Jedermannsrecht

Von Jennifer A.

Letzte Aktualisierung am: 2. Februar 2024

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

jedermannsrecht
In Deutschland versteht man unter „Jedermannsrecht“ die vorläufige Festnahme durch Jedermann.

FAQ: Jedermannsrecht

Was ist das Jedermannsrecht?

Das Jedermannsrecht besagt, dass jeder Mensch einen anderen vorläufig „festnehmen“ kann, sofern dieser bei einer Straftat ertappt wird.

Was ist die Grundlage für das Jedermannsrecht in Deutschland?

Grundlage für das Jedermannsrecht ist § 127 der StPO. Hier lesen Sie, was der Gesetzestext konkret besagt.

Das Jedermannsrecht regelt im ursprünglichen Sinne in den nordischen Ländern das gültige Gewohnheitsrecht in Bezug auf die Nutzung der Wildnis. Dieses sogenannte Jedermannsrecht regelt den Umgang mit der Natur, den Fischen, Feuer und Abfällen.


In Deutschland versteht man unter „Jedermannsrecht“ allerdings die vorläufige Festnahme durch Jedermann, welches in der Strafprozessordnung festgehalten wird.

Jedermannsrecht: § 127 StPO – vorläufige Festnahme

(1) Wird jemand auf frischer Tat betroffen oder verfolgt, so ist, wenn er der Flucht verdächtig ist oder seine Identität nicht sofort festgestellt werden kann, jedermann befugt, ihn auch ohne richterliche Anordnung vorläufig festzunehmen. Die Feststellung der Identität einer Person durch die Staatsanwaltschaft oder die Beamten des Polizeidienstes bestimmt sich nach § 163b Abs. 1. (Quelle: § 127 StPO)

Das Jedermann-Festnahmerecht nach § 127 der StPO (Jedermannsrecht) gestattet es jedermann, auch Minderjährigen, eine Person festzunehmen. Allerdings ist diese Festnahme an bestimmte Voraussetzungen und Bestimmungen geknüpft, welche im Folgenden erklärt werden.

Jedermannsrecht in Deutschland

Jedermannsrecht in Deutschland: Der Festgenommene darf nur solange wie nötig festgehalten werden und muss der Polizei übergeben werden.
Jedermannsrecht in Deutschland: Der Festgenommene darf nur solange wie nötig festgehalten werden und muss der Polizei übergeben werden.
  • Täter muss bei frischer Tat angetroffen werden

Um die Jedermann-Festnahme nach Paragraph 127 StPO auszuüben, muss der Täter auf frischer Tat ertappt werden. Als „frisch“ gilt in diesem Zusammenhang, dass die aktuelle Situation in einem zeitlichen und/oder räumlichen Zusammenhang stehen muss. Der Täter muss also noch am Tatort oder in unmittelbarer Nähe festgenommen werden. Darüber hinaus muss die Straftat auch begangen worden sein. Ein dringender Tatverdacht reicht bei Anwendung der Jedermannsrechte nicht aus.

Übt eine Person im Sinne des Jedermannsrechts eine irrtümliche Festnahme aus, ist der Tatbestand des Erlaubnistatbestandsirrtums erfüllt. In diesem Rahmen kann eine Ermittlung wegen Nötigung, Körperverletzung oder Freiheitsentzug drohen.

  • Fluchtgefahr

Ein Verdächtiger darf nur festgenommen werden, wenn Fluchtgefahr besteht.

  • keine Identitätsfeststellung möglich

Darüber hinaus muss eine Verweigerung der Identitätsfeststellung vorliegen. Ist eine Identitätsfeststellung wegen eines Fehlen des Ausweises oder Aggressivität des vermeintlichen Täters nicht möglich, darf eine Festnahme erfolgen.

Ist der Täter also namentlich bekannt, darf er nur festgenommen werden, wenn eine Entziehung von den Strafverfolgungsbehörden droht.

