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Arzthaftungsrecht: Wichtige Informationen und Urteile im Überblick

Wann ist das Arzthaftungsrecht?
Wann ist das Arzthaftungsrecht?

Inhalt

  • Was bedeutet Arzthaftungsrecht eigentlich?
    • Arzthaftungsrecht: Wann besteht eine Anspruchsgrundlage?
    • Arzthaftungsrecht beim Behandlungsfehler
    • Arzthaftungsrecht bei Aufklärungsfehlern
    • Arzthaftungsrecht bei Dokumentationsfehlern
  • Arzthaftungsrecht: Fälle und Urteile

Was bedeutet Arzthaftungsrecht eigentlich?

Dem Berufsstand der Ärzte wird ein großes Vertrauen entgegengebracht. Wer krank ist und einen Mediziner aufsucht, muss sich bei diesem wohl fühlen. Schließlich müssen im Rahmen der Diagnostizierung und Behandlung teils intime Details preisgegeben werden.

Wann greift das Arzthaftungsrecht in Deutschland?
Wann greift das Arzthaftungsrecht in Deutschland?

Doch auch in dem weißen Kittel stecken nur Menschen und diese machen ja bekanntlich Fehler. Nur können Fehler in der Medizin einen Patienten teuer zu stehen kommen. Daher gibt es Standards, die gemäß Medizinrecht erfüllt werden müssen, damit ein Doktor überhaupt praktizieren darf.

Unterläuft ihm dabei ein Fehler, greift das sogenannte Arzthaftungsrecht. Was genau dies bedeutet, in welchen Bereichen es Anwendung findet und eine Übersicht von Fällen und Urteilen zu diesem Thema, finden Sie im nachfolgenden Ratgeber.

Amerikanische Arztserien wie „Emergency Room“ oder „Grey´s Anatomy“ sollten uns einen Einblick in das Leben der Ärzte verschaffen. Dabei werden nicht nur die Heldentaten der Mediziner hervorgehoben, auch Fehler selbiger rücken immer wieder in den Fokus.

In Amerika ist immer wieder von utopisch hohen Zahlungen zu hören, die bei Behandlungsfehlern als Schadensersatz gezahlt werden. In Deutschland greift in einem solchen Fall das sogenannte Arzthaftungsrecht.

Es beschreibt im Wesentlichen die zivilrechtliche Verantwortlichkeit eines Arztes gegenüber einem Patienten bei Verletzung der ärztlichen Sorgfaltspflichten. Wann genau eine solche vorliegt, soll in den folgenden Textabschnitten näher beleuchtet werden.

Das Arzthaftungsrecht ist ein Teilbereich des Medizinrechts und kommt immer dann zum Einsatz, wenn ein Patient zivilrechtliche Ansprüche auf Schadensersatz gegenüber dem behandelten Doktor geltend machen möchte.

Arzthaftungsrecht: Wann besteht eine Anspruchsgrundlage?

Arzthaftungsrecht: Die Anspruchsgrundlage kann ein Behandlungsfehler darstellen.
Arzthaftungsrecht: Die Anspruchsgrundlage kann ein Behandlungsfehler darstellen.

Doch wann genau liegt eigentlich ein Fehler vor, welcher gemäß Arzthaftungsrecht Ansprüche des Patienten rechtfertigt? Grundsätzlich muss es sich um eine gravierende Fehlleistung des Arztes handeln.

Kann ein Erkrankter durch die sachgemäße Behandlung nicht geheilt werden, so begründet dies in aller Regel keinen Schadensersatz­anspruch. Wird jemand medizinisch versorgt, entsteht eine Art Behandlungsvertrag mit dem zuständigen Arzt.

Dieser ist verpflichtet, dem Betroffenen die bestmögliche Behandlung nach den herrschenden medizinischen Standards zukommen zu lassen. Allerdings wird dadurch kein Behandlungserfolg garantiert. Der Mediziner ist viel mehr verpflichtet, fachgerechte Bemühungen zur Heilung oder Linderung der Beschwerden durchzuführen.

Dabei kann es im Wesentlichen in drei Bereichen zu Fehlern kommen, in deren Fällen das Arzthaftungsrecht greift. Diese stellen wir Ihnen nun im Detail vor.

Arzthaftungsrecht beim Behandlungsfehler

Der Behandlungsfehler, häufig auch als Kunstfehler bezeichnet, ist oft Grundlage für einen Prozess gemäß Arzthaftungsrecht. Er ist immer dann gegeben, wenn die Behandlung nicht nach den medizinischen Standards durchgeführt wurde.

Weiterhin kann dem behandelten Arzt beispielsweise während einer Operation ein Fehler unterlaufen. Allerdings ist dieser nur als „grob“ zu bewerten, sofern eindeutig gegen bewährte ärztliche Behandlungsregeln oder gesicherte medizinische Erkenntnisse verstoßen wurde und der Fehler objektiv betrachtet nicht verständlich erscheint.

Ein Beispiel soll dies verdeutlichen: Herr P. kommt mit schweren Verletzungen in die Notaufnahme und muss umgehend behandelt werden. Da er viel Blut verloren hat, soll er eine Bluttransfusion erhalten. Dafür wird die Blutgruppe getestet, Ergebnis: A positiv.

Der behandelnde Arzt verwechselt aber die Ergebnisse mit denen eines anderen Patienten und verabreicht Herrn P. eine Transfusion der Blutgruppe B positiv. Durch diese Verwechslung verschlechtert sich der Zustand des Herrn P.

In diesem Fall liegt klar ein Behandlungsfehler vor. Herr P. kann somit gemäß Arzthaftungsrecht Schadensersatz von dem behandelnden Arzt einfordern (sofern er den Vorfall überlebt. Andernfalls geht der Anspruch auf die Erben über).

Übrigens: Ein Behandlungsfehler gemäß Arzthaftungsrecht kann auch aus einer Unterlassung resultieren. Beispielsweise dann, wenn ohne zwingende Gründe eine Operation nicht durchgeführt wird und dies zu einem verschlechterten Zustand des Patienten führt.

Arzthaftungsrecht bei Aufklärungsfehlern

Arzthaftungsrecht: Fälle von Schadensersatzforderungen kommen öfter vor.
Arzthaftungsrecht: Fälle von Schadensersatzforderungen kommen öfter vor.

Das eingangs erwähnte Vertrauen gegenüber Ärzten resultiert auch aus der Unwissenheit der Erkrankten. Werden diese bei einem Mediziner vorstellig, muss eine umfassende Aufklärung stattfinden, bevor beispielsweise operative Eingriffe durchgeführt werden.

Der Patient hat ein Recht darauf, insbesondere über die Risiken und mögliche Folgeschäden so informiert zu werden, dass er sich selbst ein Bild von der Behandlung machen kann und ggf. die Möglichkeit hat, darüber nachzudenken und sie im Zweifelsfall abzulehnen.

Dabei soll der Mediziner möglichst einfache Sprache nutzen und nicht mit Fachbegriffen um sich werfen, welche für den Laien nur schwer verständlich sind. In aller Regel muss vor jedem Eingriff ein entsprechendes Dokument vom Patienten unterzeichnet werden, welches belegt, dass er umfassend aufgeklärt wurde.

Übrigens: Handelt es sich um eine Notoperation und der Verletzte ist nicht ansprechbar, kann auf die Aufklärung verzichtet werden, die Pflicht entfällt folglich. Da es sich in aller Regel um eine lebensrettende Maßnahme handelt, besteht im Anschluss kein Anspruch gemäß Arzthaftungsrecht.

Arzthaftungsrecht bei Dokumentationsfehlern

Wird ein Betroffener medizinisch versorgt, wird in aller Regel eine Patientenakte angelegt. Diese soll sämtliche therapeutischen Maßnahmen, Untersuchungsergebnisse (beispielsweise Leberwerte) und abzuklärende Fragen dokumentieren.

