Bürgergeld in der Ausbildung: Worauf gilt es zu achten?

Nicht immer können Auszubildende mit Bürgergeld während der Ausbildung Ihr Gehalt aufstocken.
Nicht immer können Auszubildende mit Bürgergeld während der Ausbildung Ihr Gehalt aufstocken.

FAQ: Bürgergeld während der Ausbildung

Haben Azubis Anspruch auf Bürgergeld bei ihrer Ausbildung?

Bürgergeld richtet sich grundsätzlich an bedürftige und erwerbsfähige Personen. Laut Gesetz ist der Bezug von Bürgergeld für einen Azubi nur in bestimmten Ausnahmefällen möglich. Hierfür ist es wichtig, dass der Azubi nicht die Voraussetzungen für Berufsausbildungsbeihilfe (§ 56 des SGB III) erfüllt.

Kann ich bei einer schulischen Ausbildung Bürgergeld beantragen?

Damit Sie während einer schulischen Ausbildung Bürgergeld erhalten, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Ein grundsätzlicher Leistungsanspruch besteht laut Gesetz jedoch nicht. Dies gilt nicht für Schüler, die in einer Bedarfsgemeinschaft mit einem Leistungsberechtigten leben. Mehr dazu hier.

Wie hoch ist das Bürgergeld bei Azubis?

Erhalten Sie während der Ausbildung Bürgergeld, gelten dieselben Regelsätze wie sonst auch. In einer Bedarfsgemeinschaft richtet sich der Regelsatz z. B. nach Ihrem Alter und wird dem Gesamtbedarf angerechnet. Mehr erfahren Sie in diesem Abschnitt.

Kommt es beim Bürgergeld in der Ausbildung zu einer Anrechnung?

Ja, findet durch das Bürgergeld eine Aufstockung während der Ausbildung statt, wird der Sozialleistung die Ausbildungsvergütung angerechnet. Es gelten jedoch teilweise andere Freibeträge für Schüler, Azubis und Studenten im Vergleich zu einem normalen Arbeitnehmer. An dieser Stelle lesen Sie mehr dazu.

Rechtsgrundlage: Wer hat generell einen Anspruch auf Bürgergeld?

Um als Azubi Bürgergeld zu erhalten, müssen Sie genauso wie andere auch einen Antrag beim Jobcenter stellen.
Um als Azubi Bürgergeld zu erhalten, müssen Sie genauso wie andere auch einen Antrag beim Jobcenter stellen.

Beim Bürgergeld handelt es sich um eine staatliche Leistung, die dazu dient, das Existenzminimum zu sichern. Gemäß des zweiten Sozialgesetzbuchs (SGB II) haben alle Anspruch, die:

  1. das 15. Lebensjahr vollendet haben
  2. die gesetzliche Altersgrenze noch nicht erreicht haben (d. h. jünger als das Renteneintrittsalter von 67 Jahren sind)
  3. erwerbsfähig sind (d. h. mindestens 3 Stunden täglich arbeiten können)
  4. hilfebedürftig sind (d. h. ihren Lebensunterhalt bspw. ohne Bürgergeld während der Ausbildung unzureichend oder gar nicht eigenständig sichern können)
  5. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben

Wichtig: Grundsätzlich richten sich Bürgergeldzahlungen an Menschen in Arbeitslosigkeit. Es besteht jedoch auch ein Anspruch für Personen in Arbeit oder für Bezieher von Arbeitslosengeld 1, deren eigenes Einkommen nicht ausreichend hoch ist, um den eigenen Lebensunterhalt zu finanzieren.

Bürgergeld und Ausbildung: Kann ich in der Ausbildung Bürgergeld beantragen?

Prinzipiell gibt § 7 Abs. 5 des SGB II vor, dass Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) dem Grunde nach förderungsfähig ist, keinen Anspruch auf Bürgergeld haben. Eine Ausbildung ohne eine entsprechende Förderung berechtigt Sie allerdings genauso wenig wie eine, bei der Sie Unterstützung erhalten.

Das kann bspw. durch Ausbildungsgeld nach §§ 122 ff. des dritten Sozialgesetzbuchs (SGB III) oder Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) nach §§ 56 bis 60 des SGB III sein. Selbst ohne Förderung zählt bereits Ihre grundsätzliche Förderfähigkeit (d. h. dass Ihnen diese Förderungen theoretisch zustehen würden) als Ausschlusskriterium.

Wichtig: All diese Leistungen müssen Sie vorrangig beantragen, sollten Sie auf finanzielle Unterstützung angewiesen sein. Es bestehen jedoch bestimmte Ausnahmen, in denen der Bezug von Bürgergeld während der Ausbildung dennoch möglich ist.

Bürgergeld in betrieblicher Ausbildung: Wann ist das zulässig?

Betriebliche Ausbildung: Auf Bürgergeld haben Auszubildende in finanzieller Notlage mitunter einen Anspruch.
Betriebliche Ausbildung: Auf Bürgergeld haben Auszubildende in finanzieller Notlage mitunter einen Anspruch.

Reicht die Ausbildungsvergütung nicht aus, besteht für Auszubildende häufig der Anspruch auf eine staatliche Förderung durch die Bundesausbildungsbeihilfe (BAB). Sind diese Leistungen jedoch ebenfalls nicht hoch genug (d. h. Ihr Gehalt und die BAB liegen zusammengerechnet unter dem Bürgergeld-Regelsatz plus Ihre Wohnkosten), können Sie in der Regel als Azubi ausnahmsweise noch Bürgergeld während Ihrer Ausbildung beantragen.

Eine Bürgergeld-Aufstockung während der Ausbildung ist also in der Regel möglich, sofern Sie ohne die Sozialleistung des Jobcenters Ihren Lebensunterhalt nicht finanzieren können.

Das gilt auch für die Fälle, in denen Sie nicht die Voraussetzungen für die BAB-Förderung erfüllen:

  • Sie machen eine Zweitausbildung und haben zwar dadurch keinen Anspruch auf BAB, aber ein Anrecht auf Bürgergeld in der Ausbildung.
  • Sie wohnen noch bei Ihren Eltern und diese haben zusammen ein Einkommen, das über dem Einkommensfreibetrag für die BAB liegt (im Normalfall 4.200 Euro). Dann stehen Ihnen möglicherweise ebenfalls die Leistungen des Jobcenters zu, aber nicht die Berufsausbildungsbeihilfe.

Wichtig: Beachten Sie allerdings, dass Sie in der Ausbildung grundsätzlich kein Bürgergeld beantragen können, wenn Sie als Azubi bei Ihrem Ausbilder selbst eine Unterkunft haben. Gleiches gilt für wenn Sie in einem Wohnheim oder Internat wohnen.

Können Sie Bürgergeld in der schulischen Ausbildung beantragen?

Schüler bekommen in der Regel kein Bürgergeld in der Ausbildung. Ihnen stehen jedoch andere Förderungen zur Verfügung.
Schüler bekommen in der Regel kein Bürgergeld in der Ausbildung. Ihnen stehen jedoch andere Förderungen zur Verfügung.

Berufsfachschüler haben in der Regel keinen Anspruch auf Bürgergeld, da sie nicht erwerbsfähig sind und dem Arbeitsmarkt somit nicht zur Verfügung stehen. Es gibt jedoch verschiedene Ausnahmen, bei denen Sie dennoch Bürgergeld für die schulische Ausbildung erhalten können.

Hierfür ist es bspw. wichtig, ob Sie alleine oder bei Ihren Eltern leben oder Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) beziehen. Schüler, die eine Abendschule besuchen, können z. B. Bürgergeld beziehen, da sie im Vergleich zu anderen Schülern, die sich in einer Berufsfachschule ausbilden lassen, als erwerbsfähig gelten.

Wichtig: Prinzipiell kann Bürgergeld während der Ausbildung in besonderen Härtefällen auch als zinsloses Darlehen gezahlt werden. Ein solches Härtefalldarlehen müssen Sie allerdings nach erfolgreichem Abschluss Ihrer Ausbildung wieder zurückzahlen. Für Schüler in schulischen Ausbildungen gibt es zudem die Option eines Härtefallzuschusses. Dafür qualifizieren Sie sich, wenn ein Härtefall vorliegt und Sie keine Ausbildungsförderung bekommen, weil Sie z. B. über der BaföG-Altersbegrenzung von 30 Jahren liegen.

Ebenso erhalten Schüler, die zu einer Bedarfsgemeinschaft gehören, Bürgergeld während der Ausbildung. Wichtig ist es in diesem Fall, dass eine leistungsberechtigte Person im Haushalt lebt. Ist dies der Fall, gelten die gesetzlichen Regelsätze, aus denen sich der Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft ergibt. Bei Kindern richtet sich die Höhe des jeweiligen Regelbedarfs nach dem Alter. Als Alleinstehender stehen Ihnen z. B. 563 Euro zu.