  • Verhältnismäßigkeitsprinzip

Bei einer Jedermannsrecht-Festnahme gilt das Prinzip der Verhältnismäßigkeit. Begeht er eine verhältnismäßig geringe Tat, so darf er keine erhebliche Verletzung davon tragen. Das Festnamerecht nach § 127 StPO darf also nicht mit allen Mitteln durchgesetzt werden.

  • Einsatz von Notwehr

Greift der Täter an und übt Gewalt aus, darf im Sinne der Notwehr darauf reagiert werden. Der Täter darf sich nicht auf dieses Recht berufen, um sich der Festnahem zu widersetzen. Die Notwehr ist sowohl im BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) wie im StGB (Strafgesetzbuch) geregelt. Im Zusammenhang mit dem Jedermannsrecht steht das StGB:

(1) Wer eine Tat begeht, die durch Notwehr geboten ist, handelt nicht rechtswidrig.
(2) Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.
(Quelle:§ 32 StGB)

Dieser Paragraph besagt, dass Notwehr als Verteidigung zu sehen ist, um einen Angriff abzuwehren. Allerdings gilt auch hier das Verhältnismäßigkeitsprinzip. In diesem Sinne ist auch streng zwischen dem Notwehrrecht und dem Festnahmerecht zu unterscheiden. Wehrt sich der Verdächtige nicht gegen die Festnahme, darf auch keine Gewalt gegen ihn eingesetzt werden. In diesem Rahmen greift das Notwehrgesetz nicht.

  • Der Grund der Festnahme ist mitzuteilen

Dem Festgenommenen ist der Grund der Festnahme bekannt zu geben.

Die Jedermann-Festnahme unterliegt bestimmten Voraussetzungen und Bestimmungen, welche beachtet werden müssen.

Jedermannsrechte im Sicherheitsdienst und anderen Berufsgruppen

Häufig berufen sich Mitarbeiter privater Sicherheitsdienste und weitere Berufsgruppen auf das Festnahmerecht. Zu beobachten ist dies beispielsweise bei Mitarbeitern von Behörden ohne Polizeibefugnis oder Mitarbeitern von Polizeibehörden außerhalb ihrer Zuständigkeit.

Jedermann-Grundrechte

Jedermann-Festnahmerecht: Notwehr darf angewendet werden, wenn sich der Täter gegen die vorläufige Festnahme massiv wehrt.
Jedermann-Festnahmerecht: Notwehr darf angewendet werden, wenn sich der Täter gegen die vorläufige Festnahme massiv wehrt.

Grundrechte nehmen den Menschen gegenüber dem Staat in Schutz. Im Grundrecht wird zwischen zwei Formen des Grundrechts unterschieden.

  • Jedermann-Grundrechte (Menschenrechte)
  • Deutschengrundrechte

Träger des Jedermann-Grundrechts ist jeder Mensch, unabhängig von Staatbürgerschaft, Religion oder Geschlecht. Es ist ein subjektives Recht und geht davon aus, dass alle Menschen allein aufgrund ihres Menschseins mit gleichen Rechten ausgestattet sind.

Die Deutschengrundrechte (Staatsbürgerrechte, Deutschrechte) stehen ausschließlich Deutschen zu. Dies liegt an dem Bezug zur demokratischen Willensbildung dieser Rechte. Träger dieses Rechts ist jeder mit deutscher Staatsbürgerschaft oder Statusdeutsche.

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Über den Autor

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Jennifer A.

Jennifer studierte Rechtswissenschaften an der Universität Bayreuth. Seit 2018 ist sie fester Bestandteil des Redaktionsteams von anwalt.org. Sie nutzt ihr breites Wissen über das deutsche Rechtssystem seither für die Erstellung gut verständlicher Texte in Bereichen wie dem Asylrecht, Steuerrecht und Verbraucherrecht.

45 Gedanken zu „Jedermannsrecht

  1. Adrian

    Mal eine Frage 🤔

    Ich laufe in meiner Freizeit die Straße entlang.
    Ein Junge – ich schätze ihn auf 13 Jahre – tritt vor meinen Augen den Spiegel eines Autos ab.

    Darf ich den Jungen (vorläufig) festnehmen?

    Wenn ja auf welcher Rechtsgrundlage?

    Wenn nein, warum nicht?

  2. Kim

    Kann es sein, dass Theorie und Praxis total auseinander klaffen?
    Welche Hürde soll bitteschön der „dringende Tatverdacht“ sein, wenn man in der Praxis den einfach so aus dem Nichts aufgreifen kann?

    Habe nämlich erlebt, wenn man im Supermarkt die Taschenkontrolle verweigert, dann wird man halt von der Security festgehalten, bis die Polizei kommt. Und die Polizei wiederum sagt: wer die Taschen nicht zeigen will, hat was zu verbergen und ist somit „drigend Tatverdächtig“. Zack, Belehrung kommt: „Sie sind dringend tatverdächtig … blah …“, und dann wird schon durchwühlt – fertig.
    Resultat: Es wurde nix gefunden, die Tasche war die ganze Zeit geschlossen.

    Was will man da schon machen, wenn die Polizei parteiisch ist und den Rechtfertigungsgrund einfach frei Haus liefert. Ein wenig verstehen kann ich es schon, weil die Security wahrscheinlich es täglich mit der Polizei zu tun hat. Trotzdem darf es nicht sein, dass man sich das Gesetz so zurecht dreht, wie man es haben will.

    Ich verstehe den Sinn einer allgemeinen Taschenkontrolle unter rechtsstaatlichen Aspekten auch nicht. Wenn ich raus gehe, hab ich immer zu Trinken dabei, einen Kamm, Parfüm und so weiter.
    Nach welchen Anhaltspunkten soll der Kassierer bei der Taschenkontrolle entscheiden, was aus der Tasche Diebesgut ist und was nicht?
    Das macht doch nur Sinn, wenn man jedem zu kontrollierenden Kunden pauschal Diebstahl unterstellt und dem Kunden den Gegenbeweis fordert, was nicht einfach sein dürfte, wenn z.B. eine volle Cola-Flasche drin ist.
    Natürlich will nicht jeder Kunde das Prozedere, seine Unschuld beweisen zu müssen, mit sich machen lassen, auch weil man dem Risiko eingeht, dass man es nicht kann. Und versucht sich halt zu wehren. Die Betonung liegt auf „versucht“.

  3. Sarah

    frage
    Ich werde bei meiner Ausübung als Schaffner treffe ich Fahrgast ohne Fahrschein an. Auf frischer Tat erwischt werde ich vom Täter Beleidigt und mir wird mit Schlägen gedroht. Personalien will er mir nicht aushändigen und nächsten Halt etwa 2 Min Fahrt aussteigen. Darf ich sein Handy was aufn Tisch lag ergreifen um ihn am Fliehen zu hindern ich Frau Täter Männlich, damit ich ihm der Polizei übergeben kann?

  4. Manuel

    Hallo, gehen wir mal davon aus, folgende Situation würde vorliegen:

    – Es geschieht ein Autounfall und einer der beiden Autofahrer ist (stark) alkoholisiert.
    – Der andere Autofahrer ruft über sein Handy die Polizei.
    – Der alkoholisierte Autofahrer geht zu seinem Auto und versucht, den Unfallort zu verlassen.

    Der nicht alkoholisierte Autofahrer hält ihn mit den Worten „Du bleibst schön hier“ am Arm fest. Der alkoholisierte Autofahrer wird aggressiv und beginnt um sich zu schlagen. Da der nüchterne Autofahrer körperlich stärker ist, schubst er den anderen zurück.

    Der alkoholisierte Autofahrer ist namentlich und mit Wohnort bekannt. Dürfte der nüchterne Autofahrer den betrunkenen hier mit Gewalt festhalten? Es besteht ja immerhin die Gefahr, dass sich der Betrunkene zu Hause einschließt und wartet, bis er nüchtern ist. Dann wäre ja der Alkoholgehalt im Blut nicht mehr nachweisbar. Wie weit wäre körperliche Gewalt gegen den Flüchtigen hier erlaubt?

