Überstundenabbau: Wann und wie ist Abbummeln erlaubt?

Für den Überstundenabbau ziehen viele den Freizeitausgleich der Auszahlung vor.
Für den Überstundenabbau ziehen viele den Freizeitausgleich der Auszahlung vor.

Sie sitzen allein im Büro. Es ist längst dunkel, die Reinigungskräfte sind auch schon gegangen, nur ein einsamer Flyer weht durch die leeren Flure. Immer diese Überstunden. Doch Sie denken sich vielleicht: „Eine gute Seite hat das Ganze. Für den Überstundenabbau kann ich demnächst früher gehen!“

Doch was ist, wenn der Arbeitsvertrag gar kein Überstunden abfeiern vorsieht, sondern stattdessen den finanziellen Ausgleich? Oder was ist, wenn Sie zu einem bestimmten Zeitpunkt Überstunden abbummeln möchten, der Arbeitgeber dies jedoch verbietet? Welche Regelungen es zum Überstundenabbau im Arbeitsrecht gibt, das erfahren Sie im folgenden Ratgeber.

FAQ: Überstunden abbauen

Ist ein Überstundenabbau gesetzlich vorgeschrieben?

Hier können Sie nachlesen, welche gesetzlichen Bestimmungen zu Überstunden in Deutschland gelten.

Was ist die Alternative zum Überstundenabbau?

Ist es nicht möglich, dass Sie die Mehrarbeit abbauen, können Sie in aller Regel die Überstunden auszahlen lassen.

Wann kann ich die Überstunden nicht abbauen?

Damit Sie Überstunden abbauen können, muss der Arbeitgeber auch wissen, dass diese existieren.

Gesetzliches zur Mehrarbeit

Zwar regelt das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) Überstunden nicht, ein Freizeitausgleich ist hier jedoch indirekt als Überstundenabbau angedacht. So ist im Paragrafen 3 Folgendes festgesetzt:

Die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden.

Für den Abbau von Überstunden: Ein Freizeitausgleich ist im Arbeitsrecht zunächst angedacht.
Für den Abbau von Überstunden: Ein Freizeitausgleich ist im Arbeitsrecht zunächst angedacht.

Schließlich soll mit solch einer Regelung der Arbeitnehmer geschützt werden, indem Überbelastung und damit einhergehende Krankheiten wie Burnout oder Depression verhindert werden. Der Mitarbeiter hat also einen gesetzlichen Anspruch auf den Ausgleich von Überstunden.

Letztendlich entscheidet jedoch der Arbeitsvertrag bzw. eine Vereinbarung an anderer Stelle, wie der Überstundenabbau auszusehen hat. Einen gesetzlichen Anspruch auf Vergütung der Plusstunden gibt es zwar in der Regel nicht. In Ausnahmefällen bewilligten jedoch Richter die Klage auf Auszahlung von Überstunden, wenn der klagende Mitarbeiter ein unterdurchschnittliches Gehalt bezieht.

Wann darf ich Überstunden nicht abfeiern?

Ein Anspruch auf Überstundenabbau entsteht erst, wenn der Chef Kenntnis hat, dass diese existieren. Das ist bspw. der Fall, wenn es ein Zeiterfassungssystem gibt, der Arbeitgeber die Plusstunden angeordnet hat, oder es stillschweigend akzeptiert, dass Sie Mehrarbeit leisten (z. B. wenn der anfallende Arbeitsaufwand in der vertraglich festgelegten Arbeitszeit offensichtlich nicht zu schaffen ist).

Sie können demnach nicht heimlich Plusstunden über Monate oder gar Jahre hinweg sammeln und dem Arbeitgeber dann mitteilen, dass Sie diese durch Freizeit ausgleichen und erst einmal eine Woche in den Urlaub fahren. Sollte es zu einem Rechtsstreit kommen, wäre es dann sehr schwer für den Arbeitnehmer nachzuweisen, dass Mehrarbeit geleistet wurde, von der der Arbeitgeber wusste.

Vielmehr sollten Sie daher Ihren Vorgesetzten über die angesammelte Mehrarbeit rechtzeitig unterrichten. Möglicherweise können Sie dann einen Antrag zum Überstunden abfeiern stellen und sich einigen, ob und wann Sie diese Plusstunden ausgleichen können. Dies empfiehlt sich auch vor allem, wenn es weder im Arbeitsvertrag noch an anderer Stelle eine Regelung zum Überstundenabbau gibt und Sie trotzdem regelmäßig länger auf Arbeit sind als im Vertrag vereinbart.

Ich werde krank beim Überstunden abfeiern – welche Ansprüche habe ich?

Sie werden beim Überstunden abfeiern krank – haben Sie Ansprüche auf Gutschrift der Mehrarbeit?
Sie werden beim Überstunden abfeiern krank – haben Sie Ansprüche auf Gutschrift der Mehrarbeit?

Werden Sie während des Urlaubs krank, können Sie eine Krankmeldung einreichen und bekommen dann die verlorenen Tage gutgeschrieben.

Leider ist das nicht möglich, wenn Sie beim Überstundenabbau krank werden. Dass Sie Ihre Überstunden abfeiern dürfen, ist mit dem gesetzlichen Urlaubsanspruch nicht zu vergleichen. Daher tragen Sie selbst das Risiko, wenn Sie Ihre Überstunden abfeiern.

Überstunden abfeiern oder auszahlen – Wie muss der Überstundenabbau im Arbeitsvertrag geregelt sein?

Zunächst wäre es für die Klärung sinnvoll, inwiefern der Arbeitnehmer Überstunden abbummeln darf, wenn das Thema Mehrarbeit überhaupt im Kontrakt angesprochen wird. Auch im Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung kann es Regelungen zum Überstundenabbau geben.

Dabei gibt es einige Varianten, wie Mehrarbeit im Arbeitsvertrag geregelt sein kann. Diese sind in der Regel bindend für die Handhabung – d. h. ob Sie Überstunden abfeiern dürfen oder ausgezahlt bekommen.

Hat Ihr Arbeitgeber im Vertrag ausdrücklich festgelegt, dass Sie nicht Plusstunden durch Freizeitausgleich abbauen, sondern diese ausgezahlt bekommen, darf er es sich nicht ohne Weiteres anders überlegen. Das ist für Sie vorteilhaft, sollten Sie als Arbeitnehmer die Bezahlung dem Abbau von Überstunden vorziehen. Anders herum ist es natürlich dasselbe.

Eine Klausel, die einen Überstundenabbau generell ausschließt, der Arbeitnehmer diese also weder bezahlt bekommt, noch die Überstunden abfeiern kann, ist in der Regel nicht erlaubt. Damit sind allgemeine Formulierungen gemeint wie:

Anfallende Überstunden sind durch die monatlich festgesetzte Vergütung abgegolten.

Wie muss der Überstundenabbau im Arbeitsvertrag geregelt sein?
Wie muss der Überstundenabbau im Arbeitsvertrag geregelt sein?

Weil aus solch einer Formulierung nicht hervorgeht, mit wie vielen Überstunden der Mitarbeiter rechnen kann, ist diese in der Regel unzulässig. Klauseln, die einen bestimmten Satz an Plusstunden (eine Grenze gibt es nicht, etwa 10 Prozent der wöchentlichen Arbeitszeit gelten aber als Orientierung) mit dem Gehalt abgelten, sind in vielen Fällen erlaubt. Trotzdem kann auch bei solch einer Klausel im Zweifelsfall ein Rechtsanwalt für Arbeitsrecht diese auf Ihre Zulässigkeit prüfen und, wenn erforderlich, Ihre Rechte auf Überstundenabbau für Sie durchsetzen.

Was darf der Arbeitgeber bestimmen, wenn es um den Überstundenabbau geht?

Sollte es keine entsprechende vertragliche Vereinbarung geben, darf der Vorgesetzte von seinem Weisungsrecht Gebrauch machen. Das bedeutet: Ob und wann Sie Überstunden abfeiern, kann dieser anordnen. Es gibt keine Regelung im Arbeitsrecht, dass Sie Überstunden abbauen können, wenn es allein Ihr Wunsch ist.

Daher ist es auch nicht erlaubt, Plusstunden zu bunkern. Fällt momentan wenig Arbeit an, kann der Arbeitgeber den Mitarbeiter also nach Hause schicken, damit dieser seine Überstunden abfeiern kann.
1 Stern2 Sterne3 Sterne4 Sterne5 Sterne (142 Bewertungen, Durchschnitt: 4,07 von 5)
Loading ratings...Loading...

Über den Autor

Sascha Münch (Rechtsanwalt)
Sascha Münch

Sascha Münch ist Rechtsanwalt für Verbraucher-, Schadens- und Wirtschaftsrecht sowie Notar a. D. Er studierte an der Universität Bremen und absolvierte im Anschluss sein Referendariat am OLG Celle. Als Autor für anwalt.org informiert er seine Leser zu Themen wie Vertragsabschlüssen und Entschädigungen.

Bildnachweise

23 Gedanken zu „Überstundenabbau: Wann und wie ist Abbummeln erlaubt?

  1. Sarah

    Hallo,

    mein AG hat mich heute aufgrund von Arbeitsmangel eine halbe Stunde früher nach Hause geschickt. Darf er diese halbe Stunde von meinen Überstunden abziehen oder nicht, da ich weiter meine Arbeitskraft zu Verfügung gestellt hätte.

    Vielen Dank für eine Antwort

    Antworten

Hinterlassen Sie einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert