Aufgrund von Adipositas einen GdB beantragen: In diesen Fällen ist es möglich!

Wie viel GdB gibt es bei Adipositas?
Wie viel GdB gibt es bei Adipositas?

FAQ: GdB bei Adipositas

Ist Adipositas als Behinderung anerkannt?

Adipositas (Fettleibigkeit) ist nicht als Behinderung anerkannt. Die Folgen, die starkes Übergewicht mit sich bringen kann, sind unter Umständen allerdings als Behinderung anerkannt. Hier finden Sie eine Übersicht über häufige gesundheitliche Beeinträchtigungen und die entsprechenden Auszüge aus der Versorgungsmedizinischen Verordnung.

Ist Adipositas permagma eine Schwerbehinderung?

Adipositas permagma bezeichnet eine schwere Fettleibigkeit mit einem BMI über 40. Sie gilt für sich genommen weder als Behinderung noch als Schwerbehinderung. Das Bundessozialgericht hat in einem Urteil jedoch festgehalten, dass eine Adipositas permagma bei der Beantragung eines GdB aufgrund von anderen gesundheitlichen Beeinträchtigungen berücksichtigt werden sollte. An dieser Stelle können Sie mehr dazu erfahren.

Gibt es eine GdB-Tabelle für Adipositas?

Für zahlreiche Erkrankungen und Behinderungen sind in den GdB-Tabellen der Versorgungsmedizinischen Verordnung Richtwerte festgelegt. Für Adipositas existiert jedoch keine solche Tabelle. Weiter unten finden Sie Die Auszüge zu den Begleit- und Folgeerkrankungen.

Warum ist Adipositas nicht als Behinderung anerkannt?

Von Adipositas, auch Fettleibigkeit genannt, wird gesprochen, wenn der Body-Mass-Index einer Person einen Wert von 30 oder mehr aufweist. Der Body-Mass-Index, kurz auch BMI genannt, bezeichnet das Verhältnis von Körpergröße zu Körpergewicht.

Der Body-Mass-Index wird berechnet, indem das Gewicht durch die zum Quadrat genommene Körpergröße geteilt wird. Ein Wert zwischen 18,5 und 24,9 gilt für die meisten erwachsenen Menschen als normal. Übergewichtig sind die meisten Personen ab einem BMI ab 25. Ab einem BMI von 30 oder mehr wird von Adipositas gesprochen.

Adipositas ist keine Schwerbehinderung. Ein Antrag ist nur aufgrund von Folgeerkrankungen möglich.
Adipositas ist keine Schwerbehinderung. Ein Antrag ist nur aufgrund von Folgeerkrankungen möglich.

Die Adipositas wiederum teilt sich in drei verschiedene Grade auf:

  • Adipositas Grad 1: BMI zwischen 30 und 34,9
  • Adipositas Grad 2: BMI zwischen 35 und 39,9
  • Adipositas Grad 3: BMI ab 40

Keiner der anerkannten Schweregrade gilt bisher als Behinderung. Das liegt daran, dass Adipositas allein nicht immer die Anforderungen an einen GdB erfüllt. Adipöse Menschen leiden nicht automatisch an dauerhaften und nennenswerten Einschränkungen im alltäglichen Leben. Aus diesem Grund rechtfertigt Adipositas allein keinen Grad der Behinderung.

Der BMI als alleinige Richtgröße ist nicht für alle Menschen gleichermaßen geeignet. So können Sportler und vor allem Bodybuilder einen BMI über 30 aufweisen, ohne adipös zu sein. Zusätzlich zum Körpergewicht sind weitere Messwerte wie Körperfettanteil und Bauchumfang ausschlaggebend. 

Welcher Grad der Behinderung ist bei Adipositas möglich?

Die Adipositas allein reicht nicht als Grundlage aus, um einen Grad der Behinderung zu beantragen. Allerdings kann sie Folgeerkrankungen verursachen, durch die unter Umständen ein Behinderungsgrad vergeben werden kann. Häufige Folgeerkrankungen sind unter anderem:

  • Arthrose
  • Bluthochdruck
  • Diabetes mellitus
  • Herzinfarkt
  • Schlaganfall
  • Krebs

Der GdB wird in der Regel anhand der Folgekrankheiten festgemacht, nicht an der Adipositas selbst. Daher kommt es auf die Ausprägung der Krankheiten an und darauf, wie sehr sie den Betroffenen in seiner Lebensführung einschränken. Im Falle einer Arthrose wird beispielsweise die GdB-Tabelle für entzündlich-rheumatische Krankheiten verwendet:

18.2.1 Entzündlich-rheumatische Krankheiten (z. B. Bechterew-Krankheit)
ohne wesentliche Funktionseinschränkung mit leichten Beschwerden10
mit geringen Auswirkungen20-40
(leichtgradige Funktionseinbußen und Beschwerden, je nach Art und Umfang des Gelenkbefalls, geringe Krankheitsaktivität)
mit mittelgradigen Auswirkungen50-70
(dauernde erhebliche Funktionseinbußen und Beschwerden, therapeutisch schwer beeinflussbare Krankheitsaktivität)
mit schweren Auswirkungen80-100
(irreversible Funktionseinbußen, hochgradige Progredienz)
Auswirkungen über sechs Monate anhaltender aggressiver Therapien sind gegebenenfalls zusätzlich zu berücksichtigen.

Für Diabetes Mellitus existiert in der VersMedV eine eigene Tabelle:

15.1 Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus)

Die an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie regelhaft keine Hypoglykämie auslösen kann und die somit in der Lebensführung kaum beeinträchtigt sind, erleiden auch durch den Therapieaufwand keine Teilhabebeeinträchtigung, die die Feststellung eines GdS rechtfertigt. Der GdS beträgt 0.

Die an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie eine Hypoglykämie auslösen kann und die durch Einschnitte in der Lebensführung beeinträchtigt sind, erleiden durch den Therapieaufwand eine signifikante Teilhabebeeinträchtigung. Der GdS beträgt 20.

Die an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie eine Hypoglykämie auslösen kann, die mindestens einmal täglich eine dokumentierte Überprüfung des Blutzuckers selbst durchführen müssen und durch weitere Einschnitte in der Lebensführung beeinträchtigt sind, erleiden je nach Ausmaß des Therapieaufwands und der Güte der Stoffwechseleinstellung eine stärkere Teilhabebeeinträchtigung. Der GdS beträgt 30 bis 40.

Die an Diabetes erkrankten Menschen, die eine Insulintherapie mit täglich mindestens vier Insulininjektionen durchführen, wobei die Insulindosis in Abhängigkeit vom aktuellen Blutzucker, der folgenden Mahlzeit und der körperlichen Belastung selbständig variiert werden muss, und durch erhebliche Einschnitte gravierend in der Lebensführung beeinträchtigt sind, erleiden auf Grund dieses Therapieaufwands eine ausgeprägte Teilhabebeeinträchtigung. Die Blutzuckerselbstmessungen und Insulindosen (beziehungsweise Insulingaben über die Insulinpumpe) müssen dokumentiert sein. Der GdS beträgt 50.

Außergewöhnlich schwer regulierbare Stoffwechsellagen können jeweils höhere GdS-Werte bedingen.

Sollte die betroffene Person einen Schlaganfall erleiden, kommt es auf die Schwere der entstehenden Folgen an. Da ein Schlaganfall unterschiedliche Bereiche des Gehirns betreffen kann, wird hier im Einzelfall entschieden. Es kommen entsprechend zum Krankheitsbild passende Tabellen als Richtwerte zum Einsatz, beispielsweise für Hirnschäden.

Grad der Behinderung bei Adipositas Grad 3: Das BSG-Urteil von 2019

Adipositas ist keine körperliche Behinderung.
Adipositas ist keine körperliche Behinderung.

In einem Urteil vom 30.04.2019 urteilte das Bundessozialgericht (Aktenzeichen B 9 SB 76/18 B), dass ein GdB auch bei Adipositas Grad 3 nicht allein durch die Fettleibigkeit gerechtfertigt ist, jedoch bei der Beantragung eines Behinderungsgrades durch Folge- und Begleiterkrankungen berücksichtigt werden sollte. Ob eine Erhöhung des GdB aufgrund von Adipositas oder auch die Zuerkennung des Merkzeichens G in Betracht kommt, sei eine Einzelfall-Entscheidung. Das Merkzeichen G benennt in einem Behinderten- oder Schwerbehindertenausweis eine erhebliche Einschränkung der Bewegungsfähigkeit. Wie auch ein Grad der Behinderung sind ist mit einem Merkzeichen ein Nachteilsausgleich verbunden. Welcher Grad der Behinderung bei Adipositas vergeben wird, ist also eine Frage von anderen Erkrankungen, die unter Umständen mit der Adipositas im Zusammenhang stehen.

Wie kann ich einen GdB bei Adipositas beantragen?

Den Antrag auf Anerkennung einer Behinderung oder Schwerbehinderung stellen Sie an das zuständige Versorgungsamt. Ein solcher Antrag hat aber nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn Sie an Folge- oder Begleiterkrankungen leiden und diese Sie in Ihrer Lebensführung einschränken. Es ist außerdem wichtig, dass Sie Ihrem Antrag entsprechende Nachweise, beispielsweise einen Bericht Ihres behandelnden Arztes, beilegen. Das Versorgungsamt prüft Ihren Antrag und bestimmt im Anschluss einen Grad der Behinderung. Sollten Sie Ihren GdB bei Adipositas beantragen, weil Sie unter mehreren Folge- oder Begleiterkrankungen leiden, ermittelt das Versorgungsamt einen Gesamtgrad, der dem Ausmaß Ihrer Einschränkungen insgesamt gerecht werden soll. Falls Sie in der Entscheidung des Versorgungsamtes einen Fehler vermuten, können Sie innerhalb der gesetzlichen Fristen Widerspruch gegen die Entscheidung einlegen.

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Über den Autor

Dr. Philipp Hammerich (Rechtsanwalt)
Dr. Philipp Hammerich

Dr. Philipp Hammerich ist seit 2007 als Rechtsanwalt zugelassen. Er studierte an der Universtät Hamburg und absolvierte sein Referendariat am OLG Hamburg. Er promovierte beim damaligen Richter am BVerfG, Prof. Dr. Hoffmann-Riem. Er befasst sich als Autor für anwalt.org unter anderem mit Zivil-, Straf- und Erbrecht.

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