Sitters. Das Verwaltungsgericht Neustadt/Weinstraße wies die Klage einer Dorfbewohnerin zurück, die sich an dem täglichen Gegacker und Hahnenkrähen auf dem Nachbargrundstück störte (Aktenzeichen 4 K 419/17.NW). In der ländlich geprägten Dorfgemeinschaft von Sitters seien nach Einschätzung des Gerichts kleine Hühnerställe ortstypisch. Die etwa 125 Einwohner müssten dies hinnehmen, weil der Hahnenschrei so keine Lärmbelästigung sei.
Der frühe Vogel fängt den Wurm?
„Der frühe Vogel kann mich mal“, dachte sich eine genervte Anwohnerin in der kleinen Gemeinde Sitters. Es war der Bau eines kleinen Hühnerstalls auf dem Nachbargrundstück genehmigt worden. Der Nachbarin wurde die Haltung von bis zu zehn Hennen sowie einem Hahn gestattet.
Die Klägerin fühlte sich jedoch erheblich in ihrem Wohnkomfort eingeschränkt: nicht nur durch die Geruchsbelästigung des nah an ihrem Wohnhaus stehenden Stalles, sondern auch wegen des Dauergackerns. Auch die Nachtruhe wurde regelmäßig von Hahnenschreien durchbrochen.
Verwaltungsgericht erkennt im Hahnenschrei keine Lärmbelästigung
Das Gericht erkannte in dem genehmigten Bau des Hühnerstalls keinen Verstoß gegen die allgemein gebotene Rücksichtnahme. Auch wenn die Ausrichtung der Ortschaft immer mehr von der Landwirtschaft abgewichen ist, handelt es sich dennoch um ein Dorfgebiet. Diese sind grundsätzlich auch Ort für Tierhaltung in kleinem Umfang.
Daher seien Landluft, Gackern und Hahnenschrei keine Geruchs- oder Lärmbelästigung, sondern in angemessenem Umfang von den Dorfbewohnern als ortstypisch hinzunehmen. Die Haltung von zehn Hühnern und einem Hahn fiele noch in den Bereich der Bagatellgrenze. Die Einhaltung von Ruhezeiten ist den Tieren zudem nicht zuzurechnen, sodass eine Ruhestörung regelmäßig auch bei nächtlichem Gackern nicht anzuerkennen sei.
Urteile zu weiteren tierischen Ruhestörern
Nach Einschätzung der Richter stellt ein Hahnenschrei mithin keine Lärmbelästigung in einem ländlichen Gebiet dar, in städtischem könnte die Entscheidung durch diese Abhängigkeit schon anders aussehen. Auch andere Tiere riefen den ein oder anderen schon auf die Barrikaden:
- Frösche: Der BGH urteilte 1992 [Az. V ZR 82/91], dass der Natur- und Tierschutz auch im Falle von ohrenbetäubendem und belästigendem Froschlärm stets Vorrang habe.
- Hunde: Halter sind dazu verpflichtet, Ihre Vierbeiner so zu erziehen, dass diese am Tag nicht mehr als 10 Minuten (ununterbrochen) bzw. maximal 30 Minuten bellen. Auch die Ruhezeiten müssten eingehalten werden, ein gänzliches Verbot hingegen sei nicht möglich [OLG Köln, Az. 12 U 40/93].
- Papageien: Einen täglich mindestens zwei Stunden lang schrill pfeifenden Graupapagei muss kein Nachbar tolerieren, ggf. ist sogar die Abschaffung des Vogels nötig [OLG Düsseldorf, Az. 5 Ss (OWI) 476/89].
- Krähen: Die Lärmbelästigung durch Saatkrähen ist nicht anzuerkennen, da es sich um Naturkräfte handelt, bei denen die Eingriffspflichten der Stadt nicht greifen [AG Bad Oldesloe, Az. 2 C 442/98].
- Tauben: Die Taubenzucht kann auch im städtischen Gebiet angemessen sein. Die Anzahl der zu duldenden Flugtauben variiert dabei in unterschiedlichen Urteilen: Celle – 20 Tiere, Itzehoe – 82, München – 105, Paderborn – 160.
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