  5. Stefan

    Wie verhält es sich, wenn ein untergetauchter Straftäter A, der gleichzeitig Angestellter von B,C und D ist, im Internet Geschäfte an B,C und D vorbei abschließt, deren Erlös eigentlich B,C und D gehört und B,C und D von einem dieser Geschäftsabschlüße erfahren ? Haben B,C und D das Recht, A , den Sie ja auf frischer Tat des Betrugs/Veruntreuung (am Ort, wo der Kunde die Leistung an A bezahlt ) erwischt haben, vorläufig festzunehmen ? In seinem Ausweis (A) steht eine ungültige Meldeadresse und er ist flüchtig, weil er bereits wegen Nötigung gesucht wird.

  6. Johannes

    Hallo

    Darf ein privater Sichheitsdienst auf einem Firmengelände wo auch die Stvo gilt. Radarmessungen mit dubiosen messgeräten durchführen und um meine Identität festzustellen mich festhalten

  7. DonFerrando

    Hallo, inwieweit deckt das Jedermannsrecht die Verfolgung eines mutmaßlichen Straftäters? Beispiel: ich höre nachts im Geschäft Geräusche, betrete dieses und entdeckte einen Dieb auf frischer Tat. Falls der Dieb seinerseits mich bereits entdeckt hat, ist eine Nacheile über einige Meter notwendig, um ihn festzuhalten. 2. Beispiel: In einer Stadt wird mir von hinten aus der Hosentasche das Portemonnaie durch einen Taschendieb geklaut. Eine Nacheile scheint geboten, um 1. meine Sachen wiederzubekommen und 2. den Täter zu stellen. Gibt es dazu Aussagen im Gesetz oder Rechtssprechung? Vielen Dank

  8. Peter

    Hallo,

    wie sieht es denn bei einem illegalen Grenzübertritt aus?

    Darf ein Bürger den Illegalen Einwanderer daran hindern die Grenze zu über treten
    oder ihn nach Grenzübertritt festnehmen?

    MfG

    1. anwalt.org

      Hallo Peter,

      dies können wir pauschal nicht beantworten. Informieren Sie sich diesbezüglich am besten bei der Polizei bzw. der Bundespolizei.

      Ihr Team von anwalt.org

  9. carlheinz s.

    Hallo – wie sieht es denn aus wenn ich eine Persone beleidige – er darauf die Polizei rufen will und ich anbiete ihm meine Personalien zu geben – bzw. meinen Ausweis zu zeigen – weil ich keine Zeit habe bis die Polizei kommt – er darauf nicht eingeht und darauf besteht zu warten – ich daraufhin auf mein Fahrrad steigen will und der beleidigte mich daraufhin vom Fahrrad zieht und ich mich dabei veletzt und dabei mein Handy kaputt geht – und danach behauptet ich hätte ihn bei dem „Fluchtversuch“ geschlagen – und ich eine Anzeige bekomme wegen Körperverletztung –

    1. anwalt.org

      Hallo carlheinz s.,

      wir können den Sachverhalt rechtlich nicht beurteilen. Am besten wenden Sie sich an einen Anwalt und lassen sich rechtlich beraten. Eine solche Beratung bieten wir nicht.

      Ihr Team von anwalt.org

  10. Fullback

    Darf man grundsätzlich auch eine/n Vollzugsbeamten mglw. auch während des Dienstes auf der RGL des Jedermannsrechts festhalten?

    1. anwalt.org

      Hallo Fullback,

      da wir die Situation nicht beurteilen können, ist uns eine Aussage hierzu leider nicht möglich. Im Zweifel sollten Sie sich an einen Anwalt wenden und die Sachlage mit diesem abklären.

      Ihr Team von anwalt.org

  11. Markus A.

    Hallo ich habe eine Frage
    Wenn ein oder zwei Buskontroleure jemand (einen Schearzfahrer)mit brutaler Gewalt aus dem Bus zerrt ( weil er sich weugert den Bus oder Stassenbahn zu verlassen)ihn 9 Euro wegnimmt (anrechnen auf die 60 Euro Strafe) und ihn (den Schwarzfahrer) mit Gewalt an den Boden presst (Gesicht auf den Asphalt) ist das doch kein Jedermannsrecht … Ausübung von Gewalt ist doch nur Vollzugsbeamten, Bundes, bzw Landespolizisten erlaubt, oder liege ich da falsch
    Gruß Markus

    1. anwalt.org

      Hallo Markus,

      das Jedermannsrecht greift nur, wenn die Identität des Betroffenen nicht festgestellt werden kann. Ihrer Schilderung nach war dies nicht der Fall.

      Ihr Team von anwalt.org

      1. Ich

        Hm.
        Liegt in dem Fall nicht Hausfriedensbruch (§123 StGB)in der 2. Begehungsart (Verweilen trotz Aufforderung zu gehen) bzw „verbotene Eigenmacht“ (§858 BGB)

        Da ist der Einsatz, leichter, verhältnismäßiger Gewalt um die Person aus dem Bus zu entfernen erlaubt.

        Außerdem besteht ein einklagbarer Anspruch (auf Beförderungsentgelt). Dies würde eine Festnahme erlauben, wenn Fluchtgefahr besteht, Polizei nicht rechtzeitig da wäre und es keine Chance gäbe, jemals die Kohle zu sehen, wenn man den jetzt nicht festnimmt. (§229 BGB „Selbsthilfe“). Dafür dürfen Sachen zerstört, beschädigt oder weggenommen werden, wenn dies zum Erreichen des Ziels der Selbsthilfe erforderlich und nicht unverhältnismäßig ist.

        Die 9 Euro sind vielleicht so niedrig, das sie die Maßnahme nicht verhältnismäßig erscheinen lassen.

        Oder irre ich mich da ?

        1. anwalt.org

          Hallo Ich,

          wir können den Sachverhalt rechtlich nicht erläutern und bieten keine Rechtsberatung an. Ob es sich um die jeweiligen Tatbestände handelt, muss im Einzelfall entschieden werden.

          Ihr Team von anwalt.org

  12. Joachim

    Die Antwort ergibt sich aus dem Text des § 127 Abs. 1 StPO. Auf frischer Tat betroffen oder verfolgt setzt eine Straftat voraus was in diesem Fall nicht gegeben ist da ein Verstoß gegen den Leinenzwang von Hunden lediglich eine Ordnungswidrigkeit darstellt. Somit könnte hier bei einer rechtswidrigen Anwendung die Nötigung oder ggf. auch die Freiheitsberaubung greifen.
    Anders würde es sich darstellen sollte der Hund angreifen. Hier wäre der Hundehalter ursächlich verantwortlich.

    Zu unterscheiden ist hier ein „normaler Angriff“ welcher gem. § 833 BGB zu behandeln wäre da jeder der ein Tier „führt“ dafür verantwortlich ist das durch dieses einem anderen kein Schaden zugefügt wird. Der Gesetzestext spricht jedoch vom Hundehalter aber nicht jeder der einen Hund führt ist automatisch auch der Halter.
    Ob es sich nun um Vorsatz oder Fahrlässigkeit handelt ist unbedeutend. Bedeutend für die Beurteilung könnte sein ob ein anderer Hund verletzt wird (Merke Tiere sind immer noch Sachen nach dem Gesetz – Hier würde es wahrscheinlich zu privatrechtliche Schadensersatzforderungen kommen) oder ob ein Mensch verletzt wird (Fahrlässige Körperverletzung?). Die Beurteilung ist hier entscheidend für die Maßnahme. Die Unterscheidung liegt in der Sache:
    – Hund-Hund=Schadensersatz/Privatrecht
    – Hund-Mensch=Schadensersatz/Straftat/Strafrecht

    Die zweite Möglichkeit wäre der „Hundeführer“ wirkt auf den Hund ein und veranlasst diesen zum Angriff. Hier wird der Hund als Waffe eingesetzt um einen Angriff durchzuführen – hier handelt es sich um eine Straftat des Hundeführers und jetzt greift § 127 Abs. 1 StPO in vollem Umfang.
    Dies gilt jedoch nur um die „Strafverfolgung“ (klarer Hinweis das es sich um eine Straftat handeln muss) zu sichern.
    Somit gilt:
    1. will der Täter (Hundeführer) nicht flüchten – keine vorl. Festnahme möglich/nötig
    2. ist der Täter bekannt (Identität feststellbar) – keine vorl. Festnahme möglich

    Die Frage wäre nun ob es anhand des KFZ-Kennzeichens möglich wäre den Hundehalter/-führer zu ermitteln.
    Ist dies zu bejahen könnte in diesem Fall die Identität festgestellt werden – keine vorläufige Festnahme möglich.

    Im Fall von Martin wäre nach meinem Dafürhalten eine Festnahme nach § 127 Abs. 1 StPO NICHT gerechtfertigt!!

    Fazit: Wer eines der sogenannten „Jedermanns Rechte“ in Anspruch nimmt sollte sattelfest in der Anwendung sein da er sonst selbst im Fokus der der Strafermittlungsorgane stehen könnte.

    Ich hoffe dies ist verständlich genug, manchmal bedarf es mehrerer Worte um etwas ausführlich zu erläutern.

    1. anonym

      Nein, die Antwort findet sich in § 46 Abs. 3 S. 1 OWiG.

      Auch ansonsten nur gefährliches Halbwissen hier.

      Ich empfehle einen richtigen Anwalt.

  13. Martin

    Moin, Moin!
    Ich hab folgende Situation zu beschreiben:
    Spaziergang mit Hund, mein Hund angeleint im Naturschutzgebiet (aktueller Leinenzwang in S-H ). Wir werden von einem nicht angeleinten Hund gestellt, nach mehrmaligem rufen des Hundeführer ließ dieser uns dann in Ruhe und lief zu seinem Herrchen. Ca.200 Meter weiter, wieder Kontakt mit dem gleichen Hund. Ich wollte jetzt den Namen der Hundeführer, um dies anzuzeigen, das verneinten diese Personen. Ich rief die Polizei und verfolgte sie bis zu ihrem Pkw. Ca.20 Minuten nach meinen Anruf sind wir am Pkw angekommen, keine Polizei Vorort. Ich bat die Personen zu warten, diese wollten sich entfernen, dann hab ich mich in die Tür gestellt und die Abfahrt zu verhindern, daraufhin schubste mich der Herr des öfteren vom Pkw weg. Als sie dann im Pkw drin waren, stellte ich mich vor das Auto, die Fahrzeugführerin startet den Pkw und fuhr an so das ich mich auf die Motorhaube retten musste. Jetzt rief ein Mitglied der Ffw (waren Vorort für eine Übung) die Polizei. Diese hatten sich scheinbar nicht auf den Weg gemacht nach meinem Anruf, da es nochmal ca.25 min. gedauert hat bis sie dann eintrafen.
    Insgesamt über 1 Stunde warten auf die Polizei und dann von der Polizei angemacht werden da es wohl nur eine Ordnungswidrigkeit ist und ich jetzt den Tatbestand einer Nötigung gegen mich hab.

    Meine Frage zum §127: Darf ich nur bei einer Straftat jemanden festhalten?
    Hab ich mich jetzt Rechtswidrig verhalten?

    Danke im voraus!
    Mit freundlichen grüßen

    1. anwalt.org

      Hallo Martin,

      in der Regel muss der Täter frisch bei der Straftat ertappt worden sein, damit der § 127 angewendet werden kann. Inwieweit es sich in ihrem Fall um eine Straftat oder nur um eine Ordnungswidrigkeit handelt, kann ein Anwalt beurteilen. Daher ist es empfehlenswert, sich in diesem Fall einen Anwalt zu konsultieren.

      Ihr Team von anwalt.org

    2. T. Sch

      So wie sie das Schildern, sehe ich das wie die Polizei.

      Der andere Hund war nicht an der Leine – dass ist eine Ordnungswidrigkeit. Wären sie gebissen worden, würde eine Straftat vorliegen.

      Anschließend haben sie eine andere Person genötigt – was wiederum eine Straftat darstellt und keine vorläufige Festnahme.

