Karlsruhe. Für intersexuelle Personen gab es bisher im Geburtenregister nur zwei Möglichkeiten: Entweder erfolgte eine Geschlechtsfestlegung auf dem Standesamt, sie wurden also trotz uneindeutiger Geschlechtsmerkmale als männlich oder weiblich registriert, oder aber die Angabe wurde freigelassen. Das Bundesverfassungsgericht hat nun geurteilt, dass diese Regelung gegen das Persönlichkeitsrecht verstößt.
Persönlichkeitsrecht schützt geschlechtliche Identität

Die Geschlechtsfestlegung durch das Standesamt muss neu geregelt werden.
Begründet wurde dies dadurch, dass intersexuelle Menschen nicht gezwungen werden dürften, sich dem männlichen oder weiblichen Geschlecht zuzuordnen oder die entsprechende Angabe freizulassen. Dies verstoße gegen das Persönlichkeitsrecht, das auch die geschlechtliche Identität von Intersexuellen schütze, wie das Gericht folgendermaßen darlegt:
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt die geschlechtliche Identität auch jener Personen, die weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuzuordnen sind. In deren Grundrecht wird eingegriffen, weil das geltende Personenstandsrecht dazu zwingt, das Geschlecht zu registrieren, aber keinen anderen Geschlechtseintrag als weiblich oder männlich zulässt.
Intersexuelle müssten anstelle der bisherigen Geschlechtsfestlegung auf dem Standesamt die Möglichkeit haben, einen „positiven Geschlechtseintrag“ zu bekommen.
Intersexualität liegt dann vor, wenn eine Person sich weder als weiblich noch als männlich festlegen lässt, da sie biologische Merkmale beider Geschlechter trägt. Hierbei gibt es viele Varianten: So können intersexuelle Personen beispielsweise einen weiblichen Chromosomensatz tragen, doch aufgrund ihrer spezifischen Hormonfunktion äußerlich männliche Merkmale entwickeln.
In der Vergangenheit wurde von ärztlicher Seite oft versucht, durch einen operativen Eingriff im frühen Kindesalter die geschlechtliche Zuordnung eindeutig festzulegen. Inzwischen sieht man eine solche Praxis eher kritisch und ist dazu übergegangen, das Kind und die Entwicklung seiner Geschlechtsidentität mit einzubeziehen.
Bisherige Regelung ist diskriminierend

Die bisherige Praxis der Geschlechtsfestlegung durch das Standesamt ist laut Bundesverfassungsgericht diskriminierend.
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