
FAQ: Niederlassungsfreiheit im Europarecht
Die Niederlassungsfreiheit ist eine Ausprägung des freien Personenverkehrs innerhalb der EU. Sie schützt unter anderem die Aufnahme und Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit nach den gesetzlichen Regelungen des Aufnahmestaates. Sie zählt zu den Grundfreiheiten der EU.
Auf die Niederlassungsfreiheit können sich vor allem die Staatsangehörigen der Europäischen Union berufen. Wer noch in den persönlichen Schutzbereich fällt, lesen Sie an dieser Stelle.
Die Niederlassungsfreiheit berechtigt Unionsbürger, eine selbstständige Erwerbstätigkeit in einem anderen Mitgliedsstaat aufzunehmen und auszuüben. Hier erläutern wir den sachlichen Schutzbereich genauer.
Inhalt
Was ist die Niederlassungsfreiheit einfach erklärt?
Die Niederlassungsfreiheit in der EU ist eine der europarechtlichen Grundfreiheiten. Sie gibt Unionsbürgern das Recht, in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union eine Niederlassung einzurichten, um von dort aus eine legale selbstständige Erwerbstätigkeit aufzunehmen und auszuüben und zwar zu denselben rechtlichen Bedingungen, die für die eigenen Staatsangehörigen des Aufnahmestaates gelten.
Auch die Gründung und Leitung eines Unternehmens wird von der Niederlassungsfreiheit umfasst. Sie soll die grenzüberschreitende Mobilität von Selbstständigen, Freiberuflern und Unternehmen innerhalb der Europäischen Union sicherstellen.
Zur Verwirklichung der Niederlassungsfreiheit müssen zum Beispiel nationale Diplome sowie Berufsausbildungs- und Studienabschlüsse gegenseitig anerkannt werden von den Mitgliedsstaaten.
Wer kann sich auf die Niederlassungsfreiheit berufen? Persönlicher Schutzbereich
Auf die Niederlassungsfreiheit können sich Staatsangehörige eines EU-Mitgliedsstaats berufen, deren Wohnsitz sich in der Europäischen Union befindet.
Auch Gesellschaften im Sinne des Art. 54 Abs. 2 AEUV profitieren unter folgenden Voraussetzungen von der Niederlassungsfreiheit:
- Sie verfolgen einen Erwerbszweck,
- wurden nach den gesetzlichen Regelungen eines Mitgliedsstaats gegründet und
- haben ihre Hauptniederlassung/-verwaltung bzw. ihren satzungsmäßigen Sitz innerhalb der Europäischen Union.
Auf eine besondere Rechtsform der Gesellschaft kommt es dabei nicht an.
Die sogenannte sekundäre Niederlassungsfreiheit erfasst darüber hinaus auch Niederlassungen und Tochtergesellschaften, die ihren Hauptsitz in einem EU-Mitgliedsstaat haben.
Niederlassungsfreiheit: Sachlicher Schutzbereich
Nach ständiger EuGH-Rechtsprechung ist die Niederlassungsfreiheit nur auf dauerhafte Erwerbstätigkeiten anwendbar.
Voraussetzung dafür ist eine Niederlassung, also eine feste Einrichtung, die dazu dient, eine selbstständige Erwerbstätigkeit auf unbestimmte Zeit auszuüben. Dabei kann es sich zum Beispiel um gekaufte oder angemietete Räumlichkeiten handeln.
Dadurch unterscheidet sich die Niederlassungsfreiheit von der Dienstleistungsfreiheit. Die Abgrenzung erfolgt also über die (zumindest beabsichtigte) Dauer der jeweiligen wirtschaftlichen Tätigkeit.
Zu den durch Art 49 AEUV geschützten Tätigkeiten gehören nicht nur die Aufnahme und Ausübung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit, sondern auch die Gründung und Leitung eines Unternehmens.
Selbstständige Erwerbstätigkeit bedeutet, dass es sich um eine entgeltliche sowie weisungsfreie und eigenverantwortliche Tätigkeit handeln muss. Diese Weisungsfreiheit und Eigenverantwortung unterscheidet die Niederlassungsfreiheit von der Arbeitnehmerfreizügigkeit.
Unionsbürger und die oben benannten Gesellschaften können sich nur bei grenzüberschreitenden Sachverhalten auf die Niederlassungsfreiheit berufen. Das heißt, sie müssen sich für ihre Tätigkeit in einen anderen Mitgliedsstaat begeben.
Von der Niederlassungsfreiheit ausgenommen sind laut Art. 51 AEUV „Tätigkeiten, die in einem Mitgliedstaat dauernd oder zeitweise mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sind.“ Laut EuGH fallen hierunter nur Tätigkeiten, die zum Kernbereich der Ausübung von Hoheitsgewalt gehören.
Beschränkungs- und Diskriminierungsverbot
Die Art. 49 ff. AEUV schützen die Niederlassungsfreiheit insbesondere vor staatlichen Eingriffen und Beschränkungen:
- Angehörige der Europäischen Union können verlangen, dass sie in Bezug auf ihre selbstständige Tätigkeit im Aufnahmestaat genauso behandelt werden wie die dessen Staatsangehörige (sog. Inländergleichbehandlung).
- Darüber hinaus schützt diese Grundfreiheit vor Beschränkungen seitens eines Mitgliedsstaates oder der Union, sofern diese nicht gerechtfertigt und verhältnismäßig sind.
- Zu guter Letzt beinhaltet die Niederlassungsfreiheit auch ein Diskriminierungsverbot durch Regelungen, die die Berufswahl und -ausübung betreffen. Darüber hinaus schützt Art. 49 AEUV vor einer Schlechterstellung des jeweiligen Unionsbürgers und seiner Familie beispielsweise bei steuerlichen und sozialen Vergünstigungen.