Das Freihandelsabkommen CETA: Ein Vorspiel für TTIP?

Von Jennifer A.

Letzte Aktualisierung am: 26. Januar 2024

Geschätzte Lesezeit: 20 Minuten

Durch CETA soll zwischen Kanada und der EU mehr Handel stattfinden.
Durch CETA soll zwischen Kanada und der EU mehr Handel stattfinden.

Im Schatten der hitzigen Debatte um TTIP verließ bereits ein anderes umstrittenes Abkommen die verschlossenen Verhandlungszimmer: Die Rede ist von CETA, dem Freihandelsabkommen zwischen Kanada und der Europäischen Union.

Während die Zukunft von TTIP noch auf der Kippe steht, da die Abneigung in der Bevölkerung, aber auch in Politikerkreisen wächst, sind die Unterschriften auf dem CETA-Vertrag bereits getrocknet. Dieser soll die wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen der EU und Kanada vorantreiben und 2017 teilweise in Kraft treten, nachdem das Europäische Parlament ihn abgesegnet hat. Bevor die Teile des Vertrages gültig werden, welche in die nationale Gesetzgebung eingreifen, müssen jedoch erst noch alle nationalen Parlamente der EU dem CETA-Vertrag zustimmen.

Vor der Unterzeichnung von CETA regte sich jedoch einiges an Widerstand, nicht nur von Seiten der belgischen Region Wallonien. In Deutschland beispielsweise formierte sich eine Initiative, die gegen CETA eine Bürgerklage beim Bundesverfassungsgericht einreichte, dessen endgültiges Urteil noch abzuwarten ist. Doch was ist wirklich dran an den Befürchtungen und was beinhaltet das Abkommen zwischen Kanada und der Europäischen Union überhaupt? Die Antworten dazu lesen Sie in unserem Ratgeber.

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  • Was gehört alles zum CETA-Vertrag hinzu? Welche Teile werden wann in Kraft treten?
  • Und was für Chancen und Risiken bietet das Freihandelsabkommen für die Europäische Union?
  • Alle Informationen, um den umstrittenen Vertrag endlich zu verstehen, finden Sie hier!

FAQ: CETA

Was ist CETA?

Bei CETA handelt es sich um ein Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Kanada.

Welche Regelungen umfasst CETA?

Ein wichtiger Punkt ist beispielsweise die Abschaffung oder Senkung bestimmter Zölle. Mehr dazu lesen Sie hier.

Was bietet CETA für Vor- und Nachteile?

Diese Tabelle fasst Ihnen übersichtlich alle wichtigen Vor- und Nachteile von CETA zusammen.

Was gehört zu CETA überhaupt?

Gibt es für CETA eine genaue Definition?
Gibt es für CETA eine genaue Definition?

CETA ist eine Abkürzung, die für „Comprehensive Economic and Trade Agreement“ steht und auf Deutsch übersetzt „Umfassendes Wirtschafts- und Handelsabkommen“ bedeutet. Doch was steckt wirklich hinter diesem sehr allgemein gehaltenen Begriff? Das CETA-Abkommen umfasst folgende Punkte:

  • Senkung von Zöllen
  • Abschaffung nicht-tarifärer Handelshemmnisse
  • Liberalisierung des Handels von Dienstleistungen
  • Öffnung von öffentlichen Ausschreibungen
  • Abbau von Hemmnissen für ausländische Direktinvestitionen
  • Investitionsschutz

Im Unterschied zum Transatlantischen Freihandelsabkommen (TTIP) ist bei CETA der genaue Inhalt bekannt, da das Abkommen bereits fertig ausverhandelt und veröffentlicht wurde. Die zahlreichen, teils sehr detaillierten Regeln des Vertrages können allerdings leicht darüber hinwegtäuschen, dass einige Teile sehr vage gehalten sind und dass sich deren konkrete Folgen nur schwer absehen lassen.

Die Staaten der Europäischen Freihandelszone wie Norwegen und die Schweiz sind aus dem CETA-Abkommen ausgeklammert, obwohl Sie mit der EU ein Freihandelsabkommen geschlossen haben.

Abschaffung von Zöllen

Zu CETA gehört ein Freihandelsabkommen, welches in erster Linie eine fast vollständige Abschaffung aller Zölle zwischen der EU und Kanada vorsieht. Demnach sollen 98,6 % aller kanadischen und 98,7 % aller europäischen Zölle wegfallen.

Die meisten Zölle werden unmittelbar nach Inkrafttreten des Abkommens abgeschafft, bei einzelnen Tarifen wird dies erst drei bis sieben Jahre später der Fall sein. Für eine Reihe von Produkten der Automobil- und Schiffsindustrie sollen noch ein paar Jahre lang Zölle fällig werden, genauso wie für einzelne landwirtschaftliche Produkte.

Bei CETA wird die Landwirtschaft noch am schwächsten liberalisiert.
Bei CETA wird die Landwirtschaft noch am schwächsten liberalisiert.

Überhaupt fallen die Zollsenkungen für Erzeugnisse aus der Landwirtschaft mit 91,7 % beziehungsweise 93,8 % weniger umfangreich aus als für Industriegüter.

Die wenigen Zölle, die auch nach sieben Jahren noch zwischen der EU und Kanada verbleiben, gelten für Güter, welche von einem der Vertragspartner als sensibel eingestuft wurden.

So möchte Kanada seine Milchproduktion und die EU ihre Rind- und Schweinefleischherstellung mittels Zollquoten schützen. Die Handelshemmnisse für Geflügelfleisch und Eier hingegen sollen auf beiden Seiten unangetastet bleiben.

Die stärksten Zollsenkungen konnte die EU für verarbeitete Lebensmittel erreichen. Für den Import von Produkten wie Weine und Süßwaren wurden an der kanadischen Grenze 10 % bis 25 % fällig.Ansonsten sind die Zölle aber bereits heute meist sehr niedrig. Kanadische Zölle für EU-Produkte betragen im Durchschnitt 2,56 % und EU-Zölle für Importe aus Kanada 1 % (ifo-institut 2014).

Dennoch sollen EU-Exporteure für Industriegüter so 470 Millionen Euro pro Jahr sparen und kanadische Produzenten 158 Millionen Euro (BMWi 2016).

Angleichen von Produktstandards

Da die nicht-tarifären Handelshemmnisse zwischen Kanada und der EU als schwerwiegender angesehen werden als die ohnehin schon recht niedrigen Zölle, enthält CETA folgende Beschlüsse:

Die Standards zwischen Kanada und der EU werden durch CETA angeglichen.
Die Standards zwischen Kanada und der EU werden durch CETA angeglichen.
  • Kanada und die EU einigten sich im CETA-Abkommen darauf, dass sie ihre Konformitätsbewertungen für bestimmte Güter wie Elektrogeräte und Maschinen gegenseitig anerkennen werden. Somit müssen diese Produkte kein zusätzliches Zulassungsverfahren für den jeweils anderen Markt durchlaufen.
  • Auch für andere Produkte sollen technische Handelshemmnisse (Technical Barriers to Trade, TBT) schrittweise abgebaut werden, indem die Gremien, welche für Normierungen zuständig sind, enger zusammenarbeiten.
  • 140 geographische Indikatoren aus Europa müssen in Zukunft auch in Kanada geschützt werden, zum Beispiel „Schwarzwälder Schinken“ und „Goudakäse“. Dies soll die Exportmöglichkeiten dieser Güter nach Kanada verbessern.
  • Kanada wird die Normen des Patent- und Copyrightschutzes an die höheren Standards der EU anpassen, wodurch geistiges Eigentum besser geschützt werden soll.

Die Liberalisierung des Handels von umstrittenen Gütern wird hingegen – zumindest vorerst – aus dem Vertrag ausgeklammert:

  • Die gegenwärtigen EU-Beschränkungen für hormonbehandeltes Fleisch und gentechnisch veränderte Organismen bleiben bestehen.
  • Für Produkte wie Lebensmittel, Chemikalien und Kosmetika gelten in Europa weiterhin die Marktzulassungsbedingungen der EU. Das sogenannte Vorsorgeprinzip ist im CETA-Abkommen jedoch nicht explizit erwähnt.

Konformitätsbewertungen: Diese sind der Beleg dafür, dass ein Produkt getestet und für den Verkauf zugelassen wurde. In Europa werden diese durch das „CE“-Siegel gekennzeichnet.

Vorsorgeprinzip: Chemische Substanzen werden erst dann für die Nutzung durch Menschen beziehungsweise deren Einsatz in der Landwirtschaft zugelassen, wenn diese nachweislich keinen Schaden anrichten.

Nachsorgeprinzip: Chemische Substanzen werden zunächst für den Verkauf zugelassen und erst dann verboten, wenn sich Beweise finden, dass diese schädliche Wirkungen auf Mensch oder Umwelt haben können. Dieses Prinzip ist nicht nur in Kanada, sondern vor allem auch in den USA üblich.

Liberalisierung des Handels von Dienstleistungen

Europäische Ingenieure können mit CETA leichter in Kanada arbeiten.
Europäische Ingenieure können mit CETA leichter in Kanada arbeiten.

Nicht nur materielle Güter, sondern auch Dienstleistungen sollen mit CETA einfacher auf die andere Seite des Atlantiks exportiert werden. Die Liberalisierungen betreffen vor allem folgende Branchen:

  • Telekommunikation
  • Finanzdienstleistungen
  • Frachtschifffahrt
  • Wirtschaftsprüfung
  • Ingenieurwesen

Gerade bei professionellen Berufen wie Wirtschaftsprüfern und Ingenieuren werden die europäischen Zulassungen in Kanada bislang nicht anerkannt, weshalb sie dort nicht ihre Dienstleistungen erbringen konnten. CETA bietet ein Rahmenwerk, in dem die nationalen Berufsorganisationen dieser Branchen darüber verhandeln können, wie sie gegenseitig ihre Qualifikationen anerkennen.

Insgesamt gehen die Liberalisierung des Dienstleistungshandels bei CETA deutlich weiter als bei dem Nordamerikanischen Freihandelsabkommen (NAFTA).

Öffnung von öffentlichen Ausschreibungen für ausländische Firmen

Wenn öffentliche Institutionen wie Kommunen oder der Staat Aufträge ausschreiben, so müssen diese auch für Firmen aus dem CETA-Partnerstaat geöffnet werden.

Davon sollen besonders europäische Firmen profitieren. Die kanadischen Kommunen schrieben 2011 Aufträge im Gesamtwert von ungefähr 82 Milliarden Euro aus, welche bislang für Unternehmen aus der EU gesperrt waren (BMWi 2016).

Für Deutschland hingegen wird sich rechtlich gesehen kaum etwas ändern, da sich hier bereits seit dem „Drei-Minister-Erlass“ von 1960 ausländische Unternehmen uneingeschränkt für öffentliche Aufträge bewerben können. Neue Konkurrenz für einheimische Bewerber ist demnach kaum zu erwarten.

Abbau von Hemmnissen für ausländische Direktinvestitionen

Mit CETA sollen auch ausländische Direktinvestitionen von der Europäischen Union nach Kanada und umgekehrt erleichtert werden, indem die Verhandlungspartner eine Reihe von Einschränkungen abschafften.

So ist es kanadischen Firmen aus dem Bergbau- und Energiesektor möglich, mit CETA in der EU zu investieren, während umgekehrt vor allem europäische Finanz- und Telekommunikationsdienstleister davon profitieren, dass Kanada seinen Markt für diese Branchen öffnet.

Bisher schrieb der „Investment Canada Act“ vor, dass kanadische Firmen nur dann von ausländischen Investoren gekauft werden dürfen, wenn die kanadische Regierung der Meinung ist, dass die kanadische Volkswirtschaft davon profitiert. Dieses Gesetz wird auch nach dem Start von CETA in Kraft bleiben.

Die Schwelle, ab der eine ausländische Übernahme von der Regierung genehmigt werden muss, wurde jedoch auf über eine Milliarde Kanadische Dollar angehoben. So können europäische Investitionen in Kanada ein Stück weit erleichtert werden.

Was sind die Motive für ausländische Direktinvestitionen?

Eine Direktinvestition im Ausland dient häufig dazu, neue Märkte zu erschließen, wenn es aufgrund von Handelshemmnissen nur schwer möglich ist, Waren auf diese Märkte zu exportieren.

Mit CETA sollen solche Handelshemmnisse abgeschafft werden. Es bleiben Unternehmern jedoch noch folgende Motive, eine Direktinvestition in Kanada beziehungsweise der EU zu tätigen:

  • Durch einen Standort in Nähe des Marktes oder von Rohstofffundorten lassen sich Transportkosten einsparen.
  • Vor allem Dienstleistungen können häufig nur mit einer eigenen Präsenz vor Ort erbracht werden.
  • Produkte lassen sich einfacher an die lokale Nachfrage anpassen.
  • Besonders qualifiziertes Personal, das nur im Ausland verfügbar ist, kann angestellt werden.
Durch CETA können öffentliche Dienste in Besitz kanadischer Investoren gelangen.
Durch CETA können öffentliche Dienste in Besitz kanadischer Investoren gelangen.

Investoren aus dem Land des Vertragspartners sollen nun auch einfacher Firmen übernehmen können, welche Dienstleistungen für die Daseinsvorsorge anbieten, wie öffentlichen Nahverkehr oder die Wasser- und Energieversorgung.

Entgegen der Meinung einiger Kritiker soll CETA keine Verpflichtung dazu beinhalten, dass öffentliche Institutionen ihre Dienstleister privatisieren müssen. Allerdings kann es schwierig werden, dass öffentliche Institutionen einen Dienstleister wieder zurückkaufen („rekommunalisieren“), nachdem die öffentliche Hand ihn bereits an private Investoren verkauft hat.

Investitionsschutzabkommen

Neben dem Handelsabkommen gehört zu CETA auch ein Investitionsschutz. Investitionsschutzabkommen sind ebenfalls Teil des internationalen Wirtschaftsrechts und dienen dazu, die Interessen von Investoren auf ausländischen Märkten gegen Diskriminierung oder gar Enteignung zu schützen.

Es ist möglich, dass ein Staat einen Investor aus einem Land, mit dem der Staat ein Investitionsschutzabkommen unterzeichnet hat, diskriminiert. Dann kann der Investor diesen Staat bei einem internationalen Schiedsgericht anklagen, dessen Urteil dieser Staat anschließend akzeptieren und umsetzen muss, sofern er das „New Yorker Übereinkommen“ unterzeichnet hat.

Zu CETA gehört auch ein eigenes Investitionsgericht.
Zu CETA gehört auch ein eigenes Investitionsgericht.

Ausländische Investoren können auch bei CETA eine Klage gegen eine Regierung einreichen, wenn sie gegenüber einheimischen Firmen benachteiligt werden oder wenn die Regierungen bestimmte Gesetze erlassen, die für sie von Nachteil sind. Allerdings reagierten die Verhandlungsparteien auf die starke öffentliche Kritik an Schiedsverfahren und entwickelten für CETA ein neues System.

Solche Verfahren werden auch als Investor-State Dispute Settlement (ISDS) bezeichnet, was auf Deutsch heißt: „Investor-Staat-Streitbeilegung“. Sie sind stark umstritten, da durch ihre Urteile Steuerzahler für hohe Schadensersatzzahlungen an private Unternehmen aufkommen müssen. Außerdem finden Schiedsverfahren bisher unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, wodurch sie die Möglichkeit haben, das Recht im Sinne privater Investoren zu beugen.

Demnach sieht CETA keine herkömmlichen Schiedsgerichte zur Beilegung von Streitigkeiten vor, sondern ein eigenes Investitionsgerichtssystem (Investment Court System, ICS). Dieses unterscheidet sich von den bisher üblichen ISDS-Schiedsgerichten in folgenden Punkten:

  • Das ICS ist ein permanentes Gericht, welches durch öffentliche Verhandlungen und frei zugängliche Dokumente für mehr Transparenz sorgen soll.
  • Die Richter dieses Investitionsgerichtes sollen dabei nicht erst kurz vor einem Prozess von den Gegnern eines Verfahren ausgewählt werden. Statt dessen bestimmen Kanada und die EU bereits vorher eine Reihe geeigneter Richter, die für Verfahren eingesetzt werden können.
Die Schiedsverfahren bei CETA sollen transparenter sein als bisher.
Die Schiedsverfahren bei CETA sollen transparenter sein als bisher.
  • Außerdem soll es den Mitgliedern der Schiedskommission nicht gestattet sein, außerhalb dieser Kommission in anderen Investitionsstreitigkeiten als Anwälte oder Gutachter tätig zu werden, um deren Neutralität zu wahren.
  • Beim ICS-Gericht soll eine eigene Berufungsinstanz der unterlegenen Partei die Möglichkeit geben, die Entscheidung des Gerichtes anzufechten.

Auch bei den Verhandlungen zum Transatlantischen Freihandelsabkommen (TTIP) brachte die europäische Seite den Vorschlag eines eigenen, transparenten Schiedsgerichtes ein, um auf die starke Kritik an den bisher üblichen, intransparenten Schiedsverfahren zu reagieren. Angeblich möchten die Vertragsparteien von CETA darauf hinwirken, dass ein neuer, öffentlich legitimierter Investitionsgerichtshof weltweit die bisherigen intransparenten Schiedsgerichte ablöst.

Warum kam es zu CETA?

Der wesentliche Grund für das Freihandelsabkommen CETA waren die wirtschaftlichen Verflechtungen, welche bereits zwischen Kanada und der Europäischen Union bestehen und nach Ansicht der CETA-Befürworter genug Wachstumspotenzial für einen liberalisierten Handel bieten würden.

Wirtschaftliche Verflechtungen zwischen Kanada und der EU

Ein Blick auf die Außenhandelsstruktur von der Europäischen Union und Kanada zeigt, dass die Im- und Exporte zwischen diesen beiden Märkten in absoluten Zahlen ausgedrückt ein ähnliches Volumen annehmen (siehe Abbildungen).

CETA-Statistiken 1: Außenhandelsstruktur der Europäischen Union mit Import- und Exportländern (Europäische Kommission 2016)
CETA-Statistiken 1: Außenhandelsstruktur der Europäischen Union mit Import- und Exportländern (Europäische Kommission 2016)

Bei der Rangfolge der wichtigsten Handelspartner zeigen sich jedoch gravierende Unterschiede. Bei den Importen nach Kanada steht die EU an dritter und bei den Exporten aus Kanada sogar an zweiter Stelle, direkt nach dem geographischen Nachbar und NAFTA-Partner USA. Umgekehrt liegt Kanada als Handelspartner der EU jedoch nur auf Platz 11 (Im- und Exporte zusammengerechnet), so dass die EU für Kanada deutlich wichtiger ist als umgekehrt.

Ein vergleichbares Bild zeichnet sich bei den Investitionsverflechtungen ab. Das Gesamtvolumen aller Direktinvestitionen aus EU-Ländern nach Kanada betrug 2012 17,6 Milliarden Euro. Dies ist zwar deutlich weniger als die 62,9 Milliarden, welche in die USA gingen, aber immer noch mehr Kapital, als im selben Jahr beispielsweise in Russland investiert wurde.

Umgekehrt erhielt die Europäische Union 2012 insgesamt 19,7 Milliarden Euro an Direktinvestitionen aus Kanada, womit das Investitionsverhältnis zwischen Kanada und der EU deutlich ausgeglichener ist als zwischen der Europäischen Union und den USA (eurostat 2016).

CETA-Statistiken 2: Außenhandelsstruktur von Kanada mit Import- und Exportländern (Europäische Kommission 2016)
CETA-Statistiken 2: Außenhandelsstruktur von Kanada mit Import- und Exportländern (Europäische Kommission 2016)
Deutlich mehr europäische Investitionen als nach Kanada flossen 2012 nicht nur in die USA, sondern auch nach China (30,5 Mrd. Euro), Brasilien (22,2 Mrd. Euro) und nach Norwegen (19,3 Mrd. Euro) (eurostat 2016).

Für kanadische Investoren hingegen folgte die Europäische Union hinter den USA an zweiter Stelle (Government of Canada 2016).

Insgesamt sind die wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen der Europäischen Union mit Kanada schwächer ausgeprägt als mit den Vereinigten Staaten. Dies ist wohl einer der Gründe dafür, weshalb CETA in der Öffentlichkeit weniger intensiv diskutiert wurde als TTIP.

Auch zeigt sich, dass die Staaten der Europäischen Union für Kanada wesentlich wichtiger sind als umgekehrt der kanadische Markt für Exporte oder Investitionen aus der EU. Dies liegt vor allem daran, dass die Wirtschaft der gesamten EU mit einem Bruttoinlandsprodukt von 17,37 Billionen US-Dollar 2013 wesentlich stärker war als die kanadische Wirtschaft mit einem BIP von 1,83 Billionen US-Dollar im selben Jahr.

Von daher scheint – im Gegensatz zu den TTIP-Verhandlungen – zwischen den CETA-Partnern ein deutliches Machtgefälle zugunsten der EU zu bestehen.

Chronologie der Verhandlungen

An den CETA-Verhandlungen ist die Europäische Kommission beteiligt.
An den CETA-Verhandlungen ist die Europäische Kommission beteiligt.
  1. Im April 2009 erteilten die EU-Mitgliedsstaaten der Europäischen Kommission das Mandat, um mit der kanadischen Regierung ein Handelsabkommen auszuhandeln.
  2. Die Verhandlungen fanden seit dem 10. Juni 2009 unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Die Politiker wurden dabei von Verbänden und anderen Interessenvertretern beraten. Aus diesem Grund befürchten Kritiker, dass dabei die Interessen von Unternehmern über das Gemeinwohl gestellt werden, wenn es beispielsweise um Gentechnik oder das Vorsorgeprinzip geht.
  3. Das Mandat der Europäischen Kommission wurde 2011 um Verhandlungen zum Investitionsschutz erweitert. Möglich war dies durch den Vertrag von Lissabon, welcher die Steuerung von ausländischen Investitionen in Europa von den Nationalstaaten auf die Ebene der EU übertrug.
  4. Am 1. August 2014 schlossen die Europäische Kommission und die kanadische Regierung die Verhandlungen offiziell ab, und am 26. September 2014 unterzeichneten EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso, EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und der kanadische Premierminister Stephen Harper eine vorläufige Abschlusserklärung der Verhandlungen.
  5. Der Kanadische Premierminister Justin Trudeau, welcher im November 2015 neu gewählt wurde, lässt sich nach Bitten der EU-Kommission auf Nachverhandlungen ein. Bei diesen entschärften die Verhandlungspartner vor allem den umstrittenen Investitionsschutz.
  6. Nach Abschluss einer Rechtsförmlichkeitsprüfung ist der deutsche Vertragstext seit 8. Juli 2016 öffentlich verfügbar.
  7. Die Europäische Kommission entschied am 5. Juli 2016, dass es sich bei CETA um ein so genanntes „gemischtes Abkommen“ handelt, dem nicht nur die europäische Ebene, sondern auch die einzelnen Mitgliedsstaaten zustimmen müssen.
  8. Nach einem längeren Verhandlungsmarathon, bei dem unter anderem die belgische Region Wallonien Widerstand leistete, unterzeichneten der kanadische Premierminister Justin Trudeau sowie die Vorsitzenden von EU-Kommission, Europäischem Rat und EU-Ministerrat das Abkommen am 30. Oktober 2016. Nun müssen nur noch das kanadische und das Europäische Parlament CETA zustimmen, bevor die Teile vom CETA-Abkommen in Kraft treten können, welche nur die EU-Ebene betreffen. Dies könnte Anfang 2017 der Fall sein.
  9. Die übrigen Teile von CETA erfordern eine Abstimmung im Bundestag und anderen nationalen Parlamenten, da Sie in nationale Gesetzgebungskompetenzen eingreifen. So ein Abstimmungsprozess von sämtlichen EU-Staaten kann sich zwei bis vier Jahre lang hinziehen. Erst dann gilt CETA als vollständig ratifiziert.

Vor- und Nachteile von CETA auf einen Blick

Die folgende Tabelle fasst die Vor- und Nachteile von CETA zusammen:

ProContra
positive Entwicklung von Handelsvolumen, Bruttoinlandsprodukt und Pro-Kopf-Einkommen; diese Effekte fallen für die EU jedoch nur gering ausAbsenkung von Produktstandards durch Zusammenarbeit in Regulierungsfragen möglich
neue Absatzchancen für mittelständische Unternehmenteure Schadensersatzforderungen von Investoren an Regierungen
Wettbewerb kann zu höherer Qualität bei niedrigeren Preisen führen sowie zu höherer Produktvielfaltauch Klagen von Drittstaaten sind über Tochterfirmen in CETA-Staaten möglich
Qualifikationen ausländischer Dienstleister werden einfacher anerkanntCETA-Ausschuss kann Abkommen weiterentwickeln, ohne dass Parlamente dem zustimmen müssen
ausländische Investoren bringen neues Kapital in die beteiligten LänderRekommunalisierung von Dienstleistern der Daseinsvorsorge kann erschwert werden

Vorteile des CETA-Abkommens

CETA kann zu einem kleinen Wirtschaftswachstum führen.
CETA kann zu einem kleinen Wirtschaftswachstum führen.

Studien zufolge soll das CETA-Abkommen vor allem der kanadischen Wirtschaft positive Impulse geben. Diese Studien sind allerdings mit Vorsicht zu genießen: Im Gegensatz zu den konkreten Zollersparnissen und dem Wegfall der Kosten für doppelte Zulassungsverfahren sind Prognosen zu den ökonomischen CETA-Effekten deutlich schwieriger zu treffen.

Dies liegt auch daran, dass das CETA-Abkommen sehr viele Bestimmungen enthält, die alle mehr oder weniger starke Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung auf beiden Seiten des Atlantiks haben können.

Die Exporte zwischen den beiden Vertragspartnern sollen einer Studie der Europäischen Kommission (2016) zufolge nach Abbau der Handelshemmnisse um jeweils ein Fünftel beziehungsweise ein Viertel zunehmen. Auch das erhoffte zusätzliche jährliche Wirtschaftswachstum bewegt sich bei beiden Märkten mit acht beziehungsweise 11 Milliarden in einem ähnlichen Bereich (siehe Tabelle).

EU 27Kanada
Veränderung jährlicher Exporte zum Vertragspartner+ 24,3 %+ 20,6 %
Veränderung jährlicher Exporte zum Vertragspartner (Mio. Euro)+ 17.068+ 8.583
Veränderung des Bruttoinlandsprodukt-Zuwachses pro Jahr+ 0,08 %+ 0,77 %
Veränderung des Bruttoinlandsprodukt-Zuwachses pro Jahr (Mio. Euro)+ 11.594+ 8.161

Das ifo-Institut stellte 2014 mit einer Prognose fest, dass zehn Jahre, nachdem das Abkommen in Kraft getreten ist, das Pro-Kopf-Einkommen durch CETA in Kanada um fast 3 % zunimmt. Der positive Effekt für die EU und Deutschland fällt mit ungefähr 0,2 % aber nur sehr gering aus (siehe Tabelle).

volles CETA"seichtes" CETA
Veränderung reales Pro-Kopf-Einkommen Kanada2,97 %1,96 %
Veränderung reales Pro-Kopf-Einkommen EU0,22 %0,15 %
Veränderung reales Pro-Kopf-Einkommen Deutschland0,19 %0,13 %
CETA kann den Warenaustausch zwischen Kanada und der EU erleichtern.
CETA kann den Warenaustausch zwischen Kanada und der EU erleichtern.

Ein so genanntes „seichtes“ CETA, bei dem weniger nicht-tarifäre Handelshemmnisse abgeschafft werden, hat noch schwächere Effekte. Denn alleine dadurch, dass Konformitätsbewertungen gegenseitig anerkannt und damit doppelte Zulassungsverfahren abgeschafft werden, soll das BIP der EU jährlich um bis zu 2,9 Milliarden Euro wachsen (EU-Kommission 2016).

Wer profitiert mehr von CETA, Kanada oder die EU?

Die Zunahme von Exporten in den jeweiligen CETA-Partnerstaat sowie der Zuwachs der Wirtschaftsleistung sollen in Kanada und der EU ein ähnliches Ausmaß annehmen.

Da Kanada allerdings eine wesentlich kleinere Wirtschaft ist und insgesamt ein deutlich geringeres Außenhandelsvolumen hat als die EU, wirken sich die Zunahme von Handel und Produktion hier deutlich stärker aus.

So soll jeder Kanadier bei seinem realen Pro-Kopf-Einkommen 1.060 US-Dollar im Jahr mehr zur Verfügung haben, während EU-Bürger durch CETA im Schnitt nur 60 US-Dollar zusätzlich einnehmen würden (Ifo-Institut 2014).

Positive Effekte für die wirtschaftliche Entwicklung

CETA macht durch den Abbau von Zöllen und nicht-tarifären Handelshemmnissen den Handel zwischen der Europäischen Union und Kanada deutlich günstiger. Indem die Nachfrager weniger Geld für Produkte von der anderen Seite des Atlantiks bezahlen müssen, können die Unternehmen mehr Waren verkaufen.

CETA soll Dienstleistern der Telekommunikation den Weg nach Kanada ebnen.
CETA soll Dienstleistern der Telekommunikation den Weg nach Kanada ebnen.

Dadurch steigen ihre Gewinne und im Idealfall die Bereitschaft, neue Arbeitsplätze zu schaffen. Wenn so das Einkommen der Menschen steigt, können sie auch mehr Produkte aus dem Land des Vertragspartners kaufen, wodurch es zu beidseitigem Wirtschaftswachstum kommen soll.

Nicht nur der günstigere Handel von Waren, sondern auch die Liberalisierung des Dienstleistungsverkehr sowie von öffentlichen Aufträgen soll für die Wirtschaft förderlich sein. Von diesen beiden Punkten wird eher die Europäische Union als Kanada profitieren, da diese bereits offener gegenüber kanadischen Firmen ist als umgekehrt.

Von allen EU-Staaten soll CETA besonders Deutschland nützen, da seine Wirtschaftsstruktur stark auf den Export ausgerichtet ist.

Zwischen CETA und TTIP gibt es jedoch große Unterschiede bei den erwarteten wirtschaftlichen Effekten, die bei dem Abkommen mit den USA wesentlich stärker ausfallen sollen.

Neue Chancen für kleinere und mittelständische Unternehmen

Die Europäische Union und Kanada haben mit CETA beschlossen, dass sie gegenseitig ihre Konformitätsbewertungen anerkennen wollen. Damit fallen beim Export von Gütern doppelte Zulassungsverfahren weg, welche häufig sehr kostspielig sind.

Gerade für kleinere Firmen sind solche doppelten Zulassungen oft zu teuer, weshalb gerade ihnen die Erschließung von ausländischen Märkten schwerfällt. Sie könnten zu den Hauptprofiteuren von CETA gehören.

Zu CETA gehören auch geographische Indikatoren für regionale Spezialitäten.
Zu CETA gehören auch geographische Indikatoren für regionale Spezialitäten.

Vor allem für kleinere Betriebe, welche regionale Spezialitäten produzieren, kann CETA besondere Bedeutung haben. Indem geographische Indikatoren aus Europa auch in Kanada geschützt werden, können sie vermehrt ihre Waren nach Kanada exportieren, was bislang kaum der Fall ist. Bislang gab es kaum Exporte aus der EU heraus, was sich auch durch Schutz dieser Herkunftsbezeichnungen ändern soll.

Bei Freihandelsabkommen wird häufig befürchtet, dass sich die Industrieproduktion zum großen Teil in die Länder verlagert, in denen niedrigere Lohnkosten herrschen. Dadurch gehen in dem wirtschaftlich höher entwickelten Land oft viele Arbeitsplätze verloren. Bei CETA allerdings ist diese Gefahr kaum ausgeprägt, da es sich sowohl bei Kanada als auch den Staaten der Europäischen Union um hoch entwickelte Industriestaaten mit ähnlichem Lohnniveau handelt. Eine einseitige Verlagerung von Arbeitsplätzen droht hier nicht.

Wettbewerbseffekte

Durch die Abschaffung von Handelshemmnissen werden Unternehmen sowohl in Kanada als auch der EU einem stärkeren Wettbewerb durch Konkurrenten von der anderen Seite des Atlantiks ausgeliefert. Um in diesem Wettbewerb zu bestehen, sind sie gezwungen, ihre Waren sowohl günstiger und effizienter als auch in höherer Qualität herzustellen.

Dies kommt den Nachfragern zugute, welche so bessere Produkte für weniger Geld erhalten können. Der Wettbewerbseffekt sorgt dafür, dass die Preise noch niedriger werden als bei einem reinen Wegfall der Handelshemmnisse. Außerdem haben Konsumenten eine größere Auswahl an unterschiedlichen Produkten als ohne das CETA-Handelsabkommen.

Allerdings besteht auch die Gefahr, dass bestimmte Firmen diesem Wettbewerb nicht standhalten können und gezwungen werden, Arbeitsplätze abzubauen.

Anerkennung der Qualifikationen von Dienstleistern

Bis durch CETA Qualifikationen beidseitig anerkannt werden, dauert es noch.
Bis durch CETA Qualifikationen beidseitig anerkannt werden, dauert es noch.

Indem die Berufsabschlüsse und Qualifikationen von professionellen Berufen von Kanada und der EU gegenseitig anerkannt werden, ist es nicht nur möglich, dass bestimmte Firmen wie Ingenieurbüros einfacher Aufträge erhalten und so mehr Umsatz machen können.

Auch wenn entsprechend qualifizierte Personen auf der anderen Seite des Atlantiks einen Beruf finden möchten, wird dies durch die gegenseitige Anerkennung der Abschlüsse erleichtert. Ein vollständiger Abbau aller Hemmnisse für professionelle Berufe wird allerdings noch eine Zeit dauern.

Vorteile ausländischer Investitionen

Da gegenseitige Investitionen erleichtern werden, ist es möglich, dass neues Kapital in den jeweils anderen Markt gelangt. Durch diese Direktinvestitionen können neue Arbeitsplätze entstehen, so dass Arbeitnehmer in der EU vom CETA-Abkommen mit Kanada profitieren können und umgekehrt.

Vor allem der kanadische Markt soll stärker für Investoren geöffnet werden, als dies bisher der Fall war. Davon können Firmen aus der EU und kanadische Arbeitnehmer gleichermaßen profitieren.

Was kann CETA für Nachteile bringen?

An CETA wird auch Kritik laut, da sich viele Bürger darüber Sorgen machen, dass die hohen europäischen Standards genauso ausgehöhlt werden, wie dies bei TTIP befürchtet wird. Auch die Möglichkeit, dass es durch teure Investorenklagen vor Schiedsgerichten kommt, ist einer der Hauptkritikpunkte am Abkommen zwischen Kanada und der EU.

TTIP und CETA werden in der öffentlichen Debatte gerne in einen Topf geworfen. Obwohl sich zentrale Punkte beider Abkommen ähneln, gibt es dennoch große Unterschiede. Zunächst einmal ist Kanada als Handelspartner für die EU viel weniger wichtig als die Vereinigten Staaten, weshalb selbst Freihandelsbefürworter gerade in Europa mit eher geringen Effekten für die Wirtschaft rechnen. Die positiven wirtschaftlichen Effekte dürften sich vor allem einseitig auf kanadischer Seite finden.

Während über die Inhalte von TTIP wenig Genaues bekannt ist, liegt bei CETA bereits ein fertiger Vertrag vor. Dieser greift bereits einige Punkte auf, die bei den TTIP-Verhandlungen scharf kritisiert werden, und regelt diese strenger. Dazu gehört neben intransparenten Schiedsverfahren auch die drohende Aufweichung europäischer Produktstandards.

Droht die Absenkung von hohen EU-Standards?

Ob CETA Gentechnik durch die Hintertür ermöglicht, wird sich erst zeigen.
Ob CETA Gentechnik durch die Hintertür ermöglicht, wird sich erst zeigen.

Der CETA-Vertrag sieht vor, dass ein „Forum für die Zusammenarbeit in Regulierungsfragen“ Gesetzgeber auf beiden Seiten beraten soll, wobei die Kooperation der Regierungen dabei auf Freiwilligkeit beruht. Dieses Forum setzt sich aus nicht gewählten Experten zusammen, welche daher auch aus wirtschaftsnahen Kreisen stammen und einseitige Lobbyinteressen vertreten können.

Auch wenn die bisher gültigen Einfuhrbeschränkungen der EU durch das Abkommen selbst nicht angetastet werden, ist es CETA-Gegnern zufolge möglich, dass bei zukünftig geplanten Gesetzen und Importzulassungen die Interessen der Wirtschaft zu stark miteinfließen.

Die Folge davon könnte sein, dass die EU den Import gentechnisch veränderter Nahrungsmittel liberalisiert. Dies würde im Interesse kanadischer Nahrungsmittelhersteller liegen, da dieses Land der weltweit drittgrößte Produzent genmanipulierter Nahrung ist.

Auch eine Aufweichung des Vorsorgeprinzips könnte durch so eine freiwillige Zusammenarbeit der Regierungen erfolgen, was auch deshalb möglich ist, da es nicht explizit im CETA-Vertrag erwähnt wird.

Möglichkeiten für teure Schadensersatzklagen

Der Investitionsschutz des Abkommens bedeutet, dass Unternehmen ausländische Regierungen beim ICS-Investitionsgericht anklagen können, wenn sie der Meinung sind, dass ihre Investitionen auf diesem Markt bedroht werden. Dies ist nicht nur dann der Fall, wenn Regierungen die Investoren enteignen, den Gewinntransfer in das Heimatland einschränken oder einheimische Unternehmen bevorzugen.

Auch CETA kann zu teuren Schiedsverfahren führen.
Auch CETA kann zu teuren Schiedsverfahren führen.

Auch wenn Regierungen neue Gesetze beschließen, welche den Profit der Investoren zu schmälern drohen, können diese angeklagt werden. Solche Gesetze werden von Wirtschaftsjuristen auch als „indirekte Enteignung“ bezeichnet.

Der gegenwärtige Prozess von Vattenfall gegen die Bundesregierung, bei dem es um Schadensersatz für die Stilllegung zweier Atomkraftwerke geht, wird als mahnendes Beispiel für neue Verfahren auf Grundlage von CETA gesehen. Dieses Verfahren könnte den deutschen Steuerzahler 4,5 Milliarden Euro kosten.

CETA räumt allerdings Ausnahmen für Gesetze in Bereichen ein, die für das Gemeinwohl als besonders wichtig gelten:

[Hiermit] bekräftigen die Vertragsparteien ihr Recht, zur Erreichung legitimer politischer Ziele wie des Schutzes der öffentlichen Gesundheit und Sicherheit, des Schutzes der Umwelt oder der öffentlichen Sittlichkeit, des Sozial- oder Verbraucherschutzes oder der Förderung und des Schutzes der kulturellen Vielfalt in ihrem jeweiligen Gebiet regelnd tätig zu werden.“ (CETA-Abkommen, Abschnitt D, Artikel 8.9)

Gegen solche Gesetze kann ein ausländischer Investor auch dann nicht klagen, wenn sie seinen Profit schmälern würden. Kritiker sind jedoch der Ansicht, dass die Bestimmungen in diesem Artikel juristisch sehr vage gehalten sind, weshalb Investoren und ihre Anwälte hier Schlupflöcher finden könnten.

Kritiker warnen davor, dass CETA die Demokratie aushöhlt.
Kritiker warnen davor, dass CETA die Demokratie aushöhlt.

Kommt es dann tatsächlich vermehrt zu Klagen gegen neue Gesetze, besteht die Gefahr, dass Regierungen auf neue Gesetze ganz verzichten, obwohl diese im Sinne des Umwelt- oder Verbraucherschutzes sind, um teuren Schadensersatzforderungen zu entgehen.

Auch wenn sich eine Vertragspartei dazu entschließt, den CETA-Vertrag aufzukündigen, so sind Investitionsklagen noch 20 Jahre lang möglich.

Als die kanadische Provinz Québec Fracking mit einem Moratorium gestoppt hatte, verklagte das kanadische Öl- und Gasunternehmen Lone Pine Resources die Provinz auf 250 Millionen Dollar Schadensersatz vor einem Schiedsgericht. Dies war über ein Tochterunternehmen mit Sitz in den USA auf Grundlage des NAFTA-Abkommens möglich. Wenn nun ein EU-Staat erst dann ein Gesetz gegen Fracking verabschiedet, nachdem ein Unternehmen aus Kanada dort bereits investierte, könnte er zu hohen Schadensersatzforderungen verklagt werden. Vorausgesetzt ist hier natürlich, dass die Einschränkungen des oben zitierten Artikels zugunsten des Frackings entsprechend weit ausgelegt werden.

Kritiker von CETA bemängeln auch, dass die Richter des ICS kein festes Gehalt beziehen, sondern dass sie für jeden Prozess einzeln bezahlt werden, den sie führen. Von daher hätten die Richter einen Anreiz, zugunsten der Investoren zu entscheiden, weil dies weitere Investoren zur Klage motivieren und den Richtern ein zusätzliches Einkommen bieten könnte.

Auch wenn die Schiedsverfahren nach der neuesten Vertragsversion transparent stattfinden sollen, könnten durch CETA die EU-Staaten und ihre Steuerzahler also dennoch zu hohen Schadensersatzzahlungen verurteilt werden.

Können auch Unternehmen aus anderen Ländern EU-Staaten anklagen?

 Europäische Staaten können durch CETA auch von US-Firmen über Kanada verklagt werden.
Europäische Staaten können durch CETA auch von US-Firmen über Kanada verklagt werden.

Ein weiterer Kritikpunkt am Investitionsschutz von CETA ist, dass nicht nur kanadische, sondern auch US-amerikanische Unternehmen mittels Umweg über Kanada europäische Staaten verklagen können, falls TTIP scheitern sollte. Dazu benötigen sie nur eine Tochtergesellschaft in Kanada, die über eine einfache Briefkastenfirma hinausgeht und sowohl Kapital als auch Angestellte umfassen muss.

Aber auch Investoren aus anderen Staaten wie China können über eine etwas umfangreichere kanadische Tochtergesellschaft gegen Staaten der Europäischen Union klagen. Es soll Kritikern zufolge so selbst europäischen Unternehmen möglich sein, mit einer kanadischen Tochterfirma die eigene Regierung anzuklagen, wenn sie den ICS als investorenfreundlicher ansehen als nationale Gerichte. Von daher befürchten die Gegner des Freihandelsabkommens unberechenbare Risiken.

CETA-Ausschuss

Besonders umstritten ist auch der gemischte CETA-Ausschuss (CETA Joint Committee). Er soll als zentrales Steuerorgan des Abkommens eingerichtet werden und sich aus Vertretern Kanadas und der Europäischen Union zusammensetzen. Gemäß Vertrag ist er dazu befugt, mit Annexen und Protokollen einige wichtige Teile des Vertrages selbstständig zu ändern.

Damit kann er Kritikern zufolge den Inhalt von CETA in eine stärker investorenfreundliche Richtung lenken, ohne dass nationale Parlamente dem zustimmen müssen. Wenn diese das Abkommen einmal unterzeichnet hätten, würden sie keinen Einfluss auf weitere Vertragsänderungen in bestimmten Bereichen mehr haben.

Das Bundesverfassungsgericht verpflichtete die Bundesregierung in einem vorläufigen Urteil im Oktober 2016 dazu, sich dafür einzusetzen, dass der gemischte Ausschuss CETA nur dann ändern darf, wenn er dafür ein einstimmiges Mandat der Regierungen aller EU-Mitgliedstaaten erhalten hat. Dadurch wird dieser in seiner Handlungsfreiheit eingeschränkt, auch wenn eine Entscheidung der Regierungen nur indirekt demokratisch legitimiert ist.

Wird der Rückkauf privatisierter Dienstleistungen erschwert?

Viele europäische Staaten verkauften in den letzten Jahren Dienstleister für die Grundvorsorge an private Unternehmen, beispielsweise Energie- und Wasserversorgung, Krankenhäuser oder öffentlichen Nahverkehr.

CETA kann die Rekommunalisierung mancher Dienste erschweren.
CETA kann die Rekommunalisierung mancher Dienste erschweren.

Wenn öffentliche Institutionen in Europa nun solche Dienstleister wieder rekommunalisieren wollen, kann dies CETA zufolge in vielen Fällen nicht mehr möglich sein, da eine Diskriminierung ausländischer Investoren vorliegt, wenn diese Dienste wieder von öffentlichen Institutionen zurückgekauft werden.

CETA beinhaltet eine so genannte Negativliste, auf der alle Dienste aufgeführt sind, die wieder in öffentlichen Besitz übernommen werden dürfen. Das Problem dabei ist, dass alle Dienste, die nicht explizit genannt werden, privaten Investoren aus allen Vertragsstaaten überlassen werden müssen. Auch zukünftige Dienste, die bisher noch nicht existieren, müssen so von vornherein für private Firmen ausgeschrieben werden.

Die Negativliste von CETA umfasst unter anderem Dienstleistungen in den Bereichen Bildung, Gesundheit, sozialen Diensten und Wasserversorgung. Dies bedeutet, dass Dienstleister aus allen anderen Bereichen wie Strom- und Gasversorgung, Abwasserentsorgung, aber auch ehemals öffentlicher Wohnungsbau nicht wieder rekommunalisiert werden dürfen, wenn sie einmal privatisiert wurden.

Ausblick auf die Zukunft von CETA

Der Bundestag muss gemeinsam mit anderen Parlamenten dem CETA-Abkommen zustimmen.
Der Bundestag muss gemeinsam mit anderen Parlamenten dem CETA-Abkommen zustimmen.

Doch noch ist die Zukunft des Freihandelsabkommens nicht sicher. Vor allem in jüngerer Vergangenheit formierte sich zunehmender Widerstand, der in erster Linie von Seiten der Bevölkerung und von Nichtregierungsorganisationen ausging. So starteten Foodwatch, Campact und der Verein Mehr Demokratie eine Initiative für die bisher größte Bürgerklage in der Geschichte des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG). Mehr als 125.000 Unterstützer fanden sich, die am 31. August 2016 gegen CETA eine Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe einreichten.

Am 13. Oktober hat das Verfassungsgericht entschieden, dass die Bundesrepublik einer vorläufigen Anwendung von CETA zustimmen darf. Damit sind allerdings nur die Teile des Vertrages gemeint, welche ausschließlich die EU-Ebene betreffen, beispielsweise der Abbau von Zöllen. Über andere Teile von CETA müssen der Bundestag und die Parlamente aller EU-Staaten abstimmen, weil diese in die Aufgabenbereiche der staatlichen Gesetzgebung eingreifen. Darunter fällt auch der umstrittene Investorenschutz.

Die CETA-Gegner argumentierten bei der Verfassungsklage, dass das Abkommen gegen das Rechtsstaats- und Demokratieprinzip verstoße, weil sich Deutschland damit einem internationalen Investitionsgericht und dem gemischten CETA-Ausschuss unterwerfen würde.

Bei der Abstimmung im Ministerrat verpflichtete das BVerfG die Bundesregierung außerdem dazu, sich eine Ausstiegsmöglichkeit aus CETA einzuräumen. Wenn das Bundesverfassungsgericht in der Hauptsachenverhandlung zu dem Schluss kommt, dass CETA gegen das deutsche Grundgesetz verstößt, darf die Bundesrepublik die vorläufige Anwendung des Vertrages einseitig beenden.

Ursprünglich sollte der Ministerrat am 17. Oktober 2016 der vorläufigen Anwendung aller EU-bezogenen Teile von CETA zustimmen, sodass das Abkommen am 27. Oktober auf dem EU-Kanada-Gipfel hätte unterzeichnet werden können. Allerdings wurde die Ministerrat-Abstimmung erst einmal vertagt, weil die südbelgische Region Wallonien der belgischen Regierung die Erlaubnis verweigerte, im Ministerrat für CETA zu stimmen.

Ein paar Tage später konnten sich die Regierungen der EU-Staaten jedoch mit Wallonien auf einen Kompromiss einigen. Dieser beinhaltet eine neue Zusatzerklärung, welche unklare Formulierungen im CETA-Vertrag präziser ausführt. Außerdem soll der Europäische Gerichtshof (EuGH) juristisch überprüfen, ob das angestrebte Schiedsgerichtssystem mit dem EU-Recht konform geht. Am 30. Oktober schließlich konnte das Abkommen samt seiner Zusatzerklärung von Vertretern beiderseits des Atlantiks unterzeichnet werden.

Bevor die „EU only“-Teile des Abkommens in Kraft treten können, muss über CETA noch eine Abstimmung im EU-Parlament und dem kanadischen Parlament erfolgen. Das Abkommen kann dann eventuell ab Anfang 2017 vorläufig angewandt werden. Bevor jedoch die anderen Teile wie der Investorenschutz in Kraft treten können, müssen CETA noch der Bundestag und die nationalen Parlamente aller anderen EU-Staaten zustimmen. In diesem womöglich Jahre andauernden Prozess besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass sich in mindestens einer Volksvertretung ausreichender Widerstand gegen das Abkommen regt.

Sollte CETA in Kraft treten, so wird die Zukunft zeigen, ob es in Kanada und der EU zu einem kleinen, aber feinen Wirtschaftswachstum kommt oder ob sich die Büchse der Pandora für teure Schadensersatzklagen gegen Regierungen öffnet.

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Das Freihandelsabkommen CETA: Ein Vorspiel für TTIP?
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Über den Autor

Autor
Jennifer A.

Jennifer studierte Rechtswissenschaften an der Universität Bayreuth. Seit 2018 ist sie fester Bestandteil des Redaktionsteams von anwalt.org. Sie nutzt ihr breites Wissen über das deutsche Rechtssystem seither für die Erstellung gut verständlicher Texte in Bereichen wie dem Asylrecht, Steuerrecht und Verbraucherrecht.

14 Gedanken zu „Das Freihandelsabkommen CETA: Ein Vorspiel für TTIP?

  1. DiyanaD.

    Sehr geehrte Damen und Herren,
    ich bin eine Schülerin am Gymnasuim und bereite mich auf das DSD-Prüfung vor. CETA ist mein Thema. Kann nicht beschreiben, wie viel diese Angaben mir geholfen haben. Besten dank zu den Autoren! Darüber hinaus möchte ich bieten, wer andere interessante Informationen über diese Problematik hat oder nur seine eigene Meinung äußern will, als Bürger, mir zu schreiben. Vieles wird verschweigert, ich will allerdings wissen.

    Danke im Voraus!
    Diyana D.

  2. Rainer D.

    Über die Petition und Bürgerklage gegen CETA bin ich auf diese Seite gekommen. Vielen Dank für die ausführliche, klare und vor allen Dingen objektiven Darstellung der CETA Inhalte. Insgesamt kann man aber nur zu der Schlussfolgerung kommen, dass CETA nur den Wirtschafts-/Unternehmensinteressen dienen und ob diese sich bis zu uns Bürgern durchsetzen wird, bleibt zweifelhaft. Grundsätzlich dienen solche Abkommen nur dazu, die Macht von Unternehmen gegenüber Staaten, also uns, zu stärken. Die Großkonzerne dieser Welt haben schon viel zu viel Macht und wie wir wissen, basieren diese Konzerne nicht auf demokratischen Regeln, sondern werden hierachisch geführt und stehen somit im Widerspruch zur Demokratie, sind also abzulehnen, bzw. in ihrer Macht einzuschränken.

  3. S., Erich

    Zitat:
    …. durch den Abbau von Zöllen und nicht-tarifären Handelshemmnissen…. den Handel …. deutlich günstiger. Indem die Nachfrager weniger Geld für Produkte von der anderen Seite des Atlantiks bezahlen müssen, können die Unternehmen mehr Waren verkaufen.

    Dadurch steigen ihre Gewinne …. wenn das Einkommen der Menschen steigt, können sie auch mehr Produkte aus dem Land des Vertragspartners kaufen, wodurch es zu beidseitigem Wirtschaftswachstum kommen soll.

    Kommentar:
    Diesen „Automatismus“ gibt es nicht. Mehr Umsatz bedeutet nicht automatisch mehr Gewinn. Da spielen viele weitere Faktoren mit.
    Wenn das verfügbare Einkommen steigt, garantiert niemand, dass es im Sinne von CETA dem Vertragspartner durch Warenkäufe zufließt. Da spielen soziale Momente, (Sparrate) ebenso mit wie die Unberechenbarkeit der Nachfrager.
    So einfach im Sinne von „Ursache/Wirkung“ kann man Ceta nicht erklären.-

  4. Hildegard J.

    Mir bereiten die zunächst einmal sehr vielversprechenden Hinweise auf eine höhere Produktvielfalt zu niedrigeren Preisen Kopfzerbrechen. Weil eben auch die sinkenden Preise in erster Linie nicht nur durch mehr Wettbewerb, sondern auch durch abnehmende Qualitätsstandards zustande kommen, fürchte ich, daß es gute Produkte „in the long run“ immer weniger und dann sogar nur noch gegen noch mehr Geld zu haben sind.
    Ebenso die neuen Prüfverfahren: Was haben die EU und Kanada für Prüfvorschriften und Prüfnormen? Die weniger aufwendigen und somit weniger teuren Prüfungen sind dann die einzigen, die entscheiden. Die Gefahren liegen doch auf der Hand! Das GS-Siegel wird dann entweder zu einer Farce oder komplett abgeschafft. Rauchmelder sind dann nur noch Plastikdeko an der Zimmerdecke und viele Elektrogeräte auch nicht mehr so sicher, wie sie nach EU-Richtlinien sein sollten.
    Naturheilmittel sind nie preiswert in der Herstellung, und so manche Präparate, welche die gesetzlichen Krankenkassen noch bezahlen, sind dann von der Liste genommen worden oder werden als gentechnisch verfälschter Kram preiswerter angeboten.
    Ich sage nur: CETA, ein Etikettenschwindel!

  5. Wolfgang G.

    Danke für die Zusammenfassung. Die PRO Argumente vermitteln eher einen gequälten Versuch etwas positives zu vermitteln. Bessere Qualität durch Wettbewerb: Traumwelt. Die errechnete Erhöhung des BIP ist bezogen auf die EU lachhaft. Ein angestrebter Rechtsstreit ( siehe Vattenfall ) führt dieses Wunschdenken auf den Boden der Realität zurück. Für mich kann ich nur zu dem Ergebnis kommen: wir werden von der Politik verschaukelt und müssen langfristig die Folgen und Kosten tragen. Nicht nachvollziehbar ist für mich die Euphorie der Beführworter, dass hier etwas positives geschaffen wird.

  6. Norbert J.

    Ich habe über 40 Jahre mit Zollabwicklungen weltweit zu tun gehabt. Die großspurigen Einsparungen bei Zöllen ist blanker Unsinn. Diese kann man auch ohne CETA abschaffen. Was bleibt sind die aufwändigen Prozeduren und die Einfuhrsteuern (Verbauchs- und Umsatzsteuer). Diese bleiben und machen eine Zollabwicklung notwendig. Das aber sind die wesentlichen Kostentreiber, auch bezogen auf den Zeitaufwand. Die Sicherheitsmaßnahmen bezogen auf Terrorismus bleiben ebenfalls, weil sie nicht durch CETA abschaffen kann. Und wer ehrlich sein will, der sollte anhand von NAFTA eine Vergleichsrechnung aufamchen. Signifikante Arbeitsplätze wurden auf keiner Seite geschaffen, nur eine Verschiebung in den Billiglohnsektor. Die Betroffenen sieht man unter den Trump-Anhängern.

  7. Franz K.

    Sehr geehrte Damen und Herren,
    vielen Dank für die Mühe, der Sie sich mit der Erstellung dieser Übersicht zu CETA unterzogen haben. Ich hoffe dass ich irgendwann auch eine solches Werk zu TISA finde.

    Eine Frage ist bei mir zu dem internationalen Investitionsgericht offen geblieben:

    Internationale, öffentliche Gerichte gibt es bereits. Zum Beispiel regelt der Internationale Gerichtshof in den Haag Streitigkeiten auf der Basis des Völkerrechts und der Menschenrechte.

    Oder der internationale Seegerichtshof. Es urteilt auf der Grundlage des Seerechts und des internationalen Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen.

    Auf welches Recht soll sich das internationale Investitionsgericht bei seien eventuellen Urteilen berufen? Gibt es ein international gültiges Investitionsrecht? Was, wenn nicht? Müssen die Richter sich dann immer irgendwas ausdenken?
    Meines Erachtens müssten erst die international gültigen Gesetze, möglichst auf UN-Basis geschaffen werden, bevor ein internationales Investitionsgericht überhaupt arbeiten kann; Es sei denn das gibt es schon?

    1. anwalt.org

      Hallo Franz K.,

      das Investitionsgericht, welches durch CETA ins Leben gerufen werden soll, soll nur die Regeln des CETA-Vertrages durchsetzen. Es gibt bisher kein allgemeines, international gültiges Investitionsrecht, sondern nur einzelne Verträge zwischen zwei oder mehreren Staaten. Wenn ein internationales Investitionsgericht eingerichtet werden soll, so wird sich dies um die Einhaltung dieser einzelnen Verträge kümmern.

      Ihr Team von anwalt.org

  8. Arne B.

    Ich finde in Ihrem Text immer wieder das Wörtchen „soll“. Das ist mir entschieden zu wenig für ein so weitreichendes Abkommen. Ich war es als Unternehmer gewohnt, stets konkrete Dinge in Verträgen festzuhalten. Mit „soll“ habe ich nach Lieferung noch keinen Cent auf dem Konto! Erst „der Kunde zahlt in … Tagen bringt Sicherheit. Das gilt – oder muss zumindest – auch für solche Verträge gelten. Ansonsten sollte man die Vollhaftung der Politiker, die so etwas unterzeichnen, festschreiben!

  9. joe b.

    Ein grosses DANKE fuer die wunderbare Zusammenfassung, objektive gehalten, toll gemacht. Schade das die Damen u Herrn in Berlin es nicht schaffen so etwas zu produzieren.

    1. Chris F.

      Ich schliesse mich Ihrem Dank an die Autoren an. Auch Ihr Kommentar ist genau richtig. Zusätzlich: das Stimmvolk sollte vermehrt von den Parteien verlangen, dass solche neutralen Texte und Erläuterungen zu jeder Vorlage und jeden Vertragsentwurf durch die Regierung publiziert werden. So ginge transparentes regieren.

  10. Peter O.

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    vielen Dank für diese übersichtliche Zusammenfassung. Es fällt mir trotzdem sehr schwer mir als Privatperson eine gerechte Meinung zu bilden.
    Einerseits würde es Kanada und der EU die Möglichkeit bieten, wie sie schreiben, vielleicht ein kleines feines Wirtschaftswachstum zu erreichen.
    Andererseits stehen dem doch bedenkliche Punkte wie Reprivatisierungen oder die Klagsrechte von Firmen weltweit bei einer eigenen Repräsentanz in Kanada gegenüber.
    Wie weit sind solche „negativen“ Beispiele in anderen Staaten schon bekannt und welche Auswirkungen haben diese auf die betroffenen Länder. Haben sie dazu Beispiele wo bekannte Konzerne geklagt haben, um sich hier Vorteile auf Kosten der Steuerzahler heraus zu schlagen.

    Mit freundlichen Grüßen

    Peter O.

    1. anwalt.org

      Hallo Peter O.,

      neben der Klage von Lone Pine Resources gegen die kanadische Provinz Quebec, welche im Text zu CETA genannt wird, gibt es noch weitere Beispiele für Schiedsverfahren im Rahmen von Freihandelsabkommen, welche Konzerne gewonnen hatten.

      Beispielsweise erhöhte die mexikanische Regierung 2003 die Steuern für Getränke, welche mit Maissirup gesüßt werden, der als ungesünder gilt als beispielsweise Rohrzucker. Daraufhin verklagte der US-Getränkehersteller Cargill die mexikanische Regierung erfolgreich auf Schadensersatz, da er Gewinneinbußen auf dem mexikanischen Markt befürchtete. Dies war durch den Investitionsschutz im Rahmen des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens möglich (NAFTA).
      Ebenfalls auf Grundlage von NAFTA reichte der kanadische Chemiekonzern Afton Chemicals eine Klage gegen die kanadische Regierung ein, weil diese einen Zusatzstoff im Benzin verboten hatte, der im Verdacht stand, gesundheitsschädigend zu sein. Afton Chemicals erreichte, dass die kanadische Regierung das Verbot zurückzog und dem Konzern 13 Millionen Dollar Schadensersatz zahlen musste.

      Dies sind zwei wichtige Beispiele im Rahmen des Nafta-Freihandelsabkommens, welches bereits seit über 20 Jahren besteht. Gegenwärtig läuft beispielsweise ein Verfahren von Vattenfall gegen die Bundesrepublik Deutschland, bei dem der schwedische Stromkonzern 4,5 Milliarden Dollar Schadensersatz dafür verlangt, dass die Bundesregierung zwei Atomreaktoren hat stilllegen lassen.

      Ihr Team von anwalt.org

    2. Tim.E.

      Liebe Leute :-),

      danke für diesen übersichtlichen Bericht. Es hat mir sehr geholfen mein Leid in meinem Leben zu vergessen danke dafür. ;-)

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