      Es würde mir aber tatsächlich auch nicht im Traum einfallen, wegen einem nicht angeleinten Hund den Notruf zu wählen und die Polizei zu holen. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass die Polizei bei der aktuellen Personalknappheit, andere, bedeutsame Delikte ihrem vorangestellt hat.

    3. Abanana

      Umgekehrt hätte er sogar das Recht gehabt SIE „vorläufig festzunehmen“, da SIE die Straftat begangen haben und nicht er.

  14. Hauke

    Hallo

    ich würde gerne wissen wie das bei Schulschwänzern ist, wenn man diese auf vermeintlichen Schulschwänzer auf der Straße sieht gilt das jedermannsrecht dort auch?

    1. anwalt.org

      Hallo Hauke,

      eine vorläufige Festnahme gemäß § 127 Strafprozessordnung wird vermutlich auf einen Schulschwänzer keine Anwendung finden.

      Als Disziplinarmaßnahme kommt gemäß § 99 Schulgesetz allenfalls die Anordnung einer Geldbuße bis zu 1.500 Euro in Frage.

      Ihr Team von anwalt.org

  15. Wolfgang

    Erlaubt das jedermanns-recht einem privaten sicherheitsdienst bei Ladendiebstahl (Wert unter 10€) eine Person festzuhalten, obwohl die Person freiwillig mit Personalausweis die Identität feststellen lässt. Ist die Identität mit dem Personalausweis auch ohne Polizei festzustellen?

    1. anwalt.org

      Hallo Wolfgang,

      eine vorläufige Festnahme durch eine Privatperson setzt unter anderem Fluchtgefahr des Täters oder eine Situation voraus, innerhalb derer die Identität desjenigen nicht feststellbar ist. Ein Ladendieb darf daher üblicherweise nur dann festgenommen werden, wenn er ohne Preisgabe seines Namens zu fliehen versucht.

      Ihr Team von anwalt.org

  16. Sven

    Hallo,

    wie verhält sich der 127 StPO, wenn ich beobachte, wie ein Polizist auf eine sich ruhig verhaltende Person einschlägt … also für mich eine Tat gem. 223 StGB zu beobachten ist?

    1. anwalt.org

      Hallo Sven,

      pauschal lässt sich hierzu keine allgemeine Aussage treffen. Für eine individuelle Rechtsberatung müssen Sie sich an einen Anwalt wenden.

      Ihr Team von anwalt.org

      1. Sven

        Mich würde nur interessieren ob der 127 StPO (Bundesgesetz) mit den Polizeigesetzen (Föderalgesetz) in Konflikt steht. Dennoch danke für die Antwort.

        1. anwalt.org

          Hallo Sven,

          gemäß Artikel 31 Grundgesetz bricht das Bundes- das Landesrecht.

          Ihr Team von anwalt.org

  17. Walter

    Person A wird von Person B geschlagen oder es wird ihm ein Schaden zugefügt. Darf das Jedermannsrecht angewendet werden?
    Wenn ja, mit welchen Mitteln? [Kommentar redaktionell bearbeitet]

    1. anwalt.org

      Hallo Walter,

      im Gesetzestext (§ 127 StPO) heißt es:
      „Wird jemand auf frischer Tat betroffen oder verfolgt, so ist, wenn er der Flucht verdächtig ist oder seine Identität nicht sofort festgestellt werden kann, jedermann befugt, ihn auch ohne richterliche Anordnung vorläufig festzunehmen.“

      Entscheidend für das vorläufige Festnahmerecht ist also, dass die Person auf frischer Tat betroffen oder verfolgt wird, der Flucht verdächtig oder nicht identifizierbar ist. Zu beachten ist jedoch, dass das Jedermannsrecht den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren muss.

      Es ist also in dem von Ihnen geschilderten Fall durchaus möglich, das Jedermannsrecht zur Anwendung zu bringen.

