Bürgergeld-Kürzungen: Wann kommt es zu Leistungsminderungen?

Kommen Sie Ihren Verpflichtungen nicht nach, kann dies beim Bürgergeld zu Kürzungen führen.
Kommen Sie Ihren Verpflichtungen nicht nach, kann dies beim Bürgergeld zu Kürzungen führen.

FAQ: Bürgergeld-Kürzungen

Kann mir das Bürgergeld komplett gestrichen werden?

Zum jetzigen Zeitpunkt sind vollständige Kürzungen beim Bürgergeld nicht möglich. Das Jobcenter darf Ihnen das Bürgergeld maximal um 30 % kürzen.

Wie lange darf das Jobcenter das Bürgergeld kürzen?

Kürzungen sind beim Bürgergeld sowohl der Höhe nach als auch in Ihrer Dauer begrenzt. Eine dauerhafte Kürzung der Leistungen ist nicht möglich. Leistungsminderungen dürfen maximal für drei Monate aufrechterhalten werden.

Wirkt sich eine Bürgergeld-Kürzung auf die Zahlung der Miete aus?

Kürzt Ihnen das Jobcenter das Bürgergeld, wirkt sich dies nur auf den Regelsatz und nicht auf die jeweiligen Zahlungen für die Miet- und Heizkosten aus. Leistungen, die das Jobcenter für Ihre Wohnung leistet, werden in voller Höhe weitergezahlt.

Wann drohen beim Bürgergeld Kürzungen?

Versäumen Sie unentschuldigt einen Termin beim Arbeitsamt beziehungsweise Jobcenter, kann dieses Ihnen das Bürgergeld kürzen.
Versäumen Sie unentschuldigt einen Termin beim Arbeitsamt beziehungsweise Jobcenter, kann dieses Ihnen das Bürgergeld kürzen.

Beim Bürgergeld handelt es sich um eine Sozialleistung des Staates, die als Grundsicherung fungiert. Anspruch haben laut Gesetz alle Bürger, die als hilfebedürftig gelten. Dies ist der Fall, wenn das eigene Einkommen oder Vermögen nicht ausreicht, um den Lebensunterhalt selbst zu finanzieren.

Das Bürgergeld ist jedoch kein bedingungsloses Grundeinkommen, sondern eine steuerfinanzierte Leistung des Jobcenters. Um diese zu erhalten, sind bestimmte Voraussetzungen wichtig. Dabei spielt es allerdings keine Rolle, ob Sie sich in der Arbeitslosigkeit befinden oder die Höhe Ihres Einkommens nicht ausreicht.

Ähnlich wie beim Arbeitslosengeld 1 können Pflichtverletzungen allerdings zu Kürzungen der Bürgergeld-Leistungen führen. Welche Voraussetzungen für den Bezug von Bürgergeld bestehen, wann Sanktionen durch das Jobcenter drohen und wie hoch diese ausfallen, erläutern wir Ihnen in den folgenden Abschnitten.

Wann haben Sie Anspruch auf Bürgergeld?

Um Bürgergeld zu beziehen, bestehen verschiedene Voraussetzungen, die Sie erfüllen müssen. Grundsätzlich gilt eine Hilfebedürftigkeit als vorausgesetzt. Dies bedeutet, dass das eigene Einkommen oder das angesparte Vermögen nicht ausreicht, um sich selbst zu versorgen. Beides wird beim Antrag auf Bürgergeld überprüft und muss entsprechend nachgewiesen werden. 

Während beim Vermögen eine Freigrenze von 40.000 € im ersten Jahr gilt, gibt es beim Einkommen keinen festgelegten Betrag, den Sie maximal verdienen dürfen. Entscheidend ist hingegen Ihr jeweiliger Bedarf. Dieser setzt sich aus dem Bürgergeld-Regelsatz sowie den anfallenden Kosten für Miete und Heizung zusammen. 

Sind Sie berufstätig und möchten mit Bürgergeld Ihr Einkommen aufstocken, wird der jeweilige Verdienst entsprechend angerechnet und von Ihrem Leistungsanspruch abgezogen. Je nach Höhe des Einkommens bleiben zwischen 10 und 30 % anrechnungsfrei.

Neben der Bedürftigkeit zählen auch das Alter und die Erwerbsfähigkeit zu den Voraussetzungen. So ist der Bezug von Bürgergeld beispielsweise nur für Bürger über 15 Jahren und bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze möglich. Ebenso müssen Sie mindestens 3 Stunden pro Tag arbeiten können und Ihren Hauptwohnsitz in Deutschland haben.

Welche Verpflichtungen haben Bürgergeld-Empfänger?

Lehnen Sie ein zumutbares Jobangebot ab, führt dies in der Regel zu höheren Kürzungen beim Bürgergeld als ein versäumter Termin beim Arbeitsamt.
Lehnen Sie ein zumutbares Jobangebot ab, führt dies in der Regel zu höheren Kürzungen beim Bürgergeld als ein versäumter Termin beim Arbeitsamt.

