Geduldete.

Menschen, die in Deutschland Asyl suchen, werden für die Zeit der Antragsbearbeitung einem bestimmten Bundesland zugewiesen. Dies geschieht durch den sogenannte „Königsteiner Schlüssel“ und soll gewährleisten, dass kein Land über seine Kapazitäten beansprucht wird. Solange der Asylantrag bearbeitet wird, müssen sich Asylbewerber im festgelegten Gebiet aufhalten.

Verlassen sie den definierten Bereich ohne Genehmigung, droht ein Bußgeld von 2.500 Euro. Ab dem zweiten Verstoß ist sogar eine einjährige Haftstrafe möglich.

Es wird deutlich, dass die Wohnsitzauflage anderen Bestimmungen folgt, als die Residenzpflicht. Immerhin dürfen sich Personen, deren Wohnsitz festgelegt wurde, frei im Bundesgebiet und im Schengen-Raum bewegen.

Eine Frage des Status: Die Wohnsitzauflage für Asylbewerber, anerkannte Flüchtlinge, Menschen unter subsidiären Schutz usw.

Je nach Status des betroffenen Flüchtlings, ist eine Wohnsitzauflage möglich.

Asylbewerber
Solange der Asylantrag von den Behörden bearbeitet wird, bekommen Asylbewerber eine Aufenthaltsgestattung. Diese ist an eine Begrenzung der Freizügigkeit gekoppelt: Aufgrund einer auferlegten Residenzpflicht können sie ihren zugewiesenen Bereich – ob Kommune, Bezirk, Kreis oder gar Bundesland – nicht straflos verlassen.

Asylbewerber unterliegen also keiner Wohnsitzauflage, sondern einer Residenzpflicht.

Geduldete: Die Wohnsitzauflage gemäß §25 Abs. 3 AufenthG
Flüchtlinge, welche laut Ausländerrecht kein Anrecht auf Asyl haben, aus diversen Gründen jedoch nicht abgeschoben werden können, werden in Deutschland „geduldet“. Menschen mit diesem Status müssen einer Wohnsitzauflage nachkommen, wenn sie Sozialleistungen empfangen.

Sind Betroffene nicht auf diese Leistungen angewiesen, kann die Auflage gestrichen werden.

Flüchtlinge unter subsidiärem Schutz

Subsidiär Schutzberechtigte können eine Wohnsitzauflage erhalten.
Subsidiär Schutzberechtigte können eine Wohnsitzauflage erhalten.

Subsidiär Schutzberechtigte können mit einer Wohnsitzauflage belegt werden, wenn sie Sozialleistungen beziehen. Die Strafe für einen Verstoß gegen die Auflage ist in diesem Fall die Entsagung der bezogenen Leistungen.

Kinder- und Elterngeld zählen in diesem Zusammenhang nicht zu den wohnsitzabhängigen Bezügen.

Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) beschränkte im März 2016 das Recht des Staates, eine solche Auflage zu verhängen. Dazu an späterer Stelle mehr.

Anerkannte Flüchtlinge gemäß Genfer Konvention
Besitzen Sie einen Status als anerkannter Flüchtling gemäß § 3 des Asylgesetzes – also als sogenannter „Konventionsflüchtling“ – bekommen Sie in der Regel einen Aufenthaltstitel für drei Jahre. Mit Anerkennung des Flüchtlingsstatus erhalten Sie dieselben Rechte und Pflichten wie Bundesbürger.

Durch eine Änderung des Integrationsgesetzes im Jahre 2016 besteht trotz der geltenden Freizügigkeit in Deutschland für anerkannte Asylberechtigte unter bestimmten Umständen eine Wohnsitzauflage. Dies gilt rückwirkend für alle Anträge, welche ab dem 1. Januar 2016 bewilligt wurden.

Es gibt also ein Wohnsitzauflage für anerkannte Flüchtlinge. Allerdings greift diese nicht, wenn Betroffene, deren Ehegatte, eingetragener Lebenspartner oder minderjähriges Kind einer Arbeit nachgeht, welche mindestens 15 Stunden pro Woche beträgt.


Anerkannte Asylberechtigte gemäß Grundgesetz
Nur wenige Asylbewerber erhalten in Deutschland einen Schutztitel gemäß dem deutschen Grundgesetz. Auch in diesem Fall greift eine Wohnsitzauflage seit der Gesetzesänderung im Juli 2016.

Die Wohnsitzauflage streichen lassen: Voraussetzungen

Die Auflage zum festgelegten Wohnsitz stellt für viele Menschen ein großes Hindernis in ihrer persönlichen Entwicklung und ihrer Integration dar. Es ist allerdings möglich, Wohnsitzauflagen unter bestimmten Umständen streichen zu lassen.

Hier sind zwei Fälle voneinander zu unterscheiden:

  • Sie haben eine Auflage erhalten, in einem Wohnheim zu wohnen, obwohl Sie einen Aufenthaltstitel und einen anerkannten Flüchtlingsstatus bekommen haben
  • Sie haben die Auflage als subsidiär Schutzberechtigter erhalten.
Der EuGH begrenzt die Wohnsitzauflage: Menschen, die Asyl suchen, müssen sich integrieren können.
Der EuGH begrenzt die Wohnsitzauflage: Menschen, die Asyl suchen, müssen sich integrieren können.

Im ersten Fall ist die Auflage nicht rechtens. Hier können Sie umgehen Widerspruch einlegen.

Im zweiten Fall können Sie eine Streichung beantragen, wenn Sie für sich selbst und Ihre Familie aufkommen können und somit nicht auf Sozialleistungen angewiesen sind. Die Ausländerbehörde erwartet an dieser Stelle Nachweise – etwa einen Arbeitsvertrag.

Der Antrag auf Streichung ist bei der zuständigen Ausländerbehörde einzureichen. Diese entscheidet zusammen mit der Behörde an Ihrem Umzugsziel, ob die Auflage gestrichen wird.

Die Wohnsitzauflage vor Gericht

Deutschland ist das einzige Land, welche ausgedehnte Auflagen für den Residenz- und Wohnort von Flüchtlingen verhängt. Im März 2016 traf der Europäische Gerichtshof (EuGH) ein Urteil zur Rechtsmäßigkeit der Wohnsitzauflage für Menschen unter subsidiären Schutz in Deutschland.

Das Gericht entschied, dass eine Auflage nur dann zu erteilen ist, wenn sie der Integration des Betroffenen dient. Dies ist für jeden einzelnen Fall zu prüfen. Ein Sachverständiger zum Integrationsgesetz bezeichnet die Wohnsitzauflage in einem Interview beispielsweise als juristisch umstritten.

Aufgrund dieses Urteils können viele Flüchtlinge gegen ihre Wohnsitzauflage vorgehen. Ein Fachanwalt für Migrationsrecht kann an dieser Stelle behilflich sein.
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Wohnsitzauflage für Flüchtlinge: der vorgeschriebene Wohnort
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203 Gedanken zu „Wohnsitzauflage für Flüchtlinge: der vorgeschriebene Wohnort

  1. Rosa

    Guten Morgen, meine Frage ist: mein Freund hat jetzt nach dem 2. Asylverfahren Abschiebeverbot bis Ende 2021 und anschließend wird noch einmal geprüft. Er hat einen unbefristeten Arbeitsvertrag seit mehr als 1 Jahr und möchte vom angrenzenden Baden Württemberg zu mir nach Bayern ziehen. Er ist seit 2014 in der BRD. Meinen Sie, dass das ohne Probleme stattfinden kann?
    Danke im Voraus

  2. Orhan

    Hallo

    Ich bin 26 Jahre alt und ich bin ein Flüchtling- subsidärium Schutz- ich habe den Aufenthalttitel seit 2017 und bin ich in Deutschland, seit 2015 , ich wohne in Speyer- Rheinland Pfalz – und ich möchte nach Duisburg umziehen, wo ich eine wohnung gefunden habe. Ich arbeit seit einem Jahr und ich habe Kündigung gekriegt, darf ich nach NRW umziehen und vielen Dank im voraus.

    Orhan

    Mit freundlichen Grüßen

  3. Yvonne

    Hallo
    Ich lebe mit meinem Lebenspartner seit 4 Jahr
    Er hat 2017 ein asylantrag gestellt 2019 hatte er vor denn Bundesamt vor gesprochen dort wurde mir gesagt das ich in i. Mein Wohnung in Bochum anmelden soll was ich auch getan und das ausländerbehörde in Bochum seine duldung gibt das wir endlich heiraten können ist aber ganz anders gekommen er hat von das Bundesamt eine Abschiebung bekommen, ob wollte er ganz klar gesagt hat das er sich umbringen wird wenn er von mir getrennt ist und zurück gehen soll, was jetzt auch in denn letzter Zeit passiert ist obwohl er in ärztliche behandelt ist und eine Therapie machen muss in der lwl Klinik in Bochum und Medikamenten bekommen und das er ohne mich nicht bleiben kann muss er trotzdem nach Hamm. muss mein Partner wirklich dort hin? Hamm in ein flüchtlingunterkunft.?

    Bitte um eine Antwort
    Mit freundlichen Grüßen
    Yvonne l

  4. Rawand

    Hallo,
    ich wohne und arbeite in einem Kreis und möchte nun (nur) meine Wohnung zu einem anderem Kreis ändern. Ich bleibe beim gleichen Arbeitgeber. In meinem jetzigen Ort bekomme ich keine Leistungen vom Jobcenter. Bekomme ich die Wohnsitzauflage gestrichen?

    vielen Dank
    Rawand

  5. Hani

    Hallo , Mein Freund und ich, die Partner und Flüchtlinge sind, wollen zusammen in derselben Stadt leben. Ich bin in einer Stadt und mein Partner ist in Berlin. Ich bin jetzt schwanger und möchte mit meiner Partnerin zusammenleben. Sie wird sich während meiner Schwangerschaft um mich kümmern. Kann ich den Transfer auf diese Weise erhalten und von meiner Heimatstadt nach Berlin ziehen?
    Ich freue mich auf Ihre Antwort

  6. Renate

    Mein Verlobter gat eine Wohnsitzauflage , jetzt möchten wir zusammenziehen. Ich wohne auch in Bayern, Landkreis. Er ist selbstständig, keine Leistungen vom Amt, er kommt sofort mit in meinem Mietvertrag, auch eine Arbeit ist nicht das Problem. Darf er zu mir kommen. Er wechselt nur den Landkreis. Erbitte eine Antwort.
    Mit freundlichen Grüßen
    Renate

  7. Julia

    Sehr geehrte Damen und Herren,
    ich habe einen Arbeitsplatz in einem anderen stadt gefunden. ich kann nicht mehr in meine altestadt da meine kinder nicht zurück von den neuen stadt wollen und die Ausländerbehörde will nicht meine Wohnsitz streichen.obwohl ich einen arbeit gefunden habe und einen Wohnung.
    ich biete um Ihre Hilfe.
    Mit freundlichen Grüßen

  8. Keyvan

    Hallo liebes Anwalt-Team,

    Ich wohne in Niedersachsen und bin hier seit April 2016. Mein Asylantrag wurde abgelehnt und ich habe geklagt, nun warte ich auf das Gerichtsverfahren. Ich habe einen vollzeitJob in München gefunden (2600€ netto) und habe dort umgezogen.

    Meine frage ist:
    Muss ich mich in München anmelden? Denn ich bin bereits in Niedersachsen gemeldet.

    Oder Ich bevorzuge:
    Kann ich mich eine zweite Meldung in München machen? Weil ich mich noch in Niedersachsen Melden lassen möchte. Meine Familie (Mutter und Bruder) lebt noch immer in diesem Haus in Niedersachsen und alle meine Sachen sind noch da.

    bitte helft mir, ich habe echt Angst vor dieser 1000€ Strafe (nach 2 Wochen ohne Anmeldung müss man eine Geldbuße bezahlen).

    Herzlichen Dank für die Beantwortung dieser Frage!

  9. Asra S H

    Hallo,
    ich wohne derzeit in Rostock und auf meinem Zusatzblat steht dass ich 3 Jahre in Mecklenburg-Vorpommern wohnen muss . meine frage ist ob ich mit einer Zulassung von einer Hochschule in Düsseldorf dort umziehen darf.
    Danke im Voraus für Ihre Antwort.
    Beate Grüße
    Asra H

  10. E G

    Hallo Sehr geehrte Damen und Herren
    Ich Möchte mit meine Partnerin und mein minderjährigen Kind
    Von Bayern nach Northeim-Westfalen umziehen ich habe dort Wohnung und Arbeit ich und mein Kind wir haben Aufenthaltes titel
    Aber meine Partnerin Mutter von mein Kind hat duldung
    Mein Kind und ich wir dürfen umziehen das weiß ich aber meine Partnerin hat duldung da ich weiß nicht was ich machen muss?
    Bitte Helfen Sie uns mit dem Antwort.
    Danke voraus Mit freundlichen Grüße E.G

  11. Hallo Guten Tag,
    Ich wohne in nrw und mein Partner in Baden würtenberg
    Er arbeitet hat keine duldung und wir sind moslemisch geheiratet nicht offiziell aber haben trotzdem ein Antrag auf Umverteilung beim Landsratamt gestellt.Deshalb ist es wichtig für uns bald zusammen zu wohnen. Jetzt ist die Frage Was müssen wir dafür genau tun und welche Unterlagen wird von uns benötigt ? Wir würden uns sehr freuen wenn sie uns helfen können.
    Danke im Voraus
    Freundliche Grüße
    G.Ö

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