      Ihr Team von anwalt.org

    2. Rene

      Ich würde mich in ihrem Beispiel im Zweifelsfall auf auf Paragraph 229 im BGB berufen. Es ist immerhin ein Schaden entstanden, den man nun reguliert sehen möchte. Natürlich liegt auch eine Straftat vor, doch bietet das BGB hier mehr Handlungsfreiraum.

  18. VALENTIEN D.

    Guten Tag,

    mich würde nun interessieren, ob die Festnahme des Syrers aus Chemnitz durch seine Landsleute in Leipzig durch das Jedermannsrecht gedeckt ist …

    1. anwalt.org

      Hallo VALENTIEN D.,

      die Voraussetzungen des § 127 der Strafprozessordnung scheinen in diesem Fall vorzuliegen. Immerhin fand bereits eine Fahndung nach Jaber al-Bakr statt, sodass er der Flucht verdächtig war, was wiederum eine Privatperson dazu berechtigt, eine vorläufige Festnahme durchzuführen.

      Ihr Team von anwalt.org

      1. Marc

        Dem muss ich widersprechen. Es fehlt das Merkmal das er auf frischer Tat betroffen wurde. Nach meinem Verständniss muss diese Merkmal vorliegen damit das Festnahmerecht greift.

        1. anwalt.org

          Hallo Marc,

          zu den Voraussetzungen des § 127 StPO gehört, dass der Täter auf frischer Tat betroffen oder verfolgt werden muss. Dies liegt in der Regel vor, wenn zuvor eine Tat begangen worden war oder ein dringender Tatverdacht besteht.

          Der der Betreffende unter dringendem Tatverdacht stand, ist anzunehmen, dass dieses Merkmal erfüllt war.

          Ihr Team von anwalt.org

          1. Rechtsverdreher86

            Hallo!

            Ich habe Ihre sehr gute Erklärung der vorläufigen Festnahme gelesen und bin dabei in den Kommentaren auf einen Wiederspruch in Ihrer Antwort gestossen.

            In der Erklärung zu „auf frischer Tat“ steht (völlig Korrekt):

            Der Täter muss also noch AM TATORT oder IN UNMITTELBARER NÄHE festgenommen werden (…) Ein dringender Tatverdacht reicht bei Anwendung der Jedermannsrechte NICHTaus.

            Ich denke die vorläufie Festnahme kann in diesem Zusammenhang ausgeschlossen werden.

          2. anwalt.org

            Hallo Rechtsverdreher86,

            es ist stark umstritten, ob ein dringender Tatverdacht genügt, um § 127 StPO anwenden zu dürfen.

            Befürworter der Ansicht, dass ein solcher ausreichend ist, beziehen sich dabei auf den prozessualen Charakter dieser Norm. Prozessuale Maßnahmen wiederum können bei einem dringenden Tatverdacht getroffen werden (siehe z.B. § 112 StPO). Zudem soll hiermit der Festnehmende geschützt werden, der sich strafbar machen würde, wenn keine tatsächliche Tat vorläge.

            Gegner dieser Argumentation verweisen vorrangig auf § 127 Absatz 2 StPO. Dieser lässt für Beamte die Voraussetzungen eines Haftbefehls (also einen dringenden Tatverdacht) genügen. Folglich gelte die Besonderheit bei allen anderen nicht-behördlichen Personen nicht.

            Insgesamt gibt es bei der Beurteilung dieser Frage also zwei Lager. Zu entscheiden ist wohl immer im Einzelfall.

            Ihr Team von anwalt.org

  19. Frank K.

    sehr gut, klar und lesbar beschrieben

  20. Dr. Meckerbär

    an sich eine sehr klare, sachliche Darstellung, lediglich die Art des Festhaltens sollte noch genauer erklärt werden. Ich meine bereits mehrfach gehört zu haben, dass es nicht gestattet sei, einen vermeintlichen Täter in z.B. eine Besenkammer einzusperren (bzgl. Freiheitsberaubung).

    1. dicherheit2,0

      da redet man auch nicht von Festnahme, festnehmen ist nur wen man eine dritte Person an der flucht hindert das heist nicht einsperren sondern FESTHALTEN oder mit kabelbinder oder handschälen ander flucht zu hindern

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