Für Bedarfsgemeinschaften ergeben sich die folgenden Regelsätze:

  • 451 Euro Bürgergeld (in der Ausbildung) bei unter 25-Jährigen
  • 471 Euro für 14- bis 17-Jährige Jugendliche
  • 390 Euro für Kinder zwischen 6 und 13 Jahren
  • 357 Euro für Kleinkinder zwischen 0 und 5 Jahren

Wichtig: Für Studenten gelten im Grunde die gleichen Regelungen wie für Schüler auch. Dementsprechend haben Studenten in der Regel keinen Anspruch auf Bürgergeld. Ihnen stehen vorrangig Leistungen gemäß dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) zu, welches zur Sicherung des Lebensunterhalts von Studenten dient.

Jedoch bestehen auch für Studenten Ausnahmen, die den Bezug von Bürgergeld bei akademischer Ausbildung ermöglichen. So können Studenten zum Teil Bürgergeld beantragen, wenn diese kein BAföG erhalten. Auch Mehrbedarfe wie unter anderem durch ein Kind, eine Schwangerschaft oder eine Erkrankung können einen Anspruch auf Bürgergeld rechtfertigen.

Bürgergeld-Freibetrag zur Ausbildung

Beim Bürgergeld wird die Ausbildungsvergütung angerechnet. Für Azubis gilt aber bspw. ein Freibetrag in Höhe der Minijobgrenze.
Beim Bürgergeld wird die Ausbildungsvergütung angerechnet. Für Azubis gilt aber bspw. ein Freibetrag in Höhe der Minijobgrenze.

Beziehen Sie Bürgergeld während einer Ausbildung, liegt der Freibetrag aktuell bei 556 Euro. Dieser richtet sich nach der Minijob-Verdienstgrenze. Alle Einkünfte aus einer Erwerbstätigkeit eines Auszubildenden, die unter diesem Einkommensfreibetrag liegen, werden also nicht angerechnet.

Verdienen Sie mehr als den gesetzlichen Freibetrag, wird das darüberliegende Einkommen anteilig berücksichtigt. Wie hoch beim Bezug von Bürgergeld die Anrechnung vom zur Ausbildung verdienten Gehalt ist, hängt davon ab, wie viel Sie verdienen.

Wichtig: Für Schüler, Auszubildende, Studenten und Bundesfreiwilligendienstleistende liegt der Einkommensfreibetrag zwar bei 556 Euro, dies gilt jedoch nur bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres. Wer Bürgergeld in seiner Ausbildung als über 25-Jähriger beziehen möchte, hat lediglich einen Freibetrag von 100 Euro. Leben Schüler noch in einer Bedarfsgemeinschaft mit ihren Eltern, können Sie monatlich ebenfalls bis zu 556 Euro zum Bürgergeld in der Ausbildung hinzuverdienen, ohne dass dieses auf ihren jeweiligen Bürgergeldanspruch angerechnet wird.

Wie wird die Ausbildungsvergütung auf das Bürgergeld angerechnet?

Bürgergeld mit/ohne Freibetrag zur Ausbildung: Je nachdem wie viel Sie verdienen, wird Ihnen mitunter ein Teil der Leistung gekürzt.
Bürgergeld mit/ohne Freibetrag zur Ausbildung: Je nachdem wie viel Sie verdienen, wird Ihnen mitunter ein Teil der Leistung gekürzt.

In der Regel findet beim Bezug von Bürgergeld während der Ausbildung gemäß § 11b Abs. 3 des SGB II eine Anrechnung der Ausbildungsvergütung auf den jeweiligen Regelsatz statt.

Einkommensbestandteile, die die 556-Euro-Grenze überschreiten, werden bspw. bis zu einem Betrag von 1.000 Euro nur zu 70 % berücksichtigt (30 % gelten als anrechnungsfrei). Beträgt die Einkommensvergütung mehr als 1.000 Euro, wird der darüberliegende Betrag bis zu einer Grenze von 1.200 Euro zu 90 % berücksichtigt (10 % davon werden nicht angerechnet).

Es gelten demnach die folgenden Freibeträge für die Ausbildungsvergütung in Bezug auf das Bürgergeld in der Ausbildung:

  • 0 bis 556 Euro: 100 % anrechnungsfrei
  • 556 bis 1.000 Euro: 30 % anrechnungsfrei
  • 1.000 bis 1.200 Euro: 10 % anrechnungsfrei
  • über 1.200 Euro: 0 % anrechnungsfrei

Quellen und weiterführende Links

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Über den Autor

Mohamed El Zaatari (Rechtsanwalt)
Mohamed El-Zaatari

Mohamed El-Zataari absolvierte sein Jura-Studium an der Universität Bremen und legte 2020 das 2. Staatsexamen ab. Nachdem er zwei Jahre lang als Referatsleiter in einer Bremer Landesbehörde tätig war, erhielt er 2022 seine Zulassung zum Rechtsanwalt. Er befasst sich vor allem mit dem Ausländer- und Sozialrecht.

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