Sie dient weiterhin als Beweismittel für die geleistete Arbeit des Arztes. Daher ist dieser verpflichtet, die Akte stets auf den neusten Stand zu bringen. Dies ist essentiell, falls ein anderer Arzt die Behandlung übernimmt. Bei mangelnder Dokumentation könnte es zu folgenschweren Fehlern kommen.

Es gibt noch weitere Pflichtverletzungen, die gemäß Arzthaftungsrecht zu einem Schadenersatzanspruch führen können. Dies sind beispielsweise eine zu späte Einweisung ins Krankenhaus oder sonstige Fälle, in denen der Mediziner seinen Organisationspflichten nicht nachkam.

Arzthaftungsrecht: Fälle und Urteile

Arzthaftungsrecht: Wir stellen Urteile vor, an denen Sie sich orientieren können.
Arzthaftungsrecht: Wir stellen Urteile vor, an denen Sie sich orientieren können.

Es zeigt sich, dass unterschiedliche Vorfälle einen Anspruch gemäß Arzthaftungsrecht begründen können. Im Folgenden wollen wir Ihnen zwei vorstellen. Dazu erhalten Sie die Urteile der Prozesse, damit Sie sich ein besseres Bild vom Arzthaftungsrecht machen können:

  • Hautkrebs zu spät erkannt: Vor dem Oberlandesgericht Hamm wurde ein Fall zum Arzthaftungsrecht verhandelt, in welchem es um eine Frau ging, die aufgrund einer Verletzung des Zehennagels beim Arzt vorstellig wurde. Durch eine Nagelprobe wurde eine bakterielle Infektion diagnostiziert, eine dermatologische Behandlung erfolgte hingegen nicht, die Patientin wurde nur telefonisch über den Befund aufgeklärt. Als keine Besserung eintrat, wurde durch die Patientin ein Hautarzt konsultiert, welcher Hautkrebs diagnostizierte. Die Frau verstarb an der Krankheit, der Ehemann klagte aufgrund eines Behandlungsfehlers auf Schmerzensgeld. Das Urteil (Az. 26 U 63/15) sprach ihm ein Schmerzensgeld in Höhe von 100.000 Euro zu. Nach Auffassung des Gerichts hätte der erste behandelnde Arzt weitere Untersuchungen einleiten müssen, bei denen er auf das Melanom gestoßen wäre.
  • Unzureichende Patientenaufklärung: Das Oberlandesgericht Köln sprach einer Klägerin Schmerzensgeld in Höhe von 20.000 Euro zu. Der Grund war eine unzureichende Aufklärung der behandelnden Ärzte. Die Frau hatte nach einer Operation wegen Brustkrebs ein Medikament genommen, welches nach der Behandlung zu einem dauerhaften Haarverlust geführt hat. Über dieses Risiko hatten sie die Mediziner nicht aufgeklärt. So bestätigte es das Urteil des Gerichts (Az. 5 U 76/14).
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Über den Autor:

Sarah
Inge

Inge studierte Journalismus an der DEKRA Hochschule für Medien in Berlin und unterstützt das Ratgeberportal anwalt.org nun bereits seit mehreren Jahren mit Texten zu den unterschiedlichsten Rechtsgebieten. Ihr besonderes Interesse gilt dabei dem Presse-, Sport- und Sozialrecht.

Comments

  1. Tom V. says

    13. Februar 2019 at 14:38

    Zum Glück hatte ich bisher noch keinen Fall in dem der Arzt eine gravierende Fehlleistung gebracht hat. Denn das würde für meine Gesundheit nichts gutes bedeuten. Aber zum Glück haben ja die meisten Ärzte einen Eid geschworen und auf den vertraue ich nach wie vor.

    Antworten
  2. Neeltje says

    28. Mai 2019 at 9:32

    Interessant, dass er Patient immer das Recht hat über Risiken und mögliche Folgen aufgeklärt zu werden. Ich habe gerade viel Sorge um meine Tante im Krankenhaus und, dass womöglich Behandlungsfehler erfolgt sind. Ich werde sie mal fragen, ob man sie ausreichend aufgeklärt hat.

    Antworten

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