Das Selbstbestimmungsgesetz (SBGG) in Deutschland: Aktueller Stand

Das Selbstbestimmungsgesetz: Ab wann ist es gültig?
Das Selbstbestimmungsgesetz: Ab wann ist es gültig?

FAQ: Selbstbestimmungsgesetz

Was besagt das neue Selbstbestimmungsgesetz?

Nichtbinäre, trans- und intergeschlechtliche Menschen können durch das Selbstbestimmungsgesetz ihren Vornamen beim Standesamt selbstbestimmt und ohne vorherige Gutachten ändern. Näheres dazu erfahren Sie an dieser Stelle.

Ist das Selbstbestimmungsgesetz verfassungswidrig?

Nein, das Gesetz setzt wichtige Grundrechte wie die freie Entfaltung der Persönlichkeit und den Schutz der Menschenwürde um und steht somit im Einklang mit dem Grundgesetz.

Steht ein Verstoß gegen das Selbstbestimmungsgesetz unter Strafe?

Ja, insbesondere das Offenbarungsverbot, das frühere Geschlechtseinträge oder Namen ohne Zustimmung schützt, kann mit einem Bußgeld von bis zu 10.000 Euro geahndet werden. Hier erfahren Sie mehr dazu.

Was ist das Selbstbestimmungsgesetz?

Ist das Selbstbestimmungsgesetz im Grundgesetz festgeschrieben?
Ist das Selbstbestimmungsgesetz im Grundgesetz festgeschrieben?

Das SBGG (Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag), auch bekannt als Selbstbestimmungsgesetz, erleichtert es transgeschlechtlichen, intergeschlechtlichen und nichtbinären Personen, ihren Geschlechtseintrag und ihre Vornamen im Personenstandsregister zu ändern.

Das Selbstbestimmung setzt zentrale Rechte aus dem Grundgesetz um, darunter:

  • das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Artikel 2 Absatz 1 GG)
  • den Schutz der Menschenwürde (Artikel 1 GG)
  • das Diskriminierungsverbot aufgrund des Geschlechts (Artikel 3 GG)

Doch wann kommt das Selbstbestimmungsgesetz in Deutschland? Es trat am 1. November 2024 in Kraft und ersetzte das veraltete Transsexuellengesetz (TSG), das ein langwieriges und teures Verfahren mit mehreren Gutachten und einer gerichtlichen Entscheidung vorsah.

Kerninhalte und rechtliche Aspekte des SBGG

§13 SGBB: Das Selbstbestimmungsgesetz schützt im Offenbarungsverbot die Privatsphäre bzgl. des früheren Geschlechtseintrags.
§13 SGBB: Das Selbstbestimmungsgesetz schützt im Offenbarungsverbot die Privatsphäre bzgl. des früheren Geschlechtseintrags.

Im Gegensatz zum früheren Transsexuellengesetz, das den Betroffenen zahlreiche Hürden auferlegte, basiert das neue Selbstbestimmungsgesetz auf einem vereinfachten Verfahren, das die persönliche Erklärung beim Standesamt in den Vordergrund stellt. Doch was genau ändert sich mit dem Selbstbestimmungsgesetz?

Ziel des Gesetzes nach § 1 ist es, die Selbstbestimmung der betroffenen Person zu stärken und die Geschlechtszuordnung von externen Gutachten zu entkoppeln.

Die wichtigsten Paragraphen, die die rechtliche Umsetzung regeln, sind im Folgenden aufgeführt:

  • §2 SBGG (Erklärungen zum Geschlechtseintrag und zu den Vornamen): Jede Person, deren Geschlechtsidentität vom amtlichen Geschlechtseintrag abweicht, kann durch das Selbstbestimmungsgesetz beim Standesamt die Änderung beantragen.
  • §3 SBGG (Erklärungen von Minderjährigen und Personen mit Betreuer): Bei Minderjährigen unter 14 Jahren geben die Sorgeberechtigten die Erklärung ab. Betroffene Personen über 14 Jahren geben die Erklärung selbst ab, benötigen aber die Zustimmung der Sorgeberechtigten.
  • §4 SBGG (Anmeldung beim Standesamt): Die beabsichtigte Änderung muss drei Monate vor der eigentlichen Erklärung angemeldet werden.
  • §5 SBGG  (Sperrfrist; Vornamenbestimmung bei Rückänderung): Bei Änderungen/Rückänderungen  des Eintrags kann eine erneute Anpassung erst nach Ablauf einer bestimmten Zeit erfolgen, um Mehrfachänderungen innerhalb kurzer Zeit zu erschweren.
  • §6 SBGG (Wirkungen der Änderung): Änderungen am Geschlechtseintrag und den Vornamen wirken sich unmittelbar auf alle offiziellen Dokumente und Register aus.

Das Selbstbestimmungsgesetz regelt in Paragraph 13 das Offenbarungsverbot. Dieses wichtige Schutzprinzip verbietet es, frühere Geschlechtseinträge oder Namen von Betroffenen ohne deren Einverständnis zu offenbaren. Dies soll vor Diskriminierung und unfreiwilligem Outing schützen.  Verstöße gegen dieses Verbot können als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. In diesem Fall sieht das Selbstbestimmungsgesetz ein Bußgeld von bis zu 10.000 Euro vor.

Das Selbstbestimmungsgesetz in der Kritik: Pro und Contra

Kritiker fordern, dass man das Selbstbestimmungsgesetz abschaffen sollte.
Kritiker fordern, dass man das Selbstbestimmungsgesetz abschaffen sollte.

Das Selbstbestimmungsgesetz sorgt für viel Gesprächsstoff: Für manche ist es ein Meilenstein für persönliche Freiheit und Gleichberechtigung, für andere wirft es Fragen über praktische Konsequenzen und gesellschaftliche Folgen auf.

In der folgenden Übersicht werden die zentralen Pro- und Contra-Argumente zusammengefasst, um die verschiedenen Sichtweisen klar sichtbar zu machen:

Argumente für das Gesetz

  • Grundrechtsschutz: Das Gesetz stärkt die Selbstbestimmung und unterstützt das grundgesetzlich geschützte Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit.
  • Entbürokratisierung: Das Verfahren zur Geschlechts- und Vornamensänderung wird deutlich vereinfacht, was für Betroffene psychische und finanzielle Erleichterung bedeutet.
  • Internationaler Standard: Zahlreiche Länder wie Dänemark, Norwegen und Malta haben bereits vergleichbare unkomplizierte Verfahren eingeführt und zeigen damit einen wachsenden Trend zum Schutz der Selbstbestimmung.

Kritik am Gesetz

  • Schutz von Frauenräumen:  Ein zentraler Kritikpunkt, dass durch das Selbstbestimmungsgesetz Räume für Frauen, wie zum Beispiel Frauenhäuser oder Sportanlagen bedroht werden.
  • Auswirkungen auf Kinder: Durch das Selbstbestimmungsgesetz könnten Kinder und Jugendliche zu früh und möglicherweise ohne ausreichende Begleitung eine solche Entscheidung treffen.
  • Sonderfall Wehrdienst: Kritiker äußern Bedenken hinsichtlich möglicher Auswirkungen, die das Selbstbestimmungsgesetz im Kriegsfall haben könnte, etwa auf die Wehrpflicht. Das Gesetz stellt jedoch klar, dass die Änderung des Geschlechtseintrags keine Auswirkung auf Dienstpflichten hat.

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Über den Autor

Dr. Philipp Hammerich (Rechtsanwalt)
Dr. Philipp Hammerich

Dr. Philipp Hammerich ist seit 2007 als Rechtsanwalt zugelassen. Er studierte an der Universtät Hamburg und absolvierte sein Referendariat am OLG Hamburg. Er promovierte beim damaligen Richter am BVerfG, Prof. Dr. Hoffmann-Riem. Er befasst sich als Autor für anwalt.org unter anderem mit Zivil-, Straf- und Erbrecht.

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