Sind die genannten Voraussetzungen erfüllt, besteht grundsätzlich ein Anspruch auf Bürgergeld. Jedoch gibt es weiterhin Verpflichtungen, die Sie erfüllen müssen. Zum Beispiel müssen Sie regelmäßig Termine beim Jobcenter wahrnehmen.

Ebenso ist es wichtig, dass Sie für das Jobcenter erreichbar sind. Planen Sie zu verreisen oder in Urlaub zu fahren, müssen Sie Ihren Ansprechpartner darüber informieren und sich die Reise sozusagen genehmigen lassen. 

Auch verschiedene Meldefristen sind für Bürgergeld-Empfänger zu beachten. Beispielsweise gilt es im Falle einer Krankheit, dies rechtzeitig dem Jobcenter mitzuteilen. Genauso wie im Job müssen Sie im Krankheitsfall ein entsprechendes Attest eines Arztes vorlegen.

Verlangt das Jobcenter von Ihnen Nachweise hinsichtlich Ihrer finanziellen Situation, ist es Ihre Pflicht, diese fristgerecht abzugeben. Welche Fristen gelten, teilt Ihnen das Jobcenter in der Regel in der jeweiligen Aufforderung mit. Zusätzlich müssen Sie persönliche oder finanzielle Veränderungen unaufgefordert und umgehend mitteilen. 

Vermittelt das Amt Ihnen eine zumutbare Arbeit oder eine Weiterbildungsmaßnahme, sind Sie verpichtet, diese anzunehmen. So führt eine unbegründete Absage oder eine eigenständige Beendigung einer solchen Maßnahme ohne vorherige Rücksprache mit dem Jobcenter oftmals zu Bürgergeld-Kürzungen. 

Wann gelten Stellen als zumutbar? – Im Gegensatz zu Hartz IV (Arbeitslosengeld II) steht beim Bürgergeld eine dauerhafte Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt im Vordergrund. Dennoch besteht für Sie die Pflicht, zumutbare Stellen anzunehmen. Als zumutbar gelten dabei alle Tätigkeiten, die Sie physisch und psychisch ausüben können und die nicht gegen gesetzliche Regelungen verstoßen. Eine faire Entlohnung spielt hierfür keine Rolle, sofern diese nicht sittenwidrig ist. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Lohn 30 % oder mehr unter dem jeweiligen ortsüblichen Lohn liegt. Ist dies der Fall, können Sie im Normalfall die Stelle ohne Bürgergeld-Sanktionen ablehnen. 

Wie hoch ist beim Bürgergeld die maximale Kürzung?

Bei einem Verstoß gegen Ihre Verpflichtungen kann das Jobcenter Ihnen das Bürgergeld kürzen. Wie hoch beim Bürgergeld die Kürzungen ausfallen, ist typischerweise von der Art des Vergehens beziehungsweise der Häufigkeit Ihrer Verstöße abhängig

So führt zum Beispiel ein Meldeverstoß oder ein versäumter Termin oftmals zu einer Kürzung in Höhe von 10 % der Leistungen. Wichtig zu beachten ist dabei, dass beim Bürgergeld Kürzungen nicht existenzgefährdend sein dürfen und sich ausschließlich auf Ihren Regelsatz auswirken. Zahlungen für die Miete oder die Heizkosten sind von den Sanktionen nicht betroffen.

§ 31a Abs. 4 SGB II – „Die sich rechnerisch ergebenden Zahlbeträge für die Kosten der Unterkunft und Heizung dürfen durch eine Leistungsminderung nicht verringert werden.“

Kommt es zu mehreren Pflichtverletzungen, kann das Jobcenter auch höhere Sanktionen verhängen. Insgesamt können Ihnen die Leistungen für maximal drei Monate gemindert werden. Üblich ist folgende Staffelung:

  • 1. Pflichtverletzung: Leistungsminderung um 10 % für einen Monat
  • 2. Pflichtverletzung: Leistungsminderung um 20 % für zwei Monate
  • 3. Pflichtverletzung: Leistungsminderung um 30 % für drei Monate

Eine höhere Leistungsminderung als 30 % ist zum aktuellen Zeitpunkt jedoch gesetzlich nicht erlaubt. Für eine alleinstehende Person sind dies bei einem Regelsatz in Höhe von 563 € immerhin 169,90 €. Somit bleiben noch 394,10 € übrig, was einen deutlichen finanziellen Einschnitt bedeutet. 

Auch bei mehreren unterschiedlichen Pflichtverletzungen sind aktuell beim Bürgergeld keine Kürzungen höher als 30 % möglich. Dies ist ebenfalls in § 31a des zweiten Sozialgesetzbuches (SGB II) festgelegt.

Bürgergeld-Kürzungen: Was gilt bei einer Bedarfsgemeinschaft?

Bürgergeld-Kürzungen: Bei einer Bedarfsgemeinschaft ergibt sich der Leistungsanspruch aus den einzelnen Regelsätzen der in der Gemeinschaft lebenden Personen.
Bürgergeld-Kürzungen: Bei einer Bedarfsgemeinschaft ergibt sich der Leistungsanspruch aus den einzelnen Regelsätzen der in der Gemeinschaft lebenden Personen.

Verstoßen Sie gegen Ihre Pflichten, droht im Normalfall eine Kürzung des Bürgergelds. Betroffen davon ist ausschließlich der jeweilige Regelsatz. Höhere Sanktionen sind nicht möglich. 

Leben Sie alleine, sind dies maximal 30 % Ihres Bedarfs. Leistungen, die Sie zur Zahlung Ihrer Miete erhalten, können nicht sanktioniert werden. Doch wie verhält es sich innerhalb einer Bedarfsgemeinschaft? 

Was ist eine Bedarfsgemeinschaft? 

Eine Bedarfsgemeinschaft kann grundsätzlich aus einer oder mehreren Personen bestehen. Damit ein Leistungsanspruch besteht, muss mindestens eine Person dieser Bedarfsgemeinschaft erwerbsfähig und gemäß SGB II leistungsberechtigt sein. 

Wer alles zu einer Bedarfsgemeinschaft gehört, ist in § 7 Abs. 3 SGB II geregelt. Dementsprechend gehören folgende Personen zu einer Bedarfsgemeinschaft:

  • alle erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
  • die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat
  • die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner des Elternteils
  • die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte der leistungsberechtigten Person
  • die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner der leistungsberechtigten Person
  • eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt
  • die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben

Besonderheit bei zusammen lebenden Partnern – Damit die Partnerin oder der Partner zur Bedarfsgemeinschaft zählen, ist ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, vorausgesetzt. Dies ist der Fall, wenn Partner länger als ein Jahr zusammenleben, mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben, Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen

Welche Auswirkungen haben Bürgergeld-Kürzungen bei einer Bedarfsgemeinschaft?

Leben Sie in einer Bedarfsgemeinschaft und Sie erhalten einen Sanktionsbescheid, wirkt sich dieser nicht auf die Leistungen der anderen Personen aus. Sanktioniert wird ausschließlich die Person, die gegen Ihre Pflichten verstößt.

Dies hat den Hintergrund, dass andere Personen in der Bedarfsgemeinschaft nicht für die Verstöße einer einzelnen Person bestraft werden sollen. Dies gilt insbesondere, wenn es sich ausschließlich um nur eine leistungsberechtigte Person handelt, wie es zum Beispiel in Haushalten mit Kindern der Fall ist.

Wie können Sie auf eine Kürzung vom Bürgergeld reagieren?

Bürgergeld-Kürzungen: Vor dem Sozialgericht stehen Ihre Chancen in der Regel nicht schlecht. Klagen gegen Sanktionen des Jobcenters sind oftmals erfolgreich.
Bürgergeld-Kürzungen: Vor dem Sozialgericht stehen Ihre Chancen in der Regel nicht schlecht. Klagen gegen Sanktionen des Jobcenters sind oftmals erfolgreich.

Erhalten Sie einen entsprechenden Sanktionsbescheid, teilt Ihnen das Jobcenter in diesem den jeweiligen Regelverstoß und die daraus resultierenden Bürgergeld-Kürzungen mit. 

Empfinden Sie die Bürgergeld-Kürzungen als ungerechtfertigt oder als unverhältnismäßig, können Sie gegen diese Widerspruch einlegen. Jedoch gelten die festgesetzten Sanktionen auch bei einem Widerspruch zunächst als bindend und das Bürgergeld wird Ihnen entsprechend gekürzt.

Ein Widerspruch führt jedoch zu einer erneuten Überprüfung durch das Jobcenter, welches den Sanktionsbescheid daraufhin abändern oder widerrufen kann. Hält das Jobcenter an den Kürzungen fest, können Sie als letztes Mittel vor dem Sozialgericht dagegen Klage einreichen. Bevor Sie dies tun, sollten Sie sich jedoch zunächst anwaltlich bersten lassen, um Ihre Erfolgschancen abzuschätzen.

1 Stern2 Sterne3 Sterne4 Sterne5 Sterne (47 Bewertungen, Durchschnitt: 4,50 von 5)
Loading ratings...Loading...

Über den Autor

Mohamed El Zaatari (Rechtsanwalt)
Mohamed El-Zaatari

Mohamed El-Zataari absolvierte sein Jura-Studium an der Universität Bremen und legte 2020 das 2. Staatsexamen ab. Nachdem er zwei Jahre lang als Referatsleiter in einer Bremer Landesbehörde tätig war, erhielt er 2022 seine Zulassung zum Rechtsanwalt. Er befasst sich vor allem mit dem Ausländer- und Sozialrecht.

Bildnachweise

Hinterlassen Sie einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert