Im April 2010 erlangte der isländische Vulkan Eyjafjallajökull Weltruhm, denn die von ihm ausgestoßene Aschewolke legte den Flugverkehr über vielen Teilen Nord- und Mitteleuropas lahm. Bei diesem Ereignis handelt es sich um eine bis zum damaligen Zeitpunkt beispiellose Beeinträchtigung des europäischen Luftverkehrs infolge von einem Naturschauspiel.
Die Aschewolke führte somit dazu, dass viele Urlauber nicht wie geplant ihre Reise durchführen konnten. Der Bundesgerichtshof (BGH) bewertete dieses Ereignis in seinem Urteil vom 18. Dezember 2012 (Az. X ZR 2/12) als höhere Gewalt und räumte dem Kläger ein Kündigungsrecht ein.
Doch was fällt alles unter den Begriff „höhere Gewalt“ gemäß Reiserecht? Welche Ansprüche haben Urlauber in einem solchen Fall? Und wie gestaltet sich die rechtliche Lage beim Flugausfall durch höhere Gewalt? Antworten auf diese und weitere Fragen liefert der nachfolgende Ratgeber.
Inhalt
FAQ: Höhere Gewalt im Reiserecht
Unter diesem Begriff wird ein unabwendbares Ereignis, welches auf äußere Einflüsse zurückzuführen ist, verstanden. Hierbei kann es sich zum Beispiel um eine Naturkatastrophe oder einen Streik handeln.
Laut Reiserecht können in einem solchen Fall sowohl der Veranstalter als auch der Kunde die Reise rückabwickeln.
Nein, denn Veranstalter und Fluggesellschaft sind für die Unannehmlichkeiten nicht verantwortlich. Bei erheblichen Flugverspätungen stehen den Reisenden laut Fluggastrechte sogenannte Versorgungsleistungen zu.
Was ist höhere Gewalt?
Der Begriff „höhere Gewalt“ beschreibt laut Definition ein von außen kommendes und unabwendbares Ereignis, welches durch Naturkräfte oder Handlungen Dritter herbeigeführt wird. Aufgrund dieser Umstände ist es nahezu unmöglich, ein entsprechendes Ereignis vorauszusagen und die Auswirkungen sind in der Regel auch durch größte Sorgfalt nicht zu verhindern.
Was höhere Gewalt gemäß Reiserecht genau umfasst, hat der Gesetzgeber in § 651e Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) festgelegt. Darin heißt es:
Wird die Reise infolge bei Vertragsabschluss nicht voraussehbarer höherer Gewalt erheblich erschwert, gefährdet oder beeinträchtigt, so können sowohl der Reiseveranstalter als auch der Reisende den Vertrag allein nach Maßgabe dieser Vorschrift kündigen.
Es zeigt sich also, dass höhere Gewalt gemäß Reiserecht ein beeinträchtigendes Ereignis darstellt, welches zum Zeitpunkt der Buchung und des damit einhergehenden Abschlusses des Reisevertrages nicht zu erwarten war.
Was fällt gemäß Reiserecht unter höhere Gewalt?
Ob ein Ereignis als höhere Gewalt gemäß Reiserecht einzuordnen ist, beschäftigt nicht selten die Gerichte. Dabei sind insbesondere die Umstände des individuellen Falls zu bewerten, allerdings lassen sich aufgrund der bisherigen Rechtsprechung ein paar generelle Aussagen treffen.
So können unter anderem Naturkatastrophen wie Waldbrände, Erdbeben, Blitzeinschlag, Hurrikane und Tsunamis als Ereignisse der höheren Gewalt gelten. Dabei gilt es allerdings zu prüfen, inwieweit tatsächlich eine konkrete Gefahr für die Durchführung der Reise besteht. So rechtfertigt die Angst vor möglichen Nachbeben nach einem Erdbeben entsprechende Ansprüche aufgrund von höherer Gewalt in der Regel nicht (AG Nürtingen, Az.: 16 C 1661/00).
Höhere Gewalt gemäß Reiserecht kann auch bei Epidemien vorliegen. So entschieden die Gerichte zum Beispiel bei der Lungeninfektion SARS oder der Maul- und Klauen-Seuche. Dem entgegen steht die Rechtsprechung zum Chikungunya-Virus (LG München, Az.: 22222/07). Da die Urlauber in diesem speziellen Fall Maßnahmen zum Schutz vor einer Infektion ergreifen können, wurde der Umstand nicht als höhere Gewalt gewertet.
Kriege und politische Unruhen können ebenfalls ein Ereignis höherer Gewalt darstellen. Bei einzelnen Terroranschlägen oder deren Androhung ist dies hingegen meist nicht der Fall. Eine der wenigen Ausnahme von dieser Einschätzung stellen die Anschläge von 11. September 2001 in den USA dar. Diese Entscheidung begründete das LG Frankfurt in seinem Urteil vom 22.05.2003 (Az. 2/24 S 239/02) mit dem Umstand, dass infolge der Anschläge in New York „flächendeckende bürgerkriegsähnliche Zustände in Bezug auf Reisende oder touristische Einrichtungen“ herrschten.
Wann ist ein Reiserücktritt wegen höherer Gewalt möglich?
Lässt sich ein Ereignis der Kategorie „höhere Gewalt“ gemäß Reiserecht hinzuordnen, können die betroffenen Urlauber oder auch der Veranstalter die Reise gemäß § 651j Abs. 1 BGB kündigen. Die Reisenden erhalten in diesem Fall den Reisepreis zurück, ohne dass dabei Stornogebühren anfallen. Juristen sprechen hier von einer Rückabwicklung. Ein zusätzlicher Anspruch auf Schadensersatz besteht allerdings in der Regel nicht.
Kommt es während Ihrer Reise zu einer Naturkatastrophe oder politischen Unruhen, sodass ein Reiseabbruch notwendig ist, muss der Reiseveranstalter die Rückreise sicherstellen. Die zusätzlichen Kosten dafür teilen sich Reisender und Veranstalter. Letzterem steht zudem ausschließlich der Anteil am Reisepreis zu, welcher den bereits erbrachten Leistungen entspricht.
Buchen Sie übrigens trotz einer bestehenden Reisewarnung des Auswärtigen Amtes eine entsprechende Reise, gehen Sie nach aktueller Rechtsprechung bewusst ein höheres Risiko ein. Eine Kündigung des Vertrages mit der Begründung „höhere Gewalt“ ist gemäß Reiserecht in einem solchen Fall nicht möglich.
Höhere Gewalt im Reiserecht: Welche Ansprüche bestehen?
Führt eine Naturkatastrophe, welche als höhere Gewalt gemäß Reiserecht zu bewerten ist, dazu, dass ein Flug annulliert wird, erhalten Reisende von der verantwortlichen Fluggesellschaft in der Regel den vollständigen Preis des Tickets erstattet. Alternativ dazu besteht oft auch die Möglichkeit, den Flug auf einen anderen Termin umzubuchen.
Ein Anspruch auf eine Ausgleichszahlung in Form von Schadensersatz besteht hingegen in der Regel nicht. Schließlich geht die Annullierung auf außergewöhnliche Umstände zurück, für welche die Fluggesellschaft nicht verantwortlich ist.
Kommt es zu einer erheblichen Flugverspätung durch höhere Gewalt, stehen Ihnen gemäß der geltenden Fluggastrechte sogenannte Versorgungsleistungen zu. Dabei handelt es sich unter anderem um Mahlzeiten, Getränke und die Möglichkeit zur Telekommunikation.
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