
FAQ: GEAS-Reform
Das Gemeinsame Europäische Asylsystem (kurz auch GEAS genannt) regelt die Standards für Asylverfahren und den Umgang mit Asylsuchenden und Flüchtlingen in den EU-Mitgliedstaaten. Teil dieses Systems sind mehrere Richtlinien und Verordnungen, die zwar EU-weit gelten, aber bislang nicht in jedem Land gleich umgesetzt werden. Mehr dazu in diesem Abschnitt.
Mit der Reform vom 11. Juni 2024 verfolgt die EU unter anderem das Ziel, das Dublin-Abkommen von 1997 und seine Folgeabkommen aus den Jahren 2003 und 2013 abzulösen. Die neuen Regelungen zum Asyl- und Aufenthaltsrecht müssen alle Mitgliedstaaten bis zum Juni 2026 umsetzen. Das betrifft bspw. Grenzkontrollen und die Verteilung von Flüchtlingen und Asylbewerbern innerhalb der EU.
Befürworter sprechen sich z. B. für die EU-weit zusammenhängenden Mechanismen aus, um Asylverfahren nicht nur zu vereinheitlichen, sondern auch zu verkürzen. Kritiker sehen in der damit einhergehenden Verschärfung des Asylrechts wiederum den Schutz von Flüchtlingen gefährdet. Mehr erfahren Sie hier.
Inhalt
Gemeinsames Europäisches Asylsystem – Erklärung und Definition

Das in der Europäischen Union derzeit gültige Gemeinsame Europäische Asylsystem ist dafür zuständig, in den Mitgliedstaaten asyl- und aufenthaltsrechtliche Grundlagen für die Aufnahme von Flüchtlingen und Asylsuchenden zu schaffen. Bereits seit 1999 arbeitet die EU daran, das GEAS so auszulegen, dass es möglichst einheitliche Regelungen gibt und idealerweise nicht jedes Land im Alleingang bestimmt, welche Richtlinien es wie umsetzt.
Dabei müssen Mitgliedstaaten unter anderem die folgenden zum GEAS gehörenden EU-Beschlüsse befolgen:
- Die Qualifikationsrichtlinie (2011/95/EU) regelt die Voraussetzungen, die Menschen erfüllen müssen, um bspw. als Flüchtlinge oder subsidiär Schutzberechtigte anerkannt zu werden. Sie bestimmt aber auch, welche Rechte diese Personen haben.
- Die Verfahrensrichtlinie (2013/32/EU) reguliert, welche Standards die Mitgliedstaaten für Asylverfahren und deren Durchführung einhalten müssen. Das gilt sowohl für An- als auch Aberkennungsmaßnahmen der Flüchtlingseigenschaft oder eines ähnlichen Schutzstatus.
- Die Aufnahmerichtlinie (2013/33/EU) schafft Grundlagen für wie Menschen, die einen Asylantrag stellen, im jeweiligen Land aufgenommen werden sollen (d. h. wo sie unterzubringen sind, welche Versorgung ihnen zusteht, ob sie den gleichen Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten wie reguläre Staatsbürger etc.).
- Die EURODAC-Verordnung (603/2013) bestimmt, wie das EURODAC-Datenbanksystem zum Abgleich von Fingerabdrücken aller Flüchtlinge und Asylsuchenden zu verwenden ist (auch um die Umsetzung des Dublin-Abkommens zu unterstützen).
- Die Dublin III-Verordnung (604/2013) dient zur Identifizierung des für etwaige Flüchtlinge zuständigen Mitgliedstaats (d. h. es geht prinzipiell um die Regelung des EU-weiten Verteilungsverfahrens).
Wichtig: Trotz der bisher geltenden GEAS-Regelungen zum Asyl von Drittstaatsangehörigen und wie Asylverfahren in der EU durchzuführen sind, gibt es derzeit noch keine einheitlichen Richtlinien. Grund dafür ist, dass viele Mitgliedstaaten nationale Verfahren haben. Diese weichen von den regulären Vorgaben ab, weil sie sich an nationalem Asylrecht orientieren und nicht dem der Europäischen Union. Das soll die neu beschlossene Reform nun innerhalb der nächsten Jahre ändern.
Vor- und Nachteile der GEAS-Reform – aktueller Stand im Überblick

Was genau ist die neue GEAS-Reform? Per Abstimmung im EU-Parlament wurde sie zunächst mit Zustimmung des Europäischen Rats am 14. Mai 2024 beschlossen. Am 11. Juni 2024 trat sie schließlich in Kraft. Dieses Abkommen soll nun in der Europäischen Union bis spätestens Juni 2026 einheitliche Standards für den Umgang mit Asylsuchenden und Flüchtlingen schaffen.
Konkret bedeutet das, dass die nationalen Asylrechte aller Mitgliedstaaten aneinander angepasst werden, um Alleingängen vorzubeugen. In Deutschland zog das unter anderem am 6. November 2024 die Verabschiedung neuer Gesetze nach sich: das GEAS-Anpassungs- und -Anpassungsfolgegesetz. Auf EU-Ebene soll wiederum bspw. die Dublin-III-Verordnung durch eine neue Asyl- und Migrationsmanagementverordnung ersetzt werden.
Welche Änderungen grundsätzlich in der gesamten EU geplant sind mithilfe der GEAS-Reform, zeigt folgende Zusammenfassung:
- Die Einführung eines Solidaritätsmechanismus, der Mitgliedstaaten verpflichtet, sich untereinander zu unterstützen (bspw. indem sie einem überlasteten Mitgliedstaat einen Anteil der asylberechtigten Personen und Flüchtlinge abnehmen oder den Staat mit finanziellen Mitteln entlasten).
- Eine Ausweitung der Kontrollen an EU-Außengrenzen, um z. B. frühzeitig die Asylsuchenden zu identifizieren, deren Anträge voraussichtlich abgelehnt werden. So soll sich schneller entscheiden lassen, wie mit diesen Personen weiter verfahren wird. Damit kein Land Grund- und Menschenrechte missachtet, wird es zusätzlich eine unabhängige Kontrollkommission geben, die jeden Schritt des Verfahrens noch einmal eigenständig prüft.
- Eine Vereinheitlichung und Beschleunigung aller Asylverfahren, ohne dass asylsuchenden Personen ihr Recht auf Asyl ohne weiteres versagt wird (d. h. Mitgliedstaaten müssen sich weiterhin an die Anforderungen der Qualifikationsrichtlinie halten). In Planung ist hierbei z. B. auch ein Ausbau des EURODAC-Systems von einer reinen Fingerabdruck- zu einer umfassenden Migrationsdatenbank und die Erhebung aller Daten von Personen ab 6 und nicht mehr 14 Jahren.

Allerdings gibt es nicht nur Befürworter für die geplanten Änderungen – aber warum zieht die GEAS-Reform auch Kritik nach sich? Diese basiert unter anderem auf der Annahme, dass ein EU-weites Gemeinsames Europäisches Asylsystem über die Reform unzumutbare Verschärfungen des Asylrechts verursachen würde. Das hätte zur Folge, dass Flüchtlinge und Asylsuchende nicht mehr ausreichend geschützt werden.
Folgende Kritikpunkte kommen in diesem Kontext bspw. zur Sprache:
- „Grenzverfahren an den EU-Außengrenzen sind eine unrechtmäßige Freiheitsentziehung.“
- Damit sind Verfahren gemeint, bei denen Personen, die z. B. ein Risiko für die nationale Sicherheit darstellen, als „nicht eingereist“ betrachtet werden. So können sie bereits vor Ort an der Grenze ein Asylverfahren durchlaufen und kommen für die Dauer dieses Verfahrens in einer Unterkunft unter.
- Eine solche „Freiheitsbeschränkung“ – wie sie das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) bezeichnet – gilt jedoch nur in Bezug auf das Gebiet der EU, in das Asylsuchende vorerst nicht einreisen dürfen. Das bedeutet, betroffenen Personen ist jederzeit die Ausreise in ihr Herkunftsland gestattet. Zudem sind vulnerable Gruppen (unbegleitete Minderjährige etc.) von solchen Grenzverfahren ausgeschlossen.
- „Es werden nun auch Länder, die Menschenrechte nur unzureichend oder gar nicht gewährleisten, als sichere Herkunftsstaaten eingestuft.“
- Hierbei beziehen sich Kritiker auf das GEAS-Vorhaben der EU, mehr Ländern die Eigenschaft als sicheren Herkunfts- oder Drittstaat zuzuschreiben, um abgelehnte Asylbewerber leichter abschieben zu können. Dem ist allerdings nicht so. All diese Staaten müssen nämlich die Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) anerkennen und damit abgeschobenen Personen allgemeine Grund- und Menschenrechte garantieren.
- Außerdem überprüft die für ein Asylverfahren zuständige Behörde vorab, ob jemand in seinem Herkunftsland mitunter politisch verfolgt wird oder anderweitigen Bedrohungen ausgesetzt ist.
Wichtig: Die neue GEAS-Krisenverordnung soll sicherstellen, dass auch in Krisenzeiten (wie bspw. während der Flüchtlingswelle im Jahr 2015) Chaos an den Grenzübergängen und damit einhergehende Überlastungen vermieden werden können. Diese krisenbedingten Regelungen lassen so z. B. Ausnahmen beim Solidaritätsmechanismus oder der Überstellungsfrist zu. Letztere bezieht sich auf den Zeitraum, in dem Flüchtlinge von einem EU-Land, das diese nicht aufnehmen kann/will, über die sogenannte Sekundärmigration in einen anderen Mitgliedstaat geschickt werden sollen.