GdB bei Tinnitus: Diese Möglichkeiten gibt es

Der GdB bei Schwerhörigkeit und Tinnitus kann in schweren Fällen Werte von 50 oder mehr erreichen.
Der GdB bei Schwerhörigkeit und Tinnitus kann in schweren Fällen Werte von 50 oder mehr erreichen.

FAQ: Grad der Behinderung bei Tinnitus

Wie viel GdB Schwerbehinderung bekommt man bei Tinnitus?

Tinnitus gilt als Behinderung (GdB unter 50) oder Schwerbehinderung (GdB über 50), wenn bei Betroffenen durch die Ohrgeräusche erhebliche psychische Beeinträchtigungen auftreten. Hier finden Sie einen Auszug aus der Versorgungsmedizinischen Verordnung (VersMedV).

Ist Tinnitus eine Behinderung?

Ohrgeräusche können ein Ausmaß annehmen, das es dem Betroffenen schwer oder sogar unmöglich macht, am alltäglichen Leben teilzunehmen. In einem solchen Fall kann der Tinnitus als Behinderung eingestuft werden. Bei leichteren, kompensierten Ausprägungen liegt in der Regel keine Behinderung vor. An dieser Stelle finden Sie eine Übersicht über die verschiedenen Tinnitus-Arten.

Wann wird Tinnitus als Behinderung anerkannt?

Ohrgeräusche werden vor allem als Behinderung anerkannt, wenn sie dekompensiert sind, also vom Betroffenen in der Regel nicht ausgeblendet werden können. Ist ist also ein bestimmter Schweregrad notwendig, damit eine Behinderung oder Schwerbehinderung vorliegt.

Wann ist Tinnitus eine Behinderung?

Schwerhörigkeit und Tinnitus können einen Grad der Behinderung begründen.
Schwerhörigkeit und Tinnitus können einen Grad der Behinderung begründen.

Unter dem Begriff Tinnitus Aurium (oftmals auch kürzer als Tinnitus bezeichnet) werden verschiedene Ohrgeräusche zusammengefasst, die keiner äußeren Quelle zugeordnet werden können. Die Betroffenen hören beispielsweise ein Brummen oder Summen im Ohr, ohne, dass es dafür einen erkennbaren äußeren Auslöser gibt. Je nach Ausprägung können Ohrgeräusche eine starke psychische Belastung darstellen und die Teilnahme an Alltag und gesellschaftlichem Leben stark einschränken. Aus diesem Grund kann bei Tinnitus Aurium ein Grad der Behinderung festgestellt werden.

Es gibt verschiedene Arten und Ausprägungen von Ohrgeräuschen:

  • Objektiver Tinnitus: Die Ohrgeräusche sind nicht nur von der betroffenen Person, sondern auch von anderen wahrnehmbar.
  • Subjektiver Tinnitus: Die Geräusche können nur von den Betroffenen selbst gehört werden.
  • Pulssynchoner Tinnitus: Durch den Pulsschlag nehmen Betroffene ein rhythmisches Pochen, Klopfen oder Rauschen wahr.
  • Akuter Tinnitus: Beschwerden bestehen seit weniger als drei Monaten.
  • Chronischer Tinnitus: Beschwerden bestehen seit mehr als drei Monaten.
  • Kompensierter Tinnitus: Das Ohrgeräusch wird zwar wahrgenommen, verursacht aber keine nennenswerten Beeinträchtigungen im Alltag.
  • Dekompensierter Tinnitus: Die Ohrgeräusche sind so präsent, dass sie den Betroffenen stark einschränken.

Zusätzlich beziehungsweise alternativ zu den unterschiedlichen Arten des Tinnitus gibt es auch verschiedene Schweregrade nach Biesinger et al.:

  • Grad 1: Tinnitus ist vorhanden, aber gut kompensiert.
  • Grad 2: Tinnitus ist hauptsächlich bei Stille und Stress wahrnehmbar und nur dann störend.
  • Grad 3: Der Tinnitus beeinträchtigt das alltägliche Leben dauerhaft und hat emotionale, kognitive und körperliche Folgen.
  • Grad 4: Die Ohrgeräusche sind so ausgeprägt, dass der Alltag massiv eingeschränkt ist und Betroffene nicht mehr in der Lage sind, einer geregelten Arbeit nachzugehen.

Ein Grad der Behinderung bei Tinnitus Grad 3 und 4 ist relativ wahrscheinlich. Bei diesen Schweregraden sind die Ohrgeräusche nämlich nicht kompensiert, können vom Betroffenen also nicht ausgeblendet werden.

Tinnitus und andere Erkrankungen

Wenn mehrere Erkrankungen vorliegen, wird für den GdB ein Gesamtwert ermittelt. Dabei werden die angenommenen Werte für die einzelnen Erkrankungen jedoch nicht einfach addiert, sondern die Einschränkungen als Gesamtbild betrachtet. Zwei Diagnosen, die oft mit Tinnitus einhergehen, sind Depressionen und Schwerhörigkeit:

Kommt zu einem Tinnitus eine Depression hinzu, kann sich der GdB erhöhen.
Kommt zu einem Tinnitus eine Depression hinzu, kann sich der GdB erhöhen.
  • Depressionen: Tinnitus kann das psychische Wohlbefinden beeinträchtigen und in manchen Fällen zu Depressionen führen. Eine Depression kann je nach Schweregrad einen GdB zwischen 20 und 100 erhalten. Je nach Diagnose kann sich eine Depression also auf den Gesamt-GdB auswirken.
  • Schwerhörigkeit: Tinnitus allein kann je nach Ausprägung einen GdB von 0 bis über 50 erhalten, Schwerhörigkeit je nach Schwere sogar einen GdB bis 100. Schwerhörigkeit und Ohrgeräusche treten oftmals zusammen auf. Auch in diesem Fall wird vom Versorgungsamt ein Gesamtgrad ermittelt, der beide Faktoren berücksichtigt.

Tinnitus und GdB: Die Tabelle der Versorgungsmedizinischen Verordnung

In Deutschland sind für die Vergabe des GdB bei Tinnitus klare Regeln festgelegt: Je nach Schweregrad kann ein niedriger bis sehr hoher GdB bestimmt werden. Entscheidend hierfür ist das Ausmaß der psychischen Folgen durch die Ohrgeräusche. Diese können von geringfügigen Störungen über nennenswerte Beeinträchtigungen bis hin zu psychischen Erkrankungen wie Depressionen und Ängsten oder sogar sozialen Anpassungsschwierigkeiten reichen. Bei schweren Ausprägungen kann chronischer Tinnitus als Schwerbehinderung (GdB 50 oder höher) eingestuft werden. Bereits in geringeren Ausprägungen kann Tinnitus allerdings als Behinderung eingestuft werden.

Hier finden Sie den Auszug aus der GdB-Tabelle der Versorgungsmedizinischen Verordnung:

rgeräusche (Tinnitus)
ohne nennenswerte psychische Begleiterscheinungen0-10
mit erheblichen psychovegetativen Begleiterscheinungen20
mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägte depressive Störungen)30-40
mit schweren psychischen Störungen und sozialen Anpassungsschwierigkeiten mindestens 50mindestens 50

In der Regel ist ein chronischer Tinnitus für einen Grad der Behinderung notwendig. Bei akuten Beschwerden, die seit weniger als drei Monaten bestehen, ist ein GdB in den meisten Fällen eher unwahrscheinlich. Auch dekompensierter Tinnitus hat einen GdB eher selten zur Folge.

1 Stern2 Sterne3 Sterne4 Sterne5 Sterne (54 Bewertungen, Durchschnitt: 4,40 von 5)
Loading ratings...Loading...

Über den Autor

Dr. Philipp Hammerich (Rechtsanwalt)
Dr. Philipp Hammerich

Dr. Philipp Hammerich ist seit 2007 als Rechtsanwalt zugelassen. Er studierte an der Universtät Hamburg und absolvierte sein Referendariat am OLG Hamburg. Er promovierte beim damaligen Richter am BVerfG, Prof. Dr. Hoffmann-Riem. Er befasst sich als Autor für anwalt.org unter anderem mit Zivil-, Straf- und Erbrecht.

Bildnachweise

Hinterlassen Sie einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert